Sparkassentag 2013 Interview

Redaktionsgespräch mit Alexander Wüerst - "Der Kunde kann uns noch während der Videoberatung direkt seine Aufträge erteilen"

Herr Wüerst, wie ist das Jahr 2012 für Ihr Haus und die übrigen Sparkassen gelaufen?

Betrachtet man die durchschnittliche Entwicklung aller Sparkassen im Bundesgebiet wie auch im Rheinland, dann war 2012 ein durchaus gutes Jahr für die Sparkassen und auch für die Kreissparkasse Köln. So konnte aufgrund des erfreulichen Konjunkturverlaufs des vergangenen Jahres, gepaart mit einer aktiven Risikosteuerung der einzelnen Sparkassen, der Wertberichtigungsbedarf auf der Kreditseite deutlich reduziert werden und auf der Wertpapierseite konnte mitunter sogar zugeschrieben werden. Das führte unterm Strich zu guten Ergebnissen für das abgelaufene Geschäftsjahr. Jedoch muss man ebenso konstatieren, dass viele Sparkassen im vergangenen Jahr im operativen Bereich auch leichte Rückgänge zu verzeichnen hatten und das Zinsergebnis, nicht zuletzt auch aufgrund des historisch niedrigen Zinsniveaus, weiter unter Druck stand.

Welches sind die Herausforderungen, die es von dieser Basis aus zu bewältigen gilt?

Die entscheidende Frage für Sparkassen lautet: Wie geht es mit dem klassischen Bankgeschäft weiter - mit dem breiten Retailgeschäft, dem Firmenkundengeschäft und dem Kommunalfinanzierungsgeschäft. Hier sind unterschiedliche Trends festzustellen.

Zum einen verzeichnen wir eine deutliche Zunahme des Wettbewerbs insbesondere im Retailgeschäft und Firmenkundengeschäft. So reduzieren inzwischen viele Banken ihr Engagement im Kapitalmarkt- und Handelsgeschäft zugunsten des Privatkunden- und Mittelstandsgeschäftes. Diese Situation wird auf der Konditionenseite zusätzlich verschärft durch Töchter ausländischer Banken, die sich aktuell hierzulande über Einlagen deutlich günstiger refinanzieren können als in ihren Heimatländern. Im Kommunalkundengeschäft hat hingegen der Wettbewerbsdruck etwas nachgelassen, sodass hier auch wieder auskömmlichere Margen erzielt werden können.

Zum Zweiten entwickelt sich das Thema Regulatorik zunehmend zu einer erheblichen Belastung für die Kreditinstitute. Durch den hohen Dokumentationsaufwand entsteht nicht nur ein höherer Personalaufwand im Vertrieb, sondern auch in den Bereichen Controlling, Revision und Compliance. Die Regulatorik bindet also Kapazitäten und das kostet bekanntlich Geld, und dies in einer Situation mit sich grundsätzlich weiter verengenden Margen im Kundengeschäft.

Drittens haben sich im Zeitalter des Web 2.0 die Kundenstrukturen als auch die Kundenbedürfnisse deutlich verändert. Die zunehmende Relevanz von Online-Aktivitäten macht auch eine entsprechende Anpassung unseres Geschäftsmodells notwendig. Denn neben der nach wie vor wichtigen Präsenz in der Fläche wird es notwendig, die Vertriebsaktivitäten um onlinefähige Bankdienstleistungen zu ergänzen.

Wie weit ist die Kreissparkasse Köln damit?

Unsere strategischen Antworten auf die Herausforderungen setzen an drei Punkten an. Zum einen beginnen wir in diesem Jahr damit, unsere Filialen aufzuwerten, beispielsweise indem wir künftig in 30 sogenannten "Regional-Filialen" das Komplettangebot der Kreissparkasse Köln anbieten werden - von der Anlagenberatung über das Baufinanzierungs- und Versicherungsgeschäft bis hin zum Private Banking oder auch der Gewerbefinanzierung. Nur das Firmenkundengeschäft werden wir weiter außerhalb der Filialen in sogenannten Firmenkunden-Centern vornehmen. Weitere 43 sehr kleine Filialen werden wir zu größeren Einheiten zusammenlegen, um auch hier ein umfangreicheres Beratungsangebot, beispielsweise mit der Vermögensberatung, für unsere Kunden vorzuhalten.

Zweitens werden wir in innovative, technische Lösungen investieren und die Expertenzuschaltung via Bildschirm in Beratungsgesprächen in unseren Filialen ermöglichen wie auch die Videoberatung für Kunden über den Online-Kanal von zu Hause oder unterwegs aus. Die ersten Schritte sind bereits getan, aktuell ist sowohl die Expertenzuschaltung in den ersten Filialen möglich als auch die Videoberatung inklusive Online-Produktabschluss geschaffen. Noch findet die Videoberatung

über unser eigenes Call-Center statt. Unsere Vision ist jedoch die Direktschaltung zu dem persönlichen Berater des Kunden.

Drittens werden wir auch in der Grundversorgung mit Bankdienstleistungen, insbesondere für die nicht mobilen Kunden, flexibler werden. So werden wir an Orten, an denen wir künftig keine Kleinstfiliale der Kreissparkasse Köln mehr unterhalten, in der Regel unseren SB-Service ausbauen oder eine mobile Filiale einsetzen. Mit der mobilen Filiale werden wir künftig übrigens auch Orte anfahren, an denen wir bisher nicht präsent waren.

Was versprechen Sie sich vom Einstieg in die Videoberatung?

Wir wollen die Stärke einer Sparkasse, das persönliche Vis-àvis aus der Filiale in die virtuelle Welt tragen. Das neue Konzept ist die Integration des Online- in das Filialgeschäft. Das geht weit über den bloßen Ansatz eines Call-Centers hinaus. Es ist eben ein Unterschied, mit dem persönlichen Berater auf allen Kanälen Kontakt zu halten und zu arbeiten - statt mit einem anonymen Ansprechpartner vorliebnehmen zu müssen. Und das alles bei der Kreissparkasse Köln in einem datensicheren Raum und nicht etwa über Skype.

Ein wesentliches Augenmerk bei der Entwicklung der Online-Videoberatung haben wir auf die Integration der Funktionalität des direkten Online-Geschäftsabschlusses gelegt. Dies ist uns gelungen. So braucht der Kunde nicht das Medium zu wechseln und kann über einen sicheren Datenkanal nicht nur beraten werden, sondern es können auch bilateral Unterlagen ausgetauscht werden. Dass heißt, der Kunde kann uns noch während der Beratung direkt seine Aufträge erteilen. Auch Neukunden können auf diesem Weg Geschäftsabschlüsse tätigen, einzige Voraussetzung ist in diesem Fall ein elektronischer Personalausweis. Mit dieser Entwicklung dürften wir führend in der deutschen Bankenlandschaft sein.

Wird die ganze Produktpalette per Video angeboten?

Im Wesentlichen ja. Natürlich gibt es auch Beratungsanlässe und Produkte, für welche dieser Kanal nicht abschließend geeignet ist - beispielsweise für komplexe Finanzierungen. Jedoch kann auch hier ein Erstgespräch über den Weg der Videoberatung Sinn machen.

Könnte man der Kreissparkasse Köln aufgrund ihres neuen Filialmodells vorwerfen, sich aus der Fläche zurückzuziehen?

Nein, gerade durch den flexiblen Ausbau unserer Grundversorgung gehen wir ja noch tiefer in die Fläche als wir das vorher bereits waren. Natürlich ist dabei das zeitliche Angebot bei der mobilen Filiale auf ein bis zwei Tage in der Woche begrenzt, jedoch muss man auch konstatieren, dass der Bedarf an Serviceleistungen vor Ort deutlich gesunken ist. So ist der Besuch einer Filiale in den letzten fünfzehn Jahren statistisch von drei- auf einmal im Monat zurückgegangen. Der Bedarf an Filialen sinkt, gleichzeitig steigen aber auch die Ansprüche an die Filialen. So erleben wir, dass die Kunden, die in die Filiale gehen, in der Regel nicht das Standardgeschäft, sondern eine gehobene Dienstleistung suchen.

Wenn die operativen Ergebnisse wie besprochen sinken und man nicht dauerhaft von so günstigen Risikobedingungen ausgehen kann, müssen sich die Häuser selbst und die Eigentümer auf magere Jahre einstellen?

Unter den jetzigen Bedingungen der anhaltenden Niedrigzinsphase sind sicherlich die guten Ergebnisse der vergangenen Jahre in naher Zukunft nicht mehr ohne Weiteres zu erwarten. So dürfte sich beispielsweise der Zinsüberschuss weiter rückläufig präsentieren. Das heißt, die Sparkassen müssen auf der Kosten- und Risikoseite gegensteuern. So wird im Kreditgeschäft der Kreissparkasse Köln beispielsweise sehr viel stärker als früher diversifiziert und es werden weniger große Finanzierungen vorgenommen.

Der Fokus im Firmenkundengeschäft liegt verstärkt auf dem klassischen, kleinteiligen Mittelstandsgeschäft in der Region. Auf der Einnahmeseite der Kreissparkasse Köln dürfte sich hingegen das Provisionsgeschäft leicht erholen, einerseits weil die Anleger ihre Zurückhaltung ein Stück weit aufgeben, andererseits setzen wir auf den eben beschriebenen neuen Vertriebsansatz.

So wie Sie es beschreiben, Rückzug aus den Zinszusatzgeschäften und dem Depot-A, und verstärkte Konzentration auf die Kunden in der Region, ist das doch genau das, was mit den neuen regulatorischen Anforderungen gewollt war. Hat die Aufsicht nicht also doch ihr Ziel erreicht?

Treiber dieser Veränderungen ist bei Sparkassen nicht die Regulatorik, sondern der sich verändernde Markt. Unabhängig hiervon war die Regulatorik auch nicht für Sparkassen oder Volksbanken gedacht, sondern sie zielte auf die Geschäftsmodelle von großen internationalen Banken ab. Hier sind die regulatorisch bedingten Veränderungen zwar zu beobachten, aber noch nicht ausreichend. Sparkassen und Volksbanken dagegen wird das Geschäft ohne Grund erschwert.

Was ärgert Sie am meisten?

Nehmen Sie beispielsweise die aktuell vorgesehene Finanztransaktionssteuer. Sie ist von der Idee richtig, wirkt jedoch in ihrer aktuellen Ausgestaltung an den falschen Stellen. So erschwert und verteuert sie das normale Wertpapiergeschäft ebenso wie den Liquiditätsausgleich zwischen Landesbanken und Sparkassen. Sie greift aber nicht bei komplexen Finanzprodukten oder dem Hochfrequenzhandel, obwohl von diesen erwiesenermaßen eine sehr viel größere Gefahr für die Systemstabilität ausgeht. Hier machen es sich die Aufsichtsbehörden meines Erachtens zu einfach, indem sie nur regulieren, was sie auch "leicht abbilden" können. Das löst aber die bestehenden Probleme nicht.

Des Weiteren stören mich die vielfältigen Meldepflichten. Machen diese das Bankgeschäft wirklich sicherer? Es erhöht den Aufwand, doch ob eine Aufsicht daraus einen echten Mehrwert erzielen kann, ist mehr als fraglich. Steht das im richtigen Verhältnis?

Ein weiteres Beispiel: Basel III wurde für große Europa- und weltweit tätige Banken entwickelt und überfordert viele kleinere Institute, die, wenn sie nicht mittelfristig vom Markt verschwinden, in ihren Geschäftsmöglichkeiten stark eingeschränkt werden. Hierin sehe ich die nicht unerhebliche Gefahr, dass die Stärke der deutschen Volkswirtschaft - die Kleinteiligkeit und ihre heterogene Bankenstruktur - negativ tangiert wird.

Welche Antworten kann man auf die Niedrigzinsphase finden, wie kann man solche Rahmenbedingungen aussteuern?

Der Zinsertrag wird weiterhin die Ergebnisse der Sparkassen auf der Einnahmeseite dominieren, das ist unserem Geschäftsmodell geschuldet. Wichtig erscheint mir jedoch, insbesondere in der jetzigen Zinssituation, die Risiken aus der Fristentransformation zu begrenzen. Denn die Fristentransformation spielt in einer klassischen Retailbank eine nicht unerhebliche Rolle. Kunden geben uns das Geld kurzfristig und wollen gleichzeitig langfristige Zinsbindungen im Kreditgeschäft - lieber fünfzehn als zehn Jahre. Das ist eine beachtliche Spanne, die ein Institut im Blick haben und aussteuern muss. Denn die künftige Zinsentwicklung birgt auch Risiken.

Die Folge kann nur lauten, Zinsänderungsrisiken zu reduzieren. Das geht nur über Zinsabsicherung, die aber wiederum Geld kostet und das Zinsergebnis vorerst weiter schmälert. Das sehen Sie beispielsweise auch schon länger am Zinsüberschuss der Kreissparkasse Köln. Bei einigen, die höhere Zinsüberschüsse einfahren, ist diese Zinsabsicherung oftmals noch nicht so ausgeprägt.

Auch bei den Zinsschock-Untersuchungen der deutschen Bankenaufsicht liegt die Kreissparkasse Köln deutlich im grünen Bereich. Ich kann ruhig schlafen, selbst wenn die Niedrigzinsphase noch anhält. Dann werden nämlich auch die in der Vergangenheit abgeschlossenen Absicherungsgeschäfte günstiger.

Welche Bedeutung hat das Konsortialgeschäft für Ihr Haus?

Im Großgeschäft suchen wir als Partner in erster Linie die Helaba. Das können aber auch andere Landesbanken und Sparkassen sein oder auch Institute, zu denen unser Kunde eine weitere Bankverbindung unterhält.

Die Bedeutung des Konsortialgeschäftes hat durch die beschriebenen Entwicklungen sicherlich zugenommen.

Wie ist die Verteilung?

Im Konsortialkreditgeschäft sind zurzeit etwa 50 Prozent unserer Partner andere Sparkassen, 25 Prozent Landesbanken und 25 Prozent weitere Kreditinstitute.

Zum Problemfeld Provisionserlöse: Was ist derzeit überhaupt verkäuflich, was fragen die Kunden nach?

Bei Vorsorgeprodukten im weitesten Sinn ist sicherlich noch Potenzial, dazu gehören trotz aller Diskussionen ganz klar auch Versicherungsprodukte. Ich gehe davon aus, dass die Innovationskraft der Assekuranz neue, wettbewerbsfähige Produkte hervorbringen wird - Vorsorgeversicherungen mögen hier ein Beispiel sein.

Daneben kann sicherlich der Vertrieb sonstiger Versicherungsprodukte wie Schaden- und Unfallversicherungen oder auch Gebäudeversicherungen über Sparkassen noch intensiviert werden. Auch das ganze Feld der Immobilie wird weiter an Bedeutung gewinnen - angefangen von der Vermittlung bis hin zu den Dienstleistungen rund um die Immobilie.

Schwierig bleibt dagegen das Wertpapiergeschäft. Hier spielt die Verunsicherung der Anleger eine große Rolle. Viele Kunden trauen den Märkten nicht, auch wenn der Dax von Rekord zu Rekord eilt. Natürlich spielen hier die Diskussionen der vergangenen Jahre rund um die Finanzkrise eine Rolle. Hinter jedem Produkt, das über die klassische Sparanlage hinausgeht, wird etwas Schlimmes vermutet, meist zu Unrecht.

Welche Rolle spielt an dieser Stelle die Regulatorik?

Eine entscheidende. Die Vorschriften tragen nicht zur Beruhigung der Lage bei. Der Kunde wird aus falsch verstandener Fürsorge überladen mit vermeintlich wichtigen Informationen. Das führt dazu, dass viele Kunden vom Wertpapiergeschäft abgeschreckt werden. Dieses kann nicht Ziel der Regulatorik beziehungsweise des Verbraucherschutzes sein.

Transparenz ist zwar wichtig, aber man sollte hierüber nicht den Berater entmündigen. "Execution only" als Reaktion der Kunden ist ein Risiko für den Kunden selber, aber auch für die Aktienkultur in Deutschland. Man muss aufpassen, dass hierdurch die Vertrauenskomponente nicht völlig in den Hintergrund tritt.

Damit sind wir beim zweiten Punkt. Nicht nur die Kunden werden durch die Vorschriften verunsichert. Auch die Kundenberater selber verlieren beispielsweise ob des Drucks der Aufsicht mit Beraterregister den Mut und die Lust. Auch hier ist gut gemeint nicht gut gemacht. Denn natürlich besteht die Gefahr der Einschränkung der Wertpapierberatung. Des Weiteren ist es nicht unwahrscheinlich, dass der Beratungsprozess formaler wird und mehr in Form eine Checkliste abgearbeitet wird, um ja nichts zu vergessen und haftbar gemacht werden zu können.

Stecken Banken aber nicht sogar in einem Dilemma: Auf der einen Seite sollen Einlagen in Wertpapiere umgeschichtet werden, auf der anderen Seite brauchen die Institute Liquidität für das Kreditgeschäft?

Nein, das ist kein Dilemma. Denn die Erfahrungen der Vergangenheit zeigen, dass Banken mit einem erfolgreichen Wertpapiergeschäft höhere Einlagen haben. Wertpapieraffine Kunden bringen mehr Liquidität für die Transaktionen mit und auch die Erträge verbleiben wiederum beim Institut.

Gibt es eigentlich unterschiedliche Preismodelle für Online-Kunden und Filialkunden?

Nicht allgemein, es gibt nur einen Kunden, egal ob Online-Kunde oder Filialkunde. Aber wenn bestimmte Leistungen vom Kunden selbstständig online abgewickelt werden, ist das günstiger, als wenn das ein Mitarbeiter in der Filiale machen muss. Wenn der Kunde der Bank Arbeit erspart, soll er davon auch profitieren.

Ist Banking in Deutschland generell zu günstig, muss man nicht auch über insgesamt höhere Gebühren für die Verbraucher nachdenken?

Tatsache ist, dass die Kosten für die Kreditwirtschaft insgesamt steigen und dass die Preise für Bankdienstleistungen in Deutschland die niedrigsten in ganz Europa sind. Das liegt an der hierzulande hohen Wettbewerbsdichte, aus der sich ein hoch effizienter Kreditinstitutssektor gebildet hat. Das ist zum Vorteil der Kunden. Aber die Vorstellung von Bankdienstleistungen zum Nulltarif, wie dies auch teilweise von Verbraucherschützern gefordert wird, ist ein Irrweg. Die Erträge der Banken gehen zurück, sodass man perspektivisch sicherlich von leicht steigenden Gebühren ausgehen muss.

Mögliche zweite Konsequenz: Wird das Zweigstellennetz dünner werden?

Ja, aber es wird keinen Rückzug aus der Fläche geben, sondern lediglich eine sinnvolle Verdichtung mit teils neuen, innovativen Lösungen für die Sicherstellung der Grundversorgung zum einen und einer virtuellen Unterstützung der Beratung in kleinen Filialen durch Spezialisten zum anderen.

Mit Versicherern und sogar Pfandbriefbanken sind neue Wettbewerber im Privatkundengeschäft hinzugekommen, wen spürt die Kreissparkasse Köln am meisten?

Wettbewerb ist ein wesentliches Element unserer Wirtschaftsordnung - dem stellen sich die Sparkassen seit ihrem Bestehen und behaupten sich hier im Allgemeinen sehr gut.

Die Kreditgenossenschaften sind sicherlich der härteste Wettbewerber für uns Sparkassen. Sie sind kleinteiliger, zentralisierter und damit auch manchmal schneller in ihren Entscheidungen und Prozessen. Aber dieser Wettbewerb ist fair, damit können wir umgehen.

Ärgerlich sind Wettbewerbsverzerrungen durch staatliche Eingriffe. Institute, die am staatlichen Tropf hängen und trotzdem Konditionen außerhalb des Marktes bieten, sind ein Ärgernis.

Sind denn Verschiebungen durch die angekündigten Initiativen der Großbanken zu verzeichnen?

Im Privatkundengeschäft ja, im Mittelstandsgeschäft bislang eher weniger. Aber man muss abwarten, ob der Kauf von Kunden beispielsweise über Begrüßungsgelder, wirklich nachhaltig ist.

Braucht die S-Finanzgruppe eine eigene Direktbank?

Ich glaube nicht, dass das die richtige Antwort auf den Wettbewerb durch diese Institute ist. Eine Direktbank ist meines Erachtens strategisch zu kurz gegriffen - wo wäre das Unterscheidungsmerkmal zu anderen Direktbanken? Die Primärbanken selber müssen Lösungen finden, indem sie die klassischen Stärken des Filialvertriebsnetzes mit dem Online-Vertrieb ergänzen beziehungsweise noch weiter herausstellen.

Stimmt die Arbeitsteilung in der S-Finanzgruppe zwischen Primärbanken, Landesbanken, den Verbundunternehmen, aber auch den Verbänden? Oder könnten Sie sich noch bessere Unterstützung vorstellen?

An vielen Stellen stimmt die Aufstellung und ist die Bündelung der Kräfte gelungen. Die Fusion der Rechenzentren zur Finanzinformatik war ein bemerkenswerter Schritt. Dies ist ebenfalls gelungen bei der Wertpapierabwicklung. Und auch für das allgemeine Wertpapiergeschäft ist durch die Bündelung in der Sparkassen-Tochter Deka eine Lösung in Sicht. Und nicht zuletzt ist auch die Zahl der Landesbanken zurückgegangen.

Bleiben die Themen Bausparkassen und öffentliche Versicherer. Hier steckt sicherlich noch Potenzial, ohne die Schwierigkeiten bei einer Konsolidierung vergessen zu wollen. Wir reden schon von bedeutenden Unternehmen - die Provinzial Rheinland wäre in einem Land wie Belgien bereits heute der größte Versicherer. Das heißt, selbst eine Fusion mit der Provinzial West ist ein großer Schritt, geschweige denn ein Zusammenschluss aller Versicherer. Bei Letzterem würde sicherlich ein nur sehr schwer zu steuernder Konzern entstehen. So ist eine weitere Konsolidierung aus Sicht der Primärstufe zwar wünschenswert, da hierüber kurzfristig Kosten gespart werden könnten, aber zu große Komplexität ist wiederum auch mit Risiken verbunden.

Die Arbeitsteilung insgesamt im Verbund empfinde ich als gut und zielführend. Und sie ist wichtig: Die Sparkassen-Finanzgruppe hat nur in ihrer Gesamtheit auch in Zukunft ein Chance. Das erfordert Disziplin und in manchen Diskussionen etwas weniger Eigentümer- und damit Eigeninteresse.

Wie entwickelt sich die Zusammenarbeit mit der Helaba?

Ein Institut von der Größe der Kreissparkasse Köln braucht nicht unbedingt eine Landesbank, aber es kann sie gut gebrauchen. Von daher legen wir viel Wert auf eine gute Zusammenarbeit mit unserem Partner, der idealerweise die Helaba ist. Die technische Umstellung des Zahlungsverkehrs und ähnlicher Dinge sind bewundernswert geräuschlos über die Bühne gegangen.

In der tagtäglichen Zusammenarbeit im Kreditgeschäft muss man sich noch ein wenig aneinander gewöhnen. Die Helaba muss sich auf einhundert neue Verbundpartner einstellen, darunter deutlich größere Institute als die hessischthüringischen Sparkassen und mit größeren Anforderungen. Daran wird gearbeitet, das wächst zusammen.

Wie groß darf eine Sparkasse werden, ohne ihre Identität zu verlieren, gibt es da Grenzen?

Ja, ich denke, dass ein Haus unserer Größe langsam an dieser Grenze angekommen ist. Wir versorgen heute eine Fläche von über 3 200 Quadratkilometern. Dies ist größer als das Bundesland Saarland. Unsere Stärke ist die Nähe - diese fordern unsere Kunden zu Recht von unserem Vorstand, und das muss auch noch zu bewältigen sein.

Die Zukunft der Sparkassen liegt für mich nicht in größeren Einheiten, sondern in den richtigen Antworten auf die sich verändernden Rahmenbedingungen. Das geht nicht ohne eine gewisse Größe, aber auch sicherlich nicht alleine mit ihr.

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