Bundesgerichtshof

AGB-Postenpreisklauseln bei Geschäftskunden unwirksam

"Die unterschiedslos auf sämtliche Buchungen bezogene Bestimmung in dem Preis- und Leistungsverzeichnis einer Bank: 'Preis pro Posten 0,32 Euro' ist sowohl nach § 134 BGB nichtig als auch nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB auch gegenüber Unternehmern unwirksam, weil sie zu deren Nachteil von § 675u BGB abweicht." Mit diesem markanten Leitsatz hat der Bundesgerichtshof (BGH) am 28. Juli 2015*) der Klage eines unternehmerischen Versicherungsmaklers gegen seine Bank entsprochen. Sein Unternehmen verwaltet rund 25000 Versicherungsverträge und zieht über die beklagte Bank auch die Prämien dafür ein. Für die dabei anfallenden Buchungen einschließlich der durch Rücklastschriften veranlassten belastete die Bank das Konto des Unternehmens aufgrund ihrer oben genannten AGB-Klausel seit 2007 mit insgesamt rund 78 000 Euro. Diesen Betrag muss sie nun nach dem Spruch des BGH zurückerstatten. In dem umfangreich begründeten Urteil stellt der BGH fest, dass die Unklarheitenregel für eine AGB-Klausel auch im "unternehmerischen Geschäftsverkehr" gilt, also nicht nur Privat(Verbraucher)- sondern auch Geschäftskunden der Bank schützen soll.

Der Wortlaut der hier verwendeten Klausel lege nahe, dass sie auch Barein- und -auszahlungen bepreise. Sie unterliege daher - jedenfalls bis zum Inkrafttreten des Zahlungsdiensterechts am 31. Oktober 2009 - als Preisnebenabrede der richterlichen Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB. "Soweit der Senat (des BGH) dies bislang nur im Rahmen von Verbraucherverbandsklagen entschieden hat (...) gilt im Geschäftsverkehr der Banken gegenüber Unternehmen nichts anderes." Die Kontrollfähigkeit der Postenpreisklausel auch unter der Geltung des neuen Zahlungsdiensterechts beruhe darauf, dass die beklagte Bank mit ihrer Preisklausel auch Buchungen fehlerhaft ausgeführter Zahlungsaufträge erfasse, damit aber von der gesetzlichen Regelung (§§ 675u+ y BGB) abweiche, die ihr in diesen Fällen den Anspruch auf ein Entgelt versage. Als Ergebnis der Inhaltskontrolle stellt der BGH fest, dass die beanstandete Klausel nach dem bis 30. Oktober 2009 geltenden Recht wegen unangemessener Benachteiligung des Kunden nach § 307 Abs.1 Satz 1 BGB unwirksam sei, vor allem weil sie keine angemessene Freiposten-Regelung enthalte. Diese sei auch für die Geschäftskonten von Unternehmen gleichermaßen notwendig, allerdings unter Berücksichtigung etwaiger Besonderheiten im kaufmännischen Geschäftsverkehr. Für die Zeit nach Inkrafttreten des Zahlungsdiensterechts folge die Unwirksamkeit aus dem Verstoß gegen § 134 in Verbindung mit §§ 675e Abs.1 und 4, 675 u BGB.

Was ist die Quintessenz dieses BGH-Urteils, das sich durch die - selbst für viele Juristen schwer durchschaubare - Gemengelage und das Dickicht des ab 30. September 2009 geltenden "neuen" Rechts der Zahlungsdienste und des "alten" Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen hindurch zu winden hatte? Es ist vor allem die nun höchstrichterlich auferlegte Erkenntnis, dass die Kreditinstitute zwischen ihren als "Verbrauchern" geltenden Kunden (und das sind rechtsbegrifflich schon mehr als es nach dem reinem Wortsinn wären!) und ihren Geschäftskunden keine oder allenfalls nur sachlich gerichtsfest begründete Unterschiede bei den ihnen "formularmäßig" aufzuerlegenden Geschäfts- und Vertragsbedingungen machen sollten. Bekanntlich wird auch dieser Begriff von der Rechtsprechung weit über das hinaus ausgelegt, was man gemeinhin unter "formularmäßig" versteht. Er umschließt nahezu alles, was nicht nachweislich in auf Augenhöhe ausgehandelten Individualvereinbarungen zwischen Bank und Kunden Vertragsinhalt geworden ist. Damit muss die Bankwirtschaft, aber nicht nur sie, schon seit längerer Zeit leben. RA Dr. Claus Steiner, Wiesbaden *) BGH Urteil v. 28.7. 2015 XI ZR 434/14 (abgedruckt in ZIP 2015 S. 1720 (Heft 36)

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