Insolvenzen

Keine Trendwende in Sicht - eine ermutigende Botschaft

Wenn man mit Blick auf die Insolvenzen die Zahlen des Informationsdienstleisters Creditreform für 2016 und seine Prognose für 2017 dahingehend interpretiert, dass keine Trendwende in Sicht ist, kann das eine gute oder eine schlechte Nachricht bedeuten. Mit Blick auf die Prognose für das kommende Jahr ist es eindeutig eine Gute. Denn die erwartete Zahl beziehungsweise Bandbreite der Gesamtinsolvenzen bleibt mit 119 000 bis 122000 ebenso unter dem Schätzwert für das laufende Jahr wie in den einzelnen Kategorien. So werden die Unternehmensinsolvenzen für 2017 mit 20000 bis 21 000 wie auch die Verbraucherinsolvenzen mit 76 000 bis 77 000 als niedriger eingestuft als die für das Jahresende 2016 veranschlagten 21700 beziehungsweise 78 000. Allenfalls für die sonstigen Insolvenzen wird mit 23 000 bis 24 000 eine Stagnation oder ein leichter Anstieg gegenüber den 23 900 zum kommenden Jahresende zumindest nicht ausgeschlossen. Im Zehnjahresrückblick wird noch deutlicher, dass sich die deutsche Wirtschaft immer noch in einem Zyklus rückläufiger Insolvenzzahlen befindet, der 2017 noch andauern könnte. Bei den Unternehmensinsolvenzen datiert die Höchstmarke mit 32 930 aus dem Jahre 2009. Bei den Verbraucherinsolvenzen war der Höhepunkt nach der Finanzkrise mit 109 960 ein Jahr später erreicht. Seither hat sich in beiden Kategorien die Zahl der Insolvenzanträge kontinuierlich rückläufig entwickelt, bei den Unternehmensinsolvenzen finden sich zuletzt im Jahre 1994 mit 18824 weniger Fälle als im laufenden Jahr.

Ein uneingeschränkt rosiges Bild von der aktuellen Lage will die Creditreform gleichwohl nicht zeichnen. Denn erstens schwächten sich besonders bei den Verbraucherinsolvenzen die Rückgänge gegenüber dem Vorjahr ab. Zweitens wird ein Anteil an überschuldeten Verbrauchern von rund 10 Prozent im derzeit positiven wirtschaftlichen Umfeld in Deutschland als zu hoch eingeschätzt - ein Befund, der sich übrigens laut vielen Erhebungen zur Vermögensbildung noch stärker in anderen Ländern zeigt. Und drittens wird als weiterer unschöner Nebeneffekt die Schadensumme der Insolvenzfälle des Jahres auf 27,5 Milliarden Euro veranschlagt und liegt damit gleich um 40 Prozent über dem Vorjahreswert. Dabei entfallen wiederum 19,6 (13,1) Milliarden Euro auf die Schäden privater Gläubiger, die sich damit zwar erhöht haben, aber bei Weitem nicht die Höhe von 63,8 Milliarden Euro aus dem Jahre 2009 erreichen. Schadentreibende Großinsolvenzen sind im laufenden Jahr nicht zuletzt im Textilhandel aufgetreten (Steilmann, Wöhrl, Sinn-Leffers). Auch die Ausfälle rund um die Schließung der Maple Bank durch die BaFin, den Magellan Schifffahrtsfonds und nicht bediente Anleihen, etwa von German Pellets und KTG Agrar machen höhere Summen aus.

Bezüglich der Rahmenbedingungen zeichnen sich derzeit Änderungen ab, die von Creditreform tendenziell als Verbesserung gewertet werden. Dass seitens der EU-Kommission eine Harmonisierung des europäischen Insolvenzrechtes angestrebt wird, wird per se schon als positiv bewertet. Denn derzeit ist dieses Rechtsgebiet in den großen Ländern wie Frankreich, Italien, Großbritannien und Deutschland zwar entwickelt, aber jeweils in den geltenden Rechtsordnungen. Und in anderen Ländern ist es einfach viel zu wenig ausgebaut. Wenn Brüssel nun den in Schieflage geratenen Unternehmen in einem einheitlich reformierten Insolvenzrecht die Möglichkeit einer Restrukturierungsoption geben will, ist dies im Sinne einer Vereinheitlichung zu begrüßen. Aber schon im Neujahrsheft 2016 dieser Zeitschrift hat Justizminister Heiko Maas darauf hingewiesen, dass es angesichts der jahrzehntelangen Harmonisierungsbestrebungen zweckmäßig sein könnte, sich im Rahmen der Kapitalmarktunion mit gut geplanten schrittweisen Maßnahmen dem Ziel zu nähern und nicht mit einer verordneten Gesamtharmonisierung das Projekt auf Jahre zu gefährden.

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