Kreditgenossenschaften II

Ein großer Sprung

Der 2018 eingeleitete Transformationsprozess der Volksbank Mittelhessen scheint sich immer mehr auszuzahlen. Im Kern dieses Prozesses, der Maßnahmen auf strategischer, kultureller, prozessualer und organisatorischer Ebene umfasst, geht es darum, im derzeitigen Niedrigzinsniveau Betriebsergebnisse von 0,75 Prozent der Durchschnittsbilanzsumme zu sichern und Grundlagen zu schaffen, diesen Wert in Zukunft auch wieder steigern zu können. Das Programm scheint sich auszuzahlen, denn 2021 hat die viertgrößte deutsche Volksbank erneut sehr ordentlich abgeschnitten. So konnte vorläufigen Zahlen zufolge sowohl der Zinsüberschuss (139 Millionen Euro nach 126 Millionen Euro) als auch der Provisionsüberschuss (59 Millionen Euro nach 58 Millionen Euro) gesteigert werden.

Beim Zinsergebnis profitierte die Volksbank Mittelhessen, wie andere Kreditgenossenschaften auch, von den im Herbst 2021 nachgeholten Dividenden-Ausschüttungen der DZ Bank für die Jahre 2019 und 2020. Zudem blieben Kreditausfälle nach wie vor Fehlanzeige. Dass das Bewertungsergebnis aus dem Kreditgeschäft trotzdem mit 11,4 Millionen Euro deutlich über den 2 Millionen aus dem Vorjahr liegt, hängt laut Volksbank Mittelhessen mit einer Änderung der Berechnung bei Pauschalwertberichtigungen zusammen, was einen Effekt von 11,7 Millionen Euro ausmachte. Es hätten also, ohne diese Anpassung, Zuschreibungen von 0,3 Millionen Euro zu Buche gestanden. Bei sinkenden Personal- (71 Millionen Euro nach 73 Millionen Euro) und Sachkosten (46 Millionen Euro nach 47 Millionen Euro) verblieb unter dem Strich ein um 8 Millionen Euro höheres Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit nach Bewertung von 66 Millionen Euro.

Einen großen Sprung machte die Bilanzsumme. Nachdem diese schon im Jahr 2020 um knapp 1 Milliarde Euro zugelegt hatte, wuchs sie im Berichtsjahr erneut um stolze 10,5 Prozent oder 961 Millionen Euro und übersprang mit 10,1 Milliarden Euro erstmals in der Geschichte die Grenze von 10 Milliarden. Getragen wurde das von einem kräftig ausgebauten Kundengeschäft sowohl bei den Einlagen als auch auf der Kreditseite. "Wir sind die Konstante, mit der sie immer rechnen dürfen", sagte der Vorstandsvorsitzende Peter Hanker bei Vorstellung der Zahlen. Kleiner Wermutstropfen: Die Einlagen stiegen schneller als die Kredite, wodurch sich der Einlagenüberhang kräftig um knapp 300 Millionen Euro auf 1,91 Milliarden Euro erhöhte. Kundenkrediten von 6,29 Milliarden Euro stand zum Jahresende ein Einlagenvolumen von 8,2 Milliarden Euro gegenüber.

Angesichts der Null- beziehungsweise Negativzinsen und der Inflationsentwicklung warnen die Verantwortlichen der Volksbank vor dem mit der anhaltend hohen Sparquote verbundenen Kaufkraftverlust. Ein stärkeres Engagement in Wertpapiere und Fonds können dem entgegenwirken. So legte das Kundendepotvolumen von 879 Millionen Euro auf 1,05 Milliarden Euro zu. Damit lag der Zuwachs mit 19,7 Prozent sogar über der Steigerung des Deutschen Aktienindex, der es im Jahresverlauf 2021 auf immerhin rund 15 Prozent brachte.

Die Volksbank Mittelhessen ist nur ein Beispiel von mehreren, die zeigen, dass es den genossenschaftlich organisierten Instituten recht ordentlich gelungen ist, sich auf die aktuellen Rahmenbedingungen einzustellen. Das macht Hoffnung für die Zukunft, denn irgendwann wird auch die EZB um eine geldpolitische Reaktion auf die Inflation nicht mehr umhinkommen und die Zinsen langsam anheben.

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