Aufsätze

Der Spezialfonds erfolgreich auf dem Weg in die Zukunft

Über lange Jahre läuteten viele Branchenkenner das Totenglöckchen für den deutschen Spezialfonds, galt er doch als starr, unflexibel, international nicht vermarktbar und die Anlagemöglichkeiten als zu restriktiv. In der Tat ist der Spezialfonds als gesetzlich regulierte Investmentform ein typisch deutsches Kapitalanlagevehikel und im Ausland nur wenig bekannt.

Wider dieser Prognosen entwickelte sich der Spezialfonds in der letzten Dekade zum Bestseller und ist in Deutschland mit klarem Vorsprung die erfolgreichste Investmentform: Aktuell werden rund 658 Milliarden Euro in Spezialfonds verwaltet, dies entspricht 52 Prozent des in der BVI-Gesamtstatistik aufgeführten verwalteten Vermögens. Der Spezialfonds ist damit die bedeutendste deutsche Investmentform, noch vor den in der Öffentlichkeit deutlich präsenteren Publikumsfonds (Abbildung 1) - Grund genug, die Vorzüge des Spezialfonds einmal gründlich zu durchleuchten.

Klare Vorteile gegenüber Direktanlagen

Der Mehrwert für institutionelle Anleger gegenüber der eigenen Verwaltung von Direktanlagen gehört in jedem Fall zu den Gründen für den nachhaltigen Erfolg von Spezialfonds. Zu diesen Mehrwerten zählen insbesondere Transparenz und Sicherheit in der Kapitalanlage und die Effizienzvorteile auf Seiten des Anlegers.

Transparenz erhalten Anleger durch den hohen Reporting-Standard der Investmentgesellschaften. Das Reporting verschafft ihnen jederzeit den Überblick über alle Titel und Assetklassen innerhalb des Fonds, über Internet-Zugänge auch in Echtzeit. Auch die Wertentwicklung wird sowohl auf Einzeltitelebene als auch auf Fondsebene jederzeit sichtbar. Zudem übernimmt die Investmentgesellschaft auch die Bewertung der Wertpapiere und sorgt für den Kursabgleich zwischen ihr und der Depotbank. Gerade in der 2007 begonnenen Finanzkrise war und ist die "marktgerechte" Bewertung von teilweise illiquiden Wertpapieren von großer Bedeutung. Die Berücksichtigung interner und externer Kursquellen unter gleichzeitiger Kontrolle der Kursquellen der Depotbank stellt einen wichtigen Faktor für den Preisfindungsprozess dar.

Der Anleger hat damit jederzeit auch einen Preis für seine Anlagen - auch bei Papieren, die vom Handel ausgesetzt oder wenig liquide sind. Was banal klingt, erwies sich gerade in Zeiten enormer Volatilität und Unsicherheit wie in der Finanzkrise als elementar. Auf Basis dieser umfassenden Informationen können Investoren fundiert und gezielt Anlage-Entscheidungen treffen, ohne eigenes Administrations-Knowhow im eigenen Hause aufbauen zu müssen.

Für die Sicherheit im Spezialfonds sorgt die Konstruktion als reguliertes Anlagevehikel. Durch das Vier-Augen-Prinzip und die Trennung zwischen Investmentgesellschaft und Depotbank existiert ein funktionierendes System wechselseitiger Kontrolle. Zudem ist der Spezialfonds als Sondervermögen haftungsrechtlich vom Vermögen der Investmentgesellschaft getrennt und so im Falle einer Insolvenz der Investmentgesellschaft geschützt. Auch die Erwerbsprüfung, bei der die regulatorischen Anforderungen an die Kapitalanlagen aus verschiedenen Blickwinkeln geprüft werden, stellt einen zusätzlichen Sicherheitsaspekt dar.

Die Anlage in Spezialfonds schafft zudem für den Anleger eine Reihe von Effizienz- und Servicevorteilen. Im Spezialfonds lassen sich risikoarme Zusatzerträge durch die Wertpapierleihe erzielen. Die Investmentgesellschaft sorgt zudem für die Rückerstattung von Quellensteuern und übernimmt im Schadensfall die Rechtsvertretung für die Anleger. Die Konstruktion des Spezialfonds erleichtert zudem die Bilanzerstellung des Anlegers: Buchungen in Form von Wertpapierkäufen oder -verkäufen erfolgen innerhalb des Fonds und müssen, im Unterschied zu Direktanlagen, nicht in die Kundenbilanz oder die Gewinn- und Verlustrechnung aufgenommen werden. Einige Investmentgesellschaften können auch zusätzliche bilanzielle Daten wie IFRS-Reports nach Vorgaben der Kunden für die Fonds- und Direktanlagen liefern.

Risikomanagement an Bord

Der Spezialfonds bietet als regulierte Investmentform ein integriertes Risikomanagement. So übernimmt die KAG die Überwachung einer Reihe von Risiken, denen seit der Finanzkrise und dem Kollaps bedeutender Finanzhäuser eine deutlich gewachsene Bedeutung zukommt. Bei Rentenpapieren wird auch das Emittentenrisiko kontinuierlich überwacht, so wird bei Derivaten, OTCs, Swap-Konstruktionen und Ähnlichem das Kontrahentenrisiko sowohl für den Fonds als auch aus Sicht der gesamten Investmentgesellschaft beobachtet. Auch Bewertungs- und Liquiditätsrisiken werden laufend kontrolliert.

Spezialfonds umfassen zudem ein Cash Management: Um Kumulationsrisiken zu vermeiden, werden Kassenbestände auf mehrere Banken verteilt. Zudem liegen die Bestände jeweils auf Sperrkonten, die im Insolvenzfall außerhalb der Konkursmasse liegen, damit Anleger weiterhin Zugriff haben. Zudem sorgt die Kapitalanlagegesellschaft (KAG) für die Einhaltung der vom Kunden festgelegten Anlagegrenzen.

Mit dem Risikomaß Value at Risk (VaR) lassen sich die Risiken in Spezialfonds zudem quantifizieren, je nach Ausprägung und gesetzlichen Vorgaben über den einfachen oder den qualifizierten Ansatz. Wie durch die Finanzkrise deutlich wurde, kann auch VaR die Zukunft nicht langfristig und sicher voraussagen, das Risikomaß verschafft aber dennoch eine Transparenz über die Risikosituation und erlaubt kurzfristige Prognosen. Die KAG übernimmt für den Investor regelmäßige VaR-Analysen und unterstützt so den Anleger bei der Schärfung des Risikobewusstseins. Stresstestszenarien zeigen dem Investor daneben auf, welche Risikopuffer noch zur Verfügung stehen.

Einbettung in Master-KAG sinnvoll

Die Mehrheit der institutionellen Anleger verfügt schon über eine Reihe von Spezialfonds, häufig bei mehreren Investmentgesellschaften. Dies macht die Einbettung der Spezialfonds als Segmente in eine Masterfonds-Struktur bei einer Master-KAG sinnvoll. Diese reelle oder virtuelle Bündelung bei einer Administrationsplattform erhöht die Transparenz noch einmal deutlich, da in einem Gesamtreport alle Anlagen zusammengefasst werden. Auch Direktanlagen, Alternative Investments oder Publikumsfonds können virtuell integriert werden. Leistungen der einzelnen Asset Manager lassen sich so direkt miteinander vergleichen und Risiken über alle Anlagen hinweg schneller erkennen. Mittels Transition Management können Asset Manager auch vergleichsweise unkompliziert ausgetauscht werden.

Die Masterfonds-Struktur ermöglicht zudem ein umfassendes Risikomanagement. Mit spezifischen Risikoreports, unterschiedlichsten Kennziffern und Risikomodellen lassen sich alle Anlagen hinsichtlich des Risikogehalts durchleuchten und Risikoquellen und -treiber auf einen Blick erkennen. Durch den Einsatz von Wertsicherungskonzepten können die Anlagen besser auf die jeweiligen Verpflichtungen des Anlegers abgestimmt werden. Mit Overlay-Management-Strukturen werden Risiken zudem durch den systematischen Einsatz von Derivaten auf Masterfondsebene deutlich begrenzt, ohne in die Arbeit einzelner Asset Manager eingreifen zu müssen.

Die Einbettung von Spezialfonds in Mas-ter-Strukturen hat sich in den vergangenen fünf Jahren deutlich etabliert. Von den 616 Milliarden Euro, die per Ende März 2009 in Spezialfonds verwaltet wurden, lagen rund 343 Milliarden Euro oder 52 Prozent als segmentierte Fonds bei Master-KAGs (Abbildung 2). Die Master-KAG hat sich als effiziente Administrationsstruktur für institutionelle Anlagen bewährt.

Über eine Master-KAG lassen sich auch Assets mehrerer Einheiten zusammenfassen. Bei diesem sogenannten Asset Pooling werden, beispielsweise innerhalb von Konzernen, die Kapitalanlagen verschiedener Einheiten in einer Master-Feeder-Struktur gebündelt. Pensionsvermögen und andere Assets lassen sich damit auch grenzüberschreitend zusammenfassen. Dieser auch als Master-KAG 2.0 bekannte Ansatz spart Kosten und erhöht neben der Transparenz auch die Effizienz der Kapitalanlagen. Die Bündelung ermöglicht die zentrale Steuerung aller Anlagen über (Konzern-)Einheiten hinweg und verschafft zudem Zugang zu aufgrund hoher Mindestsummen ansonsten verschlossenen Assetklassen.

Transparenz für Alternative Anlagen

Das Investmentgesetz verschafft dem Spezialfonds mit dem neuen Fondsmantel des Sonstigen Sondervermögens zudem bis dato unbekannte Anlagemöglichkeiten. Damit ist es erstmals in Deutschland möglich, auch über Investmentfonds in Private Equity, Rohstoffe und Edelmetalle oder unverbriefte Darlehensforderungen zu investieren (Abbildung 3).

Mit Sonstigen Sondervermögen lassen sich auch komplexe Investmentstrategien aus der Welt der Alternativen Investments adäquat in Spezialfonds abbilden. Anleger können nun erstmals mit der Sicherheit und vor allem der Transparenz eines regulierten Fondsmantels in Alternative Investments investieren. Interessant ist dies insbesondere für institutionelle Investoren mit gesetzlichen Investitionsbeschränkungen bei alternativen Strategien.

Entscheidend für Investoren wie Anbieter ist die Technik, die hinter dem Sonstigen Sondervermögen steckt. Nur wenn komplexe alternative Strategien adäquat abgebildet und gesteuert werden, und insbesondere die Risikomessung den hohen Ansprüchen genügt, können die Strategien langfristig funktionieren. Das Augenmerk des Investors sollte hier insbesondere auf operativen Risiken und damit auf Größe und Professionalität des Verwalters liegen.

Der Spezialfonds ist dank seiner enormen Flexibilität auch in der Lage, auf den Trend zu passiven Anlagen und Exchange Traded Funds (ETFs) reagieren zu können: Passive Spezialfonds sind für institutionelle Anleger meist die effizientere Wahl. Hier lassen institutionelle Anleger Aktien- und zunehmend auch Rentenindizes nach eigenen Vorstellungen nachbilden.

Kostenvorteile durch passive Anlagen

Auch passive Spezialfonds folgen dem Prinzip des Indextracking und bauen Indizes nach, bei höheren Anlagevolumina sind sie aber deutlich günstiger als ETFs. Zudem können sie dank Zusatzerträgen aus der Wertpapierleihe und Quellensteuerrückerstattung eine Outperformance gegenüber ETFs und Index liefern. Individuelle Anlagebedürfnisse können im Unterschied zu ETFs ebenfalls umgesetzt werden: Bestimmte Einzeltitel, Segmente oder Emittenten lassen sich ausschließen, der Investor hat zudem direkten Einfluss auf die Strategie zur Index-Nachbildung und entscheidet, ob der Index voll repliziert, über Filterverfahren reduziert nachgebaut, oder die Index-Entwicklung über Swaps nachgebildet wird. Bei einer Core-Satellite-Strategie mit maßgeschneiderten passiven Spezialfonds und aktiv verwalteten Fonds lassen sich bei vergleichbaren Renditezielen rund 25 Prozent Kosten einsparen.

Krisentauglich durch Flexibilität

In der 2007 begonnenen Finanzkrise erwies sich der Spezialfonds als krisentaugliches Anlageprodukt, der für Anleger und Investmentbranche stabilisierend wirkte, auch im europäischen Vergleich. Mit den herben Kurseinbrüchen sanken in Italien, Spanien oder Luxemburg die Fondsvolumina in Investmentfonds um 20 Prozent und mehr. In Deutschland blieb es dank deutlicher Mittelzuflüsse bei moderaten 12,5 Prozent (Abbildung 4).

Während Anleger von Juni 2008 bis Mai 2009, mitten in der Finanzkrise, aus Publikumsfonds fast 55 Milliarden Euro abzogen, wurden in Spezialfonds mehr als 13 Milliarden Euro zusätzlich investiert (Abbildung 5).

Diese Stabilität der Spezialfonds ergibt sich zu einem großen Teil aus ihrer Flexibilität. Durch den deutlich breiteren Rahmen, den das Investmentgesetz für Spezialfonds seit 2007 vorsieht, konnte in der Finanzkrise schnell gehandelt und innerhalb der Fonds von riskanten Anlagen in entsprechend risikoärmere Anlagen umgeschichtet werden. Bei Publikumsfonds ist dies aufgrund der Anlagepolitik oft ausgeschlossen, weswegen Anleger ihre Gelder in großem Stil in andere Anlageformen umschichteten und auf diese Weise für massive Mittelabflüsse sorgten.

EU: unnötige Doppelregulierung geplant

Nachdem das Investmentgesetz dem Spezialfonds neue Freiheiten ermöglichte, konnte der Finanzstandort Deutschland zu konkurrierenden Ländern aufholen und mit der doppelten Kontrollfunktion zwischen Investmentgesellschaft und Depotbank deutlich punkten. Nun droht dem Spezialfonds seitens der EU als Folge der Finanzkrise eine neue Regulierungswelle. Mit dem Entwurf einer Richtlinie zu den Managern alternativer Investmentfonds (AIFM) sollen EU-Asset-Manager stärker an die Leine genommen werden, dies ist ausdrücklich zu begrüßen. Problematisch ist jedoch die Ne-gativ-Definition von alternativen Investments. Laut EU-Kommission gehören dazu alle Investmentformen, die nicht mit den UCITS-Vorschriften konform sind. Dazu zählen neben praktisch unregulierten Anlageformen wie Private Equity oder Hedgefonds auch die etablierten und regulierten Vehikel Offene Immobilienfonds oder eben auch die Spezialfonds.

Die bisher bekannten Eckdaten des Richtlinienentwurfs sehen weitgehende Genehmigungs- und Offenlegungspflichten seitens des Asset Managers vor - zusätzlich zu den bewährten Regulierungsvorschriften des Investmentgesetzes. So soll zur Wertpapier-Bewertung neben dem bewährten Zusammenspiel von KAG und Depotbank eine zusätzliche, unabhängige Bewertungsstelle geschaffen werden, die es aufgrund externer Kurslieferanten bei den meisten Investmentgesellschaften ohnehin schon gibt. Dies bedeutet zusätzlichen Aufwand, ohne dass die Funktionsweise dieser Stelle in irgendeiner Weise geklärt wäre. Die Folge von AIFM wäre eine Doppelregulierung mit unterschiedlichen Standards, leider nicht mit dem Ergebnis doppelter Sicherheit, dafür aber mit doppelten Kosten für die Anleger.

Unabhängig von dieser Entwicklung mit ungewissem Ausgang bleibt der Spezialfonds eine flexible, zeitgemäße und auch mit Blick auf das europäische Ausland wettbewerbsfähige Investmentform - das Totenglöckchen wurde in jedem Fall zu früh geläutet. Mit der EU-Harmonisierung und UCITS IV könnte vielmehr das Startsignal fallen für eine europaweite Etablierung des deutschen Spezialfonds.

Markus Neubauer , Geschäftsführer , Universal-Investment-Gesellschaft mbH
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