Aufsätze

Investment-Stile im Dachfondsmanagement

Die Zielsetzung für ein aktives Aktienportfoliomanagement lässt sich recht einfach beschreiben: Im Kern geht es um die systematische Outperformance einer Benchmark bei vorgegebener Risikobandbreite. So einfach und eingängig wie die Formulierung des Ziels, so schwierig erscheint aus der Perspektive der Praktiker die Lösung der Aufgabe.

Zwei besonders populäre Investmentstile

An effizienten Kapitalmärkten ist es nicht möglich, allein durch einen Strategiemix Jahr für Jahr eine Rendite von mehr als zehn Prozent zu erzielen. Gerade über die aktuell hohe strukturelle Homogenität der Erwartungen und die Dominanz weniger möglicher Erfolgsstrategien sollte nachgedacht werden. Klar ist, dass nicht eine einzelne Kennzahl, sondern nur eine Analyse von quantitativen und qualitativen Kennziffern und Faktoren das künftige Alpha-Potenzial erkennbar machen kann. Die größte Alpha-Quelle ist die Handschrift des Aktienfondsmanagers. Beim Tauziehen um die konstant beste Performance sind zwei Investmentstile besonders populär: das klassische Gegensatzpaar Value und Growth.

In der Fachliteratur wird überwiegend von einer im längeren Zeitverlauf überlegenden Value-Strategie berichtet. In einzelnen, meist kürzeren Phasen zeigen wiederum Growth-Ansätze eine höhere Rendite. Als Begründung wird angeführt, dass die Wachstumserwartungen beim Growth- Ansatz in der Regel zu optimistisch eingeschätzt werden und folglich eher enttäuschen können. Hingegen geht der Value-Manager bei seinem Investment davon aus, dass seine Aktien im Konsens zu negativ eingeschätzt werden und sich diese Bewertung ändern wird, sobald der Markt den "Fehler" erkannt hat. Die Investmentwelt diskutiert bereits seit geraumer Zeit, welcher Investmentstil am ehesten geeignet ist, überdurchschnittliche Ergebnisse zu erzielen. In der Literatur wird überwiegend von einer im längeren Zeitverlauf überlegenden Value-Strategie berichtet. Doch muss darauf hingewiesen werden, dass sich die Growth- und Val- ue-Ansätze in Theorie und Praxis unterscheiden. So wird in der empirischen Kapitalmarktforschung eine Growth-Aktie vereinfacht als "teure" Value-Aktie charakterisiert. Dabei würde kein Fondsmanager Aktien berücksichtigen, die ein hohes Kurs-Buchwert- oder Kurs-Gewinn-Verhältnis aufweisen und zudem noch schlechte Wachstumsperspektiven bieten.

Überlegene Strategie gesucht

Die oft einfache Entweder-oder-Klassifizierung von Growth- und Value-Aktien erklärt in nicht unerheblichem Maße, warum die meisten wissenschaftlichen Untersuchungen zu dem Schluss kommen, dass Value-Strategien dem Growth-Ansatz klar überlegen sind. Im langfristigen Realvergleich schneiden erstaunlicherweise "Growth-Manager" wesentlich besser ab und erzielen vergleichbare Ergebnisse wie "Value-Manager" (Abbildungen 1 und 2). Um als Anleger nachhaltig von den genannten Effekten profitieren zu können, ist eine Abgrenzung und adäquate Zuordnung von Aktienfonds in dezidierte Investmentstile unabdingbar. Diese Notwendigkeit besteht dabei nicht nur in der Analyse auf Einzeltitelebene, sondern in der Kunst des sinnvollen Aggregierens.

Klassifizierung

Das Dachfondsmanagement der SEB Asset Management unterscheidet sowohl positive als auch negative Stil-Ausprägungen von Value und Growth - insgesamt vier Gruppen (Abbildung 3).

Im Portfoliomanagement kommen zudem noch "Barbell-Strategien" zum Einsatz, die zwei Investmentstile (zum Beispiel klassischer Value- und Growth-Ansatz) in einem einzigen Aktienportfolio berücksichtigen. Neben Value und Growth sollte auch dem Börsensegment (zum Beispiel Small Caps), in dem der Manager stark übergewichtet ist, sowie ausgewählten Handelsstrategien (zum Beispiel Momen-tum-Strategie) besondere Beachtung geschenkt werden.

Streifzug durch Europa

Am Beispiel ausgewählter europäischer Aktienfonds ist die unterschiedliche Stilausprägung im Anlageuniversum zu erkennen. Während der JPM Europe Strategic Value einen signifikanten Large-Cap-Value- Ansatz verfolgt, zeichnet sich der Nordea European Value durch seine Nebenwerte-Gewichtung aus.

Erst diese Transparenz der einzelnen Zielportfolios ermöglicht eine umfassende Kontrolle der aktiven Stilrisiken. Außerdem kann so nachvollzogen werden, ob das Ziel-Fondsmanagement ein "echtes" - also stilbereinigtes - Alpha erzielt hat. Transparent wird auch, ob die Portfolioumsetzung dem kommunizierten Managementansatz entspricht.

Da ein Fondsmanager zumeist einen bestimmten Anlagestil verfolgt, sind die Ausprägungen der Portfoliomerkmale selbst über Jahre hinweg stabil. Sollte sich diese "Handschrift" einmal ändern, liegt oft ein Eingriff im Fondsmanagement vor (zum Beispiel Anpassung der Anlagepolitik, Wechsel des Fondsmanagers), der hinterfragt und beurteilt werden muss.

Berücksichtigen der Investmentstile

Mithilfe von Portfoliokenngrößen wird regelmäßig überprüft, ob sich der kommunizierte Anlagestil tatsächlich im aktuellen Portfolio sowie im Zeitablauf widerspiegelt. Dabei lässt sich Folgendes feststellen: Erstens ist die Handschrift der Fondsmanager - im Gegensatz zur Länder- und Branchenallokation - über die Zeit sehr stabil. Zweitens lässt sich ein Fondsmanagerwechsel anhand von Portfolioumschichtungen erkennen. Und drittens ist die Chance, einen guten Fondsmanager innerhalb der Investmentstile zu finden, relativ hoch.

Unterscheidungen werden bei SEB Asset Management im Wesentlichen bei der Portfolioausprägung von Value- und Growth-Kriterien, bei der Marktkapitalisierung und bei ausgewählten Momentum-Strategien getroffen. In Sondersituationen wie den Jahren 2003 bis 2006 wurden sogenannte klassische Value-Manager in den Portfolios übergewichtet. Im Kalenderjahr 2007 erzielten Value-Ansätze im europäischen Aktienuniversum keine Outperformance mehr. Auch der Trend, dass kleine Aktien eine höhere Rendite erzielen, ging zu Ende. So ist auch zu erklären, warum bis dahin erfolgreiche europäische Aktienfonds, darunter der JPM Europe Strategic Value Fund, gegenüber Benchmarks und anderen Fonds 2007 verloren haben.

Genutzt wird die Growth- und Value- Klassifizierung vor allem bei der Fondsmanagerauswahl. Darüber hinaus wird der Aktienanteil auf mehrere Investmentansätze verteilt, sodass Wachstums- und Bewertungskomponenten ausbalanciert sind. Die Kombination der besten Asset Manager für das jeweilige Segment in Verbindung mit einer Stildiversifikation erhöht die Wahrscheinlichkeit für stetigen Mehrertrag.

Jede einseitige Ausrichtung eines Portfolios birgt Risiken. Die Erfahrungen der vergangenen Jahre zeigen, dass der Investmentstil eine tragende Rolle bei der Generierung zusätzlicher Rendite spielen kann. Eine "All-Wetter-Strategie", die den Erfolg Jahr für Jahr garantiert, gibt es indes nicht.

Jens Kummer , Chief Investment Officer , Faros Consulting GmbH & Co. KG, Frankfurt am Main
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