Neuartiges Konzept: Genossenschaftsbanken als Immobilienfinanzierer

Peter Bernt, Foto: Genoport Kreditmanagement GmbH (Michael Pasternack)

Die Autoren sehen das Geschäftsmodell der Genossenschaftsbanken in Deutschland zwar intakt, allerdings sind sie auch der Meinung, dass diese regional verankerten Institute zunehmend auch die Überregionalität in Betracht ziehen sollten, um sich neue Geschäftsfelder und somit neues Ertragspotenzial erschließen zu können. Eine Möglichkeit dazu ist laut Bernt/ Krämer das Angebot der Genoport. Die Gesellschaft vermittelt für Genossenschaftsbanken Konsortialfinanzierungen für Immobilienprojekte im Volumen von 8 Millionen Euro bis zu 80 Millionen Euro. Auch für die Seite der Immobilieninvestoren bringe dieses Modell Vorteile, da einzelne Finanzierungspartner in solchen Größenordnungen nicht immer einfach zu finden seien. Ein nahezu automatisierter Prozessablauf soll für effiziente Abläufe sorgen. Eine eingehende Prüfung der im Konsortium finanzierten Immobilienprojekte ex ante durch Genoport, aber auch die Verteilung auf mehrere "Schultern" soll dabei die Risiken für die genossenschaftlichen Institute reduzieren. (Red.)

Denkt man an Genossenschaften, dann stehen diese, in Nachfolge der "Gründerväter" des deutschen Genossenschaftswesens, Friedrich Wilhelm Raiffeisen (1818 bis 1888) und Hermann Schulze-Delitzsch (1808 bis 1883) für die Grundsätze der Selbsthilfe, der Selbstverwaltung und der Selbstverantwortung. Genossenschaften und Genossenschaftsbanken haftet daher das Odium der Regionalität, der Verwurzelung in lokalen kleinstädtischen oder gar ländlich-bäuerlichen Strukturen an.

Dies führt intuitiv und auf den ersten Blick zu der mehr oder weniger unreflektierten Annahme, dass finanzielle Engagements von Kreditinstituten der genossenschaftlichen Finanzgruppe Obergrenzen gesetzt sein könnten, die eine Beteiligung an komplexeren Immobilienprojekten von vorneherein Grenzen zu setzen scheinen. Dass dies nicht zwangsläufig so sein muss, zeigt das Beispiel der im Januar 2018 von der Raiffeisenbank im Hochtaunus in Gemeinschaft mit der Raiffeisenbank Höchberg eG gegründeten Genoport Kreditmanagement GmbH. Das Unternehmen geht neue Wege, indem es Immobilieninvestoren und Bankpartner aus dem Genossenschaftssektor zusammenbringt und dadurch zweierlei erreicht: Genossenschaftsbanken werden neue lukrative Geschäftsfelder und Investoren ein weiterer Zugang zum Kreditmarkt eröffnet. Dass beides dringend notwendig ist, zeigt der Blick auf die Kreditinstitute und auf die Investorenperspektive.

Die Perspektive der Genossenschaftsbanken

Banken jedweder Art sehen sich neuen Herausforderungen ausgesetzt - sie müssen umdenken, sie müssen reagieren. Folgende Aspekte sind hierbei wesentlich:

Eigenkapitalrestriktion von Banken: In der bankenbezogenen Eigenkapitalrestriktion gilt es, zwei wesentliche Faktoren zu betrachten: die Rentabilität sowie die Eigenkapitalausstattung der Banken. Beide Variablen sind eng mit der Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) verbunden und können die Eigenkapitalrestriktion der Bankensysteme und die damit verbundene restriktive Wirkung auf dessen Kapitalvergabe erklären. Eigenkapitalanforderungen begrenzen unmittelbar den Grad der Fremdfinanzierung eines Kreditinstituts. Demnach kann eine mangelnde Rentabilität über die geringere Fähigkeit der Banken, Eigenkapital zu generieren, zu einer limitierten Kreditvergabe führen. Indes kann dadurch die Wirkung expansiver geldpolitischer Maßnahmen abgeschwächt werden. Gleichermaßen ist auch die Geldpolitik im Stande, mittels des Zinsniveaus sowie der Zinsstruktur die Rentabilität und das Eigenkapital der Banken zu beeinflussen. In Zeiten langfristiger expansiver Geldpolitik und niedrigen Zinssätzen, können die von den Banken erwirtschafteten Nettozinsmargen, die einen beträchtlichen Beitrag zu ihrer Rentabilität leisten, unter erheblichen Abwärtsdruck geraten.1)

In einem Niedrigzinsumfeld ist es demnach möglich, dass eine geringe Eigenkapitalausstattung der Banken dazu beiträgt, dass die expansive Geldpolitik zumindest längerfristig keine stimulierende, sondern eine restriktive Wirkung auf die Kreditvergabe hat. Dies setzt Banken und Genossenschaftsbanken unter erheblichen Druck, da damit die Bedeutung von Risiko ganz neue Dimensionen erlangt. Nun ist es umso wichtiger, das Risiko aus der Sicht der Banken bestmöglich gering zu halten. Folglich werden Finanzierungsprojekte mit einem geringen Projektvolumen und geringem Risiko bevorzugt.

Entwicklung Informations- und Kommunikationssysteme: Der zweite elementare Aspekt, der für die Zukunftsaussichten der Banken und des gesamten Bankensystems von Bedeutung ist, hängt mit der Entwicklung der modernen Informations- und Kommunikationssysteme (IuK)2) zusammen: Die Digitalisierung, die durch immer kürzere Innovationszyklen gekennzeichnet ist, 3) hat auch die Bankenbranche erfasst: Fintechs treten als innovative Mitbewerber mit eindeutigen Wettbewerbsvorteilen in den Finanzmarkt ein. Schließlich gewinnen sogenannte Crowdfunding beziehungsweise die Schwarmfinanzierung, 4) also die Beschaffung von Kapital durch vielfachen Einsatz kleinerer und mittelgroßer Beträge über das Internet, in verschiedenen Formen zunehmend an Bedeutung. Immerhin musste der Gesetzgeber auch in diesen Bereich bereits regulierend tätig werden.5)

Das Geschäftsmodell der Genossenschaftsbanken ist intakt, steht jedoch vor der Herausforderung zusätzlich zu dem aktuell angewandten Regionalprinzip eine vermehrte Überregionalität in Betracht zu ziehen mit dem Ziel, zukünftig neue Geschäftsfelder zu erschließen. Des Weiteren gilt es nun mit der Eigenkapitalrestriktion sowie den aktuellen Gegebenheiten des Bankensystems erfolgreich umzugehen und nach innovativen Lösungen und Hilfestellungen zu suchen.

Diese Ausgangssituation gab die Initialzündung zur Gründung von Genoport. Die Genoport Kreditmanagement GmbH hat es sich zum Ziel gesetzt Genossenschaftsbanken den Zugang zur gewerblichen und institutionellen Immobilienfinanzierung zu ermöglichen und hierdurch weitere Geschäftspotenziale sowie Erträge durch Gemeinschaftsgeschäfte zu heben. Das Unternehmen arrangiert, strukturiert und vermittelt gewerbliches Immobilienkreditgeschäft und richtet sich primär an diejenigen Genossenschaftsbanken, die das gewerbliche Immobilienkreditgeschäft mit Projektentwicklern, Bauträgern und Investoren noch nicht systematisiert betrieben. Der Vorteil für Genossenschaftsbanken besteht darin, dass ihnen lediglich solche Finanzierungsprojekte vorgestellt werden, die zu ihrem individuellen Bankenprofil passen und die eine ausgiebige interne Prüfung durch Genoport, erfolgreich durchlaufen haben. Dies beugt hohen (finanziellen) Risiken für Genossenschaftsbanken vor und verleiht Zuverlässigkeit, Zielgenauigkeit sowie Prozessgeschwindigkeit. Einheitliche Prozesse sowie adäquat gesetzte Standards verleihen Genossenschaftsbanken zusätzliche Sicherheit.

Die Perspektive der Immobilieninvestoren

Angesichts der zuvor beschriebenen derzeitigen Gegebenheiten in der Bankenbranche ist eine Finanzierung mit einem hohen Finanzierungsbedarf keine Selbstverständlichkeit mehr. Demzufolge sind potenzielle Immobilieninvestoren auf mehrere Banken beziehungsweise Genossenschaftsbanken angewiesen, um die Finanzierung ihres Projekts zu realisieren. Die Suche nach geeigneten Bankpartnern sowie die Vermittlung zwischen diesen, stellt eine gravierende Schwierigkeit für Bauträger, Projektentwickler und Investoren dar.

In dieser Situation bietet die Kontaktaufnahme zu Genoport einen entscheidenden Vorteil: Nach sorgfältiger Prüfung des Vorhabens, sucht es die passenden Bankenpartner für die Finanzierung und verhilft so zu einer raschen Bereitstellung der benötigten Summen. Folglich arrangiert der Dienstleister einen Konsortialkredit, der es Immobilieninvestoren ermöglicht, Projekte mit einem hohen Finanzierungsvolumen zu realisieren und sicher umzusetzen. Die "Zusammenstellung" eines Konsortialkredits wird von Genoport übernommen. Als Repräsentant des einzigen Ansprechpartners für Immobilieninvestoren bringt dies eine Zeiteinsparung mit sich und verhindert zudem weitere Kapitalaufwendungen für Projektpräsentationen.

Regionaler Konsortialführer

Indem die (finanziellen) Risiken "auf mehrere Schultern" (Genossenschaftsbanken) übertragen werden, sind die Investoren, unter der Voraussetzung, dass das Projekt die interne Prüfung bestanden hat, in der Lage, ihr Projekt zu verwirklichen, für das sie anderweitig keine Bankfinanzierung erhalten hätten.

Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass zum Konsortialführer meist eine Bank mit regionalem Bezug durch Genoport arrangiert wird. Darüber hinaus erfolgt die Abwicklung über eine elektronische Plattform - der Bearbeitungsprozess wird dadurch vereinheitlicht, generelle Standards werden gesetzt und eine erhebliche Prozessgeschwindigkeit wird erzeugt. Nach erfolgter Kontaktaufnahme, werden die Finanzierungsanfragen der Bauträger und Immobilienentwickler bankgerecht und entscheidungsreif aufbereitet - hierbei kommt es maßgeblich darauf an, dass die Projekte von den Immobilienakteuren schlüssig vorgestellt und die notwenigen Informationen und Unterlagen sorgfältig und bis ins Detail vorbereitet werden. Wird ein Projekt schließlich für gut befunden, wird es den in Betracht kommenden Bankpartnern entscheidungsreif vorgestellt. Damit dies zielgerichtet gelingt, erhält Genoport von jedem vertraglich an die Plattform angeschlossenen Bankpartner das individuelle Bankenprofil.

Nach der Finanzierungszusage der einzelnen Banken werden die benötigten Gelder in kürzester Zeit bereitgestellt und dem Investor ist die Umsetzung seines, ansonsten wenig erfolgversprechenden, Investitionsvorhabens gewährleistet. Der Prozess angefangen bei der Finanzierungsanfrage bis hin zu der Darlehensvalutierung wird in kürzester Zeit realisiert.

Verknüpfung von Investoren und Genossenschaftsbanken

Folglich bietet Genoport mittels seiner Plattform eine neue Lösung für die zu Anfang dargelegten Herausforderungen der Genossenschaftsbanken sowie Immobilieninvestoren: Durch sogenannte Konsortialkredite wird die Finanzierung von Projekten mit Volumina zwischen 8 und 80 Millionen Euro ermöglicht. Die akquirierten Projekte werden zielgerichtet aufgearbeitet und schließlich an die passenden Banken vergeben. Demzufolge liegt das Alleinstellungsmerkmal in der zielgenauen Zusammenführung von Investoren und Genossenschaftsbanken sowie dem Aggregieren von Bankpartnern. Im Zuge dessen wird die Vermittlung und Strukturierung der gewerblichen Immobilienfinanzierung von Genoport übernommen. Die Implementierung einheitlicher Prozesse sowie das Setzten von Standards liefert Genossenschaftsbanken sowie Immobilieninvestoren gleichermaßen Zuverlässigkeit wie Zielgenauigkeit. Des Weiteren bewirkt dies, im Einklang mit der vertraglichen Bindung von einer Vielzahl an Bankpartnern, einen schnelleren und einfacheren Entscheidungs-, wie auch Abwicklungsprozess. Innerhalb dieses Konstrukts werden den Kunden fünf Dienstleistungen angeboten: Arrangieren, Strukturieren, Organisieren, Vermitteln und Beraten.

Arrangieren: Genoport arrangiert zielgerichtet Bankpartner bundesweit zu Konsortien. Strukturieren: Das Erstellen von zuverlässigen und professionellen Investitionsanalysen sowie die Aufbereitung der Finanzierungsanfrage des Investors bis zur Entscheidungs- sowie Umsetzungsreife - inklusive Rating und Wertgutachten - für potenzielle Bankpartner. Organisieren: Genoport organisiert Beteiligungs- und Risikokapital, um die projektbasierte Eigenkapitalbasis der Investoren zu stärken. Vermitteln: Ferner werden Darlehensanteile an Konsortialpartnerbanken vermittelt. Beraten: Betreuung und Service sind ein weiterer Bestandteil des Tagesgeschäfts von Genoport. Ein erfahrenes Team von Immobilien- und Bankspezialisten steht Investoren sowie Bankpartnern ab dem Erstgespräch zur Verfügung, um eine reibungslose Umsetzung des Finanzierungsanliegens zu garantieren.

Überdies ist das Unternehmen Partner der Banken innerhalb der Genossenschaftlichen Finanzgruppe und setzt hier seinen geschäftlichen Fokus. In vertraglicher Zusammenarbeit mit 55 Bankpartnern konnte bereits ein kumuliertes Projektvolumen von insgesamt 700 Millionen Euro mobilisiert und somit für Innovationen bereitgestellt werden.

Projekte mit hohem Finanzierungsumfang

Einerseits wird die Finanzierung von Projekten mit einem hohen Finanzierungsumfang durch die Einführung einheitlicher Prozesse, das Setzen von Standards sowie durch die enge Zusammenarbeit mit Genossenschaftsbanken erstmals professionell und mit gemeinsamen Spielregeln in einem hochgradig individuellen Geschäftsfeld möglich. Ein nahezu automatisierter Prozessablauf bis hin zur letztendlichen Abwicklung kann eine entscheidende Stellschraube für steigende Wachstumsraten in der Immobilienbranche darstellen. Besonders im Hinblick auf die anhaltend große Nachfrage im Wohn- und Gewerbesektor, ist dies von entscheidender Bedeutung.

Andererseits werden Neugeschäfte für Banken geschaffen. Folglich eröffnen sich für Genossenschaftsbanken neue Geschäftsfelder, um im immer härter werdenden Interbankenwettbewerb zu reüssieren. Zusätzlich wird das Risiko für Genossenschaftsbanken minimiert. Durch die gründliche Projektanalyse sowie Datenaufarbeitung vor der eigentlichen Projektvorstellung bei den Banken sowie der Tatsache, dass ausschließlich zu den jeweiligen Bankenprofilen passende Finanzierungsprojekte an die Genossenschaftsbanken herangetragen werden, geben diesbezüglich Zeugnis. In Gänze können so auf lange Sicht Geschäftsbeziehungen entstehen, die für sämtliche Akteure eine Win-win-Situation darstellen. Schlussfolgernd werden Genossenschaftsbanken einerseits und Immobilieninvestoren andererseits ein einheitlicher Prozess, adäquat hoch gesetzte Standards und eine daraus resultierende Zuverlässigkeit sowie Prozessabwicklungsgeschwindigkeit geboten.

Fußnoten

1) Deutsche Bundesbank 2018: Monatsbericht Januar 2018, https://www.bundesbank.de/resource/blob/665602/43350826453879db52e29958ddab87d9/mL/2018-01-monatsbericht-data.pdf (Abruf am 2. September 2021).

2) Gabler Verlag 2018: Gabler Wirtschaftslexikon, Stichwort: Informations- und Kommunikationssysteme (I.u.K.), https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/informations-und-kommunikationssysteme-iuk-39253/version-262666 (Abruf am 26.07.2021).

3) Lister 2018, S. 11.

4) Jansen, J. D.; Pfeifle, Th. 2012: Rechtliche Probleme des Crowdfundings, ZIP 2012, S. 1842 - 1852, hier 1842.

5) Durch das Kleinanlegerschutzgesetz v. 03.07.2015, BGBl. I S. 1114 ff. Auslöser war u.a. die Prokon-Pleite.

Literaturverzeichnis

Deutsche Bundesbank (2018): Monatsbericht Januar 2018, https://www.bundesbank.de/resource/blob/665602/43350826453879db52e29958ddab87d9/mL/2018-01-monatsbericht-data.pdf (Abgeruf am 2. September 2021).

Jansen, J. D.; Pfeifle, Th. (2012): Rechtliche Probleme des Crowdfundings, ZIP 2012, S. 1842 - 1852.

Kindleberger, Ch.P. (2014): Die Weltwirtschaftskrise 1929 - 1939, München: dtv.

Lister, M. (2018): Die Perspektiven deutscher Kreditinstitute unter dem Druck von Niedrigzinsen, Regulierung und Digitalisierung, in: Böhnke, Werner/Rolfes, Bernd (Hrsg.): Neue Erlösquellen oder Konsolidierung? Geschäftsmodelle der Banken und Sparkassen auf dem Prüfstand, Beiträge des Duisburger Banken-Symposions, Wiesbaden, S. 1 - 30.

Pressler, F. (2013): Die erste Weltwirtschaftskrise. Eine kleine Geschichte der Großen Depression, München: C.H. Beck.

Peter Bernt , Geschäftsführer , Genoport Kreditmanagement GmbH
Clemens Krämer , Geschäftsführer , Genoport Kreditmanagement GmbH

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