Der Weg zur Libor- und Euribor-Reform mit Transaktionsdaten

Dr. Oliver Read, CFA, Professur im Fachgebiet Finanzierung, Studiengang Business Law, Hochschule RheinMain in Wiesbaden

Dr. Oliver Read, CFA, Professur im Fachgebiet Finanzierung, Studiengang Business Law, Hochschule RheinMain in Wiesbaden - Ein erster Verdacht auf Manipulation der wichtigen Referenzzinssätze Libor und Euribor war schon recht bald nach Ausbruch der jüngsten Finanzkrise aufgekommen. Näher in den Fokus der Aufsichtsbehörden rückten diese Dinge erst zwei Jahre später. Und als dann mit weiteren zwei Jahren Verzug den Banken immer neue Strafzahlungen auferlegt wurden, nagte das immer wieder an dem Vertrauen der Öffentlichkeit in die Branche. Vor diesem Hintergrund prüft der Autor den aktuellen Stand der Erarbeitung von Standards für Referenzgrößen und den Anstoß von Reformen der Referenzzinssätze durch die Administratoren. Er bescheinigt den Reformprozessen die richtige Richtung, aber nur langsame Fortschritte. (Red.)

Die Referenzzinsätze Libor, Euribor und Tibor sind über Jahre hinweg manipuliert worden. Finanzmarktteilnehmer und Aufsichtsbehörden waren nach der ersten Aufarbeitung 2012 bis 2014 schnell einig: Manipulationen sollten unterbunden werden. Erste Reformschritte haben die Verantwortlichen 2013 bis 2014 umgesetzt (zum Beispiel eine Reduzierung der Laufzeiten und der Währungen mit wenig Marktaktivität (Tabelle 1) sowie organisatorische Veränderungen bei den Administratoren).1) Grundlage für die ersten Maßnahmen waren die zehn Empfehlungen im Untersuchungsbericht The Wheatley Review of Libor, erstellt 2012 unter der Federführung von Martin Wheatley.2)

IOSCO-Leitlinien für Financial Benchmarks

Aufsichtsbehörden und internationale Organisationen fokussierten sich zunächst auf die Formulierung von Standards für Referenzzinssätze. Weitere Manipulationen am Devisen- und Goldmarkt trugen jedoch dazu bei, dass die Überlegungen auf Standards für alle Finanzmarktsegmente ausgeweitet wurden. Im Mittelpunkt des vorliegenden Beitrags stehen die Erarbeitung von Standards für Referenzgrößen und der Anstoß von Reformen der Referenzzinssätze durch die Administratoren. Die Regulierung, die nach dem Skandal eingeführt, verschärft und detailliert wurde (insbesondere die Benchmark-Verordnung), soll Gegenstand eines separaten Artikels sein.

Die International Organization of Securities Commissions (IOSCO) hat mit dem Projekt "Principles for Financial Benchmarks" erste Leitlinien für Referenzgrößen, darunter auch Referenzzinssätze, ausgearbeitet.3) Die IOSCO unterscheidet die Begriffe Benchmark und Interest (etwa: Finanzmarktgröße).

- Als Benchmarks werden Preise, Schätzungen, Sätze oder Indizes verstanden, die öffentlich zugänglich gemacht, regelmäßig berechnet und als Referenzwert für andere Finanzinstrumente verwendet werden.

Unter Interest ist die zugrunde liegende Finanzmarktgröße gemeint (zum Beispiel das Zinsniveau am Euro-Geldmarkt für drei Monate), welche die Benchmark (zum Beispiel 3M-Euribor) zu messen versucht. Nach Ansicht der IOSCO unterminieren folgende Punkte die Glaubwürdigkeit von Benchmarks:

- Interessenkonflikte und Fehlanreize bei den sogenannten Submitters (bei einem Referenzzinssatz sind das die Panelbanken), wenn sie finanzielle Positionen besitzen, die von der Benchmark abhängen;

- fehlende Details und mangelnde Transparenz hinsichtlich der Ermittlungsmethoden;

- Schwachpunkte bei den Governance-Prozessen des Administrators und der Submitters.

Darauf aufbauend hat die IOSCO 19 in vier Bereiche unterteilte Leitlinien formuliert (Tabelle 2), die einen Rahmen bilden, woraus Standards für konkrete Benchmarks abzuleiten oder gegebenenfalls anzupassen sind.

FSB-Vorschlag reformierter Referenzzinssätze mit Transaktionsdaten

Fast zeitgleich zur Initiative der IOSCO haben die Regierungen der G20-Staaten den Financial Stability Board (FSB) beauftragt, eine grundlegende Überprüfung der wichtigen Referenzzinssätze vorzunehmen und Reformen vorzuschlagen. Zu diesem Zweck hat der FSB im Juni 2013 zwei Arbeitskreise gegründet: In der führenden Rolle die Official Sector Steering Group bestehend aus Repräsentanten der Aufsichtsbehörden und Zentralbanken, und die Market Participants Group bestehend unter anderem aus Vertretern von Großbanken. Die Official Sector Steering Group hat folgende Vorschläge gemacht, um die Initiativen von IOSCO und FSB zusammenzuführen:

- Übernahme der IOSCO-Leitlinien als globaler Rahmen;

- Beschränkung zunächst auf Libor, Euribor und Tibor;

- Beauftragung der IOSCO mit einer Prüfung der genannten drei Referenzzinssätze bezüglich der IOSCO-Leitlinien.

Diese Punkte wurden in der Plenarsitzung des FSB im August 2013 verabschiedet. Die Staats- und Regierungschefs der G20-Länder haben beim Gipfeltreffen in St. Petersburg im September 2013 auf die IOSCO-Leitlinien verwiesen und diese befürwortet. Außerdem hat die Official Sector Steering Group die Market Participants Group damit beauftragt, Ansätze für alternative Referenzzinssätze zu identifizieren und mögliche Übergangsszenarien zu skizzieren. Die Marktteilnehmer haben eine detaillierte Studie vorgelegt (finale Fassung: März 2014).4) Als zentrales Anliegen sollten Libor, Euribor und Tibor durch die Einbeziehung von Transaktionsdaten weiterentwickelt werden (Libor+, Euribor+, Tibor+). In den Berichten der FSB wurden folgende Abkürzungen und Begriffe erstmals verwendet:

- IBORs: die drei Referenzzinssätze Libor, Euribor und Tibor.

- IBOR+: die reformierten transaktionsbasierten Benchmarks Libor+, Euribor+ und Tibor+.

Nach Ansicht der Market Participants Group könnte das Rechtsrisiko bei einem Übergang von IBOR auf IBOR+ dadurch minimiert werden, dass IBOR+ so konstruiert wird, dass Durchschnittswert und Volati lität vergleichbar zum IBOR sind. Im Juli 2014 hat der FSB die Reformpläne für IBORs einschließlich der Ideen für IBOR+ mit dem Abschlussbericht "Reforming Major Interest Rate Benchmarks" veröffentlicht.5)

Prüfung der IOSCO-Leitlinien

Die IOSCO hat im Auftrag des FSB eine Prüfung der Erfüllung der IOSCO-Leitlinien bei den drei IBOR-Administratoren durchgeführt, nämlich

- Euribor-EBF in Brüssel für Euribor, ab September 2014 umbenannt als European Money Market Institute (EMMI),

- ICE Benchmark Administration (IBA) in London zuständig seit Februar 2014 für Libor und

- JBA Tibor Administration (JBATA) in Tokio für Tibor.

Die IOSCO-Prüfer sollten den Grad der Umsetzung jeder Leitlinie als vollständig, weitgehend, teilweise oder gar nicht umgesetzt einstufen. Die Ergebnisse der ersten Prüfung (Stand: April 2014) wurden im Juli 2014 in einem ausführlichen Bericht bekannt gegeben.6) Tabelle 3 gibt einen Überblick über die erfolgten Einstufungen.

Die Prüfung hat ein gemischtes Bild ergeben. Einerseits wurden Fortschritte in den Bereichen Unternehmensführung und Übernahme von Verantwortung festgestellt, andererseits wurde deutlich, dass die IOSCO-Leitlinien (Tabelle 4 für Auszug der Definitionen) 6, 7 und 9 bezüglich Qualität der Benchmark sowie 13 bezüglich Qualität der Ermittlungsmethode weitere Anstrengungen erfordern.

- Die Leitlinien 6 Konstruktion der Benchmark und 13 Übergangsregelungen wurden bei IBA und EMMI als nur teilweise umgesetzt eingestuft.

- Die Leitlinie 9 Transparenz der Ermittlung wurde bei allen als nicht umgesetzt angesehen.

- Bezüglich Leitlinie 7 Suffizienz der Daten haben die Administratoren weder Daten noch Analysen zur Verfügung gestellt, welche die Genauigkeit und Zuverlässigkeit der IBORs für unbesicherte Refinanzierungen am Geldmarkt belegen. Darum gab es kein Rating für diese Leitlinie (Tabelle 4).

Die Ergebnisse einer zweiten Prüfung (Stand: August 2015) wurden im Februar 2016 bekannt gegeben.7) Die Prüfer haben lediglich über den Fortschritt der laufenden Arbeiten berichtet, ohne die Einstufungen zu verändern. Weitere Prüfungen durch die IOSCO waren dann nicht mehr vorgesehen, unter anderem weil signifikante Reformen durch die Administratoren in Bearbeitung waren und spezifische Regulierungen auf den Weg gebracht wurden.

Der Weg zur Libor-Reform mit Transaktionsdaten

Der Libor-Administrator IBA hat im Oktober 2014 das Projekt "Evolution of ICE LIBOR" auf der Grundlage von Konsultationen mit Beteiligten angestoßen.8) Dabei sollten die FSB-Reformpläne basierend auf IOSCO-Leitlinien berücksichtigt werden. Der prägnante Begriff Libor+ wurde von der IBA nie verwendet, sondern stets als "Weiterentwicklung des Libor" umschrieben. Nach einigen Schritten der Meinungsbildung und Kommunikation (siehe Tabelle 5) sind unter anderem folgende Ziele für Libor+ formuliert worden:

- Veröffentlichung einer Definition der neuen Benchmark, die klar und umfassend ist;

- Basierung auf Geldmarkttransaktionen, so weit wie möglich;

- nahtloser/fließender Übergang zur neuen Benchmark.

Die Definition des Libor richtet sich nach der hypothetischen und unverbindlichen Einschätzung der Panelbanken hinsichtlich der kurzen Frage: Zu welchem Zinssatz könnte sich die Panelbank refinanzieren, wenn sie kurz vor 11:00 Uhr Londoner Zeit Geld in einem vernünftigen Transaktionsvolumen von einer anderen Bank am Geldmarkt aufnehmen würde?

Die Definition des Libor+ wurde als "ICE Libor Output Statement" im Bericht "Roadmap for ICE Libor" von März 2016 zusammengefasst.9) Folgende Merkmale sind darin enthalten (siehe auch Tabelle 7:)

- Ermittlung mit erster Priorität transaktionsbasiert;

- Geldmarkttransaktionen seit dem vorherigen Handelstag;

- nicht nur Banken als zulässige Gegenparteien von Transaktionen für die Panelbanken, sondern auch Zentralbanken, Regierungsorganisationen, Förderbanken, Finanzinstitute, Staatsfonds, supranationale Organisationen und Industrieunternehmen;

- nicht nur unbesicherte Geldmarktanlagen, sondern auch Primärmarktemissionen von Commercial Paper und Certificates of Deposit als zulässige Transaktionen;

- nicht nur London als Finanzzentrum für Transaktionen zulässig, sondern andere Finanzzentren weltweit;

- wie bisher Berechnung als gestutztes arithmetisches Mittel (gleiches Gewicht für jede Panelbank), wobei die höchsten und die niedrigsten 25 Prozent der gemeldeten Sätze abgeschnitten werden.

Drei Ebenen der Anwendung von Methoden

Um die Ermittlung des Libor durch jede Panelbank möglichst transaktionsbasiert durchzuführen, hat die IBA drei Ebenen der Anwendung von Methoden mit entsprechender Priorisierung festgelegt:

1. Level 1 (Transaktionen): Gemeldeter Satz jeder Panelbank als zeitgewichteter und volumengewichteter Durchschnittszins von tatsächlichen Geldmarkttransaktionen seit dem vorherigen Handelstag (mindestens 10 Millionen US-Dollar/Euro/GBP/CHF oder 1 Milliarde JPY und mindestens zwei Transaktionen mit unterschiedlichen Gegenparteien);

2. Level 2 (Daten mit Transaktionsbezug): Gemeldeter Satz der Panelbank als angepasster volumengewichteter Durchschnittszins von Geldmarkttransaktionen in der Vergangenheit (drei bis 15 Handelstage je nach Währung und Laufzeit) beziehungsweise als Interpolation (beschränkt auf die Laufzeiten 2M, 3M und 6M);

3. Level 3 (Expertenmeinungen): Gemeldeter Satz der Panelbank als Schätzung anhand von Marktdaten im Rahmen einer dokumentierten Methode.

Der Methoden-Wasserfall mit der transaktionsbasierten Methode an der Spitze und Ausweichmethoden darunter, falls die Transaktionsdaten nicht ausreichen, soll sicherstellen, dass eine Panelbank immer Sätze an die IBA unabhängig von der Marktaktivität melden kann.

Die Neudefinition des Libor unterstellt, dass jede Panelbank sich um die komplexe Verarbeitung der Datenbeiträge nach dem Methoden-Wasserfall kümmert und täglich Sätze meldet. Die IBA führt lediglich die Mittelwertbildung der gemeldeten Sätze und die Veröffentlichung durch.

Diese Vorgehensweise wird als eine dezentrale Ermittlung angesehen. Die Panelbanken, die über Konsultationen befragt wurden, befürchten ein erhöhtes regulatorisches Risiko und Rechtsrisiko. Sie bevorzugen daher eine Zentralisierung der Ermittlung bei der IBA, sodass nur Rohdaten von Transaktionen zu liefern wären. In der Konsequenz müsste die IBA die Verantwortung für die Methoden im Level 2 und Level 3 übernehmen.

Seit 2016 befasst sich die IBA mit einer Machbarkeitsstudie zur zentralen Ermittlung. Ein sehr grober Zeitplan wurde im März 2016 angekündigt: Studie bis Juni 2016, Testphase bis Ende 2016 und Livephase 2017. Eine Veröffentlichung der Studie ist aber bis dato noch nicht erfolgt.10) Zwischen Januar und März 2017 wurde sogar noch eine dritte Konsultation zu einer speziellen Fragestellung im Methoden-Wasserfall durchgeführt. Offenbar ist das Projekt wesentlich komplexer als erwartet.

Der Weg zur Euribor-Reform mit Transaktionsdaten

Der Euribor-Administrator EMMI hat mit der Euribor+ Task Force, bestehend aus EMMI-Vertretern und Marktteilnehmern, im Oktober 2015 das Projekt "Evolution of Euribor" lanciert.11) Die Publikation des ersten Konsultationspapiers (siehe Tabelle 6) erfolgte mit einem Jahr Verzögerung im Vergleich zur Libor-Konsultation. Allerdings waren die Vorschläge wesentlich konkreter ausgearbeitet, insbesondere die Implementierung eines zentralisierten Ermittlungsprozesses und detaillierte Überlegungen für einen nahtlosen Übergang zu Euribor+.

Aktuell beruht die Definition des Euribor auf der Einschätzung der Panelbanken hinsichtlich der folgenden Frage: Zu welchem Zinssatz werden Geldmarktanlagen unter "Prime" Banken in der EU und in den EFTA-Staaten um 11.00 Uhr Brüsseler Zeit angeboten? Im EMMI-Konsultationspapier wird die zugrunde liegende Finanzmarktgröße mit einem kurzen Satz definiert: Zinssatz zu dem Banken mit einem soliden finanziellen Standing Geld unbesichert am Geldmarkt für institutionelle Marktteilnehmer in der EU und in den EFTA-Staaten aufnehmen können. Die dazugehörige Benchmark soll folgende Merkmale aufweisen (siehe auch Tabelle 7):

- Ermittlung mit erster Priorität transaktionsbasiert; - Geldmarkttransaktionen des vorherigen Handelstags;

- nicht nur Banken als zulässige Gegenparteien von Transaktionen für die Panelbanken (ähnlich wie bei Libor+);

- nicht nur unbesicherte Geldmarktanlagen als zulässige Transaktionen (ähnlich bei Libor+);

- Berechnung als arithmetisches Mittel der Median-Gruppe der Panelbanken mit Datenbeiträgen, das heißt die vier mittleren Sätze bei gerader Anzahl Panelbanken beziehungsweise fünf Sätze bei ungerader Anzahl Panelbanken (bisher gestutztes arithmetisches Mittel, wobei die höchsten und die niedrigsten 15 Prozent der gemeldeten Sätze abgeschnitten werden);

Transaktionsbasierte Methode und zwei Ausweichmöglichkeiten

Die Ermittlung des Euribor+ soll zentralisiert bei EMMI erfolgen. An der Spitze eines Methoden-Wasserfalls befindet sich eine transaktionsbasierte Methode und darunter zwei Ausweichmethoden, falls die Transaktionsdaten nicht ausreichen. Die beiden Ausweichmethoden kommen zum Einsatz, wenn sogenannte Data Insufficiency Contingency Trigger, unterschieden in Tier 1 und Tier 2, ausgelöst werden.

Eine genaue Definition der beiden Trigger muss noch festgelegt werden. Die Methoden sind wie folgt priorisiert:

1. Core-Methode: Ermittelter Satz jeder Panelbank mit Datenbeiträgen als volumengewichteter Durchschnittszins der tatsächlichen Geldmarkttransaktionen.

2. Formelmethode bei Tier 1 Contingency: Bei zu wenig Volumen oder Anzahl Transaktionen am Geldmarkt füllt EMMI Datenlücken mit historischen Transaktionsdaten der vergangenen vier Handelstage (beziehungsweise sechs Handelstage bei 12M-Euribor) auf.

3. Methode auf der Basis von gemeldeten Sätzen bei Tier 2 Contingency: EMMI wechselt auf diese Methode, wenn eine Tier 1 Contingency anhält.

Im EMMI-Konsultationspapier wurde ebenfalls die Einführung des Euribor+ ziemlich konkret zum 4. Juli 2016 angekündigt. Dabei sollte ein nahtloser Übergang ganz bewusst ohne Namensänderung der Benchmark stattfinden. In Übereinstimmung mit einer wichtigen Empfehlung des FSB sollte die neue Benchmark in einer Testphase als vergleichbar mit der alten hinsichtlich Durchschnittswert und Volatilität bestätigt werden. Eine erste Studie im Konsultationspapier basierte auf Transaktionsdaten von 2012 bis 2013, die die EZB von 56 bis 58 europäischen Banken gesammelt hatte.

Arbeit an einer neuen hybriden Methode

Im Juni 2016 gab die EMMI einen revidierten Zeitplan für die Umsetzung des Projekts, nun umbenannt als "Transactionbased Euribor", bekannt.12) Die geplante Umstellung wurde auf das zweite Quartal des Jahres 2017 verschoben. Außerdem wurde ein umfangreicher Test, als Pre-Live Verification Program bezeichnet, mit aktuellen Transaktionsdaten der Euribor-Panelbanken angekündigt.

Die teilnehmenden Euribor-Panelbanken und andere (insgesamt 31) haben im 6-Monatszeitraum von September 2016 bis Februar 2017 Rohdaten der zulässigen Geldmarkttransaktionen an die EMMI geliefert. Die Euribor+ Task Force wollte die Zeitreihen der beiden Benchmarks vergleichen und feststellen, ob Durchschnitt und Volatilität der transaktionsbasierten Benchmark sich von der bisherigen Benchmark unterscheidet. Eine grobe Kommentierung der Testergebnisse wurde am 4. Mai 2017 publik gemacht.13) Die Frage der Vergleichbarkeit wurde verneint und die Umstellung mit einem nahtlosen Übergang musste abgesagt werden. Nach Auffassung der EMMI erlaube die aktuelle Lage am Geldmarkt, gezeichnet von einem Rückgang der Transaktionen unter Banken und teilweise von negativen Zinssätzen, keinen reibungslosen Wechsel zu einer transaktionsbasierten Benchmark.

Nun soll die Euribor+ Task Force 2017 bis 2018 an einer neuen hybriden Methode arbeiten, die in der Lage ist, unterschiedliche Zustände der Marktaktivität zu berücksichtigen.

Richtige Richtung, aber sehr langsam

Fünf Jahre nach Bekanntwerden des Zinsmanipulationsskandals gehen die marktseitigen Reformschritte in die richtige Richtung, der Reformprozess kommt aber nur langsam voran (Abbildung).

Ein solides Fundament bieten die IOSCO-Leitlinien und die FSB-Reformvorschläge für IBORs. Die Administratoren IBA und EMMI haben seit 2014 an IBOR+ als transaktionsbasierte Referenzzinssätze gearbeitet. Die vorläufigen Versionen des Libor+ und Euribor+ weisen Gemeinsamkeiten und Unterschiede auf bezüglich Definition, Ermittlung und Berechnung (Tabelle 7).

Die Spezifizierung einer robusten Ermittlungsmethode unabhängig von der Marktaktivität und die Sicherstellung eines nahtlosen Übergangs bereiten den Verantwortlichen erhebliche Schwierigkeiten. Die Umstellungen, die ursprünglich für 2016 geplant waren, sind vorerst um viele Monate nach hinten verschoben. Fortsetzung folgt für die Libor- und Euribor-Reform mit Transaktionsdaten.

Quellen

Beisser/Read (2016): Libor- und Euribor-Skandal und erste Konsequenzen, in: Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen, Heft 5-2016, S. 17 bis 22.

EMMI (2015): Consultative Position Paper on the Evolution of Euribor, 30 October, URL: https://www.emmibenchmarks.eu/assets/files/Euribor_Paper.pdf

EMMI (2016): The Path Forward to Transaction-Based Euribor, 21 June 2016, URL: https://www.emmibenchmarks.eu/assets/files/D0273B-2016%20The%20path%20forward%20to%20Transaction-based%20Euribor.pdf

EMMI (2017): Pre-Live Verification Program-Outcome and Way Forward, 4 May 2017, URL: https://www.emmibenchmarks.eu/assets/files/D0246B-2017_PLVP%20public%20report%20and%20way%20forward_FINAL.pdf

FSB (2014a): Market Participants Group on Reforming Interest Rate Benchmarks, Final Report, March 2014, URL: http://www.fsb.org/wp-content/uploads/r_140722b.pdf

FSB (2014b): Reforming Major Interest Rate Benchmarks, 22 July 2014, URL: http://www.financialstabilityboard.org/wpcontent/uploads/r_140722.pdf?page_moved=1

HM Treasury (2012): The Wheatley Review of LIBOR: final report, September 2012, URL: https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/191762/wheatley_review_libor_finalreport_280912.pdf

IBA (2014): Position Paper on the Evolution of ICE LIBOR, 20 October 2014, URL: https://www.theice.com/publicdocs/ICE_LIBOR_Position_Paper.pdf

IBA (2016): Roadmap for ICE LIBOR, 18 March 2016, URL: https://www.theice.com/publicdocs/ICE_LIBOR_Roadmap0316.pdf

IBA (2017): Summary of ICE LIBOR Evolution, January 2017, URL: https://www.theice.com/publicdocs/LIBOR_evo_summary.pdf

IOSCO (2013): Principles for Financial Benchmarks - Final Report, July 2013, URL: https://www.iosco.org/library/pubdocs/pdf/IOSCOPD415.pdf

IOSCO (2014): Review of the Implementation of IOSCO's Principles for Financial Benchmarks by Administrators of Euribor, Libor and Tibor, July 2014, URL: https://www.iosco.org/publications/?subsection=public_reports

IOSCO (2016): Second Review of the Implementation of IOSCO's Principles for Financial Benchmarks by Administrators of EURIBOR, LIBOR and TIBOR, February 2016, URL: http://www.iosco.org/library/pubdocs/pdf/IOSCOPD526.pdf

Fußnoten

1) Vgl. Beisser/Read (2016).

2) Vgl. HM Treasury (2012).

3) Vgl. IOSCO (2013).

4) Vgl. FSB (2014a).

5) Vgl. FSB (2014b).

6) Vgl. IOSCO (2014).

7) Vgl. IOSCO (2016).

8) Vgl. IBA (2014).

9) Vgl. IBA (2016).

10) Vgl. IBA (2017).

11) Vgl. EMMI (2015).

12) Vgl. EMMI (2016).

13) Vgl. EMMI (2017).

Prof. Oliver Read , CFA, Professor für Finanzierung und Prodekan, Hochschule RheinMain, Wiesbaden

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