Wirtschaftspolitik

Keine Lobby

Quelle: pixabay.com

Die deutsche Automobilindustrie hat es wieder einmal allen vorgemacht. Erst betrügt man die Kunden, belügt die Öffentlichkeit, trifft verbotene Absprachen, schert sich nicht um gesetzliche Vorgaben wie Norm- oder Grenzwerte, verschleiert mit Schummelsoftware den tatsächlichen Schaden für die Menschen und die Umwelt und kommt dann beim vermeintlichen Sündengipfel mit dem geringstmöglichen Schaden davon. Das kann man gute Lobbyarbeit und ein gesundes Selbstbewusstsein nennen. Denn natürlich wissen all die Verantwortlichen bei Daimler, BMW, Porsche, Audi oder VW, dass keine Regierung sich so kurz vor einer Bundestagswahl mit der mächtigsten deutschen Industriebranche anlegen wird. Massenentlassungen aufgrund politischen Drucks sind sicherlich nicht stimmungs- und stimmenfördernd.

Ob es neben dem Softwareupdate noch, wie vom Bundesverkehrsminister, der Bundesumweltministerin und einigen Politikern unterschiedlicher Couleur aus den Bundesländern angedroht, zu einer umfangreichen und für die Konzerne sehr teuren Nachrüstung kommen wird, falls die Schadstoffbelastung in den Städten nicht messbar gesenkt werden kann, darf angesichts dieser Macht der Industrie bezweifelt werden. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass (Stand Anfang August) von der Bundeskanzlerin zu diesem Thema nichts zu hören ist.

Von so viel Chuzpe müssten sich die deutschen Banken eigentlich ein wenig abschneiden. Natürlich haben auch die Banken Fehler gemacht, haben Kunden übervorteilt, Bilanzen geschönt, unlautere Geschäfte gemacht, gezockt und spekuliert, gelogen und betrogen - einige von ihnen zumindest. Aber alle haben dafür gebüßt. Die Regulierungsschraube wurde vor allem in Europa mächtig angezogen, neue Institutionen wie die EBA und die EZB sorgen für immer neue Regeln für die Bösen wie die Guten (ohne die alten zu überdenken beziehungsweise abzuschaffen). Gleichzeitig wurde die Finanzkrise zu einer Staatsschuldenkrise in Europa, was die EZB nun schon seit einigen Jahren zu einer außergewöhnlichen Geldpolitik verleitet. Die Folge: Immer geringere Gewinne, immer höhere Kosten, immer mehr Probleme bei Banken und Sparkassen, die eigene Zukunft zweifelsfrei sicherzustellen.

Für die Automobilindustrie ist dies ein schier unvorstellbares Szenario. Dabei gibt es doch viele Gemeinsamkeiten zwischen beiden Branchen, besonders in Deutschland. Beide sind umfangreiche Arbeitgeber (Banken gut 600 000, Automobilbranche gut 800 000 Beschäftigte). Beide stehen für den deutschen Aufschwung nach dem Krieg. Beide braucht der Bürger im Alltag. Beide sind enorm wichtig für das deutsche Wirtschaftswachstum und die deutschen Wirtschaftsstrukturen heute. Beide stehen in hartem Wettbewerb untereinander, aber auch mit ausländischen Anbietern. Beide müssen ihre Geschäftsprozesse umstellen und sich mit Industrie 4.0 respektive Fintechs auseinandersetzen. Und beide sind aufgrund vielfältiger Geschäftsbeziehungen eng miteinander verwoben, auch wenn es die Deutschland AG schon lange nicht mehr gibt. Es muss also mit der Lobby, mit dem Auftreten zu tun haben, dass die einen mit ihrem Fehlverhalten ungeschoren davonkommen, während die anderen um ihre Existenz fürchten müssen. Denn Steuergelder haben die einen wie die anderen in der Vergangenheit verbrannt. Banken haben keine Lobby mehr.

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