Mit Big Data zu mehr Kundenorientierung

Martin Häring, Chief Marketing Officer, Misys, London, United Kingdom

Martin Häring, Chief Marketing Officer, Misys, London, United Kingdom - Von den Kunden her zu denken, deren Bedürfnisse im Auge zu haben und sehr großen Wert auf die Kundenzufriedenheit zu legen, ist keine ganz neue Erkenntnis am deutschen Bankenmarkt. Je weniger man im Zeitalter der Niedrigzinsen die Gunst der Kunden mit günstigen Konditionen erreichen kann, umso relevanter werden für den Autor deshalb andere Kriterien der Kundenbindung. Und diese lassen sich aus seiner Sicht besser herausarbeiten, wenn der Branche eine bessere Nutzung der Kunden- und Transaktionsdaten gelingt. Wenn der Nutzen aus der Bereitstellung von persönlichen Daten die Risiken übertrifft, so seine These zu den gerade hierzulande vieldiskutierten Vorbehalten einer ausufernden Datenerfassung, sind Menschen zunehmend gewillt, Daten über sich erheben und auswerten zu lassen. Für wichtig hält er gleichwohl eine permanente Messung und Überprüfung der Kundenzufriedenheit anhand einer möglichst stabilen Methode. (Red.)

Um als Finanzdienstleister auf dem hart umkämpften Markt erfolgreich zu sein, sollte man nie das höchste Gut aus dem Auge verlieren - den Kunden. Allzu oft sind Banken zu sehr auf das Verkaufen konzentriert und nutzen ihre internen Daten nicht genug, um Kundenbeziehungen zu stärken und zu optimieren.

Auf Kundenzentrierung aufbauen

Finanzdienstleister befinden sich heutzutage in einem äußerst herausfordernden Umfeld wieder. Ob Kostendruck, unsichere politische Entwicklungen oder regulatorische Anforderungen - sie alle fordern ihren Tribut. Eine der wohl größten Veränderungen in der heutigen Zeit resultieren allerdings nicht aus diesen Bereichen, sondern aus den immer weiter steigenden Bedürfnissen des Kunden. In einer Zeit, in der der Wechsel zu einer anderen Bank einfacher ist als jemals zuvor, und intelligente digitale Verkaufskanäle es Menschen ermöglichen, ihr Geld von unterwegs mithilfe von Selfies und Fingerabdruck- Authentifizierung zu verwalten, ist es unabdingbar, für seine Kunden relevant und somit wettbewerbsfähig zu bleiben.

Den Kunden in den Organisationsmittelpunkt zu rücken, ist essenziell. Denn wenn eine Bank sich einzig auf seine Produkte und Services konzentriert, kann dies zu einem isolierten Ansatz für das Unternehmenswachstum führen, der die Kundenzufriedenheit vernachlässigt und die Gefahren für fragmentierte Endnutzererfahrungen erhöht. Zudem wird das Vertrauen von Kunden in das Unternehmen gemindert. Dies hat wiederum zur Folge, dass wichtige Kundenbeziehungen schon nach kurzer Zeit wieder abreißen.

Wegweisend für kundenorientierten Service zu werden, sollte daher an der Spitze der Prioritäten jeder Organisation stehen. Indem Unternehmen sich für die Optimierung von Kundenkommunikation und Kundenzufriedenheit einsetzen und besser auf deren Bedürfnisse eingehen, schaffen sie langfristiges Vertrauen und gewinnen Kunden auf Lebenszeit. Darüber hinaus sind zufriedene Kunden in der Regel eher bereit, mit ihrer Bank zusätzliche Verträge zu schließen oder neue Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen.

Der erste Schritt ist hierbei die Erkenntnis darüber, wie bedeutend dieser Wandel ist, der sich vom Produktdenken entfernt und den Kunden in den Fokus rückt. Dieses dann wiederum auch in die Praxis umzusetzen, ist eine andere Sache. Am Ende läuft es darauf hinaus, eine bessere Einschätzung des Kunden und dessen Gesamt erfahrung mit dem Unternehmen zu erhalten - vom ersten Klick auf die Website und Nutzung des Callcenter-Kundendienstes bis hin zu den Eindrücken vor Ort in einer Filiale.

Sich mit Kundendaten vertraut machen

Finanzdienstleistern stehen große Mengen von Kundendaten zur Verfügung. Das Nutzen einer solchen Fundgrube von Informationen bringt erhebliche Vorteile mit sich, wenn es darum geht, ein tieferes Verständnis für Kunden zu entwickeln und deren Gesamterlebnis zu verbessern. Es ist definitiv keine leichte Aufgabe, aber diese wertvollen Informationen sind der Schlüssel für ein besseres Kundenverständnis und öffnen die Tore, um das Kundenerlebnis aktiv zu unterstützen. Neben dem Ausbau der bereits bestehenden Beziehungen schafft es auch Zugang zu neuen potenziellen Kunden.

Für die Banken ist die Zeit gekommen, sich viel stärker als bisher mit der Nutzung ihrer Kunden- und Transaktionsdaten auseinanderzusetzen, um eine langfristige Kundenbindung zu erreichen.

1. Zielgruppenansprache - Das Verwenden personenbezogener Kommunikation: Es gehört zur Hauptaufgabe der Banken, eine Kommunikationsstrategie zu entwickeln, die personenbezogen ist und die richtigen Verkaufskanäle nutzt. Beispielsweise ist Mobile Banking unter "Generation Y"- Kunden mittlerweile der am zweithäufigsten genutzte Verkaufskanal. Dennoch werden gerade junge Kunden oft sträflich vernachlässigt. Das allein zeigt auf, wie wichtig es ist, über die Gewohnheiten seiner Kunden informiert zu sein.

2. Sammeln - Maximierung der zur Verfügung stehenden Kundendaten einer Bank: Das Verwenden bereits zur Verfügung stehender Transaktionsdaten stellt hiervon den einfacheren Teil dar. Um jedoch das volle Potenzial auszuschöpfen, empfiehlt es sich, zusätzlich weitere Ideen zu erwägen. So können beispielsweise auch unstrukturierte Daten, persönliche Finanzmanagementdaten oder standortbasierte Informationen, für die sich die Kunden registriert haben, berücksichtigt werden, um ein vollständiges Bild über das Kundenverhalten zu erlangen.

3. Kommunikation - Engagement während des gesamten Kundenlebenszyklus pflegen: Banken sollten ihre Kunden regelmäßig informieren und begeistern und ihnen versichern, dass der Kauf ihres Produkts die richtige Entscheidung war. Die konstante Aufrechterhaltung der Kommunikation ist für alle Funktionen einer Bank von wesentlicher Bedeutung. Denn je mehr ein Kunde das Gespräch mit der Bank sucht, umso geringer ist die Gefahr, dass er sich auch mit der Konkurrenz austauscht.

4. Abschluss - Straffung der Abläufe für exzellenten Kundenservice: Banken brauchen einfache und unkomplizierte Prozesse. Dies gilt sowohl für die erste Begegnung mit dem Kunden oder für den Abschluss von Verträgen als auch für die Unterstützung der Kunden nach einer Auftragser teilung. Kunden möchten in der Lage sein, Transaktionen innerhalb von Sekunden und Verträge in wenigen Minuten zu tätigen. Umständliche Anmeldeformulare oder Formulare mit fast identischer Information mehrmals ausfüllen zu müssen, sollte der Vergangenheit angehören.

Alle diese Schritte werden Banken bei der Pflege und Förderung ihrer Kundenbeziehungen helfen und den Kunden nachhaltig in den Mittelpunkt rücken.

Auf Nummer sicher gehen

Kundendaten sind von zentraler Bedeutung für diesen Wandel. Daher ist es selbstredend, dass die Nutzung personenbezogener Daten und deren Sicherheit einen wichtigen Bestandteil der Diskussion darstellen. Da deutsche Verbraucher zunehmend bereit sind, persönliche Daten über Apps zu teilen, fallen die anfänglichen Barrieren rund um dieses Thema allmählich auch in Deutschland. Wenn der Nutzen aus der Bereitstellung von persönlichen Daten die Risiken übertrifft, sind Menschen zunehmend gewillt, Daten über sich erheben und auswerten zu lassen.

Die Schwelle des Erträglichen, zum Beispiel elektronische Werbung zu erhalten, ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Während es der einen Person gefällt, automatisch ein Angebot zu erhalten, sobald sie eine bestimmte Website aufruft, ist dies für andere zu viel des Guten. In der Zukunft werden digitale Dienste es den Kunden ermöglichen, ihre Anforderungen hinsichtlich der Privatsphäre bei der Bank festzulegen. Auf diese Weise werden Kunden selbst entscheiden können, wie offen sie mit ihren Daten umgehen möchten.

Der Trend Bankenanwendungen in die "Private Cloud" zu verlagern hilft Organisationen, Bedenken rund um das Thema Datensicherheit zu überwinden. So treffen zukunftsorientierte Banken oft zusätzliche Vorkehrungen, indem sie mit regionalen Cloud-Infrastruktur-Partnern zusammenarbeiten. Dies ist insbesondere dann empfehlenswert, wenn es darum geht, spezielle Rechtsgrundlagen dort einzuhalten, wo Datenschutzgesetze oder Regulationen das Verwalten von Datenbanken innerhalb der Landesgrenzen erfordert.

Geschlossener Auftritt gegenüber den Kunden

Um Langzeitkunden zu generieren, muss ein Kunde entlang des gesamten Lebenszyklus einheitlich und vorausschauend betreut werden. Von dem Moment, in dem sich ein Interessent auf die Bankenwebsite begibt, um vielleicht zu einem potenziellen Kunden zu werden, bis zu dem Augenblick, wo der Kunde die Bank wechselt oder existierende Verträge kündigt, müssen alle Abteilungen reibungslos und vollständig transparent zum Wohle des Kunden agieren. Dies geschieht in vielen Fällen einfach nicht und man trifft daher oft leider auf ein ganz anderes Bild.

Man stelle sich eine Gruppe Menschen vor, die in völliger Finsternis einen Elefanten betasten, um zu lernen, wie er sich anfühlt. Jeder von ihnen wird hierbei einen anderen Teil des Elefanten anfassen sei es ein Bein oder einen Stoßzahn. Teilen sie anschließend ihre Eindrücke miteinander, werden ihre Meinungen weit auseinandergehen. Wenn jedes Team oder jede Abteilung einer Bank eine andere Meinung darüber vertritt, was ein gutes Kundenerlebnis ausmacht, wird sich dies bei dem Kunden widerspiegeln und er wird die Auswirkungen eines solch fragmentierten Ansatzes spüren.

Kundenorientierung messbar machen

Viele Banken reden von Kundenzufriedenheit, ohne diesen Prozess jedoch wirklich messbar zu machen. Doch nur das Messen funktionsübergreifender Kundeninteraktionen und deren Resultate gewährleistet eine Optimierung der Kundenbetreuung und eine 360-Grad-Sicht auf den gesamten Kundenlebenszyklus. Nur das ständige Messen und Nachbessern hilft, mögliche Defizite in der Kundenzufriedenheit vorherzusagen und frühzeitig zu eliminieren.

Misys ist ein Vorreiter in der Art, wie Kundenzufriedenheit sichtbar und messbar gemacht werden kann. Mithilfe von zehn Indikatoren, die jeweils einen Wert zwischen 0 bis 100 haben können, werden alle Kunden in Bezug auf Kundenzufriedenheit und Kundenbindung bewertet. Alle diese Indikatoren werden in Echtzeit aus den internen Systemen generiert und zu einem einzigen Customer Health Index (CHI) zusammengefasst. Je höher der Wert des CHI, umso besser die aktuelle und zukünftige Kundenzufriedenheit.

Wenn es also darum geht, die Bedürfnisse der Kunden besser zu verstehen, Angebote den Kundenwünschen besser anzupassen oder langfristige Kundenbeziehungen auszubauen, müssen Finanzdienstleister sicherstellen, dass Big Data, richtig genutzt und verstanden, auch am Ende in Big Business endet - für sie und für den Kunden!

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