Payment 2.0 - innovative Bezahllösungen der Sparkassen-Finanzgruppe

Prof. Michael Ilg, Vorsitzender der Geschäftsführung, DSV-Gruppe (Deutscher Sparkassenverlag) und Ottmar Bloching, Mitglied der Geschäftsführung und Vorsitzender der Geschäftsführung der DSV-Tochter S-Payment, beide Stuttgart - Gerade im Zahlungsverkehr gilt die traditionelle Marktführerschaft der Kreditwirtschaft durch eine Vielzahl neuer Entwicklungen als massiv bedroht. Von zukunftsträchtigen Lösungen abgeschnitten sehen die Autoren die hiesige Sparkassenorganisation aber keineswegs. Sie verweisen vielmehr auf eine Reihe von organisatorischen Maßnahmen sowie auf neue Produkte und Dienstleistungen, mit denen die Gruppe ihre starke Stellung auch in diesem für die Sicherung der Gesamtkundenverbindung so wichtigen Feld verteidigen will. Als gute Basis für Innovationen rund um das kontaktlose Bezahlen sehen sie weiterhin die NFC-Technologie, von der sie sich eine vergleichsweise einfache Integration in die Terminalinfrastruktur des Handels versprechen. Insgesamt sehen sie die Sparkassenorganisation sowohl technisch als auch strategisch gut aufgestellt, um wichtige Aspekte wie Kundenbindung, Marketing und die Ausschöpfung neuer Ertragspotenziale befördern zu können. (Red.)

Digitalisierung, verstärkter Wettbewerb und Marktregulierung sind die großen Herausforderungen, denen sich die Sparkassen-Finanzgruppe stellt. Vor allem im Payment-Bereich ist der Markt von ständigen Innovationen und raschen Veränderungen geprägt. Besonders der schnell wachsende E-Commerce und sein mobiles Teilsegment M-Commerce stellen die Finanzbranche vor immer neue Aufgaben. Der Umsatz im Onlinehandel wächst jährlich im zweistelligen Bereich, was zeigt, dass Konsumenten vermehrt online shoppen und dabei unterschiedliche Bezahlverfahren nutzen. Hier stehen die Sparkassen auch im Wettbewerb mit branchenfremden Anbietern. Katalysator für diese Entwicklung ist die zunehmende Digitalisierung.

Veränderte Rahmenbedingungen im Kartengeschäft

Im Hinblick auf wichtige Erlösquellen verändert die Interchange-Regulierung durch die Europäische Union die Rahmenbedingungen im Kartengeschäft. Das sonst so stabile Segment leidet unter dem daraus folgenden Rückgang der Interchange-Erlöse. Betrachtet man das Verhältnis von Kosten und Transaktionserlösen, verliert vor allem die Kreditkarte in Relation zur Debitkarte. Allein durch eine stärker wachsende Zahl von Transaktionen lassen sich diese Einbußen nicht kompensieren. Somit stellt sich die Frage, wie Erträge vor allem im Händlergeschäft gesteigert werden können.

Um ihre Innovations- und Marktführerschaft im Zahlungsverkehr angesichts dieser Herausforderungen zu behaupten, hat sich die Sparkassen-Finanzgruppe neu aufgestellt. Unter der strategischen Führerschaft des DSGV sowie mit technischer Unterstützung der Finanz Informatik fungiert der Deutsche Sparkassenverlag nun als Kompetenzcenter Payment der Sparkassen-Finanzgruppe. Der DSV ist damit zuständig für alle unternehmerischen Aufgaben im Hinblick auf Zahlungsverkehrsanwendungen sowohl für Privatkunden als auch Firmenkunden beim Einkauf.

Gründung der S-Payment

Um seine neue Rolle operativ zu verwirklichen, hat der DSV 2015 die Tochterfirma S-Payment gegründet. Sie bündelt die Kräfte der im Payment-Segment tätigen Unternehmen der DSV-Gruppe und kann dadurch schneller und flexibler im Markt agieren. So steuert, entwickelt und vermarktet die S-Payment zielgruppenübergreifende Lösungen für den E- und M-Commerce sowie den Point of Sale. Neben einer beschleunigten Time-to-Market ermöglicht sie die zentrale Steuerung der Aktivitäten innerhalb der DSV-Gruppe und stellt dabei eine optimale Verzahnung der Angebote her.

Um das Potenzial der Sparkassen-Finanzgruppe im Händlergeschäft im E- und M-Commerce zu erschließen, beteiligte sich die DSV-Gruppe mit 80 Prozent der Anteile am Payment Service Provider Payone und erwarb den Zahlungslogistiker Giro-Solution, einen Payment Service Provider, der insbesondere mit Lösungen im kommunalen Bereich aktiv ist. Den Spezialisten für bargeldlose Bezahlverfahren am Point of Sale, die B+S Card Service, übernahm der DSV 2015 zu 100 Prozent. Mit B+S Card Service verfügt der DSV nicht nur über einen der führenden Acquirer für das wichtige Händlergeschäft, sondern auch über ein Unternehmen mit internationaler Ausrichtung: B+S Card Service ist im Frühjahr 2015 mit dem Tochterunternehmen B+S Payment Europe in den europäischen Markt eingetreten. Für eine europäische Positionierung im Sinne der Kundenbedürfnisse wird die B+S Payment Europe mit einem strategischen Partner weiterentwickelt.

Insgesamt hat die Sparkassen-Finanzgruppe so als einziger Finanzdienstleister in Deutschland die beiden Wertschöpfungsketten des Point of Sale sowie des E- und M-Commerce komplettiert. Die DSV-Gruppe als Kompetenzcenter Payment steuert beide aus einer Hand.

Innovationen am Point of Sale

Der Blick auf die Umsatzanteile der Zahlungsarten im deutschen Einzelhandel zeigt: Bargeld liegt mit 53,3 Prozent der Bezahlvorgänge immer noch auf Platz eins. Besonders im Bereich der Kleinbeträge dominiert das Bargeld. Hier ergeben sich mit Girogo neue Möglichkeiten, das Bezahlen mit Karte zu forcieren. Der Kunde kann nach vorherigem Aufladen der Sparkassen-Card Beträge bis zu 20 Euro kontaktlos bei derzeit rund 15 400 Akzeptanzstellen in Deutschland bezahlen. Girogo ist vor allem in Bereichen mit hohem Kundenaufkommen interessant, da der Bezahlvorgang nur wenige Sekunden dauert. So sind beispielsweise Sportstadien, Eventstätten sowie Mensen klassische Beispiele für die Anwendung dieses Verfahrens.

Im Einzelhandel zählen große Ketten wie Kaiser's, Tengelmann oder Norma zu den Akzeptanzstellen. Aus der Mineralölbranche ist die Tankstellenkette Esso vertreten. Zu Jahresbeginn 2016 gewann die Sparkassen-Finanzgruppe die Rewe Group als Pilotpartner für das Verfahren. Der Handelskonzern realisierte im Zeitraum von Januar bis März eine Versuchsphase im Großraum München. Die Markteinführung von Girogo unterstützt die S-Card Service. Das DSV-Tochterunternehmen begleitet die Händler und Sparkassen bei der Projektkoordination und Kommunikation.

Während sich Verbraucher über schnelles Bezahlen an der Kasse freuen, profitieren die Verkaufsstellen von höheren Durchsatzzahlen. Insbesondere mit Blick auf die neuen Händlerentgelte im Kleinbetragssegment ist das Verfahren für sie lohnenswert: Nach neuer Entgeltregelung fallen bei einem Einkaufsbetrag von bis zu 4,99 Euro keine Kosten an. Erst ab 5 Euro bezahlt der Händler 0,01 Euro und insgesamt maximal nicht mehr als 0,2 Prozent pro Transaktion.

NFC-Technologie als Basis für Innovationen

Auch wenn Girogo teilweise kritisch gesehen wird und nicht von allen Akteuren der deutschen Kreditwirtschaft getragen wird, hat die Sparkassen-Finanzgruppe die NFC-Technologie zum Standard für kontaktloses Bezahlen gemacht. Nicht nur Apple hat sich an dieser Technologie orientiert, sondern vor allem führte es dazu, dass Kunden und Händler erste Erfahrungen mit kontaktlosen Zahlungen sammeln konnten.

Im Sommer dieses Jahres baut die Sparkassen-Finanzgruppe auf den Erfahrungen mit der NFC-Technologie auf und startet mit der Einführung von "Girocard kontaktlos". Mit diesem Verfahren können Kunden künftig kleine und größere Beträge ohne vorheriges Aufladen kontaktlos mit der Sparkassen-Card bezahlen. Das gibt dem Verbraucher das gute Gefühl, mit der Karte schneller zu bezahlen als mit Bargeld. In Verbindung mit der Einführung einer Wunsch-PIN wird dies zu einer intensiveren Nutzung der Sparkassen-Card am Point of Sale führen. Ab 2017 sollen dann auch alle neuen Kreditkarten mit der Kontaktlos-Funktion ausgestattet werden.

Einfache Integration der Terminalinfrastruktur

Parallel dazu implementiert die Sparkassen-Finanzgruppe ein mobiles Bezahlverfahren mit dem Smartphone. Das Verfahren basiert ebenfalls auf der NFC-Technologie verbunden mit der HCE-Technologie (HCE = Host Card Emulation). Diese Technologie virtualisiert die Kartendaten über eine Cloud und überträgt sie sicher auf das Mobiltelefon. Derzeit arbeitet die Sparkassen-Finanzgruppe daran, die technischen Voraussetzungen für eine HCE-basierte mobile Payment-Lösung zu schaffen und Partner für die Umsetzung zu gewinnen. Entscheidend wird hierbei sein, den Konsumenten mit auf diese Reise zu nehmen.

Die Entwicklungen im Bereich des kontaktlosen Bezahlens basieren auf der NFC-Technologie, was dazu führt, dass die Mehrzahl der Händler ein großes Interesse hat, diese in ihren Terminals zu integrieren. Für die Terminalinfrastruktur sorgt das Tochterunternehmen B+S Card Service. Innovationen wie die virtuelle Händlerkarte erleichtern dem stationären Handel den Einstieg in die neue Technologie. Denn im Vergleich zur physischen Karte kann die virtuelle Händlerkarte online abgerufen werden. Sie ist sofort verfügbar und sorgt für ein schnelles und kostengünstiges Update des Terminals für Girogo. Durch den Auf- und Ausbau des Sparkassen-Händlerservices unterstützt B+S Card Service die Institute aktiv bei der Gewinnung kleiner und mittlerer Händler im Terminalgeschäft.

Trotz zunehmender Digitalisierung dominieren am Point of Sale weiterhin Bargeld und Debitkarte. Die Kreditkarte nutzen die Deutschen hingegen erfahrungsgemäß als Zahlungsmittel im Ausland oder bei größeren Anschaffungen. Im E-Commerce liegt der Anteil der Kreditkarte an den Erträgen aktuell erst bei 15 Prozent. Hier überwiegt bei vielen Konsumenten die Sorge gegenüber der Kreditkarte als Onlinebezahlverfahren. Diese Bedenken räumt der DSV mit dem Sparkassen-Internet-Käuferschutz aus. Er punktet mit einer Leistungsgarantie bei beschädigter oder nicht gelieferter Ware. Bereits mehr als 260 Sparkassen haben den Sparkassen-Internet-Käuferschutz eingeführt und rund 3,5 Millionen Sparkassen-Kreditkarten sind bislang mit dieser Zusatzleistung ausgestattet.

Ganzheitliche Payment-Lösungen für den Handel

Weitere an die Karte gebundene Leistungen steigern die Attraktivität der Kreditkarte. Für mehr Sicherheit sorgen umfassende Notfall-Services oder die Service-Hotline zum Internet-Käuferschutz. Diese Leistungen erbringt die Mehr-Wert Servicegesellschaft (MWSG). Zu den Vorteilsangeboten des Tochterunternehmens des DSV und der Deutschen Assistance Service zählen außerdem beispielsweise Reise- oder Cashback-Portale sowie ein Concierge-Service. Auch bei der Einführung und Vermarktung von individuellen Mehrwert-Lösungen unterstützt die MWSG, sodass die Sparkassen ihre Erträge aus Girokonten und Kreditkarten erhöhen.

Aufgrund des boomenden Onlinehandels nutzt auch der stationäre Handel zunehmend die Möglichkeit, seine Waren im Internet abzusetzen. Gefragt sind deshalb umfassende Lösungen, die den Point of Sale und den E-Commerce sinnvoll miteinander verbinden und sich an bestehende Systeme anbinden lassen. Der DSV vervollständigte vor diesem Hintergrund im Jahr 2015 die beiden Payment-Wertschöpfungsketten. Mit Payone und Giro-Solution bietet er den Händlerkunden der Sparkassen verschiedene Optionen zum Einstieg in den Onlinehandel an. Payone betreut dabei vor allem E-Commerce-Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen, während das Tochterunternehmen Giro-Solution sich auf kontobasierte Bezahlverfahren und Mehrwertlösungen für E-Commerce und E-Government konzentriert. Dabei zeigt die bisherige Erfahrung, dass beide Unternehmen sich in ihrer Kundenansprache ergänzen.

Die Digitalisierung vereinfacht im Zahlungsverkehr die Prozesse und reduziert Fehler. Giro-Code folgt diesem Ansatz. Das Verfahren wird von Giro-Solution angeboten und basiert auf der QR-Code-Technologie, bei der die Rechnungsdaten in einen QR-Code umgewandelt werden. Der Sparkassenkunde liest den Code ganz einfach mit seiner Sparkassen-App aus, sodass die dort enthaltenen Zahlungsdaten fehlerfrei übertragen werden können. Dabei kann er diese Technologie nicht nur mobil, sondern auch an mit dieser Funktionalität ausgestatteten SB-Geräten in der Filiale nutzen. Vor allem im Bereich der Kommunen und Behörden wird dieses Verfahren erfolgreich eingesetzt.

Onlinebezahlverfahren Paydirekt

Mit Paydirekt erschließt sich die Sparkassen-Finanzgruppe weitere Marktpotenziale im Onlinehandel. Der Bedarf ist da, denn 40 Prozent der deutschen Internetkäufe werden derzeit noch per Rechnung/Überweisung und Lastschrift beglichen. Die Investoren DSV sowie die Landesbanken Hessen-Thüringen (Helaba) und Baden-Württemberg (LBBW) realisieren Paydirekt über die gemeinsame Tochter GIZS, das Kompetenzzentrum für innovative Online- und mobile Bezahlverfahren in der Sparkassen-Finanzgruppe.

Paydirekt ist ein Onlinebezahlverfahren, welches direkt an das Girokonto des Kunden angeschlossen ist. So verbleiben die Daten von Kunden und Händlern im Hause der jeweiligen Sparkasse. Gemäß dem Qualitätsanspruch "Made in Germany" unterliegt Paydirekt den strengen Regularien der deutschen Kreditwirtschaft, insbesondere auch mit Blick auf den Datenschutz. Damit verbunden ist die Garantie, dass die Kontodaten des Kunden nicht an die Händler zur Kaufabwicklung weitergeleitet und keine Warenkorbinformationen an Dritte weitergegeben werden. Zudem ist die Anmeldung für Kunden sehr einfach. Sie legen über das Onlinebanking einen Benutzernamen und ein Passwort an und können dann bei den Partnerunternehmen von Paydirekt schnell und sicher ihre Rechnungen bezahlen.

Technische und strategische Perspektiven

Der Vorgang im Hintergrund gestaltet sich hingegen komplexer. Hat der Kunde in einem Onlineshop Paydirekt als Zahlungsmittel ausgewählt, beginnt der Abstimmungsprozess mit den Projektpartnern Finanz Informatik und den Landesbanken LBBW sowie Helaba. Die Finanz Informatik ist innerhalb dieses Prozesses die technische Schnittstelle, die die Kommunikation zwischen den beteiligten Banken steuert. Die Landesbanken als Girozentralen sind für die Zahlungsverkehrsabwicklung zuständig. Der Zahlungsablauf folgt einer klar definierten Aufgabenteilung und zeigt die perfekte Zusammenarbeit der verschiedenen Projektpartner. Der DSV unterstützt den bevorstehenden Marktstart am 27. April 2016 mit Informations- und Kampagnenmaterialien für die Sparkassen, sodass diese optimal vorbereitet sind.

Auf dem Weg, das neue Bezahlverfahren in die Fläche zu bringen, erreichten Payone und Giro-Solution bereits eine wichtige Etappe: Als eine der bundesweit ersten Payment Service Provider stellten die DSV-Beteiligungsunternehmen das Onlinebezahlverfahren ihren E-Commerce-Unternehmen bereit. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zum Ziel, dass bis Ende des Jahres nahezu alle Sparkassen ihren Kunden Paydirekt anbieten.

Die DSV-Gruppe ist somit im Segment Payment, sowohl für das Privatkunden- als auch das Händlergeschäft, sehr gut aufgestellt. Mit der Integration der beiden Payment Service Provider Payone und Giro-Solution, der Übernahme des Zahlungsanbieters am Point of Sale, der B+S Card Service sowie der Installation der S-Payment hat sich die DSV-Gruppe konsequent zum Kompetenzcenter Payment entwickelt. Damit sind die Voraussetzungen geschaffen, das Thema Payment für die Zukunft nicht nur technisch voranzutreiben, sondern auch strategisch wichtige Aspekte wie Kundenbindung, Marketing und Ertragspotenziale zielgruppenübergreifend weiter zu entwickeln.

Ottmar Bloching , Geschäftsführer , PAYONE GmbH, Frankfurt am Main
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