Aus der Finanzwerbung

Anders ist besser

Auch im Bankenmarkt steigt der Lautstärkepegel in der Werbung. Wahrscheinlich werden im Jahr 2008 die Banken und Sparkassen in Deutschland mehr als eine halbe Milliarde Euro für Werbung in den klassischen Medien ausgeben. Auffällig ist insbesondere, welche enormen Budgets die Direktbanken wie ING-Diba, Comdirect, Cortal Consors und Co. für die Werbung einsetzen. Es wird deshalb immer wichtiger, sich einen angemessenen "share of voice" zu sichern. Dieses beträchtliche Investment folgt der Erkenntnis, dass effiziente, nutzenorientierte Werbung durchaus eine vertriebliche Funktion aufweisen kann. Gute Werbung muss verkaufen können! Diese Regel aus der Markenartikelindustrie ist deshalb zunehmend auch auf die Finanzdienstleistungs-Branche zu übertragen.

Das heißt, dass die konventionellen Prinzipien in der Gestaltung von Bankenwerbung überdacht werden müssen. Es ist nicht mehr damit getan, schöne Bilderwelten mit generischen Motiven zu kommunizieren, sondern die Werbung muss eigenständiger, direkter das heißt verkaufsorientierter werden. Imagekampagnen sind etwas für die PR, Leistungs- beziehungsweise Produktkampagnen sind etwas für das bessere Betriebsergebnis.

Diese neuen Anforderungen für die Bankenwerbung treffen selbstverständlich auch die Sparkassenorganisation. Naturgemäß tut sich die nationale Gemeinschaftswerbung der Sparkassen schwer, konkrete mit Preisangaben versehene Werbebotschaften überregional zu kommunizieren, wie es die zentral geführten Geschäftsbanken beziehungsweise die Direktbanken schon seit Jahren praktizieren.

Doch der Kunde fragt zunehmend: "Wo liegen meine persönlichen Vorteile, wenn ich ein Angebot dieser Bank nutze?" Allgemeinverbindliche, schön verpackte Botschaften, dass man beispielsweise auch für die Baufinanzierung oder Altersvor sorge kompetent ist, sind daher nur sehr bedingt in der Lage, Abschluss-Goodwill aufzubauen, das heißt verhaltenssteuernd zu wirken.

Insofern stehen speziell die Sparkassen vor der Aufgabe ihre durchaus sehr resonanzstarke, nationale Gemeinschaftswerbung, die sich immer wieder durch erfolgreiche TV-Spots auszeichnet, mit einem lokalen Auftritt zu integrieren. Dieser muss in der Lage sein, das zunächst allgemeine Angebot lokalspezifisch zu konkretisieren beziehungsweise mit attraktiven Preisen und Konditionen auszustatten.

Direkter Vergleich mit den konkurrierenden Instituten

Ein gutes Beispiel für eine Sparkassenwerbung, die gleichermaßen eigenständig und integriert ist, ist der Werbeauftritt der Sparkasse Nürnberg. Hier wird schon seit Jahren mit Kampagnenansätzen operiert, die nicht nur dazu beitragen, die Kommunikationspräsenz der Sparkasse am Bankplatz Nürnberg zu stärken. Sondern sie sind auch in der Lage, den Verkaufsdruck für strategisch wichtige Finanzprodukte zu erhöhen.

Um zu überprüfen, ob die angestrebten Ziele auch tatsächlich erreicht werden, braucht man neben einem internen Vertriebscontrolling, das die Verkaufsleistung misst, auch ein geeignetes Messinstrument, das die Kommunikationsposition der Sparkasse Nürnberg im direkten Vergleich zum Wettbewerb vor Ort analysiert. Gemeinsam mit der Icon Wirtschafts- und Finanzmarktforschung wurde deshalb ein Instrument entwickelt, das die Werbemaßnahmen auf einen methodisch validen Prüfstand legt, um dem Management die Beantwortung der Frage zu erleichtern, wann und wie es sich lohnt, mehr in Kommunikation zu investieren.

Die lokale Kommunikationsanalyse bietet deshalb auch den Maßstab aufzuzeigen, welche Aktionen - nicht nur des eigenen Hauses, sondern auch der konkurrierenden Institute - erfolgreich sind und welche nicht. Sparkasse und Hypovereinsbank in Nürnberg mit starker Werbeerinnerung

Dabei ist es wichtig, den Vergleich zu anderen Bankplätzen zu suchen, weil sonst eine Effizienz-Bewertung zu sehr im "absoluten Raum" stehen würde. Das heißt man benötigt sowohl den Zeitvergleich als auch den Vergleich mit anderen Bankplätzen. Im vorliegenden Fall wurde als Vergleichsgröße für die Kommunikationspräsenz der Sparkasse die wahrgenommene Werbung von Banken in Städten mit mehr als 500 000 Einwohnern gewählt.

Das erste Ergebnis ist ein durchaus bemerkenswertes. Es bezieht sich auf die spontane Werbererinnerung, also auf die Werbung einzelner Geldinstitute, die die Bevölkerung im Alter zwischen 16 und 70 Jahren im Geschäftsgebiet der Sparkasse Nürnberg in letzter Zeit gehört oder gesehen hat. Auffällig ist zunächst, dass die Sparkasse Nürnberg im Vergleich zu anderen großen Sparkassen in Deutschland eine höhere Werbepenetration erreicht. Dies gilt auch für die Hypovereinsbank (hier spielt der bayerische Einfluss eine Rolle) und die Sparda-Bank Nürnberg. Ansonsten liegt die Werbererinnerung für die anderen Banken in Nürnberg deutlich niedriger als in vergleichbaren Bankplätzen (siehe Abbildung 1).

Worauf ist dieses gute Ergebnis zurückzuführen? Beispielhaft sollen hier drei Kampagnen der Sparkasse Nürnberg kurz vorgestellt und bewertet werden, die im zweiten Halbjahr 2007 und im ersten Halbjahr 2008 platziert wurden. Das sind die Kampagnen "Lena Meier", "Dr. Rente" und das "Angebot des Monats".

Testimonial Lena Meier mit privater Verbindung zur Sparkasse

In der ersten Kampagne ging es um die Einführung neuer Girokontenmodelle. Mit Lena Meier wurde der Kampagne ein attraktives Gesicht gegeben: Lena Meier war unter den letzten fünf der ersten Staffel der Pro-7-Show "Germany's next Topmodel mit Heidi Klum" und war damit auch in den lokalen Medien präsent. Gleichzeitig ist sie die Tochter einer Mitarbeiterin der Marketingabteilung der Sparkasse Nürnberg. Die mediale Bekanntheit gepaart mit der Verbindung zur Sparkasse machte sie zum idealen Aushängeschild für die layoutspezifisch und textlich an einem Modemagazin orientierte Kampagne.

Wichtigstes Medium waren Plakate im Überformat, mit denen erstmalig und sehr auffällig die Schaufenster sämtlicher Geschäftsstellen beklebt wurden. Dazu kamen der systemische Einsatz von Taxiwerbung, Anzeigen und ein Booklet, das zur Einführung allen Kunden zugeschickt wurde und am PoS auslag. Für die einzelnen Girokontomodelle gab es unterschiedliche Motive mit Lena Meier: vom Konto Online in Jeans mit Laptop bis zum Konto Premium mit Lena Meier im schicken Abendkleid. Dabei wurden die spezifischen Nutzenvorteile jedes einzelnen Kontomodells plakativ betont.

Die Kampagne Dr. Rente zielte auf eine deutliche Absatzsteigerung bei Riester-rente-Produkten. Mit der Figur des Dr. Rente und der Anlehnung an Arzneimittelwerbung und Gesundheitsvorsorge, wurde das Thema auf ungewöhnliche humorvolle Weise aufgegriffen. Der Clou dabei: Dr. Rente wurde nicht von einem anonymen Model verkörpert sondern von einem veritablen Geschäftsstellenleiter der Sparkasse Nürnberg, der in dieser Funktion auch tatsächlich kompetent beraten und medial auftreten konnte.

Absatz von Riesterrenten verfünffacht

Die Kampagne schloss im Grunde sämtliche klassischen Werbeinstrumente ein, ergänzt um Großflächenwerbung und Below-the-line-Aktivitäten wie Direktmailing und Promotionsaktionen, unter anderem auch mit dem roten Hubschrauber der Sparkassenorganisation. Wichtige Bausteine waren zudem Medienkooperationen und PR-Aktionen. Aber auch der Einsatz von Rezepten und Medikamentenpackungen am PoS wurde integrierend eingebaut. Unterm Strich konnte nach Einführung der Kampagne der Absatz von Riesterrente-Produkten verfünffacht werden.

Angebot des Monats im Discounter-Stil

Das Angebot des Monats ist wichtigster Bestandteil der von der Sparkasse Nürnberg in auflagenstarken kostenlosen Anzeigen- und Sonntagszeitungen monatlich geschalteten ganzseitigen Anzeigen "Nürnberg Spezial" im Stil von Discounteranzeigen.

Die Motive sind auch in verschiedenen Plakatvariationen unter anderem in Dreieckständern vor jeder Geschäftsstelle am PoS präsent. Die Attraktivität des Angebots des Monats wird durch spezielle aktionsbezogene Konditionen oder durch regionalbezogene Zugaben, zum Beispiel einer Lebkuchendose oder Gutscheinen gesteigert. Im Format "Nürnberg Spezial" waren im Übrigen auch die Kampagnen mit Lena Meier und Dr. Rente über mehrere Monate prominent vertreten.

Insgesamt erreicht die Aktion Dr. Rente mit 21 Prozent Bekanntheit die größte Penetration vor den Aktionen Lena Meier und Angebot des Monats. Das Maß der Bekanntheit hängt naturgemäß mit der Höhe des eingesetzten Budgets und den für die Aktion genutzten Medien zusammen. Im direkten Vergleich war der Mitteleinsatz für die Aktion Dr. Rente am größten (siehe Abbildung 2).

Unter dem Gesichtspunkt Werbereffizienz ist es jedoch entscheidender, den Treibereffekt der jeweiligen Kampagne auf das mögliche Abschlussverhalten zu quantifizieren. Abhängige Variable ist hier der sogenannte Abschluss-Goodwill, der die Bereitschaft des Kunden signalisiert, sich bei einem möglichen Produktkauf in den entsprechenden Leistungskategorien zugunsten der Sparkasse Nürnberg zu entscheiden.

Die Effizienzbelege sind eindrucksvoll. Grundlage für die Bewertung sind die Ergebnisse aus zwei Kontrastgruppen und zwar der einen Bevölkerungsgruppe, die aktuell keine Sparkassenwerbung gesehen beziehungsweise gehört hat und im Gegensatz dazu, die Personengruppe, die sich konkret an Werbung mit Dr. Rente erinnert. In diesem direkten Vergleich lässt sich ein Treibereffekt von 76 Prozent auf den Abschluss-Goodwill konstatieren (siehe Abbildung 3).

Kampagne mit Lena Meier hat höchsten Treibereffekt

Natürlich kann nicht gesagt werden, dass aus dem Abschluss-Goodwill auch ein tatsächlich realisierter Kauf beziehungsweise Abschluss wird. Aber es lässt sich festhalten, dass die Kompetenzvermutung zugunsten der Sparkasse bei dem strategisch so wichtigen Thema Altersvorsorge durch eine effiziente Werbekampagne signifikant angestiegen war. Die Rückenwindfunktion der Dr. Rente-Kampagne für den Vertrieb ist deutlich erkennbar. Die erzielten Abschlusszahlen sind bester Beweis dafür.

Im vorliegenden Fall wurde strikt nach den Prinzipien der integrierten Kommunikation gearbeitet. Ausgehend von einer kombinierten Printkampagne (Tageszeitung/Großplakatierung), wurden zeitlich und inhaltlich synchronisiert flankierende PoS-Maßnahmen und Events eingesetzt. Gleichzeitig erfolgte die Abstimmung zwischen der Werbung und den PoS-Vertriebsaktivitäten beziehungsweise den Maßnahmen im Dialogmarketing.

Noch höher ist der Treibereffekt bei der Lena Meier-Kampagne. Natürlich kann eine solche Kampagne nur einen kurzfristigen Pushcharakter haben. Aber gerade die Verbindung, dass ein erfolgreiches Nürnberger Model (somit die Herstellung eines lokalen Bezugs) für ein neues Giro-konto-Modell wirbt, hat nicht nur zu einer hohen Aufmerksamkeitswirkung der Kampagne geführt, sondern auch die Abschlussneigung zugunsten der Sparkasse im hart umkämpften Feld "Girokonto" deutlich erhöht -, mit einem Treibereffekt von über 100 Prozent (siehe Abbildung 4).

Aktivitäten der Sparkasse illustrieren

Trotz der Eigenständigkeit der Kampagne werden die Corporate-Design-Prinzipien der Sparkassenorganisation stringent berücksichtigt. Das heißt der formale Rahmen blieb weitgehend identisch mit den Vorgaben der nationalen Gemeinschaftswerbung und garantierte damit eine hohe Wiedererkennbarkeit. Attraktive Präsenz schafft also Präferenz, insbesondere wenn die Aktion konzertiert eingesetzt wird.

Ein drittes Beispiel bezieht sich auf die Kampagne "Angebot des Monats" im Anzeigenformat "Nürnberg Spezial". Das "Nürnberg Spezial"-Format lobt spezielle Angebotssituationen in verschiedenen Leistungsfeldern aus, bietet aber auch gleichzeitig jenseits reiner Angebotswerbung dem Leser Hinweise für Veranstaltungen oder sonstige Tipps zum Thema Geld. Ziel dieser Aktion ist es, der Nürnberger Bevölkerung zu illustrieren, dass die Sparkasse immer "aktiv unterwegs" ist.

Innerhalb dieses Flyers wird regelmäßig das Angebot des Monats platziert. Obwohl dieses bisher nur einen Teil des Flyers ausmacht und seine Bekanntheit noch relativ gering ist, ist der unmittelbare Verkaufseffekt außerordentlich hoch. So kennen zwar nur sechs Prozent der Nürnberger Bevölkerung dieses Angebot aber von diesen sechs Prozent hat jeder Zweite das Angebot bereits genutzt. Das heißt eine signifikante Bekanntheitsgradsteigerung würde eine entsprechende Zunahme der Anzahl an verkauften Finanzprodukten zur Folge haben. Diese Erkenntnis wurde zum Anlass genommen, weitere Maßnahmen für das Angebot des Monats in Angriff zu nehmen, zum Beispiel Inselanzeigen in Tageszeitungen (siehe Abbildung 5).

Viel professionelles Handwerkszeug

Auch hier wird wiederum einrucksvoll belegt, dass der ureigene Zweck der Werbung darin zu bestehen hat, den Verkauf zu unterstützen. Konkrete, nutzenorientierte Kommunikation erfüllt in einem hohen Maße eine vertriebliche Funktion. Eine Erkenntnis, die sich im Bankenmarkt sicherlich erst noch durchsetzen muss, weil in der Vergangenheit der direkte Zusammenhang zwischen einer produktbezogenen Werbeinvestition und den Verkaufszahlen statistisch valide nur sehr schwer nachgewiesen werden konnte.

Warum sind die Ergebnisse dieser beispielhaft vorgestellten Kampagnen in Summe so gut? Vier grundsätzliche Erkenntnisse lassen sich ausmachen.

1. Es wurde mit einer konkreten, nutzenorientierten Werbung operiert, die dem Kunden klar nachvollziehbare Leistungsvorteile zum Ausdruck brachte.

2. Der Mitteleinsatz wurde auf die wirkungsstarken Medien konzentriert und zwischen den Medien synchronisiert eingesetzt, das heißt die Prinzipien der integrierten Kommunikation sind stringent beachtet worden.

3. Die Kür wurde zur Pflichtübung: Die werblichen Maßnahmen wurden zeitlich und inhaltlich koordiniert, sowohl mit den Vertriebsmaßnahmen am PoS als auch den Below-the-line-Aktivitäten im Dialogmarketing.

4. Es wurde eine unterhaltsame, attraktive Inszenierung eingesetzt, die Aufmerksamkeit schafft und Interesse weckt.

Die ersten drei Aspekte sind professionelles Handwerk in der Werbegestaltung, die aber konsequent eingesetzt worden sind. In der Kombination mit kreativen Ideen, die für hohe Merkfähigkeit und Alleinstellung im Markt gesorgt haben, wurde deshalb - konkret bewiesen durch valide Effizienzbelege - eine überdurchschnittliche Werbewirkung erreicht, die sich zusätzlich durch eine klare Verkaufsorientierung auszeichnete. "Anders ist besser" - kreative, nutzenorientierte Werbung ist auch bei hohem Lärmpegel in der Lage sich wirksam durchzusetzen und das Leistungsprofil der Sparkasse zu schärfen.

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