Aufsätze

Erfahrungen mit offener Architektur im Fondsvertrieb

Als erste deutsche Fondsgesellschaft hat sich die Cominvest mit dem
Thema offene Architektur im Fondsvertrieb auseinander setzen müssen.
Im Jahr 2001 entschied sich deren Mutterhaus, die Commerzbank, neben
den Produkten der hauseigenen Fondsgesellschaft auch Investmentfonds
anderer Anbieter anzubieten. Dies war eine Entscheidung, die sich für
die Cominvest als wertvolle Erfahrung herausstellte - eine Erfahrung,
die die Produktpolitik des Hauses ebenso beeinflusste, wie den
Vertrieb und den Aufbau der internen Struktur.
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Vertrauen schaffen beim Kunden
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Die Fondsbranche hat in den vergangenen Jahren einen rasanten
Aufschwung hinter sich. Einer der wesentlichen Faktoren dafür war die
sich vergrößernde Versorgungslücke der gesetzlichen
Rentenversicherung. Sie sorgt dafür, dass die private Vorsorge für das
Rentenalter für die Menschen hierzulande zunehmend an Bedeutung
gewinnt. Dabei werden Investmentfonds in immer stärkerem Maße als
wesentlicher Baustein zum Vermögensaufbau und für die Absicherung im
Alter wahrgenommen.
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Und so floss der Fondsbranche in den vergangenen Jahren viel Kapital
zu. Kam die gesamte Branche nach Angaben des Bundesverbandes
Investment und Asset Management (BVI) Anfang der neunziger Jahre noch
auf ein verwaltetes Vermögen von gerade mal knapp 129 Milliarden Euro,
so war das Volumen bis 1995 auf 358 Milliarden angestiegen. Doch schon
zehn Jahre später wurde die Billionen-Grenze überschritten. Heute
werden in Publikums- und Spezialfonds, nach Berechnung des BVI,
insgesamt 1,1 Billionen Euro verwaltet.
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Dieser Trend setzt sich, begünstigt durch die Notwendigkeit noch
stärker privat für das Alter vorzusorgen, fort. Derzeit ist ein
jährliches Wachstum des Asset-Manage-ment-Marktes von acht bis neun
Prozent zu erwarten. Auf diesen gestiegenen Kapitalzufluss hat die
Fondsbranche mit immer mehr und immer neuen Produkten reagiert. Und so
ist auch die Zahl der am Markt zugelassenen Fonds rapide angewachsen.
Anfang der neunziger Jahre waren in Deutschland nur knapp 2 000 Fonds
zum Vertrieb zugelassen, 1995 waren es etwas mehr als 3 500. Diese
Zahl hat sich bis Ende 2005 auf 7 060 Investmentfonds etwa verdoppelt.
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Das Problem dieser Entwicklung: Eine solche Zahl an Fonds ist für
Investoren kaum noch zu überblicken. Gleichzeitig hat die Fondsbranche
aber noch immer mit einem gewissen Vertrauensverlust der Anleger zu
kämpfen. Der Grund dafür sind die schlechten Erfahrungen, die diese in
der Phase des Technologiebooms Ende der neunziger Jahre und dem
anschließenden Platzen der Spekulationsblase machten. Anleger haben
damals viel Geld verloren, das Interesse vor allem auch an der
Fondsanlage hat darunter gelitten.
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Gezielter Fondsauswahlprozess
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Auf der einen Seite also der Vertrauensverlust, auf der anderen eine
nur schwer überschaubare Vielfalt an Anlagemöglichkeiten. Eine Bank,
die an sich selbst den Anspruch hat, ihren Kunden die beste und
insbesondere eine objektive Beratung zu bieten und so das Vertrauen
der Anleger zu gewinnen, kommt deshalb kaum daran vorbei, bei
Investmentfonds auf eine offene Architektur zu setzen - also nicht
allein die eigenen Produkte anzubieten, sondern nur die besten am
Markt befindlichen Fonds. Und so hat sich die Commerzbank im Jahr 2001
entschieden, die offene Architektur im Fondsvertrieb einzuführen.
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Doch geht es nicht allein um den Verkauf von konzernfremden Produkten.
Es geht vor allem darum, den Kunden bedarfsgerecht die besten Fonds in
jeder Kategorie bieten zu können. Dafür hat die Commerzbank einen
gezielten Fondsauswahlprozess erarbeitet, diesen vom TÜV prüfen und so
die Qualität dieses Verfahrens von neutraler Seite bestätigen lassen.
Im Rahmen dieses Prozesses beurteilen die Experten der Commerzbank
zunächst sämtliche Fondsanbieter, also auch die eigene Tochter
Cominvest, auf bestimmte Kriterien.
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Um als strategischer Partner der Commerzbank ausgewählt zu werden,
muss eine Gesellschaft beispielsweise erfolgreiche Produkte in
verschiedenen Vergleichsgruppen vorweisen können, über Auszeichnungen
von unabhängigen Stellen verfügen oder auch einen hohen Informations-
und Servicestandard erfüllen.
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Bewährung im Auswahlprozess
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Im nächsten Schritt werden in dem Ausleseverfahren die Produkte der in
der ersten Selektionsstufe ausgewählten Fondsgesellschaften
analysiert. Als erstes Auswahlkriterium werden die von den
unabhängigen und anerkannten Rating-Agenturen Standard & Poor's und
Feri Trust vergebenen Noten herangezogen. Jene Fonds, die mit einer
sehr guten Bewertung aufwarten können, werden anschließend auf ihre
Wertentwicklung und ihre Volatilität sowie auf weitere Kriterien wie
Anlagestil, Fondsstruktur, Fondsmanagement und Volumen untersucht.
Daraus entsteht eine Liste der besten Fonds.
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Und so muss sich auch die Tochtergesellschaft Cominvest mit ihren
Produkten diesem Auswahlprozess laufend stellen. Erfahrungen, die sich
bei der Cominvest vor allem in der Produktpolitik niedergeschlagen
haben. Denn der verstärkte Wettbewerb führt zu einem direkten
Vergleich jedes einzelnen Fonds mit Konkurrenzprodukten. In der
Konsequenz daraus musste in den vergangenen Jahren die Produktpalette
deshalb perfektioniert werden. Im Klartext bedeutet dies, die
Entwicklung vom Komplettanbieter, der überall ein wenig dabei ist, hin
zu einem Anbieter, der sich auf seine Stärken besinnt und diese
gezielt fördert.
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In der Tat ist es so, dass keine Fondsgesellschaft mit ihren Produkten
in allen Bereichen vorne dabei ist. Vielmehr gibt es stets Sektoren,
in denen ein Anbieter besondere Stärken hat, in anderen dafür
Schwächen. Dass dem so ist, wurde bei der Cominvest erkannt. Als eine
besondere Stärke haben sich so beispielsweise der deutsche und
europäische Aktienmarkt herausgestellt. Dabei basiert eine solche
spezielle Expertise nicht allein auf den Fähigkeiten des
Portfoliomanagers, sondern auch auf dem Research. Diese Erkenntnisse
haben dazu geführt, dass bei der Cominvest in den vergangenen Jahren
gezielt auch in die für deutsche und europäische Aktien zuständige
Analyseabteilung investiert wurde.
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Fokussierung auf Kernkompetenzen
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Dass dies ein richtiger Schritt war, belegen ein paar Fakten. So legte
der Adig Europavision in den vergangenen zwölf Monaten fast 44 Prozent
zu, der Adig Fondak wurde von Standard & Poor's jüngst als bester
Deutschland-Fonds ausgezeichnet. Entsprechend hoch ist auch die
Nachfrage nach solchen Fonds. Und das eben gerade auch im
Drittvertrieb, aus dem zum Beispiel beim Fondak rund 50 Prozent der
Mittelzuflüsse im vergangenen Jahr kamen.
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Mit dieser Fokussierung auf Kernkompetenzen hat die Cominvest einen
wichtigen Schritt nach vorne gemacht - einen Schritt, den andere
Gesellschaften noch vor sich haben. Denn der Trend am Fondsmarkt ist
eindeutig. So werden die Anleger zunehmend professioneller. Das heißt,
sie interessieren sich im Fondsbereich immer weniger für Markennamen
oder dafür, ob ein Fonds seine Benchmark schlägt. Anleger wollen vor
allem eines: sie wollen Rendite. Und diese soll möglichst hoch und
nachhaltig sein. Diese Suche nach aktiver Rendite rückt für Investoren
immer stärker in den Mittelpunkt. Das verdeutlicht das Volumen der
jährlichen Umschichtungen im Fondsbereich. Jedes Jahr liegt der
Umschlag der Assets bei 30 bis 40 Prozent. Dies ist ein deutliches
Indiz dafür, dass die Kunden Fondsmanager zunehmend nach ihren
Fähigkeiten auswählen.
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Eine aktive Rendite erzielt eine Fondsgesellschaft aber nur dort, wo
sie eine besondere Expertise vorweisen kann. Durch die
Auseinandersetzung mit der offenen Architektur, wurde die Cominvest
gezwungen, sich über ihre Stärken und Schwächen Gedanken zu machen und
Bereiche mit spezieller Expertise gezielt zu fördern. Und nicht nur
das: Diese Erkenntnis über die Kernmärkte und die eigenen Stärken
wurde auch genutzt, um in diesen Bereichen gezielt neue Produkte
aufzulegen.
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Schnelligkeit
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Doch erschöpfen sich die Erfahrungen aus der offenen Architektur nicht
allein darin, Kernmärkte zu erkennen und diese zu stärken.
Fondsanbieter, die mit einer offenen Architektur konfrontiert werden,
lernen auch, schnell zu handeln. Schließlich wächst die Nachfrage nach
innovativen Produkten wie derivative Strukturen, zum Beispiel zur
Absicherung, oder alternativen Investments wie Hedgefonds oder
Rohstofffonds rasant. Wer aber mit neuen Produkten im Drittvertrieb
Erfolg haben will, so die Erfahrung, der muss schnell mit Lösungen am
Markt sein. Auch das hat die Cominvest gelernt. Und so erreichte der
Anteil der Mittelzuflüsse aus dem Drittvertrieb bei einigen
Satellitenfonds zuletzt fast 80 Prozent.
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Es ist zweifelsohne ein wesentliches Ziel der Cominvest, eine
nachhaltige Leistungsstärke in Produktqualität und Innovation
aufzubauen. Doch wird die Cominvest, basierend auf den Erfahrungen mit
der offenen Architektur, noch weitere Maßnahmen ergreifen, um im Markt
zu wachsen und ihre Position zu verbessern. Denn es ist auch ein
erklärtes Ziel, das verwaltete Vermögen in den kommenden fünf Jahren
auf 100 Milliarden Euro zu verdoppeln. Dafür sollen zusätzlich der
Direktvertrieb gestärkt, eine stringente, auf die Markterfordernisse
zugeschnittene Unternehmensplattform geschaffen, die Kräfte im Haus
gebündelt und die Ausrichtung am Kunden verstärkt werden. Und auch die
Vereinheitlichung des Marktauftritts, wozu die Zusammenführung der
Marken Adig und Cominvest unter dem gemeinsamen Namen Cominvest zählt,
fällt darunter.
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Dass sich der Trend zur offenen Architektur im Fondsvertrieb
verstärken wird, daran besteht kaum ein Zweifel. Dafür sorgt derzeit
schon der Druck der Kunden. Dies zeigt sich daran, dass auch andere
deutsche Banken damit begonnen haben, sich für Fremdfonds zu öffnen.
Früher oder später wird sich die offene Architektur deshalb
durchsetzen.

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