Kreditgenossenschaften

Heilsame Unruhe in Regulierungsfragen?

Gerhard Hofmann, Vorstandsmitglied BVR

Die bisherigen Pauschalverlautbarungen des neuen US-Präsidenten per Twitter lassen auch die eine oder andere Position in der Finanzwirtschaft als verhandelbar erscheinen, die zuvor als nahezu festgemeißelt galten. Wenn auf Anregung oder Androhung der USA in den kommenden Monaten und Jahren möglicherweise viele Regularien für die großen Kreditinstitute infrage gestellt werden, dann sollten die kleineren Häuser ebenfalls mit der einen oder anderen Erleichterung rechnen dürfen.

Genau in diese Richtung hat bei der Jahrespressekonferenz des BVR Gerhard Hofmann als zuständiges Vorstandsmitglied argumentiert. Um die aktuelle Gesamtstimmung einer Offenheit für eine grundlegende Überprüfung der Regulierung im Sinne seiner Bankengruppe zu nutzen, hat er zum Einstieg sogar ein Feld angesprochen, das für die genossenschaftliche Organisation nur bedingt relevant ist. Die Regelungen zum Trennbankensystem, hinsichtlich derer die USA eine regulatorische Rückwärtsbewegung einleiten wollen, sollten aus Sicht des BVR in der EU keineswegs weiterverfolgt werden. Kernanliegen des BVR für Europa ist und bleibt es jedoch, mithilfe der Impulse aus den USA die Regulierung für kleine und mittlere einmal mehr auf die Agenda zu bringen. Angesichts der Fülle von komplexen Detailvorschriften in Regulierung und Meldewesen hält der Verband den von der EU-Kommission ins Spiel gebrachten Schwellenwert von 1,5 Milliarden Euro Bilanzsumme für viel zu niedrig, um unter Kosten-Nutzen-Überlegungen angemessene Ergebnisse zu erzielen.

Ebenfalls recht hart behandelt fühlt sich der BVR zudem durch die Festlegung des durchschnittlichen Aufschlags für das Zinsänderungsrisiko und die weiteren wesentlichen Risiken. Für die 160 Kreditgenossenschaften, die im Zuge des SREP-Prozesses mit Bescheiden der nationalen Aufsicht beglückt wurden, beträgt dieser rund 1,4 Prozentpunkte und erhöht die Gesamtbelastung durch Kapitalvorgaben bei Kreditgenossenschaften auf rund 6,2 Milliarden Euro. Dass der BVR vor diesem Hintergrund vonseiten der Aufsicht eine Transparenz hinsichtlich der SREP-Praxis bei Less Significant Institutions sowohl gruppen- als auch länderübergreifend fordert, ist ebenso verständlich wie das Interesse an der Behandlung der Significant Institutions. Wer für umfangreiche Meldepflichten der Institute im gesamten Bankgeschäft plädiert, sollte den beaufsichtigten Instituten auch die Möglichkeit geben, die angemessene Behandlung des eigenen Hauses bei den Eigenkapitalanforderungen nachzuvollziehen.

In der Ertragsrechnung haben es die Kreditgenossenschaften ähnlich wie die deutschen Sparkassen geschafft, das Abschmelzen des Zinsüberschusses durch eine Ausweitung der Volumina auf minus 3,5 Prozent auf rund 16,5 (17,1) Milliarden Euro zu begrenzen und den Provisionsüberschuss bei rund 4,6 Milliarden Euro konstant zu halten. Den daraus resultierenden Anteil des Zinsüberschusses am Rohertrag von knapp 78,2 Prozent muss man allerdings insofern relativieren, als sich die Provisionserlöse mit 1,98 Milliarden Euro aus dem Zahlungsverkehr und zu weiteren 1,9 Milliarden Euro aus dem Vermittlungsgeschäft mit den genossenschaftlichen Verbundunternehmen speisen. Insofern ist es möglicherweise sinnvoller, den Provisionsüberschuss im Verbund zu betrachten. Bei der konsolidierten Bilanz aus dem Jahre 2015 betrug der Zinsüberschuss auf IFRS-Basis das 3,45-Fache des Jahresüberschusses, als HGB-Vergleichswert für die Volksbanken und Raiffeisenbanken für das Jahr 2015 ergibt der Zinsüberschuss das 3,74-Fache des Provisionsüberschusses. Leicht senken konnten die Kreditgenossenschaften im Berichtsjahr 2016 den Verwaltungsaufwand (14,39 nach 14,51 Milliarden Euro). Aber auch das konnte eine weitere Verschlechterung der Cost Income Ratio auf 68,4 (67,0) Prozent nicht stoppen.

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