Redaktionsgespräch mit Christian Brauckmann und Thomas Ullrich

"Banken können es sich nicht erlauben, mit Produkten an den Markt zu gehen, die nicht ausgereift sind"

Dr. Christian Brauckmann, Mitglied des Vorstands, IT und Organisation, DZ Bank AG, Frankfurt am Main

Die in den beiden Vorgängerinstituten für die Banktechnik zuständigen Vorstandsmitglieder des per 1. August neu formierten genossenschaftlichen Spitzeninstitutes DZ Bank registrieren in der Kreditwirtschaft keineswegs eine grundsätzliche Innovationsfeindlichkeit. Angesichts des drohenden Vertrauensschadens bei Fehlschlägen plädieren Christian Brauckmann und Thomas Ullrich im Redaktionsgespräch aber vor einem Praxiseinsatz im Bankbetreib für eine besonders gründliche Prüfung. Es findet durchaus ihre Sympathie, den genossenschaftlichen Ortsbanken und ihren Mitarbeitern wie auch Fintechs ohne allzu frühe Beschränkungen durch die Regulatorik einfach Raum für neue kreative Ideen zu lassen. Bei Markteintritt erwarten sie allerdings einen aufmerksamen Blick vom Regulierer auf die Newcomer und falls notwendig die Sicherung des Level Playing Field für alle Beteiligten. (Red.)

Welche Rolle spielen Innovationen im heutigen Bankgeschäft?

Brauckmann: Innovationen sind das A und O. Das Bankgeschäft in seiner klassischen Aufstellung unterliegt fortwährend Veränderungen, sodass wir auf Innovation geradezu angewiesen sind. Innovation gibt es an vielen Stellen bei uns im genossenschaftlichen Finanzverbund, das ist auch sehr gut so.

Ullrich: Innovationen bieten große Chancen, nicht nur im Hinblick auf Anwendungen für den Kunden (sogenanntes Frontend), sondern gerade für die Effizienz der Prozesse. In der genossenschaftlichen Finanzgruppe beschäftigen wir uns derzeit sowohl mit Produkt- als auch mit Prozessinnovationen. Lassen Sie mich zu Beginn drei Thesen aufstellen: Alles, was digitalisierbar ist, wird digitalisiert. Alles, was vernetzt werden kann, wird vernetzt. Alles, was sich automatisieren lässt, wird automatisiert. Ohne Innovationen wären wir in unserem derzeitigen Markt- und Wettbewerbsumfeld nicht überlebensfähig. Dabei ist Innovation nicht nur ein technisches, sondern vor allem ein kulturelles Thema, das vom Vorstand vorgelebt werden muss.

Welchen Stellenwert hat mittlerweile das Innovationsmanagement bei der Zentralbank des genossenschaftlichen Finanzverbundes, wo ist es in der Organisation angesiedelt?

Ullrich: Innovationsmanagement ist ein strategisches Querschnittsthema, das alle Bereiche unserer Bank betrifft. Mit der Abteilung für Innovationsmanagement haben wir eine Einheit geschaffen, die unsere Innovationsaktivitäten koordiniert. Gesteuert wird das Thema von unserem Vorstandsvorsitzenden Wolfgang Kirsch, der gemeinsam mit dem Gesamtvorstand die Leitplanken vorgibt und beispielsweise auch den Innovations-Roundtable - bestehend aus den Innovations- und Produktmanagern der DZ-Bank-Gruppe - leitet.

Sind Banken überhaupt innovativ genug? Studien bescheinigen der Kreditwirtschaft sehr geringe Innovationskraft und sehr hohes Beharrungsvermögen bei Althergebrachtem.

Brauckmann: Der Eindruck täuscht. Viele wesentliche Innovationen entstehen in den Banken. Ein schon älteres Beispiel ist BTX, der Vorläufer des heutigen Onlinebankings, oder auch der Geldautomat. Ein anderes Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit ist das einheitliche europäische Zahlungsverkehrssystem Sepa. Diese Innovation ist bahnbrechend, auch wenn der Kunde sie vor allem mit der komplexen, 22-stelligen IBAN in Verbindung bringt und sie als wenig kundenfreundlich empfindet. Auch das Onlinebezahlverfahren Paydirekt, das von Banken und Sparkassen gemeinsam auf den Weg gebracht wurde, ist eine wichtige Innovation des vergangenen Jahres.

Insgesamt ist die Kreditwirtschaft also eigentlich auf einem guten Weg. Die neuen technischen Möglichkeiten führen zu einer stärkeren Fokussierung auf den Kunden, der damit mehr und mehr Teil des Prozesses wird.

Werden Banken zukünftig um das System Trialand-Error noch herumkommen?

Ullrich: Das ist ein Teil der kulturellen Thematik, die ich zuvor erwähnte. Auch wenn Banken sich keine Fehler leisten können, haben wir viele Möglichkeiten, unsere Flexibilität, beispielsweise im Frontend zu erhöhen, um schneller auf Kundenbedürfnisse reagieren zu können.

Was macht die Situation der Banken so besonders?

Ullrich: Banken können es sich nicht erlauben, mit Produkten an den Markt zu gehen, die nicht ausgereift sind. Der Vertrauensschaden wäre hier sehr hoch. Das Vertrauen der Kunden ist sogar eine Chance, das macht uns vorsichtiger als unsere Wettbewerber aus dem Fintech-Bereich. Dennoch arbeiten wir in der DZ-Bank-Gruppe aktuell an rund 100 Innovationen, die weiterentwickelt, evaluiert und eventuell zur Reife gebracht werden.

Dazu kommt noch eine weitere Besonderheit: In unserer dezentralen Organisation werden Innovationen häufig nicht sofort in den Markt gebracht, sondern zunächst lokal/ regional getestet. Dies geschieht immer häufiger auch unter früher Einbindung unserer Kunden. Das ist zwar die etwas weniger öffentlichkeitswirksame Methode, die aber sehr gut zur Struktur des Finanzverbundes passt.

Ist also einer Bank das Scheitern in der Öffentlichkeit nicht erlaubt?

Brauckmann: Natürlich ist es unser Ziel, nicht zu scheitern. Aber wir möchten häufiger "einfach mal machen". Das haben wir im Frühjahr auf dem ersten Geno Hackathon getan. Ziel des Hackathons war es, gemeinsam mit der Rechenzentrale Fiducia & GAD IT AG, der ADG und den Primärbanken die große Vielfalt an Kompetenzen und Ideen aus unserem Verbund zusammenzuführen. Wir haben die Erfahrung gemacht: in so einer informellen Atmosphäre sind die Mitarbeiter unheimlich produktiv. Dieses Format wollen wir daher nicht nur fortführen, sondern erweitern und ergänzen, etwa mit einem eigenen Innovation Lab, das im dritten Quartal startet. "Einfach mal machen" ist übrigens auch der Arbeitstitel der Innovationsplattform der Fiducia & GAD IT AG, an der wir uns ebenfalls beteiligen.

Wie lassen sich Innovationen überhaupt in einem Bankprozess institutionalisieren?

Brauckmann: Im genossenschaftlichen Finanzverbund arbeiten rund 200 000 Mitarbeiter. Diese haben sehr viele gute Ideen. Es ist ausgesprochen wichtig, ihnen die Möglichkeit zu bieten, diese Ideen auszutauschen, weiterzuentwickeln und sie dann in einen Prozess hineinzugeben.

Ullrich: Zu diesem Zweck wurde im vergangenen Jahr die neue Abteilung für Innovationsmanagement gegründet und ein Innovationsradar ins Leben gerufen, mit dessen Hilfe die in der DZ-Bank-Gruppe entstandenen Ideen gesammelt und dargestellt werden.

Wenn eine Idee Potenzial hat, dann kann sie beispielsweise an dem bereits erwähnten Hackathon teilnehmen. Aber wie geht es weiter, wenn die Veranstaltung nach zwei Tagen vorbei ist? Hierfür installieren wir nun sogenannte Innovation Labs, in denen die Prototypen weiterentwickelt werden. Gemeinsam mit den Volks- und Raiffeisenbanken evaluieren wir dann den Bedarf für die Primärbanken. Zu guter Letzt muss geklärt werden, wie die Neuerungen in die Geschäftsprozesse eingebunden werden können, hier ist dann eine enge Abstimmung mit der Rechenzentrale gefragt. Die Union Investment beispielsweise hat in ihrem Lab in Karlsruhe den Robo-Advisor "Visualvest" entwickelt.

Welche weiteren Schwerpunkte setzen Sie in Ihrem Innovationsmanagement?

Ullrich: Unter dem Stichwort Design Thinking haben wir in der Finanzgruppe ein Kreativ-Labor für besonders innovative Projektarbeit unter der Federführung des BVR installiert. Dies geschieht im Rahmen des Projektes Kundenfokus 2020, dessen Schwerpunkt es ist, die stationären mit den digitalen Vertriebskanälen zu verzahnen. Die Anzahl vernetzter Kanäle ist nicht entscheidend. Worauf es ankommt, ist die kundenorientierte Ausgestaltung der einzelnen Kanäle. Der Dialog mit den Kunden sowie die Etablierung einer Feedback-Kultur sind ein wichtiger Aspekt der sogenannten Kundenerlebnisreisen. Im Mittelpunkt stehen daher auch nicht unsere Allfinanz-Leistungsangebote, sondern konsequent der Kundenbedarf.

Brauckmann: Das ist ein wesentlicher Unterschied zu früher. Heute ist der Fokus nicht das Produkt Baufinanzierung, sondern die Perspektive des Kunden. Diese kann beispielsweise sein: Wir bekommen ein Kind und wollen unsere Wohnsituation verändern. Ein Teil seines Wunsches betrifft die Baufinanzierung, aber für den Kunden ist sie nicht der Mittelpunkt. Ihm ist es beispielsweise wichtig, wie groß das Haus ist, das er sich ansieht, ob es genügend Zimmer hat und ob es zu seinen Vermögens- und Einkommensverhältnissen passt. Anhand der Wünsche des Kunden kann eruiert werden, wo schon Lösungen existieren und wo sie noch fehlen. Im Kreativ-Labor wird eine solche Kundenreise von der ersten Idee bis hin zum Einzug modelliert und analysiert. An den "Herzund Schmerzpunkten" des Kunden können innovative Ideen ansetzen.

Aus welchen Themen besteht Kundenfokus 2020 weiterhin?

Ullrich: Wir fokussieren uns auf fünf Themen: das beschriebene Kundenerlebnis, die Integration des Vertriebs- und Servicemodells in eine Omnikanal-Struktur, die durch neue Technologien optimierten Geschäftsprozesse, die Refinanzierung von Innovationen durch Effizienzgewinne und die Schaffung neuer Personalmodelle. Der letzte Punkt spielt in diesem Transformationsprozess eine große Rolle, da wir es ausgesprochen wichtig finden, die Mitarbeiter frühzeitig mitzunehmen (siehe auch Abbildung Kundenfokus 2020).

Wie ist beim Innovationsmanagement die Aufgabenteilung im Verbund? Ist es nicht ein Risiko, wenn die Zentralbanken hier eine Führungsrolle übernehmen, weil dann ein Stück weit die Innovations-"Verantwortung" gefühlt nicht mehr bei den Primärbanken liegt?

Brauckmann: Viele Ideen entstehen bei den Volks- und Raiffeisenbanken. Und man sollte auch nicht glauben, dass es Fintechs nur in Berlin, Frankfurt oder München gibt. Es gibt sie auch in anderen deutschen Regionen. Viele Ideen der Primärbanken sammelt auch die ADG, sie betreibt dafür eine eigene Plattform. Einige Banken testen ihre Ideen dann in der Region. Wenn sie funktionieren und Anklang finden, dann nehmen auch andere die Neuerungen auf. Das ist eine wesentliche Stärke des Verbundes.

Wie verträgt sich Innovation mit dem Regionalprinzip? Wie kann man die typischen Eigenschaften der dezentralen Verbundgruppe nicht gefährden, wenn Neuerungen eingeführt werden?

Brauckmann: Jede Bank ist autonom und kann darüber entscheiden, was sie ihren Kunden anbieten möchte. Die Volks- und Raiffeisenbanken haben zum Beispiel die Möglichkeit, Crowdfundingangebote in ihren Internetauftritt zu integrieren. Dieses Angebot wird mittlerweile von rund 100 Genossenschaftsbanken genutzt. Begonnen hat damit die Volksbank Bühl. Aufgrund des großen Erfolges hat die VR Networld daraus ein White-Label-Produkt gemacht und damit ist es zugänglich für alle Volksbanken und Raiffeisenbanken. Das Finanzierungsvolumen beim Crowdfunding beträgt derzeit etwa 3,5 Millionen Euro in fast 1 000 finanzierten Projekten. Budget und Knowhow zu bündeln und Angebote zu machen, die Banken nutzen können, ist unsere Aufgabe als Zentralbank.

Wie müsste in Ihren Augen eine Bank aussehen, die in zehn Jahren erfolgreich am Markt besteht?

Brauckmann: Die Volks- und Raiffeisenbanken werden auch in zehn Jahren wichtige Player am Markt sein, allerdings in einem veränderten Ökosystem. Die Filialnetze verkleinern sich und im Gegenzug werden sogenannte Kompetenzzentren - beispielsweise für Vermögensberatung und Immobilienfinanzierung - geschaffen. Es wird in den Filialen - und ebenfalls mobil und online - einen zentralen Ansprechpartner geben, der bei Anfragen sofort weiß, an wen er Kunden vermitteln kann. Durch dieses Omnikanal-Modell kann der Berater viel besser auf die Bedürfnisse des Kunden eingehen. Die Verknüpfung von regionaler Nähe und Onlinekompetenz hat viele Vorteile - auch gegenüber unseren Wettbewerbern. Denn die Volks- und Raiffeisenbanken haben während der Krise von der regionalen Nähe und von ihrer Bodenständigkeit profitiert. Gleichzeitig sind sie stark und bieten die notwendigen technischen Lösungen. Egal, wo sich der Kunde auf der Welt aufhält, er kann auf das komplette Programm mobil oder online zugreifen.

Ullrich: Sicherlich werden wir in den kommenden zehn Jahren viel mehr Applikationen für mobile Geräte entwickeln. Das beratungsintensive und komplexe Geschäft, wie zum Beispiel das mit Firmenkunden, wird zwar ein Beratungsgeschäft bleiben, jedoch werden auch hier zumindest Teile der Wertschöpfungskette digitalisiert. Die Mitarbeiter der Volksbanken und Raiffeisenbanken werden auf allen Kanälen vertreten sein, Spezialisten werden zentralisiert und nicht mehr in den Filialen sitzen. Die Filiale ist keinesfalls tot - sie muss aber innovativer werden. Der Spezialist kann aber auch - das testen wir derzeit - über Videobanking angefragt werden und so zu unkonventionelleren Zeiten als bisher ins Beratungsgespräch gehen. Die lokale Nähe werden wir behalten. Das ist unser Geschäftsmodell und das wird auch in zehn Jahren bestehen.

Banken wissen grundsätzlich viele Dinge über ihre Kunden, aber sie können das Wissen oftmals nicht nutzen.

Brauckmann: Richtig, das hat mit dem Datenschutz zu tun. Wir sind dem Bankgeheimnis verpflichtet und die Daten unserer Kunden sind für uns ein hohes Gut. Es gilt die sogenannte Verbunddatenklausel, die sicherstellt, dass Kundendaten nur dann von anderen Verbundunternehmen genutzt werden dürfen, wenn der Kunde ein gewilligt hat. Wir werden hier kein Vertrauen verspielen. Einige Kunden wissen den Wert einer Datenanalyse allerdings durchaus zu schätzen. Wenn der Kunde einwilligt, dann ist vieles möglich.

Warum spricht beispielsweise der Geldautomat den Kunden beim Geldabheben nicht mit Namen an, sagt ihm, dass seine Baufinanzierung demnächst ausläuft und fragt, ob er ein Gespräch vereinbaren mag?

Brauckmann: Daran arbeiten die Rechenzentralen. Es gibt an dieser Stelle verschiedene Möglichkeiten, doch das Auswerten dieser Daten ist sehr heterogen und keineswegs trivial. In den USA gibt es bereits sehr weitgehende Analysesysteme, wie zum Beispiel Amazon Echo. Das Gerät bietet die Funktionalität eines digitalen Assistenten, der eine Audio-Schnittstelle zu diversen Internetdiensten bietet, mithört und Fragen beantwortet. Amazon hat in den USA ein Patent für einen Service angemeldet, der bekannt ist als "predictive" oder "anticipatory shipping".

Anhand der Auswertung von Kundendaten werden Kunden Produkte zugestellt, ohne dass sie diese bestellt haben - weil Amazon zu wissen scheint, was die Kunden wollen, bevor sie es selbst wissen. Und offenbar ist das Kundeninteresse groß. Auf den ersten Blick mag dies unheimlich erscheinen, solche Systeme werden jedoch perspektivisch Einzug in unser Leben erhalten.

Welche weiteren Innovationen planen Sie konkret im Frontend?

Ullrich: Beispiele für aktuelle Innovationsprojekte sind der auf dem Geno Hackathon entwickelte und kurz vor der Einführung stehende "Auslandsnavigator", mit dem Firmenkunden bei ihrer Expansion ins Ausland unterstützt werden, oder die R+V-Scan App. Damit können Kunden der R+V Krankenversicherung Leistungsbelege wie zum Beispiel Arzt- und Krankenhausrechnungen oder Rezepte per Smartphone scannen und so digital einreichen.

Ist Regulierung in Deutschland innovationsfeindlich? Oder auch ein Stück weit Gütesiegel? Wo fühlen sie sich gegenüber Fintechs benachteiligt?

Ullrich: Die regulatorischen Vorgaben für Banken sind schon in vielen Fällen hemmend. Ein Beispiel dafür ist Paydirekt, das in seinen Anfängen unter den Auflagen des Kartellamtes gelitten hat. Doch Regulatorik kann den Banken auch helfen, insbesondere dann, wenn es um das Thema Sicherheit geht. Dann ist sie ein Prüfsiegel, das besagt: Dieses Produkt ist sicher.

Bei den Innovationen, die wir bisher über unsere Verbundunternehmen an den Markt gebracht haben, haben wir noch keine größeren regulatorischen Hemmnisse erlebt. Bei neuen Themen kann es zu Verzögerungen kommen, da sich Regulierer und Aufseher zunächst mit den Themen beschäftigen müssen. Es gibt jedoch auch für den Regulator viele Grauzonen.

Präsident Felix Hufeld hat bei der Pressekonferenz der Bafin angekündigt, Fintechs dann zu regulieren, wenn sie sich in einem regulierten Markt bewegen. Wie kann das funktionieren?

Ullrich: Wer Bankdienstleistungen anbietet, unterliegt der Bankenaufsicht. Dies gilt auch für Fintechs. Um die Auflagen zu erfüllen, holen sich Fintechs häufig Banken als Partner ins Boot, die die regulatorische Seite abdecken. Die Finanzaufsicht muss das neue Produkt kennenlernen. Dass dies passiert, sehen wir derzeit. Aber es kommen Fragen auf, mit denen sich die Aufsicht auseinandersetzen muss. Beispielsweise: Wo setzt beim Robo-Advice das Risikomanagement ein? Wie stellt sie hier die Parameter ein? Wer kalibriert? Wo sind hier die Grenzen gesetzt? An diesen Stellen tut sich auch die Aufsicht schwer. Auf der anderen Seite fördert sie das Fintech-Wesen, indem sie beispielsweise einen Round Table für Fintechs ins Leben gerufen hat.

Sollten Fintechs auch in Ihren Augen sanfter behandelt werden als Banken?

Ullrich: Wenn Fintechs von Beginn an so reguliert würden wie Banken, dann würden viele gute Ideen direkt im Keim erstickt. Es sollte bis hin zu den ersten Prototypen durchaus zugelassen werden, dass sich Fintechs mit Technologien, Produktinhalten, Methoden und Geschäftsprozessen beschäftigen. Aber wenn sie an den Markt gehen, sollte der Regulierer aufmerksam sein.

Brauckmann: Der Grundsatz vom Level Playing Field gilt für alle Beteiligten.

Wenn technologiegetriebene Unternehmen mit sehr großer Kundenbasis wie Amazon oder Google sich an Bankdienstleistungen heranwagen, sehen Sie darin für den Markt ein Risiko? Insbesondere dann, wenn diese scheitern?

Brauckmann: Solche großen Marktteilnehmer spielen in einer anderen Liga als kleine Fintechs, daher muss man sie sehr genau beobachten. Grundsätzlich gilt dabei aber, dass Google, Amazon, Apple und Co. ein anderes Geschäftsmodell haben als Kreditinstitute. Und dabei geht es auch vor allem um die Auswertung von Daten.

Wie überzeugen Sie Ihren Betriebsrat davon, dass Digitalisierung, die Arbeitsplätze kostet, nötig ist?

Ullrich: Ich bezweifle, dass sich die Zahl der Arbeitsplätze wirklich verringert. Vielmehr glaube ich, dass sich Arbeitsplätze inhaltlich verlagern werden. Mitarbeiterprofile und -kompetenzen werden sich verändern. Wir brauchen daher andere Profile und andere Kompetenzen bei unseren Mitarbeitern. Der Betriebsrat wird bei Veränderungen rechtzeitig eingebunden. Wir bieten ihm auch ein umfangreiches Schulungsangebot auf der Basis neuer Techniken. Insgesamt können unsere Betriebsräte vielfach an Entwicklungen teilhaben, beispielsweise bei der Gestaltung eines Arbeitsplatzes der Zukunft. Das Verständnis für diesen Wandel ist letztlich auch da.

Brauckmann: Dass wir uns in unserem Umfeld gemeinsam verändern müssen, ist uns Vorständen, den Betriebsräten und den Mitarbeitern klar. Hier gibt es keine unterschiedliche Interessenlage.

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