Aufsätze

Das Management von Liquiditätsrisiken gemäß KWG und Bankenrichtlinie

Risikomanagementsysteme sind insbesondere in Krisenzeiten von Bedeutung und rücken dann schlagartig in den Fokus der Betrachtung. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass gegenwärtig von notwendigen Verbesserungen an diesen Systemen die Rede ist und dass das Liquiditätsrisiko mehr und mehr in den Vordergrund rückt; so formuliert die Deutsche Bundesbank aktuell: "Des Weiteren muss das Risikomanagement in den Banken konsequent für alle Risikoarten, insbesondere für das Liquiditätsrisiko verbessert werden"1).

Risikomanagement nach § 25a Abs. 1 KWG

Der Gesetzgeber hat seine Vorstellungen zur Ausgestaltung des Risikomanagements für Kreditinstitute vor allem in § 25a KWG dargelegt und stetig angepasst.2) Danach muss ein Institut zunächst über eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation verfügen, die die Einhaltung der vom Institut zu beachtenden gesetzlichen Bestimmungen und der betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten gewährleisten soll.

Die ordnungsgemäße Geschäftsorganisation umfasst dabei gemäß § 25a KWG insbesondere ein angemessenes und wirksames Risikomanagement, das dreiteilig aufgebaut ist und auf der Grundlage von Verfahren zur Ermittlung und Sicherstellung der Risikotragfähigkeit, die Festlegung von Strategien sowie die Einrichtung interner Kontrollverfahren mit einem internen Kontrollsystem (prozessabhängiges Überwachungssystem) und einer internen Revision (prozessunabhängiges Überwachungssystem) beinhaltet. Das interne Kontrollsystem umfasst wiederum insbesondere

a) aufbau- und ablauforganisatorische Regelungen mit klarer Abgrenzung der Verantwortungsbereiche und

b) Prozesse zur Identifizierung, Beurteilung, Steuerung sowie Überwachung und Kommunikation der Risiken entsprechend den in Anhang V der Bankenrichtlinie3) niedergelegten Kriterien.

Mit einer Änderung im Jahr 2006 wurde mit einem Kunstgriff aus dem KWG auf den Anhang V der damals neu veröffentlichten europäischen Bankenrichtlinie4) referenziert. Der Hinweis auf Anhang V sollte dabei vor allem der Konkretisierung der insoweit zu betrachtenden Risikobereiche und den dabei anzuwendenden Kriterien dienen. Diese Referenzierung aus dem KWG auf die Bankenrichtlinie ist leicht übersehbar und etwas ungewohnt,5) hat aber für Kreditinstitute und vor allem deren Geschäftsleitern eine große Relevanz und rechtfertigt deshalb eine detaillierte Betrachtung. Die zuvor in § 25a Abs. 1 Nr. 3 KWG a. F. enthaltene Anforderung, nach der eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation auch eine angemessene Regelung umfasst, anhand derer sich die finanzielle Lage des Instituts jederzeit mit hinreichender Genauigkeit bestimmen lassen soll, ist mit Aufnahme des Verweises auf die Bankenrichtlinie entfallen.

Anhang V der Bankenrichtlinie

In Anhang V der Bankenrichtlinie sind neben übergeordneten Themen wie "Governance" und die grundsätzliche "Behandlung von Risiken", auch Vorgaben für die Organisation und Behandlung von verschiedenen Risikokategorien enthalten. Nachfolgend wird zunächst auf die aktuelle Fassung des Anhangs V der Bankenrichtlinie Bezug genommen (Übersicht 1):

Die Ausführungen zum Liquiditätsrisiko beziehen sich insbesondere auf die Liquiditätsmessung und -steuerung sowie auf die Notwendigkeit von Notfallplänen und sind nur geringfügig detaillierter als die vorhergehende gesetzliche Anforderung. Die jetzt bereits seit Sommer 2007 anhaltenden, weltweiten Turbulenzen haben aber die Relevanz eines effizienten Liquiditätsrisikomanagements für die Stabilität des gesamten Finanzsystems sowie der einzelner Banken noch einmal nachdrücklich unterstrichen.7) Es gibt deshalb neben der genannten gesetzlichen Regelung und den dazugehörigen interpretierenden MaRisk8) zum Liquiditätsrisikomanagement noch diverse weitere Initiativen, die das Liquiditätsrisiko aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchten und ergänzende Hinweise zur Ausgestaltung des Liquiditätsrisikos geben. Eine Auswahl dieser Initiativen ist in Übersicht 2 zusammengestellt.9)

Ergänzend hierzu gibt es die Bestrebung, die gesamte Bankenrichtlinie und damit auch den Anhang V grundsätzlich zu überarbeiten und hierin die seit der Erstveröffentlichung aufgrund der Finanzkrise gewonnenen Erkenntnisse aufzunehmen. Von diesen Neuerungen werden aller Voraussicht nach auch die Regelungen zum Liquiditätsrisiko betroffen sein. Die Europäische Kommission hat bereits einen Änderungsvorschlag angenommen.10)

Geplante Änderungen im Anhang V der Bankenrichtlinie

Die das Liquiditätsrisiko betreffenden Änderungen im Anhang V werden nachfolgend kurz dargestellt. Das bisher in den Punkten 14 und 15 geregelte Liquiditätsrisiko wird dem Vorschlag zur Folge zukünftig insgesamt zehn Punkte umfassen (14/14a bis 22; siehe Übersicht 3).

Die vorgeschlagenen Anforderungen sind ausschließlich qualitativer Natur und reichen dabei von der konkreten Ausformulierung von Strategien zur Identifizierung, Messung und Steuerung der Liquiditätsrisiken in Punkt 14 über die obligatorische Notwendigkeit zur Implementierung eines Cash-flow basierten Limitsystems gemäß Punkt 15 bis zum Vorhalten von Liquiditätspuffern, um krisenhafte Notfallsituationen zu überstehen (Punkt 18).

Ferner sind verschiedene Stressszenarien zu berücksichtigen und eine angemessen diversifizierte Refinanzierungsstruktur und der Zugang zu verschiedenen Fundingquellen notwendig (Punkte 18 bis 20). Auch wird auf das Vorhandensein und die Ausgestaltung von Notfallplänen zur Begrenzung von Liquiditätsrisiken besonderen Wert gelegt; deren Wirksamkeit ist darüber hinaus regelmäßig zu testen (Punkte 21/22).

Die vorgesehene Neuregelung des Anhangs V zum Liquiditätsrisiko würde damit auch einige der in den neuen Principles for Sound Liquidity Risk Management and Supervision genannten Aspekte Rechnung tragen (zum Beispiel Principle 10 zu Stresstests). Für die Institute ist damit zugleich die Herausforderung verbunden, die gesetzlichen Vorgaben zum Liquiditätsrisiko und die weiteren Anforderungen aus den unterschiedlichen Initiativen zum Liquiditätsrisikomanagement widerspruchsfrei und sinnvoll umzusetzen.

Die Autoren geben hier ausschließlich ihre persönliche Meinung wieder.

Prof. Dr. Stephan Schöning , Professor für ABWL/Finance, SRH Hochschule Heidelberg
Noch keine Bewertungen vorhanden


X