Aufsätze

Wachsender Zuspruch für aktives Commodity-Risikomanagement in Industrieunternehmen

Das im Mai 1998 eingeführte Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) trug deutlich zur Weiterentwicklung des Risikomanagements in Industrieunternehmen bei. Aufgabe eines aktiven Risikomanagements ist in erster Linie die Risiken eines Unternehmens zu steuern und somit die Sicherung der Unternehmensexistenz zu gewährleisten. Gerade in diesem Zusammenhang wurden in der Vergangenheit insbesondere das Zins- und Währungsmanagement ausführlich diskutiert. Seit geraumer Zeit jedoch stehen Finanzrisiken aus Zins- und Währungsexposures nicht mehr alleine im Fokus der Industrieunternehmen. Auch die Risiken aus Commodity-Preisschwankungen werden zunehmend in das Risikomanagement der Industrieunternehmen einbezogen.

Hohe Volatilitäten

Die Volatilitäten an den Aktien- und Devisenmärkten, die zunehmende Ressourcenverknappung bei fossilen Brennstoffen sowie der Import von Rohstoffen aus politisch instabilen Regionen, sind nur ein Teil der Einflüsse, die gerade an den Commodi-ty-Märkten zu enormen Preisschwankungen führen. Commodities werden generell als homogene Güter bezeichnet, die an Börsen, außerbörslich (over the counter - OTC) oder bei Auktionen gehandelt werden. Sie sind meist zu Beginn einer Wertschöpfungskette oder in einem sehr frühen Stadium der Veredelung anzutreffen.1) Nahezu jedes Industrieunternehmen verwendet oder produziert Commodities in irgendeiner Art. Doch selbst solche, die weder Rohmaterialien benötigen noch produzieren, sind dem Commodity-Preisrisiko ausgesetzt. Am Beispiel des elektrischen Stroms, auf welchen nahezu alle Unternehmen angewiesen sind, wird deutlich, dass Com-modity-Risiken sehr weitläufig sind und gerade deshalb stärker in den Manage-ment-Fokus rücken sollten. Trotz der sehr volatilen Commodity-Märkte haben sich bis heute nur relativ wenige Unternehmen dazu entschlossen, ein aktives Risikomanagement von Commodities aufzubauen. Die Gründe hierfür könnten in der Komplexität der Materie und dem damit einhergehenden mangelnden Know-how liegen; genauso wie in der Tatsache, dass das Commodity-Risiko aufgrund des geringen Anteils der Gesamtkosten eventuell zu vernachlässigen ist oder einfach keine geeigneten Hedging-Instrumente diverser Commodities am Markt verfügbar sind.

Während man bis zum Sommer 2008 einen in dieser Dynamik nur selten erlebten Aufwärtstrend der Commodity-Preise beobachten konnte, muss gerade im Hinblick auf die anschließenden Kurseinbrüche darauf hingewiesen werden, dass auch in Zeiten rückläufiger Commodity-Preise das Risikomanagement für die Planbarkeit und die Stabilisierung der Ertragslage unabdingbar ist. Besonders die Erkenntnis, dass die Volatilitäten von Aktien - gemessen am Dax - und die von Commodities - gemessen am Goldman Sachs Commodity Index (GSCI) - der letzten 30 Jahre nur minimale Differenzen aufweisen, bestätigt die hohe Bedeutung eines effizienten Commodity-Risikomanagements in Industrieunternehmen.2) Demnach ist selbst bei fallenden Preisen eine Einhaltung des Risikomanagementprozesses (Identifikation, Bewertung, Steuerung, Controlling) zwingend notwendig. Gerade in den operativen Einheiten können fallende Preise sehr schnell zu einem gelockerten Risikodenken führen.

Es sollte jedoch nicht außer Acht gelassen werden, dass insbesondere bei mittelständischen Unternehmen, bei welchen sich das Commodity-Risikomanagement noch sehr häufig in der Entwicklung befindet, Materialaufwandsquoten von bis zu 60 Prozent zu enormen Preisschwankungen und demzufolge zu erheblichen Planungsunsicherheiten führen können.

Mehr Stellenwert für Risikomanagement

Gerade aufgrund der heterogenen Handhabung und Signifikanz von Commodity-Risiken in Industrieunternehmen wurden im Rahmen der Studie insbesondere Unternehmen, die ein sehr ausgeprägtes und fortschrittliches Commodity-Risikomanagement aufweisen, befragt. Innerhalb der Branchen Maschinenbau, Automobil, Luftverkehr, Elektrotechnik sowie Infrastruktur fiel die Auswahl überwiegend auf umsatzstarke Unternehmen, die als Benchmark herangezogen wurden. Ziel war es, die derzeitige Bedeutung und Handhabung eines aktiven Commodity-Risikomanagements von Industrieunternehmen zu analysieren.

Einig sind sich die befragten Unternehmen bei der Beurteilung des allgemeinen Risikomanagements. 42 Prozent der befragten Unternehmen messen diesem eine sehr hohe und 58 Prozent eine hohe Bedeutung bei. Wie bereits erwähnt, hat besonders das im Mai 1998 eingeführte Gesetz zur Kontrolle und Transparenz (KonTraG) zu dieser positiven Entwicklung beigetragen. Jedes der befragten Unternehmen ist sich der Risiken aus Zins-, Währungs- und Commodi-ty-Exposure durchaus bewusst und managt diese in irgendeiner Form. Besonders im Rahmen der Commodities ist jedoch darauf hinzuweisen, dass Risikomanagement nicht selbstverständlich eine Sicherung des Exposures mittels derivativer Finanzinstrumente bedeutet. Im Gegensatz zu Währungen und Zinsen werden Commodities in den verschiedensten Stufen der Wertschöpfung gemanagt. Selbst bei einer Diversifikation im Einkauf oder der Abwälzung von gestiegenen Commodity-Preisen auf den Lieferanten kann in gewisser Weise von Risikomanagement gesprochen werden.

Abhängig vom Geschäftsprofil

Die Bedeutung von Zins-, Devisen- und Commodity-Risikomanagement wurde von den befragten Unternehmen sehr unterschiedlich beurteilt. Durch Interviews konnte festgestellt werden, dass der Grund hierfür in den unterschiedlichen Geschäftsprofilen liegt. Ein Unternehmen, welches überwiegend in deutsche Großprojekte der Infrastruktur involviert ist, ordnet dem Zinsrisiko selbstverständlich eine höhere Bedeutung zu als dem Commodity- und Devisenrisiko. Zinsänderungen hätten hierbei enormen Einfluss auf die bestehenden Projektfinanzierungen des Unternehmens. Generell gibt es keine allgemein gültige Rangfolge der einzelnen Risiken. Sie hängt eindeutig von Geschäftsprofil und Branche ab. Festzustellen ist jedoch, dass sowohl Zins- und Währungsmanagement als auch das Managen von Commodity-Risiken von allen Unternehmen durchaus wahrgenommen werden. Keines der befragten Unternehmen weist einem der genannten Risiken eine nur geringe Bedeutung zu.

Neben der Schwankung des Ölpreises sehen Industrieunternehmen die signifikanten Preisrisiken vor allem in der Veränderung verschiedener Basismetallpreise. Für 75 Prozent der Unternehmen spielt besonders die Veränderung des Stahlpreises eine wesentliche Rolle. Dies bestätigt die Bedeutung des weltweit größten Metallmarktes für Industrieunternehmen. Im Gegensatz zu anderen Basismetallen waren hier Sicherungsinstrumente lange Zeit nicht verfügbar, doch gerade die hohen Volatilitäten und die einhergehenden Planungsunsicherheiten der Industrieunternehmen forderten geeignete Terminkontrakte auf Stahl. Im Oktober 2007 startete die Dubai Gold and Commodity Exchange (DGCE) als erste Commodity-Börse den Handel von Stahlterminkontrakten. Auch die London Metal Exchange (LME) führte im Frühjahr 2008 Terminkontrakte auf Stahl ein.

Im Vergleich zu anderen Commodities ist Stahl jedoch ein verarbeitetes Produkt und kein originärer Rohstoff. Über 2 000 verschiedene Stahlsorten sowie Unterschiede in Qualität und Form, erschweren die Standardisierung und den liquiden Handel der Terminkontrakte. Trotz der hohen Korrelationen der einzelnen Stahlsorten hat sich der Stahlhandel im Vergleich zu anderen Commodity-Märkten bis heute keineswegs etabliert. Auch die geführten Interviews belegen diese Erkenntnis und eine mangelnde Liquidität sowie eine nicht zufriedenstellende Korrelation der unterschiedlichen Stahlsorten wurden von den befragten Industrieunternehmen bestätigt.

In der vorgenommenen Untersuchung lag der Schwerpunkt überwiegend auf dem Managen der Preisrisiken von Commodities. Auch in der Literatur lässt sich das Commodity-Risiko sehr häufig innerhalb der Finanzrisiken, im Bereich der Marktpreisrisiken, wiederfinden. Kritisch betrachtet würde jedoch eine Zuteilung des Commodity-Risikos, welche nur auf das Marktpreisrisiko aufgrund der Veränderung von Angebot und Nachfrage hindeutet, zu kurz greifen. So spielen beispielsweise Event-Risiken für Industrieunternehmen eine enorm wichtige Rolle. Unter diese Kategorie fallen politisch-rechtliche sowie klimabedingte Einflüsse, die eine Veränderung der Spot- und Terminpreise hervorrufen. Ein sehr gutes Beispiel hierfür ist Kupfer, das im Bereich des Anlagenbaus und im Bauwesen eine bedeutende Rolle spielt. In Chile befinden sich zweifellos die meisten Lagerstätten. Gerade bei politischen Unruhen kann es zu weltweiten Lieferengpässen kommen, die folglich den Preis in die Höhe treiben.3)

Auch der hohe Anteil Russlands an der weltweiten Platin- und Palladium-Förderung führte aufgrund von ausbleibenden russischen Exporten, die von der Regierung veranlasst wurden, zu kurzfristigen Preisanstiegen. Des Weiteren spielt zumindest in der Theorie das Wiedereindeckungsrisiko gerade für Industrieunternehmen eine bedeutende Rolle. Es beschreibt die Gefahr, dass ein Commodity-Lieferant den vertraglich vereinbarten Lieferbedingungen nicht nachkommen kann. Für den Abnehmer bedeutet dies eine erneute Beschaffung zum Zeitpunkt des Ausfalls. Diese Neubeschaffung könnte ohne geeignete Absicherung gezwungenermaßen zu ungünstigeren Konditionen erfolgen. Nach den Ergebnissen der Umfrage war bis heute jedoch keines der befragten Unternehmen vom Wiedereindeckungsrisiko betroffen. Aus geführten Interviews ging jedoch hervor, dass man sich dieses Risikos durchaus bewusst sein sollte und eine verlässliche Zusammenarbeit mit den Commodi-ty-Lieferanten unabdingbar sei.

"Commodity-Risikomanagement sollte ein integraler Bestandteil des unternehmensweiten Risikomanagements sein und auch in den Risikomanagementprozess eingebunden werden."4) Die Ergebnisse der Umfrage bestätigen die starke Einbindung von Einkauf und Treasury. Auch das Controlling genießt hier bereits einen hohen Stellenwert (Abbildung 1). Durch die Auswertung der Befragung wird ferner deutlich, dass Commodity-Risiken im Gegensatz zu Zins- und Devisenrisiken keineswegs von einer zentralen Stelle gemanagt werden. Dieses Vorgehen bietet einerseits den Vorteil, dass sich das Managen der Commodity-Risiken entlang der ganzen Wertschöpfungskette erfassen und steuern lässt.

Treasury stärker eingebunden

Auf der anderen Seite jedoch fordert ein effizientes Commodity-Risikomanagement, im Gegensatz zum Zins- und Währungsmanagement, welches meist ausschließlich dem Treasury zugeordnet wird, eine intensive Zusammenarbeit, insbesondere der Bereiche Einkauf und Treasury. Im Vergleich zu einer Studie von A. T. Kearney, die im März 2006 zusammen mit der WU Wien durchgeführt wurde, ist in der jetzigen Untersuchung eine erhöhte Einbindung des Treasurys zu erkennen. Damals nannten nur gerade vier Prozent der befragten Unternehmen die Finanzabteilung im Zusammenhang mit der Zuständigkeit für das Managen von Commodity-Preisrisiken.

Des Weiteren existieren bereits in 58 Prozent der befragten Unternehmen abteilungsübergreifende Gremien, die regelmäßig zusammenkommen, um auf die Entwicklungen der Commodity-Märkte zu reagieren. Diese setzen sich überwiegend aus den genannten Bereichen zusammen. In Interviews wurden diese beispielsweise als Treasury-Komitee bezeichnet. Auch die Geschäftsführung nimmt unabhängig von der Größe des Unternehmens an diesen Meetings teil. Abgesehen von diesen Komitees wird besonders, um auf aktuelle Marktsituationen reagieren zu können, regelmäßig telefonischer Kontakt gehalten.

Jedes der befragten Unternehmen wälzt in irgendeiner Form das Risiko auf Dritte ab. 75 Prozent setzen dabei derivative Finanzinstrumente ein. Daraus lässt sich ableiten, dass der Einsatz von Derivaten für ein aktives Commodity-Risikomanagement bereits sehr bedeutend ist. Durch das meist schon länger vorhandene Zins- und Währungsmanagement ist das Know-how dieser Instrumente häufig im Treasury des Unternehmens angesiedelt. Gerade diese Erkenntnis und der verstärkte Einsatz von Derivaten würde die zunehmende Einbindung des Treasurys in das Commodity-Risikomanagement bestätigen. Vergleicht man diese Erkenntnis erneut mit der Studie von A. T. Kearney, so lässt sich auch hier eine deutliche Zunahme des Einsatzes von Derivaten erkennen. Im März 2006 transferierten nur gerade 33 Prozent der Unternehmen das vorhandene Commodity-Risiko auf den Kapitalmarkt.

Außerbörslich gehandelte (OTC-) Produkte spielen generell eine größere Rolle als standardisierte Produkte, die an der Börse gehandelt werden. Dies hängt in erster Linie mit der Individualität dieser Produkte zusammen. Mangelnde Individualität würde dazu führen, dass das Grundgeschäft nicht vollständig durch das Absicherungsgeschäft kompensiert werden würde. Wie bereits beschrieben, entstünde hierbei das sogenannte Basisrisiko, bei welchem Grund- und Absicherungsgeschäft nicht vollständig übereinstimmen. Von den Instrumenten genießen OTC-Swaps mit 58 Prozent den höchsten Anteil. Der Vorteil gegenüber Forwards liegt in der Kontinuität der Absicherung. Bei Commodity-Swaps handelt es sich um nichts anderes als "eine äquivalente zeitlich aufeinanderfolgende Reihe von Finanzflüssen einfacher Forwardverträge."5) Optionen werden nur von 16 Prozent der Unternehmen eingesetzt. In Interviews wurden hohe Volatilitäten und erhöhte Kosten durch Optionsprämien als Gründe genannt.

Erwartung über Kursentwicklungen

Des Weiteren spielt auch die Erwartung über zukünftige Kursentwicklungen eine entscheidende Rolle. Bis zum Sommer 2008 gingen die meisten Industrieunternehmen ohnehin von steigenden Preisen an den Commodity-Märkten aus. Die darauffolgenden Kurseinbrüche und die Ungewissheit über die zukünftigen Entwicklungen könnten gerade den Einsatz von Optionen erheblich fördern. Hierbei würde man sich zum einen gegen steigende Preise absichern, aber zum anderen die Chance einer Partizipation an fallenden Kursen offen halten. Auch Bandbreitenoptionen spielen derzeit im Commodity-Risikomanagement der Industrieunternehmen eine noch untergeordnete Rolle. Doch gerade bei dieser Art von Sicherungsgeschäft können durch den Verkauf von Chancen die Kosten für die Optionsprämie deutlich reduziert oder gar eliminiert werden. Wie bereits erwähnt, sind gerade diese Prämien bei den teilweise illiquiden und volatilen Commodity-Märkten oft extrem hoch. Die deutlich günstigeren Bandbreitenoptionen legen folglich eine Spanne fest, innerhalb welcher an Marktbewegungen partizipiert werden kann.

Fest kalkulierbare Produktpreise erwünscht

Besonders die deutlichen Korrekturen der Commodity-Märkte seit dem Sommer 2008 haben die Marktwerte der eingesetzten Derivate vieler Unternehmen, die sich gegen steigende Commodity-Preise abgesichert haben, negativ beeinflusst. Gerade bei fallenden Commodity-Preisen stehen den günstigen Preisen auf dem Spotmarkt erhebliche Verluste aus Derivate-Positionen gegenüber. Wie die geführten Interviews jedoch bestätigen, gibt es keinen Zweifel am Einsatz derivativer Instrumente innerhalb des Commodity-Risikomanagements. Die abgeschlossenen Termingeschäfte ermöglichen fest kalkulierbare Produktpreise, und Verluste aus den Derivate-Positionen können lediglich als entgangener Gewinn gesehen werden.6) Die gefallenen Spotpreise der Commodities kompensieren demnach die niedrigeren Marktwerte der Derivate und die Summe beider Effekte entspricht somit einem synthetischen Festpreis.

Aufgrund der enormen Kursrückgänge gibt es jedoch Anpassungen der vorhandenen Hedging-Strategien. Diese geben etwa Auskunft über die gewünschte Sicherungsquote, den Zeithorizont sowie die einzusetzenden Instrumente innerhalb des Commodity-Managements. Alle Bereiche können sich somit an dieser Strategie orientieren. Bei immerhin 58 Prozent der befragten Unternehmen existiert eine schriftliche Commodity-Strategie. Dieses Ergebnis ist sehr positiv, da gerade im Bereich der Commodities, bei welchen sich das Risikomanagement oft über mehrere Bereiche verteilt, ein einheitliches Vorgehen unabdingbar ist. Richtlinien müssen sicherstellen, welche Arten von Risiken existieren und in welchem Umfang diese eingegangen oder eliminiert werden sollen.

Die Ergebnisse belegen, dass jedes der befragten Unternehmen, unabhängig vom Einsatz derivativer Finanzinstrumente, Commodity-Risiken auf andere überwälzt. 66 Prozent transferieren gestiegene Com-modity-Preise auf Kunden. Bei dieser sehr einfachen Strategie sollte besonders auf die Wettbewerbsfähigkeit geachtet werden. Verfolgen Konkurrenten eine intelligentere Absicherungsstrategie mittels Derivaten, könnte das Weitergeben von gestiegenen Commodity-Preisen schnell zu einem Wettbewerbsnachteil führen. Kunden würden in diesem Falle die Preiserhöhungen nicht mehr akzeptieren. 50 Prozent der Unternehmen versuchen durch vertraglich fixierte Preise das Commodity-Preisrisiko auf Lieferanten abzuwälzen. Somit sichert sich das Unternehmen den Preis von heute für die im Vertrag festgelegte Laufzeit.

Flexibilität durch Einschaltung einer Bank

Auf den ersten Blick ist diese Variante nichts anderes als ein vereinbartes Termingeschäft. Im Gegensatz zu langfristigen Lieferverträgen bringen Absicherungen über eine Bank jedoch bedeutende Vorteile mit sich. Durch den Einsatz derivativer Finanzinstrumente über eine Bank bleibt das Industrieunternehmen bei der Auswahl des Commodity-Lieferanten eindeutig flexibler.7) Außerdem ist das Kreditrisiko einer Bank gewöhnlich kleiner als bei einem Commodity-Lieferanten. Durch die Trennung von Warengeschäft und Preissicherung wird das Ausfallrisiko vom Lieferanten zumindest finanziell auf die Bank verlagert. Des Weiteren versuchen 33 Prozent der Unternehmen durch eine Diversifikation im Einkauf das Marktpreisrisiko zu mindern. Hierbei erfolgt die Diversifikation entweder durch unterschiedliche Lieferanten oder Einkaufstermine.

Gerade beim Einkauf von elektrischem Strom bedienen sich Industrieunternehmen sehr gerne der Tranchenbeschaffung. Durch den Stromeinkauf von unterschiedlichen Tranchen zu verschiedenen Zeitpunkten wird ohne großen Aufwand eine Risikodiversifikation erzielt. Auch durch Kooperationen versuchen besonders Unternehmen der Automobilindustrie eine stärkere Verhandlungsposition zu erzielen. In dieser Befragung greifen 16 Prozent der Unternehmen auf diese Variante zurück.

Maßgeschneiderte Produkte erwünscht

Zusammenfassend wird durch die Befragung die zunehmende Bedeutung des Com-modity-Risikomanagements und der verstärkte Bedarf an Sicherungsinstrumenten bestätigt. Auch für exotische Commodities werden maßgeschneiderte Produkte immer akuter. Selbst Maultaschen- und Teighersteller, die Süßwarenindustrie, Verpackungs- und Konsumgüterhersteller werden sich in Zukunft mit diesem Thema befassen müssen.

Wie beschrieben, wirken sich Absicherungen der Commodity-Preise über Banken positiv auf die Planbarkeit, die Bilanz sowie GuV aus. Außerdem beinhalten fixierte Lieferverträge häufig Preisgleitklauseln oder sind in ihrer Laufzeit begrenzt. Kreditinstitute bieten hier mehr Flexibilität und vermindern die Abhängigkeit von einem einzelnen Lieferanten. Nach Aussagen von Banken sind die betroffenen Industrieunternehmen im Bereich des Commodity-Risikomanagements sehr kooperativ. Den Firmenkunden ist das Risiko durchaus bewusst und somit sehen sie die Möglichkeit der finanziellen Risikoüberwälzung auf die Bank als äußerst hilfreiche Dienstleistung.

Der Großteil der befragten Unternehmen ist mit der Unterstützung durch die Banken zufrieden. Für einige umsatzstarke Unternehmen existieren jedoch zu wenige Banken mit einem eigenen originären Commo-dity-Handelsbuch. Manche Banken geben die Transaktionen oft vollständig an geeignete Kontrahenten weiter. Industrieunternehmen, welche diese Transaktionen selbst bewerten, erkennen somit deutliche Margenaufschläge. Auch in der Abwicklung wird derzeit noch ein Verbesserungspotenzial gesehen. Die Anfragen dauern im Vergleich zum Zins- und Währungsmanagement länger und im Rahmen der Bewertungen sind deutliche Unterschiede zu erkennen. Die Marktdaten, die etwa mit Hilfe von Reuters dargestellt werden, sind für eine eigene Bewertung derzeit noch unzureichend. Zudem sind Bewertungen, welche von Banken kommen, aufgrund der Darstellung oder des Formates noch nicht zufriedenstellend.

Wie die Ergebnisse der Befragung bestätigen, wird ein aktives Commodity-Risikomanagement neben dem Zins- und Währungsmanagement auch in Zukunft im Fokus der Industrieunternehmen stehen. Mehrkosten zu akzeptieren und diese auf den Kunden abzuwälzen wäre zwar die einfachste Lösung, aber mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit die falsche Strategie. Im Vergleich zu mittelständischen Unternehmen sind Großkonzerne innerhalb des Commodity-Risikomanagements bislang noch deutlich besser aufgestellt.

Besonders in den operativen Einheiten sollte sich die Erkenntnis durchsetzen, dass der Einsatz von derivativen Finanzinstrumenten mit einhergehendem Grundgeschäft keiner Spekulation gleichkommt. Hierbei ist sicherlich die richtige Kommunikation zwischen Einkauf und Treasury der entscheidende Erfolgsfaktor. Vergleicht man das derzeitige Preisniveau an den Commodity-Märkten mit den extrem hohen Preisen des Sommers 2008, könnte gerade deshalb eine intelligente Absicherungsstrategie zu einem entscheidenden Wettbewerbsvorteil führen.

Fußnoten

1) Vgl. Bünting, H., Commodity-Risikomanagement, in Seethaler, P./Steitz, M. (Hrsg.), Praxishandbuch Treasury-Management, 2007, Seite 396.

2) Vgl. Streitmayer, S., Terminkontrakte auf Stahl, in LBBW Commodity Yearbook, 2008, Seite 91.

3) Vgl. Holz, R. Commodities als Finanzmanagementobjekt, in Keuper, F./Neumann, F. (Hrsg.) Finance Transformation 2008, Seite 177.

4) Vgl. Bünting, H., Commodity-Risikomanagement, in Seethaler, P./Steitz, M. (Hrsg.), Praxishandbuch Treasury-Management, 2007, Seite 409.

5) Vgl. Bergschneider, C./Karasz, M./Schumacher, R., Risikomanagement im Energiehandel, 2001, Seite 87.

6) Vgl. o. V., Hedging-Verluste durch Rohstoffbaisse, in "Der Treasurer", Ausgabe 23, 2008

7) Vgl. Kliner, A./Mohn, A., Managen von Rohstoffpreisrisiken, in LBBW Commodity Yearbook, 2008, Seite 83.

8) Eigene Darstellung gemäß den Ergebnissen der Befragung.

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