Konsolidierung

Greift die EZB jetzt ein?

Quelle: pixabay.com

Die Konkurrenz ist groß im Bankgewerbe. Das ist lange kein Geheimnis mehr. Auch Befürchtungen, die europäische Kreditwirtschaft könnte dem nicht gewachsen sein, sind nicht neu. Gerade auf den globalen Märkten scheinen internationale Konkurrenten den deutschen Instituten enteilt, finden auch IT-Konzerne zunehmend Interesse an lukrativen Bankdienstleistungen - natürlich nie an der vollen Übernahme des Bankgeschäfts, das wäre ja aufwendig und mit allerlei Pflichten verbunden. Die Lösungen, so hört man es von mancherlei Experten, sollen größere Bankkonzerne sein. Konsolidierungsbedarf stellt seit Jahren auch die Bankenaufsicht der EZB fest. Ihr Vorsitzender Andrea Enria wird nicht müde, die Notwendigkeit grenzüberschreitender Fusionen zu betonen, um Ertragsstrukturen zu festigen, Kostensynergien zu heben und die Zukunftsfähigkeit zu erhöhen. Passiert ist wenig bis nichts. Denn die verantwortlichen Vorstandsvorsitzenden, Aufsichtsratsvorsitzenden und Chairman in den jeweiligen Häusern singen zwar auch gerne das Lied der europäischen Konsolidierung, haben aber auch immer gleich gute Argumente parat, warum ihr Haus daran leider nicht teilnehmen kann.

Aufsichtsrechtlich bedingte Fragen beziehungsweise gar Unsicherheiten sollen da nun als "Ausrede" nicht mehr herhalten dürfen. Denn zum Anfang dieses Jahres hat die EZB ihren endgültigen "Leitfaden zum aufsichtlichen Ansatz für Konsolidierungen im Bankensektor" vorgelegt. Der Veröffentlichung war eine mehrmonatige Konsultation vorausgegangen. Herausgekommen sind im Wesentlichen drei Punkte. Erstens: Glaubwürdige Integrationspläne sollen nicht durch höhere Säule-2-Kapitalanforderungen bestraft werden. Glaubwürdig in diesem Zusammenhang heißt, solche Projekte müssen auf glaubwürdigen Geschäfts- und Integrationsplänen beruhen, die Tragfähigkeit des Geschäftsmodells verbessern sowie hohen Standards in Bezug auf Governance und Risikomanagement genügen. Zweitens: Die EZB erwartet, dass der Käufer einen relativ niedrigen Kaufpreis nutzt, um die Tragfähigkeit zu erhöhen. Sol heißen, ein durch kluges Verhandeln erzielter Badwill soll gemäß den aufsichtlichen Erwartungen als Kapital für die konsolidierte Bank eingesetzt werden. Und drittens schließlich werden die Aufseher die vorübergehende Verwendung vorhandener interner Modelle akzeptieren, sofern ein solider Roll-out-Plan vorgelegt wird.

Natürlich ist Transparenz und Vorhersehbarkeit vor allem mit Blick auf die aufsichtsrechtlichen Vorgaben und aufsichtliches Handeln zu begrüßen. Und vielleicht mag die nun vorgelegte Konkretisierung all dessen wirklich geeignet sein, mögliche strategische Überlegungen mit den Aufsichtsbehörden zu diskutieren und voranzutreiben. Aber der Grat ist schmal. Denn alleine schon der Eindruck, die EZB, die ohnehin wegen der Nähe von Geldpolitik und Bankenaufsicht in der Kritik steht, werde nun aktiver in das Konsolidierungsgeschehen eingreifen, wäre schädlich für alle Beteiligten. Da können die Aufseher noch so oft betonen, dass die Entscheidungen zu Unternehmenszusammenschlüssen selbstverständlich von den Marktteilnehmern getroffen werden. Schon der Eindruck genügt.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X