Aufsätze

Kapitalanlagen für (S-)Versicherer - Anforderungen an das Asset Management

Die Entscheidung sorgte in der Branche für großes Aufsehen, der Startschuss fiel am 1. Januar 2007: Unter dem Namen Versiche-rungs-Assetmanagement GmbH (VersAM) entstand das einzige versicherungskonzernübergreifende Finanzdienstleistungsinstitut. Es gehörte sofort zu den Top Ten der größten Asset Manager im deutschen Versicherungsmarkt und ist damit die Nummer eins unter den öffentlichen Versicherern.

Optimierung der Ertrags- und Risikopositionen

Mit der Bündelung des Kapitalmarkt-Know-hows in einer gemeinsam von der Provinzial Nordwest Holding AG (51 Prozent) und der SV Sparkassen-Versicherung Holding AG (49 Prozent) gegründeten As-set-Management-Gesellschaft sollen nachhaltige Effizienz- und Professionalisierungsgewinne realisiert werden. Insbesondere durch die Professionalisierung der gesamten Wertschöpfungskette in der Kapitalanlage wird die Optimierung der Ertrags- und Risikopositionen der beteiligten Versicherungen angestrebt. Die Kooperation von PNW und SV zielt darauf, betriebswirtschaftliche Verbesserungspotenziale zu realisieren, die beide Partner stand-alone nicht heben könnten. Dies soll vor dem Hintergrund des zunehmenden Wettbewerbdrucks zu einer Stärkung der Marktpositionen der Unternehmen führen.

Die Gesellschaft verwaltet ein Vermögen von fast 40 Milliarden Euro - das sind mehr als 40 Prozent der gesamten Kapitalanlagen der 16 öffentlichen Versicherer in Deutschland. Acht Einzelgesellschaften drei aus der SV Sparkassen-Versicherungs-Gruppe (SV), fünf aus der Provinzial-Nord-west-Gruppe (PNW) - zählt die Vers-AM zu ihren Mandanten. Größter der acht ist die PNW Leben mit einem verwalteten Vermögen von 17 Milliarden Euro, kleinster die Hamburger Feuerkasse mit 200 Millionen Euro.

Dass sowohl die Großen als auch die Kleinen von der Entscheidung, ihre Vermögensverwaltung unter einem Dach zusammenzulegen, profitieren, hat viele Gründe. Die Bündelung der Kapitalanlagen ermöglicht eine effizientere Bearbeitung der Standard-Anlageformen (größere Volumina je Mitarbeiter), wie europäische Aktien und Zinstitel. Die dadurch freigesetzten Kapazitäten können genutzt werden, um Know-howintensivere Assetklassen beziehungsweise Aktivitäten aufzusetzen und vertiefend zu bearbeiten. So managt die Gesellschaft nicht nur die großen Assetklassen Aktien, Renten und Immobilien, sondern ist auch in den Randbereichen beziehungsweise Sub-Assetklassen wie Private Equity, Hedgefonds, Rohstoffe oder Immobilienprojektentwicklungen aktiv, für die kleinere Versicherungen einfach keine Spezialisten vorhalten können.

Risikoadjustiertes Asset Management

Zu der weitergehenden Professionalisierung gehören neben dem Einsatz von bislang nicht oder nur rudimentär eingesetzter Assetklassen, der Ausbau von Unterstützungsfunktionen und methodischem Know-how in den Bereichen Research, Bewertungsmodelle und Risikomanagement. Für kleinere Versicherungen lohnt sich die Einbindung in die Vers-AM, insbesondere wegen der größeren und diversifizierteren Anlagemöglichkeiten, für die größeren steht die Effizienz im Vordergrund. Abgerundet werden diese Vorteile durch die Vermeidung von Mehrfachinvestitionen bei den verwendeten IT-Systemen.

Das Finanzdienstleistungsunternehmen nimmt für seine Mandanten aufgrund der ganzheitlichen Sicht auf die Kapitalanlagen der Versicherungen die Rolle eines "quasi gemeinsamen Unternehmensteils" ein. Über Monate wurde daran gearbeitet, die internen Prozesse und die Schnittstellen zu den Mandanten klar zu definieren und transparent zu gestalten. Die sehr enge Verzahnung und damit Nähe zu den Versicherungsunternehmen könnte eine klassische, externe Kapitalanlagegesellschaft niemals übernehmen.

Risikotragfähigkeit und Risikoappetit der einzelnen Mandanten sind sehr unterschiedlich. Je größer die Risikotragfähigkeit, desto mehr Spielraum ist für risikoreichere Anlageformen - wie zum Beispiel Aktieninvestments - vorhanden. So bedeutet risikoadjustiertes Asset Management im Fall von Aktienengagements, dass für jedes Versicherungsunternehmen in enger Absprache mit den Mandanten individuell zugeschnittene Sicherungskonzepte entwickelt werden.

Diese in der Regel optionsbasierten Strategien ermöglichen auf der einen Seite eine Partizipation an Kursgewinnen und minimieren auf der anderen Seite Kursverluste. So kann auch in turbulenten Zeiten "ruhig" agiert werden. Ergänzt werden diese Strategien bei Bedarf durch die einzelne Asset-klassen-übergreifende Sicherungskonzepte und Währungsoverlays. Neben der grundsätzlich konservativ und breit diversifizierten Anlagestrategie, die von Anlagen in festverzinslichen Wertpapieren und in zunehmendem Maße auch von Anlagen in Immobilien dominiert werden, trägt das risikoadjustierte Asset Management entscheidend dazu bei, dass sich unruhige Börsenzeiten nicht nachhaltig auf die Kapitalanlagen der Mandaten niederschlagen.

Zuständigkeiten klar geregelt

Grundsätzlich sind die Versicherungsunternehmen weiterhin für das Asset Liability Management, die Strategische Asset Allokation (SAA) und das Strategische Kapital-anlagen-Controlling zuständig. Die Vers-AM verantwortet die Taktische Asset Allokation, das Portfoliomanagement sowie das operative Kapitalanlagen-Controlling. Darüber hinaus erarbeitet die Gesellschaft für jeden Mandanten einen individuell zugeschnittenen Vorschlag für die Strategische Asset Allokation. Unter Nutzung des selbst entwickelten VAA-Tools (Vers-AM Asset Allocation) erfolgt die modellgestützte Ableitung von konkreten auf die Risikotragfähigkeit der Mandanten ausgerichteten Vorschlägen für die SAA (Abbildung).

Die genauen Kenntnisse über die Kapitalanlagen der Versicherungsunternehmen ermöglichen es der Vers-AM, ihre Mandanten bei der Strategischen Asset Allokation punktgenau zu beraten, selbstverständlich unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Allokationen der einzelnen Versicherungen durchaus unterschiedlich sein müssen. Denn jeder Versicherungstyp verlangt nach einer eigenen Anlagepolitik. Die Holdings kommen wegen ihrer hohen Beteiligungsquoten auf einen eher niedrigeren Rentenanteil. Dieser liegt bei Lebensversicherungen klassischerweise deutlich höher. Die Schadenversicherer haben dagegen eine relativ hohe Aktienquote.

Dass die erarbeiteten Vorschläge in der Regel auf die Zustimmung der Versicherer stoßen, liegt vor allen Dingen an der Tatsache, dass die Vers-AM sowohl die Bedürfnisse als auch die Risikotragfähigkeit ihrer Partner genau kennt. Aussagekräftige Reportings und tief gehende Risikoanalysen runden das Bild ab. Die Informationsbedürfnisse der Mandanten sind sehr speziell. Doch gerade weil das Unternehmen an seinen Kunden besonders nah dran ist, können diese speziellen Reporting-Anforderungen auf eine Art und Weise erfüllt werden, die externe Portfoliomanager nicht realisieren könnten.

Internes und externes Asset Management

Die Hauptaufgabe der Gesellschaft besteht in der Marktbearbeitung, also dem operativen Management der Assets zur Erzielung der optimalen Performance innerhalb der Vorgaben der von den Versicherungen definierten Mandate. Auf Basis von quantitativ ausgerichteten Analysen der Kapitalmärkte und Ableitung von Prognosen trifft sie im Rahmen der Anlagespielräume Entscheidungen zur Über- beziehungsweise Untergewichtungen innerhalb oder zwischen einzelnen Assetklassen und fällt Kauf- beziehungsweise Verkaufsentscheidungen für die eigen- und fremdgemanagten Bestände.

Die Vers-AM interessiert nicht "nur" die bestmögliche absolute und relative Performance ihrer Portfolios. Alle Aktivitäten werden ganz bewusst in den Kontext des Versicherungsgeschäfts der Auftraggeber gestellt. Das zeigt sich zum Beispiel bei der Umsetzung von Absolute-Return-Konzepten, die mit den Zusagen an die Versicherungsnehmer korrespondieren.

Die Gesellschaft wird mittlerweile am Markt als kompetenter und ernst zu nehmender Geschäftspartner gesehen - und davon profitieren alle Mandanten. Dies hat durchaus Relevanz, da sich nicht angemaßt wird, in jeder Anlagekategorie und in jeder Anlageregion eine ausreichende Expertise zu haben. Allerdings besteht der Anspruch bei den nicht durch die Vers-AM selber gemanagten Produkten (derzeit zirka 30 Prozent), wie zum Beispiel außereuropäische Aktien- und Immobilieninvestments oder Projektentwicklungen, erstklassige - oftmals internationale - Spezialisten für die Mandanten zu gewinnen.

Gerade kleinere Versicherungen haben in der Regel nicht die Kontakte zu den größeren und insbesondere internationalen Top-Anbietern von geeigneten Anlageprodukten beziehungsweise sind nicht auf deren Radarschirm, um bei interessanten Investments berücksichtigt zu werden.

Die Vers-AM managt in Abstimmung mit den Mandanten die Auswahl externer Asset Manager auf Basis eines mehrstufigen Due-Diligence-Prozesses und gewährleistet ein enges Monitoring und die Steuerung dieser Mandate. Hinzu kommt, dass man beim Ankauf von Anlageprodukten aufgrund des für mehrere Mandanten gepoolten Anlagevolumens in der Lage ist, günstigere Konditionen zu verhandeln, als es kleinere Versicherer können.

Partner im Sparkassenverbund bevorzugt

Der Verbundgedanke spielt eine besondere Rolle. Sobald es um extern zu managende Kapitalanlagen geht, überprüfen die Fachleute der Gesellschaft zuerst, ob Deka, Helaba, HSH Nordbank, LBBW oder WestLB beziehungsweise deren Asset- Management-Gesellschaften das gesuchte Produkt auch anbieten. Die Entscheidung für einen Verbundpartner fällt immer dann, wenn dieser so gut ist, wie andere Anbieter. Das hat bislang dazu geführt, dass etwa die Hälfte der extern vergebenen (also nicht direkt von der Vers-AM gemanagten Kapitalanlagen) mit Verbundpartnern investiert wurden - und das aus gutem Grund: Denn diese Häuser verfügen über exzellente Produkte und Produktideen, die in der Öffentlichkeit oft zu wenig wahrgenommen werden. So hat die Helaba Invest unter anderem eine besondere Expertise bei quantitativen, die LBBW bei strukturierten Produkten. Die WestLB Mellon ist beispielsweise im Bereich der Emerging Markets besonders stark. Aktien in europäischen Randmärkten wie Osteuropa zählen zu den Stärken der Deka Investment - also viele gute Gründe, sich für einen Verbundpartner zu entscheiden.

Aufbau, Entwicklung und Umsetzung von quantitativen Investmentansätzen gehören zu den Stärken der Vers-AM. Neben klassischen und modifizierten Value-at-Risk-Strategien seien hier die zukünftig für Versicherungen immer wichtiger werdenden Investments mit asymmetrischen Risikoprofilen angeführt, die weit über den diesbezüglichen Klassiker Wandelschuldverschreibungen hinausgehen. Collarstrategien (über Put-Optionen gesicherte Aktien, deren Kosten über den Verkauf von Call-Optionen (teil-)finanziert werden) werden so mit weiteren Derivaten kombiniert, dass sie genau der Risikotragfähigkeit der jeweiligen Mandanten entsprechen. Durch den ergänzenden Verkauf von Put-Optionen können die Sicherungskosten weiter reduziert werden. "Shout Puts" bieten die Möglichkeit, das Absicherungsniveau während der Laufzeit an die aktuelle Marktentwicklung anzupassen. "Real Puts" ermöglichen an fallenden Volatilitäten zu partizipieren: Der Optionspreis wird erst am Ende der Laufzeit auf Basis der tatsächlich beobachteten historischen Volatilität ermittelt und fällig. Strategien mit asymmetrischen Risikoprofilen machen es damit auch Versicherungen mit eventuell eingeschränkter Risikotragfähigkeit möglich, auch in zunehmend volatiler werdenden Kapitalmärkten in risikobehaftete Anlagen zu investieren.

Offen für weitere Mandanten

Eine Zusammenarbeit mit der Vers-AM muss weder eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung nach sich ziehen noch das Outsourcen der gesamten Kapitalanlagen bedeuten, das heißt, kann sich auch auf einzelne Anlagesegmente beschränken. So hat beispielsweise die Sparkassen-Versicherung Sachsen Lebensversicherung AG Mitte 2008 ausschließlich das Immobilienmanagement an die Gesellschaft ausgelagert - das sonstige Asset Management wird weiterhin inhouse betrieben.

Solche Mischformen ohne eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung können in Form von Advisory- oder Beraterverträgen jederzeit realisiert werden - ein Angebot, das zukünftig auch für andere öffentliche Versicherungen interessant werden könnte.

Die Vers-AM wird heute in der Öffentlichkeit als eine Gesellschaft wahrgenommen, die durchaus in der Lage ist, weitere Versicherungen als Kunden zu betreuen. Dass sie einmal die bundesweite Vermögensverwaltung der öffentlichen Versicherer managen könnte, ist derzeit natürlich Zukunftsmusik. Im Moment gilt es zu beweisen, dass man in der Lage ist, eine attraktive und nachhaltige Performance für die derzeitigen Mandanten zu erzielen. Die knapp 80 Beschäftigten, die das Unternehmen nicht nur mit dem Kopf, sondern auch mit dem Herzen repräsentieren, werden alles daran setzen.

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