Gespräch des Tages

VÖB - Offen für strukturelle Änderungen

Der Verband Öffentlicher Banken versteht die Äußerungen des
BaFin-Präsidenten zur Ertragslage und Wettbewerbssituation der
deutschen Kreditwirtschaft keineswegs als Einmischung in die
Strukturdiskussion, sondern als anregende Analyse für die künftige
Ausrichtung der hiesigen Branche und speziell der
Sparkassenorganisation. Jedenfalls will auch VÖB-Präsident Thomas
Fischer die verbesserte GuV-Rechnung der deutschen Kreditwirtschaft im
Berichtsjahr 2005 eher als Resultat des günstigen Zinszyklus denn als
ersten Schritt einer Annäherung an das Rentabilitätsniveau anderer
europäischer Länder gewertet wissen. Wenn die Flut kommt, so hat er
die positive Entwicklung in ein anschauliches Bild gebracht, dann
werden alle Boote angehoben. In diesem Sinne hält er Jochen Sanios
Analyse von den überaus günstigen Marktbedingungen des Bankenjahres
2005 für unbestritten und unbestreitbar.
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Den im VÖB organisierten Landesbanken und der gesamten
Sparkassenorganisation will Fischer durch die nüchterne
Bestandsaufnahme der BaFin zwar keine unnötige Runde in der
Dauerdiskussion um die Drei-Säulen-Struktur aufdrängen lassen. Aber
grundsätzliche Überlegungen für die künftige Ausrichtung der
öf-fentlich-rechtlichen Banken hält er nach wie vor für dringlich
geboten. Sein erstes Gedankenspiel führt den VÖB-Präsidenten zu den
möglichen Ertragsquellen der Sparkassenorganisation. Will die Gruppe
ihre Aktivitäten weiterhin schwerpunktmäßig im traditionellen
Kreditgeschäft ansiedeln, so bedarf es aus seiner Sicht robuster
Produkte und - trotz aller bisherigen Anstrengungen - der weiteren
Realisierung von spürbaren Skaleneffekten.
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Die dazu notwendige Konsolidierung lässt sich auf horizontaler Ebene
vorantreiben, wie es zurzeit vorwiegend gehandhabt wird und wie es
innerhalb der Organisation konsensfähig ist. Man könnte aber auch die
vertikale Konsolidierung präferieren, wie sie den Rating-Agenturen
gefällt, aber mit den Prinzipien der deutschen Sparkassenorganisation
derzeit unverträglich ist. Zwischen diesen beiden Polen, so analysiert
Fischer sinngemäß und betont neutral, gibt es in der Praxis immer
wieder diverse Spielarten, deren Umsetzung zwar gegen die reine Lehre
verstoßen mag und damit bundesweites Zähneknirschen innerhalb der
Organisation hervorruft, deren Handhabung aber letztlich auf der Ebene
der Länder geregelt werden muss. Fischer verweist aber noch auf eine
andere Schiene: Wenn die Sparkassenorganisation künftig weniger auf
das Standardgeschäft und mehr auf qualitativ hochwertige
Finanzierungsprodukte setzen will, verlangt das eine stärkere
Hinwendung zu den Kapitalmärkten. Und auch diese, allem Eindruck nach
vom VÖB-Präsidenten präferierte Option, setze die Schaffung größerer
Einheiten voraus. Noch verschleiern aus seiner Sicht Windfall Profits
das Anpassungsproblem. Auf Dauer erwartet er aber wieder einen
zunehmenden Druck der Märkte und damit auch eine verschärfte
Diskussion innerhalb des Sparkassenlagers um die künftige strategische
Ausrichtung und Arbeitsteilung.
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Zukunftsszenarien der S-Gruppe zu entwerfen und in ihren Auswirkungen
zu durchleuchten, liegt Thomas Fischer. Und er vermittelt dabei immer
den Eindruck, als ließe sich durch eine flexible Handhabung der
gegebenen Möglichkeiten die Zukunftsfähigkeit der
Sparkassenorganisation in jedem Falle sichern. So viel öffentlichen
Auftrag zu erfüllen wie notwendig und gleichzeitig die europäischen
Wettbewerbsvorgaben einzuhalten hat er als künftige Handlungsmaxime
ausgegeben. Aus der Warte des Verbandspräsidenten kann Fischer diese
Dinge deutlich unbefangener diskutieren als in seinem Hauptberuf als
Chef der WestLB.

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