Aufsätze

Professionellere Hedgefonds - neue Chance für institutionelle Anleger

Hedgefonds-Anlagevehikel, die im Gegensatz zu vielen "traditionellen" Varianten in beträchtlichem Umfang - zum Beispiel Short-Positionen eingehen können - sind für viele Anleger ein heißes Eisen. Dies erstaunt kaum, denn viele auf schwerreiche Privatkunden ausgerichtete Vehikel haben während der Finanzkrise Schiffbruch erlitten. Heute sind es vermehrt institutionelle Anleger wie beispielsweise Pensionskassen, die unter dem Gesichtspunkt der Risikostreuung Hedgefonds-Anlagen tätigen. Das gestiegene Interesse geht mit einer Professionalisierung der Anbieter einher.

Grundlegender Wandel der Hedgefonds-Industrie

Das weltweit von Hedgefonds verwaltete Vermögen ist nach Schätzungen von Hedge Fund Research (HFR) von 39 Milliarden US-Dollar im Jahr 1990 auf 2 375 Milliarden US-Dollar im ersten Quartal 2013 gestiegen. Niemals zuvor wurde so viel Kapital von Hedgefonds verwaltet. Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit hat sich die Hedgefonds-Industrie seit der globalen Finanzkrise 2007 bis 2009 grundlegend gewandelt. Dies geht auf mehrere Faktoren zurück: Zum einen ist ein steigendes Interesse institutioneller Investoren an Hedgefonds festzustellen, das zu einer fortschreitenden Professionalisierung der Hedgefonds-Industrie und einer Spezialisierung entlang von unterschiedlichen Strategien führt. Zum anderen hat ein zunehmender Regulierungsdruck bewirkt, dass sich traditionelle Vermögensverwalter und Hedgefonds-Anbieter immer stärker angleichen (Abbildung).

Dass sich Hedgefonds im Zeitablauf an veränderte Umweltbedingungen anpassen und einem hohen Innovationsdruck unterliegen, ist nicht neu. Der Begriff "Hedgefonds" wurde erstmals 1966 verwendet, um den Anlagestil von Alfred Winslow Jones zu beschreiben, der seit Ende der 1940er Jahre Leerverkäufe tätigte, Risikopositionen teilweise mit Fremdkapital finanzierte (Leverage) und hohe Gebühren verlangte. Nachdem der erste Boom der Branche infolge der Kurskorrekturen Anfang der 1970er Jahre mit der Schließung zahlreicher Hedgefonds endete, durchlebte die Hedgefonds-Industrie zahlreiche Zyklen. In den 1980er Jahren machten schillernde Manager wie George Soros, Julian Robertson und Michael Steinhardt von sich reden. Die Hedgefonds-Industrie aber dominierten damals jene Experten, die wie George Soros und Stanley Druckenmiller sogenannte Global-Macro-Strategien verfolgten.

Noch heute unvergessen sind die Sterling-Leerverkäufe von Soros und Druckenmiller, mit denen die beiden im September 1992 erfolgreich auf eine Abwertung des britischen Pfundes wetteten. In den 1980er/1990er Jahren zogen dann vermehrt quantitativ geschulte Mitarbeiter in die Handelsräume von Investmentbanken und Hedgefonds ein. Unternehmen wie Renaissance Technologies und D. E. Shaw revolutionierten Anfang der 1980er Jahre die Investmentindustrie, indem sie quantitative Handelsstrategien formulierten, die von der besseren Verfügbarkeit von immer leistungsstärkeren Computern und der Verbreitung elektronischer Handelsplattformen profitierten. Innovation und Adaption an veränderte Umweltbedingungen sind seit jeher wesentliche Merkmale der Hedgefonds-Industrie.

Professionalisierung schreitet voran

Auch heute befindet sich die Hedgefonds-Industrie inmitten eines dramatischen Transformationsprozesses, ausgelöst durch die globale Finanzkrise 2007 bis 2009. Vor der Krise waren es überwiegend sehr wohlhabende Privatkunden, die - oftmals auf der Suche nach hohen Gewinnen - Hedgefonds ihr Vermögen anvertrauten. Heute stammt das von Hedgefonds verwaltete Vermögen vorwiegend von Pensionsfonds, Versicherungen, Stiftungen und anderen institutionellen Kunden. Diese stellen hohe Anforderungen an den Anlageprozess und die Infrastruktur der Anbieter. Ein Büro im noblen Londoner Stadtteil Mayfair und ein Bloomberg-Finanzdatenterminal genügen nicht mehr, um einen Hedgefonds zu verwalten.

Aufgeschreckt durch eine Reihe von Skandalen überprüfen institutionelle Investoren heute im Rahmen ihrer "Due Diligence" oftmals mehrfach vor Ort die Qualifikation und die Integrität von Hedgefonds-Managern, bevor sie investieren. Zudem führen sie zum Teil "Background Checks" im beruflichen und nicht selten auch im privaten Umfeld der Manager durch. Das Kapital fließt heute zunehmend zu den großen Anbietern, die über qualifiziertes Personal, moderne Risikomanagementsysteme, eine erstklassige IT-Infrastruktur und einen leistungsfähigen Vertrieb verfügen. Es lässt sich also sagen, dass die zunehmende Institutionalisierung zu einer fortschreitenden Professionalisierung der Hedgefonds-Industrie führt.

Risikostreuung als Ziel

Während sich viele enttäuschte Privatkunden nach der globalen Finanzkrise 2007 bis 2009 von Hedgefonds abgewendet haben, investieren heute vermehrt institutionelle Kunden in Hedgefonds, um die Risiken ihrer Portfolios zu streuen. Bereits 1997 haben Wirtschaftswissenschaftler William Fung und David Hsieh darauf hingewiesen, dass die Rendite- und Risikoeigenschaften von Hedgefonds primär von der Handelsstrategie abhängen, die Hedgefonds-Manager verfolgen, und weniger von der Auswahl der Anlageklassen, in die sie investieren. Auch in der Praxis setzt sich immer mehr die Erkenntnis durch, dass Hedgefonds-Anlegern Zugang zu strategiespezifischen Risikoprämien geben.

Pensionskassen und andere institutionelle Anleger unterscheiden zunehmend zwischen traditionellen Risikoprämien, die sie durch Anlagen in Aktien und Anleihen erzielen können, und "alternativen" Risikoprämien, die aus Engagements in Hedgefonds resultieren. Durch die intelligente Mischung von unterschiedlichen Risikoprämien versuchen institutionelle Anleger heute, die Risiken ihrer Portfolios zu streuen. Bereits 1952 hat der spätere Nobelpreisträger Harry Markowitz Anleger auf die Diversifikationsvorteile im Zusammenhang mit der "Aufteilung" des Vermögens auf unterschiedliche Branchen hingewiesen. Heute können sich Anleger nicht nur in verschiedenen Branchen und Ländern, sondern auch in unterschiedlichen Hedgefonds-Strategien engagieren, um die Rendite- und Risikoeigenschaften ihrer Portfolios zu verbessern.

Unterschiedliche Risikoprämien immer wichtiger

Institutionelle Anleger interessieren sich zunehmend für "alternative" Risikoprämien. In diese Kategorie fällt etwa die Momentum-Risikoprämie. In einer Vielzahl von empirischen Untersuchungen haben Wissenschaftler aufgezeigt, dass Investoren durch sogenanntes Momentum Investing oder Trendfolgestrategien strategiespezifische Risikoprämien erwirtschaften können. Als Commodity Trading Advisors (CTAs) bezeichnete Hedgefonds, verfolgen solche Strategien seit vielen Jahren. Anhand von mathematischen Algorithmen versuchen die Fondsmanager, Trends in den Märkten gewinnbringend auszunutzen. Ein solcher Ansatz ist besonders erfolgreich, wenn Märkte stark steigen oder stark fallen.

Natürlich gilt auch im Hedgefonds-Bereich die alte Weisheit, dass hohe Renditen immer mit Risiken verbunden sind. In Märkten, die durch abrupte Trendwechsel gekennzeichnet sind, erleiden Anleger mit Trendfolgestrategie oftmals hohe Verluste. CTAs, die solche Strategien verfolgen, haben in den Krisenjahren 2000 und 2008 positive Renditen erzielt. Diese Methode eignet sich besonders gut zur Risikodiversifikation: Sie erzielt strategiebedingt insbesondere dann hohe Renditen, wenn an den Märkten ein starker Abwärtstrend vorherrscht und Investoren mit traditionellen Anlagen hohe Verluste erleiden. Generell lässt sich feststellen, dass die Hedgefonds-Industrie immer heterogener wird. Besonderes Interesse haben institutionelle Investoren heute an Anlageprodukten, die ihnen einen möglichst kosteneffizienten, möglichst liquiden und möglichst transparenten Zugang zu strategiespezifischen Risikoprämien ermöglichen.

Gesetzgeber nach Finanzkrise aktiv

Wie schon nach der großen Depression in den 1930er Jahren reagieren die Gesetzgeber auch im Nachgang der globalen Finanzkrise 2007 bis 2009 mit einer Fülle an neuen Gesetzen. Kein Finanzmarkt, kein Finanzprodukt und kein Akteur an den Finanzmärkten dürfe in Zukunft unreguliert bleiben, lautet eine zentrale Folgerung der Politik. Die Europäische Union hat mit der neuen AIFM-Richtlinie Anforderungen formuliert, denen alle Anbieter von alternativen Investmentfonds - dazu zählen neben Hedgefonds unter anderem auch Private-Equity-Fonds und Infrastrukturfonds - genügen müssen.

Aus Kundensicht sind die Neuerungen zu begrüßen, da sie den Anlegerschutz verbessern und systemische Risiken begrenzen. Allerdings machen einige Länder von den Wahlrechten, die die Richtlinie den nationalen Gesetzgebern lässt, übermäßig Gebrauch und erlassen Sonderregeln, die mit der Idee eines einheitlichen Europas schwer zu vereinbaren sind. Es bleibt zu befürchten, dass die Regulierungswut insbesondere in Deutschland die Abwanderungsgelüste der Investmentbranche und die Ungleichgewichte in Europa weiter verstärkt. Schon heute werden mehr Fonds deutscher Fondsanbieter in Luxemburg zugelassen, als in Deutschland selbst.

Die zunehmende Regulierung von Hedgefonds verstärkt den schon seit einigen Jahren zu beobachtenden Konvergenztrend zwischen Hedgefonds und den traditionellen Vermögensverwaltern. Die beiden Industrien werden einander immer ähnlicher: Schon heute legen viele traditionelle Investmentgesellschaften Strategien im regulierten UCITS-Mantel auf, die früher Hedgefonds vorbehalten waren. Die Zeiten, in denen Hedgefonds exotische Anlagen für einige wenige Superreiche waren, sind vorbei.

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