Gespräch des Tages

Finanzkrise - Wettbewerbsnachteile

Was alles falsch gelaufen ist, was die Ursachen der großen Finanzkrise der vergangenen zwei Jahre waren, ist längst erkannt. Umso mehr interessieren nun die Lehren aus dem Unglück, um Ähnliches in Zukunft zu verhindern. Da ist in erster Linie das so öffentlichkeitswirksame Thema Managergehälter. Liest man die täglichen Meldungen, so möchte man festhalten: Nichts gelernt. Die Boni sprudeln vor allem in Amerika üppiger denn je. Und das, obwohl die Banken keineswegs die besten aller Jahre hingelegt haben. Ob der Markt dies wirklich erfordert, ob die Talente wirklich in andere Branchen abwandern würden, wenn vor allem in der Finanzwirtschaft neue, anständigere Regelungen gefunden würden, oder ob nicht auch die im täglichen Kampf an den Märkten gestählten, hartgesottenen Händler ein wenig Schuldbewusstsein und Demut in sich tragen - man wird es vermutlich nie ganz erfahren, weil es kaum zu weltweit einheitlichen Regelungen ohne Umgehungsmöglichkeiten kommen wird. Dafür sind die Gesetze trotz mancher Vorstöße der Exekutive - die letzte und sehr publicitygeeignete von US-Präsident Obama, der die Gehälter von Unternehmen mit Staatshilfe um 90 Prozent kürzen will (das betrifft allerdings nur sieben Häuser) - nicht ausgewogen genug, dafür sind die Unternehmen zu erfinderisch, um eventuelle finanzielle Einbußen auf anderem Wege durch zusätzliche Annehmlichkeiten auszugleichen.

Eine weitere Erkenntnis: Die Banken können es nicht selbst richten. Längst ist die Entscheidungsebene vom Gremium der Aufsichtsbehörden in Basel auf die höchste politische Stufe, die G20 gehoben worden - mit allen Risiken und Nebenwirkungen. Zwar wirken hier die Entscheidungen kräftiger und verbindlicher, doch fehlt es mitunter an der Detailgenauigkeit. Beispiel Pittsburgh: Die Bundeskanzlerin soll sehr engagiert über das Thema der richtigen Managervergütung diskutiert haben, als die Vertreter der amerikanischen Regierung jenen für deutsche Banken so gefährlichen Beschluss über die künftige Zusammensetzung des aufsichtsrechtlichen Kernkapitals durchgedrückt haben. Wäre das BaFin und Bundesbank auch passiert oder hätten sie besser auf die deutschen Besonderheiten geachtet und neuerlich Ausnahmeregelungen erwirkt? Kommt es wie es kommen soll, droht deutschen Banken und Sparkassen ein erheblicher Wettbewerbsnachteil. Sollten stille Einlagen in Zukunft tatsächlich nicht mehr zum harten "Core Capital" gehören, besteht massiver Refinanzierungsbedarf, der nur sehr teuer gedeckt werden könnte, denn es ist hierzulande deutlich schwieriger, dem dem Kapitalmarkt entfremdeten Publikum schlichte Kapitalerhöhungen schmackhaft zu machen. Vorteil I USA.

Auch an anderer Stelle zeigen sich handfeste Wettbewerbsnachteile, haben doch die US-Banken - allen ist es bekannt - die Umsetzung der Eigenkapitalrichtlinien nach Basel II bislang erfolgreich hinausgezögert. Da nach ebenjenem Basel II drohende Verluste aus strukturierten Produkten im Junkbondbereich direkt vom Eigenkapital abzuziehen sind, fehlt dieses für künftiges Geschäft. Anders jenseits des Atlantiks, wo trotz ähnlicher wenn nicht gar höherer Junkbondpositionen weiter aus dem Vollen geschöpft werden kann. Vorteil II USA. Ob die Forderungen deutscher Banker nach staatlicher Regelung dieser Verzerrungen Gehör finden - es ist fraglich. Denn was gibt es für Amerikaner Schöneres, als eine florierende Wallstreet mit den besten, erfolgreichsten und schönsten Banken der Welt? Und dass diese die deutschen Wettbewerber, explizit die Deutsche Bank, bereits wieder abgehängt haben, zeigen nicht zuletzt die jüngst veröffentlichten Quartalsergebnisse. JP Morgan verdiente dreimal so viel wie die Deutsche.

Jochen Sanio, Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, forderte jüngst schon ein "Bestattungsunternehmen" für deutsche Banken, die das Ende ihrer Laufzeit erreicht hätten. Nur durch eine dort erfolgende schonende Abwicklung könnten Kollateral- und Kollektivschäden für das gesamte System vermieden werden, stellte Deutschlands oberster Bankenaufseher fest. Und er fügte gleich noch hinzu, mit dem SoFFin gäbe es doch schon eine geeignete Basis für eine solche letzte Instanz. Ob auch das wieder nur die typische Übertreibung eines eingeschnappten Behördenchefs war, wie mancher Kritiker Sanios anzumerken wusste? Bislang lag der BaFin-Chef jedoch so falsch mit seinen Annahmen nicht!

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