Nord-LB

Paradigmenwechsel in der Schiffsfinanzierung

Einen Risikovorstand zum neuen Chef zu küren, ist für eine Bank mit einem großen Schiffsportfolio dieser Tage vielleicht gar keine so schlechte Idee. Denn bei der anhaltend angespannten Lage der Schifffahrtsbranche kann es gewiss nicht schaden, die diesbezüglichen Risikolagen genau im Blick zu haben. Wenn dann, wie kürzlich von der Nord-LB verkündet, noch ein Paradigmenwechsel in diesem Geschäftsfeld ansteht, ist es erst recht von Vorteil, die Risiken und Chancen der Neuordnung genau zu beobachten. Zwar sieht die Bank die Schiffsfinanzierung weiterhin als wesentlichen Bestandteil ihres Geschäftsmodells, doch will sie das Volumen des Portfolios von derzeit rund 19 Milliarden Euro in weniger als fünf Jahren kräftig auf dann noch 12 bis 14 Milliarden Euro reduzieren. Geschehen soll das durch eine Ausplatzierung von Risiken sowie einen gezielten Abbau von Volumen in einem möglichst gut zu optimierenden Mix aus Schiffen mit gestörten und ungestörten Leistungsbeziehungen. Und wer kennt sich in dieser Materie besser aus als der amtierende Risikovorstand und designierte Chef Thomas Bürkle, der mit den Problem lagen wie auch mit den gut laufenden Engagements schon in der Vergangenheit befasst war. Interessenten für ihr Angebot erhofft sich die Bank beispielsweise bei Staatsfonds und anderen internationalen institutionellen Anlegern, die in aktiv gemanagte Schiffsportfolios investieren, und/ oder über die hauseigene Einheit für Kredit-Asset-Management, die ihre strukturierten Kreditprodukte bei institutionellen Anlegern platziert.

Dass der Nord-LB im Geschäftsfeld Schiffe Handlungsbedarf drohen könnte, ist keine Überraschung. Seit einigen Jahren schon wurde der noch bis Ende dieses Jahres amtierende Nord-LB-Chef Gunter Dunkel angesichts der Branchenentwicklung im Schifffahrtssektor immer und immer wieder nach dem Zustand des Schiffsportfolios seines Hauses gefragt. Und wie bei der Vorstellung der Zahlen für das Berichtsjahr 2015 hatte er regelmäßig einräumen müssen, dass die Belastungen durch eine hohe Risikovorsorge bei Schiffen durch günstige Entwicklungen in anderen Geschäftsbereichen aufgefangen werden mussten. Im Prinzip zeigt sich dieses Muster der Ertragsrechnung auch für das Berichtsjahr 2015. Bei einem mit 1,974 (1,985) Milliarden Euro vergleichsweise stabilen Zinsüberschuss, einem dank der positiven Entwicklung des Wertpapierkonsortialgeschäftes sowie des Verkaufs des Depotbankgeschäftes an die LBBW auf 234 (185) Millionen Euro angestiegenen Provisionsüberschusses und einem leicht auf 1,114 (1,125) Milliarden Euro gefallenen Verwaltungsaufwand ist das Ergebnis vor Umstrukturierung und Steuern auf 659 (325) Millionen Euro deutlich gestiegen. Allerdings umfasst dieser Wert neben der auf 40 Millionen Euro veranschlagten Depotbanktransaktion noch zwei weitere positive Sondereffekte. So werden gezahlten Vorfälligkeitsentschädigungen für Immobilienkredite weitere 50 Millionen Euro zugerechnet und positiven Zinskurveneffekten im Hedge Accounting 100 Millionen Euro - insgesamt fast 200 Millionen Euro.

Auch wenn die Risikolagen im Schiffsportfolio in den vergangenen Jahren immer wieder aufgefangen werden konnten, hat sich die Nord-LB in diesem Geschäftsfeld nun eine Verschlankung verordnet, weil sich ihre Erwartungen auf eine Erholung nicht bestätigt haben. Das belegen auch einige hauseigene Schlüsselzahlen zur Gewichtung der Geschäftsbereiche, die fast zwangsläufig zu Überlegungen nach einer anderen Allokation des verfügbaren Eigenkapitals anregen. So erreicht der Anteil der Forderungen an Kunden im Geschäftsfeld Schiffe rund 16 Prozent, der Anteil der Schiffskunden am gesamten Risikobetrag liegt aber bei 24 Prozent. Zum Vergleich: Bei den Flugzeugkunden sind die Anteile mit 7 Prozent, bei den Firmenkunden mit jeweils 20 Prozent und bei den Privat- und Geschäftskunden mit jeweils 6 Prozent ausgeglichen. Auch die Risikovorsorge nach Geschäftsfeldern hat im Bereich Schiffe mit 916 Millionen Euro ihren mit Abstand höchsten Ausreißer nach oben. Klug umgesetzt kann sich Thomas Bürkle in den kommenden neun Monaten mit der richtigen Weichenstellung für eine Redimensionierung des Schiffsportfolios als noch amtierender Risikovorstand der Nord-LB nun eine Grundlage schaffen, mit der er dann als Vorsitzender der Bank ab dem kommenden Jahr gut leben und die Bank in die unmittelbare Zukunft steuern kann. Für das Ende seiner Amtszeit können die Träger damit ein Stand-Alone ebenso im Kalkül haben wie einen weiteren Konsolidierungsschritt im Landesbankenbereich. Insofern ist die Personalentscheidung an der Nord-LB-Spitze defensiv und offensiv zugleich.

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