Aufsätze

Finanzmärkte und Regulierung - Was folgt auf Basel III?

Die Ausgangsfrage dieses Beitrags "Was folgt auf Basel III?" könnte man, folgte man der Fußballweisheit "nach dem Spiel ist vor dem Spiel", mit "Basel IV! " beantworten. Doch bevor dies als "Drohung" aufgefasst wird - die richtige Antwort ist: Das Spiel ist noch gar nicht zu Ende gespielt; die Folgerungen aus der Finanzkrise werden schrittweise, aber konsequent gezogen.

Kapitalaufbau als Hauptaufgabe der Kreditinstitute

Die Hauptaufgabe der Kreditinstitute ist der Kapitalaufbau nach dem Baseler Stufenplan. Wir rechnen mit zirka 50 Milliarden Euro Bedarf an hartem Kernkapital, der überwiegend bei den großen Instituten anfallen wird.

Bei systemrelevanten Banken wird es darüber hinaus einen zusätzlichen Kapitalpuffer geben - die Abgrenzung der Institute, die Höhe des Puffers und die Instrumente zu seiner Unterlegung werden im Laufe dieses Jahres vom FSB und Baseler Ausschuss beschlossen.

Für alle Banken wird es je nach konjunktureller Situation zur Verhinderung exzessiven Kreditwachstums einen antizyklischen Puffer geben - ein echtes antizyklisches Element in der Bankenregulierung. Auch die Einlagensicherung in der Europäischen Union wird überarbeitet. Die Kosten werden davon abhängen, inwieweit bestehende nationale Sicherungssysteme anerkannt werden und wie hoch der "Auszahlungstopf" (Target Level) letztlich aufgefüllt werden muss.

Nicht zuletzt gibt es in Deutschland und in einer ganzen Reihe anderer Staaten (UK, Ungarn) eine Bankenabgabe; "Doppelbesteuerungsabkommen" sind in diesen Bereichen nicht vorgesehen.

Alle diese Maßnahmen, die über die eigentlichen Baseler Eigenkapital- und Liquiditätsregeln hinausgehen, müssen im Zusammenhang gesehen werden. Damit dieser Satz nicht nur ein frommes Postulat bleibt, sondern auch praktische Auswirkungen hat, hat die deutsche Seite zum Beispiel bei den Baseler Gesprächen über den zusätzlichen SIFI-Puffer darauf gedrängt, nationale Abgaben auf den zusätzlichen Kapitalbedarf systemrelevanter Institute anzurechnen1), da diese ja das gleiche Ziel, die Sicherung der Systemstabilität verfolgen. Diese Frage hat auch "potenzielle Breitenwirkung", da ja nicht auszuschließen ist, dass im weiteren Verlauf einzelne Regeln für global systemrelevante Institute auch auf "domestic SIFI's", also im nationalen Rahmen systemrelevante Institute übertragen werden.

Gesamtzusammenhang

Auf den Gesamtzusammenhang achten heißt auch, nicht nur die Kapitalanforderungen zu erhöhen, sondern auch die potenziellen Kapitalquellen im Blick zu behalten. So sind die Versicherer ein wichtiger institutioneller (Eigen- und Fremd-) Kapitalgeber des Bankensektors. Das europäische Regelwerk "Solvency II" für die Versicherer ist deshalb im Zusammenhang mit den globalen Regeln für die Banken nach Basel III zu sehen: Während die Passivseite der Versicherer langfristig ausgerichtet ist, wird durch Solvency II die Aktivseite nach Zeitwertgrundsätzen mit hohen Volatilitäten und entsprechend hohen Kapitalunterlegungen bewertet. Es sollte darauf geachtet werden, dass die den langfristigen Versicherungsprodukten (zum Beispiel Lebensversicherung) entsprechenden aktiven Anlagen - darunter auch Bankschuldverschreibungen, Pfandbriefe, direkte Kapitalbeteiligungen - nicht über das Maß einer realistischen Risikovorsorge hinaus getroffen werden.

Darüber hinaus gibt es auch in dem beschlossenen Regelwerk von Basel III noch einige wichtige offene Punkte:

- So geht es im Kontext der Liquiditätskennziffern um die Datenerhebung und um Einzelheiten, wie zum Beispiel die Frage, ob der geforderte Anteil von 60 Prozent Staatsanleihen am Stock der liquiden Aktiva und lediglich 40 Prozent private Schuldtitel vor dem Hintergrund der jüngsten Erfahrungen im Segment der Staatsanleihen Bestand haben kann.

- Bei der Leverage Ratio geht es um eine Überprüfung, ob sie dem Grundgedanken eines Backstops, einer Auffanglösung bei exzessivem Bilanzsummenwachstum, gerecht wird, oder (ungewollt) bindende Nebenwirkungen für Geschäftsmodelle hat, die risikoarm, aber auch margenarm und deshalb hochvolumig angelegt sind.

- Nicht zuletzt geht es bei der Frage "was folgt auf Basel III" zu allererst um die konkrete Umsetzung von Basel III.

Umsetzung von Basel III

Die Frage wird in Deutschland meist mit Blick auf die USA erörtert, die ja zuerst Basel II bis Ende dieses Jahres und Basel III bis Ende 2012 umsetzen sollen. Schwierigkeiten dabei bestehen nicht bei den Regulatoren, sondern eher im Kongress, der auf den Dodd-Frank-Act und das dort enthaltene Verbot verweist, bei bankaufsichtlichen Regeln auf externe Ratings Bezug zu nehmen.

Meines Erachtens wäre es möglich, über eine Brücke zu gehen, die die neuen Baseler Regeln geschlagen haben: Demnach dürfen die Kreditinstitute bei der Bewertung von Wertpapierpositionen nicht mehr lediglich auf externe Ratings verweisen, sondern haben sich - zur Vermeidung hoher Kapitalsanktionen - selbst ein nachvollziehbares eigenständiges Urteil über die Qualität des Underlyings, der zugrunde liegenden Kreditforderungen von Verbriefungen zu bilden.

Sollte es dennoch zu Verzögerungen bei der Umsetzung in den USA kommen, so wäre es Sache der europäischen Gremien, sich rechtzeitig auf eine Strategie zu verständigen, die einerseits das Momentum für die notwendigen Konsequenzen aus der Krise erhält, zugleich aber die Fehlanreize vermeidet, die ein "uneven playing field" zur Folge hätte.

Die zweite Baustelle bei der Umsetzung von Basel III liegt in der EU selbst und in dem - erst im Februar bekannt gewordenen - "Paradigmenwechsel" der EU-Kommission, statt dem bisherigen und bewährten Vorgehen über eine Richtlinie (CRD I bis CRD III) wesentliche Teile von Basel III durch eine Verordnung umzusetzen. Was auf den ersten Blick nur als formale Frage für "Gourmets" des Aufsichtsrechts erscheint, ist in Wirklichkeit eine wichtige langfristige Weichenstellung.

Komplizierte Gemengelage

Es wird zu einer komplizierten Gemengelage von europäischem Verordnungsrecht und nationalem KWG kommen, weil die Regeln für die Säule II - also Risikotragfähigkeit und Organisationsstruktur - weiterhin im KWG zu regeln sind, genauso wie Kapital- und Liquiditätsregeln für Finanzinstitute außerhalb der Einlagenkreditinstitute.

Für Banken müssten jedoch die Bereiche Eigenkapital, Liquidität und Offenlegung die Säulen I und III - aus dem deutschen Kreditwesengesetz "herausoperiert" werden (wegen des Umsetzungsverbots bei einer Verordnung) und in einer dann eigenen Systematik und Begrifflichkeit ausschließlich in der europäischen Verordnung und in Ausführungsbestimmungen der EBA geregelt werden.

Der Weg über eine Verordnung lässt jeglicher nationaler Umsetzung, Konkretisierung oder Auslegungsregel grundsätzlich keinen Raum (wenn nicht eine spezielle europäische Ermächtigung hierfür vorliegt). Unabhängig von dem unbestrittenen Vorrang europäischer Regeln, kann man sich fragen, ob ein ausnahmslos europäisches Auslegungsverfahren nicht den zweiten Schritt vor dem ersten tut, solange die Finanzmärkte in Europa nicht ihrerseits weitgehend integriert sind. Es gibt bekanntlich nach wie vor größere Unterschiede:

1. in der Finanzierungskultur - langfristige versus kurzfristige Finanzierung; 2. in der Finanzierung der realen Wirtschaft - bankbasierte gegenüber kapitalmarktbasierten Systemen;

3. nicht zuletzt gibt es erhebliche Unterschiede in der Struktur der Bankensysteme - stärker dezentral aufgebaute Systeme wie in Deutschland, gegenüber stärker zentralen Systemen wie in UK.

Lage des deutschen Bankensystems

Die neuen Kapitalregeln haben schon eine wichtige "Vorwirkung" auf das Bankensystem in Deutschland, das schrittweise die Herausforderungen der Krise annimmt und - jedenfalls in weiten Teilen - gefestigter ist, als dies noch vor Jahresfrist der Fall war. Dies ist abzulesen an

- einer stabilisierten Ertragslage, hauptsächlich durch geringer als erwartete Risikovorsorge. Auch die Zins- und Provisionsergebnisse haben sich "durch die Bank" verbessert,

- einer deutlich verbesserten Kapitalausstattung: Die Kernkapitalquote hat sich seit Oktober 2008 (15. September 2008 Insolvenz Lehman Brothers) von 9,4 auf heute 12,3 Prozent erhöht,

- einer umfangreichen Bilanzbereinigung im deutschen Bankensystem mit einem Volumen von bisher 1,3 Billionen Euro. Hiervon entfallen etwa 570 Milliarden Euro auf Institute ohne staatliche Unterstützung und zirka 730 Milliarden Euro auf den kleineren Kreis von Instituten mit staatlicher Unterstützung. Dies ist ungefähr die Hälfte, der insgesamt zirka 1,5 Billionen Euro Bilanzsummenabbau, dem sich diese Banken durch EU-Auflagen zu stellen haben. Blickt man auf den Abbau der Risikoaktiva, geht der Löwenanteil - neben Verkäufen und Auslagerungen auf Abwicklungseinheiten - auf den Abbau von Eigenhandels- und Marktrisikopositionen und nicht auf den Abbau von Kreditforderungen zurück.

Garantien des SoFFin

Insgesamt haben die nicht immer kritikfreien Maßnahmen Deutschlands bei den Bewältigungen der Krise ihren Zweck erfüllt: Das Bankensystem als zentrale Schnittstelle der Wirtschaft in einer schwierigen Zeit funktionsfähig zu halten. Dass die Maßnahmen für die Institute kein "free lunch" sind, wird deutlich an dem Bemühen der Institute, erhaltene Hilfen zurückzuführen:

Die Inanspruchnahme der Garantien des SoFFin (gesetzlicher Höchstrahmen 400 Milliarden Euro) erreichte einen Höhepunkt von 177 Milliarden Euro und liegt derzeit bei 36 Milliarden Euro; auch konkrete Pläne zum Abbau eines Teils der Kapitalhilfen (gesetzlicher Rahmen 80 Milliarden Euro) von derzeit insgesamt 29 Milliarden Euro liegen vor. Überwunden ist die Krise auch in ihrem fünften Jahr nicht, wie zum Beispiel an der großen Marktnervosität und einem im Vorjahresvergleich zirka halbierten Handelsergebnis zu sehen ist. Die Nachhaltigkeit der Erträge zu sichern ist gerade für viele der größeren Banken weiterhin eine Herausforderung.

Die primären Risiken für kleinere Institute liegen, anders als vor einem Jahr befürchtet, nicht mehr im erwarteten Überspringen des Konjunktureinbruchs 2009 auf die Unternehmensbonität, sondern eher im Bereich der klassischen "Aufschwungrisiken".

Zirka ein Viertel der Zinserträge der Banken stammen aus der Fristentransformation. Das hierfür im Moment gute Umfeld, die steile Zinsstruktur2), schafft Ertragsmöglichkeiten und führt zu einer deutlichen Zunahme der Zinsänderungsrisiken.

Die Aufsicht reagiert darauf zunächst mit einer intensiveren Überwachung: Der sogenannte "Baseler Zinsschock" ist auch in Deutschland auf die international üblichen plus/minus 200 Bp anzupassen und künftig regelmäßig - und nicht wir bisher nur im Fall der sogenannten "Ausreißer" zu melden. Die Befürchtung vieler Institute ist nunmehr, dass damit nicht lediglich übertriebene Fristentransformation oder die teilweise praktizierte "Hebelung" der Fristentransformation durch Einsatz von Zinsderivaten getroffen wird, sondern auch letztlich die langfristige Kreditvergabe eingeschränkt wird.

Dies ist sicherlich nicht die Intention der Aufsicht; die Regeln sehen deshalb - und hierauf hat die Bundesbank Wert gelegt vor: Nur wenn die Kapitaldecke eines Instituts zu gering ist, alle Risiken zu tragen (Gesamtrisikobetrachtung) werden hohe Zinsänderungsrisiken zu Kapitalzuschlägen führen. Insgesamt erscheint es jedoch angebracht, gerade in einer Niedrigzinsphase einen stärkeren Fokus auf Zinsänderungsrisiken zu legen.

Zentrale konzeptionelle Erkenntnisse aus der Krise

Jenseits der einzelnen regulatorischen Maßnahmen und Einzelbestimmungen lohnt ein Blick auf zentrale konzeptionelle Erkenntnisse aus der Krise. Zwei Aspekte scheinen mir dabei besonders wichtig: Die Anreizorientierung der Regeln und der Grundsatz der Nachhaltigkeit.

Ein italienisches Sprichwort sagt: trovata la legge, trovato l'inganno (mit dem Gesetz ist bereits seine Umgehung angelegt). Für die Finanzbranche heißt dies: Den "eingebauten" Drang zum "financial engineering" mit der Konsequenz weiterer komplizierter und detaillierter Regulierung kann man nur vermeiden, wenn es gelingt, sinnvolle Anreizmechanismen zu verankern und Fehlanreize zu vermeiden.

Ein Beispiel hier ist der Selbstbehalt bei außerbilanziellen Verbriefungen. Künftig muss jeder Emittent einer außerbilanziellen Verbriefung einen bestimmten Prozentsatz seiner Emission (heute fünf Prozent, zukünftig wahrscheinlich zehn Prozent) in seiner eigenen Bilanz behalten. Er hat damit einen Anreiz, von Anfang an die Qualität der verbrieften Kreditforderungen zu untersuchen und sie über die Laufzeit zu überprüfen.

Ein weiteres Beispiel ist die Vermeidung von "Kliffeffekten", wie dies auf unsere Anregung hin in einer Arbeitsgruppe des Baseler Ausschusses geprüft wird. Die weitgehende Gleichbehandlung von bilanziellen und außerbilanziellen Positionen, die insbesondere bei der künftigen Leverage Ratio eine Rolle spielt und dort (noch) nicht voll erreicht ist, fällt ebenfalls in diese Rubrik.

Nicht zuletzt geht es um eine hinreichend weite Abgrenzung der sogenannten Schattenbanken, um zu vermeiden, dass Teile des Investmentbankgeschäfts auf andere Institute wie Hedgefonds mit großen Fremdkapitalhebeln ausgelagert werden und damit die Risiken für das Gesamtsystem nicht wesentlich reduziert werden.

Der Grundsatz der Nachhaltigkeit erscheint zwar manchem als Übersetzung des englischen Begriffs "sustainability", stammt aber ursprünglich aus Deutschland; er kommt nämlich aus der Forstwirtschaft, in der bekanntlich die Generation der Großeltern pflanzt und die Generation der Enkel erntet. Die Nachhaltigkeit wurde im letzten Jahrhundert auf die Ökologie übertragen. Unsere Aufgabe muss es sein, diesen Grundsatz fest im Finanzsektor zu verankern. Als Stichwort mag hier der Hinweis auf die längerfristige Orientierung erfolgsabhängiger Vergütungen dienen.

Ein weiterer Punkt ist die Langfristkultur bei der Kreditvergabe, die sich auch in der Finanzkrise als beachtlicher "Stoßdämpfer" erwiesen hat. In den USA waren hingegen drei Viertel der Subprime-Kredite zumindest ab dem dritten Laufzeitjahr variabel verzinst, ähnliches gilt für mehr als 80Prozent der spanischen Hypotheken. Die Ausfallrate der sogenannten Adjustables in den USA liegt heute mit rund 40 Prozent doppelt so hoch wie die der festverzinslichen Subprime-Kredite.

Im Baseler Rahmenwerk hat die für 2018 geplante längerfristige Liquiditätsvorsorge (Ein-Jahreskennziffer der "net stable funding ratio" - NSFR) auch das Ziel einer längerfristigen Orientierung des Bankgeschäfts, soll aber nicht ihrerseits zu einer Einschränkung des klassischen langfristigen Kredits führen. Deshalb haben wir Wert darauf gelegt, dass bei Berechnung dieser Liquiditätskennziffer Kundeneinlagen in der Regel zu 90 Prozent als stabil anerkannt werden, auch wenn sie formal kürzer als ein Jahr laufen. Die NSFR soll somit nur die Krisenursache der Unterlegung längerfristiger Positionen durch revolvierende Marktfinanzierung (zum Beispiel Commercial Papers) eindämmen.

Neue Hypothekarkredit-Vorschläge der EU-Kommission

Im Kontext der Langfristorientierung wichtig ist auch der Entwurf der neuen Hypothekarkredit-Vorschläge der EU-Kommission. In einer Neuauflage dieses Regelkomplexes (Art. 18 des Entwurfs vom April) kommt die Kommission wieder auf ihre früheren Überlegungen zurück, Grundsätze und Grenzen für die bei langfristigen Hypothekarkrediten notwendigen Vorfälligkeitsentschädigungen bei vorzeitiger Rückzahlung festzulegen - was die Gefahr von Kostenerhöhungen für den langfristigen Kredit und damit seiner Verdrängung vom Markt in sich birgt. Zwar scheint die gewählte Formulierung "weich" und lässt Spielraum für nationale Entscheidungen. Letztlich werden aber die bewährten Regeln des langfristigen Hypothekarkredits von der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe ("Rechte der Verbraucher nicht übermäßig erschwert, keine übermäßigen Kosten") durch die Kommission abhängig.

Für Nachhaltigkeit und Krisenprävention konzeptionell wichtig erscheint es auch die Prozyklik des Finanzsystems zu dämpfen. Diesem Ziel dient zum Beispiel die Diskussion um die aufsichtliche Anerkennung von echtem "contingent capital" (bedingtes Kapital) etwa als Instrument zur Unterlegung des Kapitalpuffers von systemrelevanten Instituten. In guten Zeiten Fremdkapital erlaubt es keinen prozyklischen Aufbau von Risiko-Positionen; die Wandlung in echtes, verlusttragendes Kapital in schlechten Zeiten stellt einen antizyklisch wirkenden Puffer dar.

Bei der Dämpfung der Prozyklik geht es auch zentral um Fragen der Bilanzierung, um die Reichweite der sogenannten Marktwertbilanzierung, mit der in Zeiten steigender Kurse die "Fallhöhe" für Krisenzeiten aufgebaut wird. Das deutsche Bilanzmodernisierungsgesetz sieht für Gewinne aus Finanzinstrumenten3) eine Rücklage, also eine Ausschüttungssperre vor und enthält somit einen eingebauten antizyklischen Puffer. Im Bereich der internationalen Bilanzierungsregeln sind indiese Richtung jedoch nur bescheidene Fortschritte (etwa bei der Bewertung von Rückstellungen "expected loss-Ansatz" statt "incured loss-Methode" - festzustellen.

Wenn es gelingt, die dargestellten Grundsätze im bestehenden und künftigen Regelwerk noch stärker herauszuarbeiten, wird es zwar nicht möglich sein, die idyllische Zielsetzung zu erreichen, sich auf ganz wenige, einfache, "robuste", aber zugleich alle Probleme abdeckende und Umgehungen ausschließende Regeln beschränken zu können. Das Regelwerk wird aber an innerer Konsistenz, an Überzeugungskraft und vor allem an zeitlicher Konstanz gewinnen, weil seltener Änderungen notwendig werden. Jedenfalls dann kann man über das bankaufsichtliche Regelwerk das Urteil abgeben, das Mark Twain seinerzeit über die Musik Richard Wagners gegeben hat: "It is better than it sounds."

Der Autor legt ausschließlich seine persönliche Meinung dar.

Der Beitrag (Stand Mitte Mai 2011) basiert auf einer Rede des Autors anlässlich des Bundesbank Symposiums "Bankenaufsicht im Dialog" am 17. Mai 2011 in Frankfurt. Die Zwischenüberschriften sind teilweise von der Redaktion eingefügt worden.

Fußnoten

1)Nach dem Kapitalkostenäquivalent.

2) 2,3 Prozentpunkte zwischen dem 3-Monats- und dem 10-Jahreszins.

3) Und damit einen großen Teil der nicht realisierten Gewinne.

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