Aufsätze

Immer noch einen Schritt voraus: Neue Luxemburger Impulse für die Spezialfondsentwicklung

Der Wettlauf zwischen den beiden Fondsstandorten Deutschland und Luxemburg erscheint wie das Rennen zwischen Hase und Igel - überall, wo der (deutsche) Hase hinkommt, ist der (Luxemburger) Igel schon da. Und obwohl das kleine Nachbarland kaum eine halbe Million Einwohner zählt, ist Luxemburg als Fondsheimat doch ein Gigant.

Nummer zwei weltweit

Luxemburg war das erste Land in der Europäischen Union, das 1988 die sogenannte UCITS-Richtlinie (Undertakings for Collective Investment in Transferable Securities), zu Deutsch OGAW (Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren), umsetzte und damit den grenzüberschreitenden Fondsvertrieb ermöglichte. Seitdem hat sich der Fondsstandort kontinuierlich entwickelt. Heute ist das Großherzogtum mit knapp 8 500 zugelassenen Fonds und einem Marktanteil von rund 25 Prozent die Nummer eins in Europa und hinter New York sogar Nummer zwei weltweit.

Wesentlichen Anteil daran, dass Luxemburg als Fondsstandort so attraktiv geworden ist, hatte in der Vergangenheit die großzügigere Auslegung der geltenden EU-Standards und die schnellere Genehmigungspraxis. Statt, etwa bei der Risikostreuung, diese detailliert aufzuführen und spezifische Vorkehrungen für (fast) jeden Einzelfall zu verlangen, beschränkt sich der Luxemburger Gesetzgeber auf Mindestvorgaben.

Neues Spezialfondsgesetz auch für Privatanleger anziehend

Im Februar dieses Jahres verabschiedete das Luxemburger Parlament das neue Gesetz für Spezialfonds (Fonds d'investissement spécialisés oder Specialized Investment Funds, SIF) und erhöhte damit den Druck auf andere Fondsstandorte, speziell auf Deutschland. Ursprünglich waren die SIF als Vehikel für institutionelle Investoren gedacht. Schnell wurde aber klar, dass sie auch für "gut informierte" Privatanleger interessant sein könnten. Diese können Anteile an einem Luxemburger Spezialfonds erwerben, sofern sie mindestens 125 000 Euro investieren. Bedingung ist allerdings, dass der Fonds spätestens zwölf Monate nach seiner Auflage ein Volumen von mindestens 1,25 Millionen Euro erreicht hat.

So entstand durch die Einführung des Spezialfondsgesetzes in Luxemburg kurzfristig der Eindruck, als könne damit die in Deutschland ab Anfang 2009 geltende Abgeltungssteuer umgangen werden. Diese sieht eine Pauschalsteuer in Höhe von 25 Prozent (zuzüglich Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag) auf alle Kapitalerträge, Dividenden und Zinsen vor. Doch der Bundesverband Investment und Asset Management (BVI) stellte schnell klar: "Die Besteuerung von Investmentfonds im Vermögen deutscher Anleger ist im Ergebnis immer gleich - egal, ob es sich um einen deutschen Fonds handelt, um einen Luxemburger Fonds oder gar um einen Luxemburger Spezialfonds für Privatanleger." Und die anfängliche Euphorie der Marktteilnehmer ist inzwischen einer deutlich nüchterneren Betrachtungsweise gewichen, denn die weitere steuerliche Behandlung der Luxemburger Spezialfonds für Privatanleger ist derzeit noch ungewiss.

Zudem übersehen viele Anleger, dass in Luxemburg einzelne Steuern separat erhoben werden, etwa die Kapitalertragssteuer von bis zu 1 250 Euro für jede Geldeinzahlung sowie die jährliche Besteuerung des Spezialfonds (Taxe d'abonnement) mit 0,01 Prozent vom Nettovermögen. Auch werden nicht alle Kosten in den laufenden Fondsgebühren berücksichtigt, etwa die Gründungskosten bei Fondsauflage sowie Transfer- und Lagerstellengebühren.

Wanderungsbewegungen?

Wandern nach den Publikums- auch die Spezialfonds über die Grenze? Die Attraktivität des Fondsstandortes Luxemburg hat in der Vergangenheit schon viele deutsche Kapitalanlagegesellschaften dazu verführt, jenseits der Grenze neue Publikumsfonds aufzulegen. Droht nun der gleiche Exodus bei den Spezialfonds? Besonders interessant ist die Konkurrenz aus Luxemburg für die weitere Entwicklung des deutschen Spezialfondsgeschäftes, dessen Volumen stetig zunimmt. Mit 48,4 Milliarden Euro lagen die Nettomittelzuflüsse in Spezialfonds hierzulande im vergangenen Jahr rund 20 Prozent über denen von 2005. Insgesamt betrug das Volumen in den rund 4 300 deutschen Spezialfonds Ende 2006 rund 670 Milliarden Euro. Die Gründe für diesen Zulauf sind offensichtlich: Institutionelle Anleger schätzen am Spezialfonds besonders die Einflussnahme auf Anlage- und Ausschüttungspolitik, Mandatsprofil, individuelle Reportings und steuerliche Vorteile. Mit dem neuen SIF-Gesetz zielt Luxemburg auf diesen sich stetig entwickelnden deutschen Spezialfondsmarkt.

Interessant für institutionelle Investoren sind die SIF vor allem, weil damit auch Investments zum Beispiel in Private-Equity-oder Mezzanine-Fonds, Immobilien, Rohstoffe und Dach-Hedgefonds möglich sind. Als "Umbrella-Fonds" können SIF Teilfonds bilden, Anteile in verschiedenen Klassen ausgeben und sind "kaskadenfähig" (etwa ein Dach-Hedgefonds, der in einen anderen Dach-Hedgefonds investiert). Ebenso beinhaltet das SIF-Gesetz keine restriktiven Regelungen im Hinblick auf die Fremdfinanzierung von Investitionen. Bei der Umsetzung können die bekannten Rechtsformen des FCP (Fonds Commun de Placement) und des Sicav (Société d'investissement à capital variable) dienen.

Der FCP entspricht dem deutschen Spezialfonds, der Sicav einer Investmentaktiengesellschaft. Diese gibt es in Deutschland auch; sie wartet hierzulande allerdings noch auf ihren Durchbruch. Darüber hinaus wird die Besteuerung von Erlösen im Rahmen des SIF aus zum Beispiel Private-Equity-Investitionen im Herkunftsland des Anlegers vorgenommen und nicht in Luxemburg. Ansonsten benötigt auch der Luxemburger Spezialfonds, wie in Deutschland, eine Depotbank und die Prüfung des Jahresabschlusses und -berichts durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer. Anders als hierzulande ist ein Verkaufsprospekt zu erstellen, in dem die Charakteristika des Spezialfonds beschrieben werden müssen.

Novelle des Investmentgesetzes in Deutschland

Der deutsche Spezialfonds ist also keineswegs abgeschrieben, wie zuvor schon prophezeit. Er wurde mit der Luxemburger Variante lediglich kopiert und modifiziert. Der deutsche Gesetzgeber antwortet nun seinerseits mit der Novelle des seit 2004 gültigen Investmentgesetzes (InvG). Nach dem vorliegenden Entwurf, der voraussichtlich im Herbst 2007 Gesetz werden wird, sind umfangreiche Deregulierungen geplant, die den deutschen Spezialfonds weiterentwickeln werden. So fällt beispielsweise das "Kaskadenverbot", wonach etwa ein Dach-Hedgefonds nicht in einen anderen Dach-Hedgefonds investieren darf.

Die Fortentwicklung liegt auch an der Ausweitung des Katalogs der sogenannten "eligible assets", also den erwerbbaren Finanzinstrumenten für einen Fonds, wie Rohstoffe und Edelmetalle, sogenannte 1 : 1-Zertifikate, Private-Equity-Fonds oder Immobilieninvestments. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) fasst mit Blick auf die InvG-Novelle den Kreis dieser "eligible assets" deutlich weiter, was aus Sicht der Branche sehr zu begrüßen ist.

Darüber hinaus plant das Bundesfinanzministerium im überarbeiteten Investmentgesetz die Einführung des sogenannten "Sonstigen Sondervermögens" als eine "deutsche Plattform" für innovative Finanzinstrumente. Unter diesen Fondstyp kann auch ein deutscher Spezialfonds fallen. Vorteile des neuen Sondervermögens: Es kann grundsätzlich Derivate jeder Ausgestaltung und erstmals Edelmetallfutures erwerben, darf sich an Unternehmen beteiligen, die nicht börsennotiert sind und kann in deutlich höherem Umfang als bisher in Single- oder Dach-Hedgefonds, Private Equity sowie anderen Sondervermögen investieren.

Damit wird der deutsche Spezialfonds dem Luxemburger Pendant nahezu ebenbürtig. Um komplett auf Augenhöhe zu sein oder sich gar einen Vorsprung zu verschaffen, wären allerdings noch Hürden zu nehmen: Die Anlagemöglichkeiten müssten weiter liberalisiert werden. Der Gesetzgeber sollte vollständig auf quantitative Anlagebeschränkungen verzichten und Spezialfonds die Wahl ihrer Vermögensgegenstände freistellen.

Ebenso sind institutionelle Anleger nicht im gleichen Maße schutzbedürftig wie Privatanleger. Daher sollte hier der Grundsatz der Vertragsfreiheit gelten. Darunter fällt auch die Möglichkeit der Kapitalanlagegesellschaft mit dem Kunden allein auf vertraglicher Basis zu regeln, in welche Vermögensgegenstände der Spezialfonds investieren darf - sofern nicht aufsichtsrechtliche Regelungen (zum Beispiel bei Versicherungen) dem widersprechen.

Besonderheiten bei der Fondsauflage sorgfältig vergleichen

Der Schluss, den der institutionelle Anleger aus der Entwicklung an beiden Fondsstandorten ziehen sollte, lautet daher: Der Weg zum maßgeschneiderten Spezialfonds führt nicht zwangsläufig über Luxemburg.

Wichtig ist es, vor der geplanten Fondsauflage die Besonderheiten in beiden Ländern zu vergleichen und sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Vorteilhaft ist hierbei die Zusammenarbeit mit einer Investmentgesellschaft, die nicht nur über reichhaltige Erfahrung in Deutschland und Luxemburg verfügt, sondern auch an beiden Standorten vertreten ist - und die besonderen Anforderungen an die Fondsadministration an beiden Standorten beherrscht.

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