Regulierung

Abgeltungssteuer: das Ende der Investmentclubs?

In Deutschland existieren nach Schätzungen des DSW - Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz e. V. über 6 000 private Investmentclubs mit zirka 100 000 Mitgliedern, die ein Gesamtvermögen von über einer Milliarde Euro verwalten. Nahezu alle diese Clubs werden von kleineren Filialen des öffentlichen Sektors betreut. Doch die Einführung der Abgeltungsteuer gefährdet nachhaltig die Existenz der meisten Investmentclubs.

Durch die Anforderung, dass ausscheidende Mitglieder sofort angefallene Buchgewinne zu versteuern haben, werden Investmentclubs teilweise steuerlich doppelt belastet. Auf jeden Fall steigt die Komplexität rasant an, sodass nach Umsetzung der Steuerreform kein Club mehr ohne eine professionelle Softwarelösung auskommen wird.

Professionelle Softwarelösung wird zukünftig benötigt

Bislang ist dieses Problem weder den meisten Clubverantwortlichen noch den betreuenden Bankberatern bewusst. Einzig große Investmentclubs können sich in eine Fondsstruktur retten. Andere wie der 0711-Aktienclub haben bereits die Konsequenzen gezogen und sich aufgelöst. In der jetzigen Form besteht die Gefahr, dass eine große Anzahl der deutschen Investmentclubs aufgeben wird. Es droht ein weiterer Rückschlag für die Aktienkultur in Deutschland.

Investmentclubs sind Gruppen von Privatanlegern, die Anteile an einem gemeinsamen Clubvermögen besitzen und dieses gemeinsam in Wertpapiere investieren. Die Idee der Investmentclubs gibt es schon sehr lange. Der erste Investmentclub wurde bereits 1898 von dem texanischen Farmer namens Jack Brooks erfunden. Er erkannte, dass Kapitalanlagen an der Börse langfristig mehr Rendite erwirtschaften als der Anbau von Lebensmitteln.

Da er alleine aber zuwenig Kapital aufbringen konnte, überzeugte er Freunde und Nachbarn gemeinsam mit ihm anzulegen. In Deutschland sind Investmentclubs seit 1963 bekannt. Seitdem hat sich die zahl aktiver Clubs stetig vergrößert. Insbesondere in der Boomphase um 1998-2000 wurden zahlreiche neue Clubs gegründet, die auch heute noch aktiv investieren.

Private Anleger schließen sich in Investmentclubs zusammen, um gemeinsam besser zu investieren. Zum einen können durch die höhere Anlagesumme die Verwaltungsgebühren des Einzelnen minimiert werden, zum anderen kann aufgrund der stärkeren Streuung und des breiteren Wissens der Gruppe das Risiko bei der Geldanlage verringert werden.

Einstiegsmöglichkeit für Anleger

Nicht zuletzt ist der persönliche Lerneffekt durch die aktive Teilnahme bei der gemeinsamen Geldanlage für jedes Mitglied sehr groß. So veranstalten die meisten Clubs regelmäßige Treffen, bei denen Börsenprofis ihr Anlagewissen den anderen Clubmitgliedern weitergeben. Seit Jahren sehen daher die Börsenverbände aktive Investmentclubs als attraktive Einstiegsmöglichkeit für Anleger, die sich bislang noch nicht getraut haben in Aktien anzulegen.

Die Einführung der Abgeltungsteuer hat insbesondere für Investmentclubs große Auswirkungen, da die bisherigen gesetzlichen Regelungen für viele Investmentclubs das Aus bedeuten könnten. Dies liegt daran, dass sie Regelungen den Verwaltungsaufwand für Clubs extrem ansteigen lassen. So müssen zum Beispiel Kursgewinne ab 2009 monatlich einzelnen Mitgliedern zugewiesen werden.

Das größte Problem liegt aber insbesondere darin, dass erzielte Spekulationsgewinne ohne aktives Gegenwirken des Clubmanagements häufig einer doppelten Besteuerung unterzogen werden. So müssen einerseits ausscheidende Mitglieder ihre Buchgewinne privat versteuern. Zusätzlich werden die gleichen Gewinne nochmals bei Verkauf im Zuge der Abgeltungssteuer belastet. Einzig eine funktionierende Softwarelösung ist noch in der Lage, die komplizierten Berechnungen, die für eine Rückerstattung nötig sein werden, zu leisten.

Teil des Kursgewinns ist bereits versteuert

Eine Doppelbesteuerung findet immer dann statt, wenn zwischen An- und Verkauf eines Wertpapiers Gesellschafter aus dem Club aussteigen. Zunächst wird das Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer GbR mit der unmittelbaren Veräußerung der anteiligen Wirtschaftsgüter gleichgestellt (Paragraf 20 Abs. 2 S. 3 EStG n. F.). Das bedeutet, dass ein ausscheidendes Mitglied steuerlich so gestellt wird, als würde es seinem Anteil entsprechend die Wertpapiere des Investmentclubs verkaufen.

Folglich muss das ausgeschiedene Mitglied die ihm zuzurechnenden Kursgewinne schon im Rahmen seiner persönlichen Veranlagung versteuern. Dies kann auch nicht vom Club (zum Beispiel durch einen Einbehalt des Abgeltungsteueranteils) übernommen werden. Werden zu einem späteren Zeitpunkt die Wertpapiere veräußert, kennt die Bank nur die Differenz zwischen An- und Verkaufswert und wird auf einen Gewinn 25 Prozent Abgeltungssteuer plus 5,5 Prozent Solidaritätszuschlag abführen. Dies führt aber zu einer überhöhten Besteuerung zulasten der verbliebenen Mitglieder, da ein Teil des Kursgewinns ja bereits durch das ausgeschiedene Mitglied versteuert wurde.

Gewinne müssen den einzelnen Mitgliedern zugeordnet werden

Will der Club nun verhindern, dass die verbliebenen Mitglieder mit zu viel Steuer belastet werden, muss nach einem Wertpapierverkauf die doppelt bezahlte Abgeltungsteuer am Jahresende aktiv vom Clubmanagement im Rahmen der Steuererklärung zurückgefordert werden. Um die Rückerstattung für die Finanzbehörden nachvollziehbar zu gestalten, wird es notwendig sein, den steuerpflichtigen Kursgewinn eines Wertpapierverkaufs jedem einzelnen (aktuellen und ausgeschiedenen) Mitglied zuzuordnen. Auf dieser Basis kann dann eine Steuergutschrift erfolgen, die ausschließlich den verbliebenen Mitgliedern zugute kommt.

Für den Investmentclub bedeutet dies, dass er entweder einen Ausstieg kategorisch ausschließt (das dürfte aber keine erstrebenswerte Lösung darstellen) oder die Kursgewinne und -verluste jedem Mitglied einzeln zugewiesen und gegebenenfalls der Steuererklärung beigefügt werden müssen.

Rettung in einen Publikumsfonds

Eine für alle Beteiligten sinnvolle Lösung wäre es, wenn die Investmentclubs die anfallende Steuer eines ausscheidenden Clubmitglieds erst mit dem Verkauf abführen müssten. Nach derzeitigem Stand entbindet aber der Einbehalt eines Teil des Gewinns durch den Investmentclub ein ausgeschiedenes Mitglied nicht von der persönlichen Steuerpflicht. Ein ausgeschiedenes Mitglied müsste seine Gewinne sowohl auf Clubebene als auch privat versteuern. Diese Lösung dürfte weder für bestehende noch für zukünftige Clubmitglieder akzeptabel sein.

Die großen deutschen Investmentclubs wie beispielsweise der Münchner Investment Club oder der Itzehoer Aktien Club haben ihre Mitgliederdepots in Publikumsfonds umgewandelt. Auf Fondsebene bleiben somit die Spekulationsgewinne steuerfrei. Allerdings stehen dem hohe Verwaltungsgebühren gegenüber, die die Clubmitglieder zu tragen haben. Auch kommt eine Fondslösung erst für ein Clubvermögen von fünf bis zehn Millionen Euro in Betracht, sodass dies für die allermeisten Investmentclubs keine gangbare Alternative darstellt.

Rückschlag für die Aktienkultur

Bleibt es bei den bisherigen gesetzlichen Regelungen, müssen Investmentclubs ihre Verwaltung in Zukunft über eine professionelle Softwarelösung abwickeln. Bankberater sollten die betreuten Investmentclubs dringend darauf hinweisen, dass bankinterne Softwaresysteme nicht in der Lage sein werden, die drohende Doppelbesteuerung zu verhindern.

Um das Überleben der kleineren Investmentclubs in Deutschland zu sichern, hat die Ausgründungsinitiative vom Lehrstuhl für Kapitalmarktforschung und Finanzierung an der LMU-München eine Plattform für Investmentclubs (Team-Invest) bereitgestellt. Langfristig bleibt aber die Politik gefordert die Rahmenbedingungen auch für Aktienclubs wieder etwas freundlicher zu gestalten. Mit der bisherigern Form der Abgeltungsteuer wurde den deutschen Aktienclubs ein Bärendienst erwiesen.

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