Gespräch des Tages

Genossenschaftsbanken - Konservative Neugründung

Das Jahr 2012 ist für die genossenschaftliche Finanzgruppe bekanntlich ein besonderes: Die Vereinten Nationen haben es zum Internationalen Jahr der Genossenschaften ausgerufen, um auf die weltweite Bedeutung von Genossenschaften aufmerksam zu machen und ihre Rolle für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung vieler Länder zu betonen. Überall in Deutschland veranstalten Volks- und Raiffeisenbanken Aktionen und Feste und werben damit nicht zuletzt für die Ideen von Friedrich Wilhelm Raiffeisen und Hermann Schulze-Delitzsch.

Mit Werbung in ganz eigener Sache macht im Jahr der Genossenschaften allerdings auch ein anderes Unternehmen auf sich aufmerksam, distanziert sich dabei jedoch explizit von anderen genossenschaftlichen Primärbanken. Mit der DiKoBa "Die Konservative Bank" wollen mehrere Landwirte und Mittelständler aus dem nordrhein-westfälischen Schöppingen wieder zu den ursprünglichen Grundsätzen des Bankwesens zurückkehren: Mit fairen Konditionen im Einlagen-, Kredit-, Garantie- und Girogeschäft, einer sicheren Kreditversorgung des Mittelstandes und der Landwirtschaft, transparenten und zügigen Entscheidungen sowie einer wahrhaftigen, individuellen Betreuung und Beratung will man ab 2013 den Mitgliedern als Bank bundesweit zur Verfügung stehen. Insbesondere die Mitgliederförderung wollen die beiden Gründer und derzeitigen Vorstände dabei stärker in den Vordergrund rücken. Nicht zuletzt auf Druck ihrer Prüfungsverbände würden ihrer Ansicht nach die genossenschaftlichen Primärbanken immer mehr in eine Gewinnmaximierung getrieben, die nicht im Einklang mit den genossenschaftlichen Prinzipien stünde. Um nicht in das gleiche Fahrwasser zu geraten, habe man sich deshalb auch dem Prüfungsverband der kleinen und mittelständischen Genossenschaften e.V. in Mecklenburg-Vorpommern angeschlossen.

Das Ansinnen der Gründer ist sicherlich ein ehrenvolles, doch die Umstände und Beweggründe lassen bei aufmerksamer Betrachtung einige Fragen unbeantwortet: Ohne eine auskömmliche Ertragslage ist heutzutage ein nachhaltiges Bankgeschäft kaum möglich. Nicht zuletzt die verschärften aufsichtsrechtlichen Vorgaben erfordern ein ausreichend großes Eigenkapitalpolster, und in Krisensituationen muss sich eine Bank immer wieder fragen, wie lange sie einen Kreditnehmer begleiten kann und darf - auch im Sinne des Kunden. Landwirtschaft und Mittelstand sind die Zielgruppen, die Volks- und Raiffeisenbanken traditionell bislang immer im Fokus hatten. Welchen Mehrwert könnte deshalb eine solche Neugründung dieser Klientel liefern, außer beispielsweise ein Mehr an Transparenz in Anlehnung an die GLS Bank?

Ungeklärt scheinen darüber hinaus die zukünftigen Partner im täglichen Bankgeschäft zu sein: Welches Rechenzentrum stellt die EDV-Umgebung zur Verfügung und wer wickelt den Zahlungsverkehr ab, sind nur zwei Fragen, die in diesem Zusammenhang unbedingt zu klären sind. Und ganz praktisch: Seit den ersten Anfängen im Jahr 2010 hat man nach eigenen Angaben eine dreistellige Anzahl an Mitgliedern gewinnen können. Benötigt werden allerdings mindestens 2 500 Mitstreiter, die eine Einlage von jeweils 2 000 Euro zeichnen, um das Anfangskapital in Höhe von mindestens fünf Millionen Euro aufbringen zu können. Angesichts dieser Entwicklung erscheint ein Start im nächsten Jahr in weiter Ferne. Und nicht zuletzt bleiben die Be weggründe der beiden Gründer im Unklaren: Persönliche Befindlichkeiten hatten sicherlich weder Friedrich Wilhelm Raiffeisen noch Hermann Schulze-Delitzsch im Auge, als sie zur Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung aufriefen und die ersten Genossenschaften gründeten.

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