Modethema Gold

Anlageberatung - Goldrausch auch für private Kunden?

Manches deutet in der Tat darauf hin, dass wir uns in einem Goldrausch befinden. Die Presse ist voll von Artikeln zu dem Thema. In Kundengesprächen spielt Gold zunehmend eine Rolle. Der Goldpreis hat sich in den letzten zehn Jahren in Dollar gerechnet mehr als vervierfacht. Soll man dem Kunden bei den derzeitigen Preisen noch Gold empfehlen?

Es gibt drei Gründe, weshalb man heute Goldkäufe überlegen kann. Das eine ist kurzfristiges Trading. Der Goldpreis hat sich in den letzten Wochen von seinem bisherigen Jahreshoch von 1261 Dollar je Feinunze etwas ermäßigt. Man könnte darauf wetten, dass er in den nächsten Wochen und Monaten sein altes Niveau erreicht oder noch darüber hinaus geht.

So etwas ist aber nichts für das Retailgeschäft. Das Risiko ist zu groß, der Ertrag für den Kunden zu klein. Wenn der Kunde selbst etwas vom Goldmarkt versteht und weiß, wann er Gold kaufen und wann er es verkaufen kann, wird man ihn nicht daran hindern können. Beraten kann man ihn dabei aber nicht. Wetten gehört nicht zum Bankgeschäft. Der zweite Grund, Gold zu kaufen, beruht auf dem Angst- und Vorsichtsmotiv. Wer eine stärkere Inflation befürchtet oder gar eine Währungsreform aufgrund der so stark gestiegenen Staatsschulden, denkt an Gold. Vielleicht gibt es ja wieder eine Zeit, in der man für Geld nichts mehr kaufen kann, in der aber Gold akzeptiert wird.

Gold als "Regenschirm"?

In diesem Fall sollte man das gelbe Metall unabhängig vom aktuellen Preis empfehlen. Man sollte den Kunden aber auf die Preisrisiken aufmerksam machen. Man sollte physisches Gold nehmen, möglichst kleingestückelt, aber keine Goldminenaktien oder Zertifikate. Man sollte auch nicht das ganze Geld des Kunden verwenden (Faustregel fünf bis zehn Prozent). Das ist der Regenschirm für den Fall, dass es regnet. Aber Vorsicht: Nach dem zweiten Weltkrieg konnte man für amerikanische Zigaretten mehr und leichter Lebensmittel kaufen als für Gold.

Der dritte Grund, weshalb Kunden sich erkundigen, ist Gold als langfristiges Spekulationsobjekt. Der Preis ist in den letzten 60 Jahren von 34 Dollar je Unze auf 1200 Dollar gestiegen, also um das 34-fache. Freilich ist hier etwas Wasser in den Wein zu gießen. Zum einen gab es für Gold keine Zinsen. Die Preissteigerung war also der einzige Ertrag. Zum anderen hat sich der Dollar abgewertet. In Euro war der Gewinn niedriger.

Langfristiges Spekulationsobjekt

Wer 1950 für 100 DM Gold kaufte, hat heute einen Gegenwert von 685 Euro. Das ist kein exzeptioneller Zuwachs (3,3 Prozent pro Jahr). Mit Aktien oder Festverzinslichen konnte man in der Zeit mehr verdienen. Richtig gut waren für Goldinvestoren nur die siebziger Jahre, als das Bretton-Woods-System zusammenbrach und der Goldpreis freigegeben wurde. Ordentlich war auch die erste Dekade dieses Jahrzehnts, als der Preis von 284 Dollar je Feinunze auf 1200 Dollar hochschnellte. In allen anderen Dekaden haben Anleger in Gold per saldo Geld verloren.

Was spricht für in Zukunft steigende Goldpreise? Das Standardargument ist, dass mit steigendem Wohlstand in der Welt, vor allem in den Schwellenländern Asiens, die Schmucknachfrage zunimmt. Schmuck macht etwa die Hälfte der gesamten Goldnachfrage aus.

Ein zweiter Grund: Die Zentralbanken der Schwellenländer haben erhebliche Währungsreserven (China 2500 Milliarden Dollar). Sie besitzen aber anders als die USA oder Europa nur wenig Gold. Wenn China nur fünf Prozent seiner Währungsreserven in Gold umschichten würde, wäre das ein Betrag von über 100 Milliarden Dollar. Das entspricht der gesamten Goldnachfrage im Jahre 2009.

Ein drittes Argument: Wenn die Anleger weltweit aus Vorsichtsgründen nur ein Prozent ihrer Portefeuilles in Gold umschichten würden, gäbe das dem Edel-metall-Markt einen ungeheuren Auftrieb. Die Marktkapitalisierung von Aktien und Renten beträgt weltweit 130 000 Milliarden Dollar. Ein Prozent davon sind 1 300 Milliarden Dollar.

Viertes Argument: Wenn die Inflation wiederkommt, dann steigen auch die Rohstoffpreise. Dann geht auch der Goldpreis nach oben. Gold ist ein Schutz gegen Geldentwertung.

Es gibt also gute Gründe für einen Anstieg des Goldpreises über 1 200 Dollar hinaus. Freilich muss man auch die andere Seite bedenken. Goldpreise können, was in der Euphorie oft übersehen wird, auch fallen. Bei dem letzten Hoch 1980 verringerten sie sich binnen eineinhalb Jahren auf die Hälfte. Auch dafür gibt es mehrere Gründe.

Nichts für Sicherheitsbewusste

Einer sind steigende Zinsen. Das war zum Beispiel 1980 in den USA der Fall. Die Folge war, dass sich die Opportunitätskosten der Goldhaltung erhöhten. Auch jetzt werden sich die Zinsen wieder erhöhen. Ein anderer Grund könnte sein, dass sich die Weltkonjunktur abschwächt ("double dip"). Dann sinkt vor allem die Schmucknachfrage. In der Rezession 2008/2009 ist der Goldpreis in wenigen Monaten um über 20 Prozent gefallen. Ganz generell ist Gold kein Schutz gegen Deflation. Wenn die Preise sinken, dann sollte man kein Gold kaufen, sondern Anleihen (auch wenn sie niedrig verzinslich sind) oder auch Bargeld halten.

Die Schlussfolgerung: Man muss Verständnis haben, wenn Kunden sich nach Gold erkundigen. Gold hatte zu allen Zeiten einen besonderen Appeal. Einem Investor, der sein Geld gut und sicher anlegen will, sollte man aber zu bedenken geben, dass es auch Gründe für fallende Preise gibt. Die Chance nachhaltig steigender Goldpreise ist nur im Fall einer anhaltenden und sich verschärfenden Krise höher als das Risiko sinkender Notierungen.

Dr. Martin Hüfner ist Chefvolkswirt der Assenagon Asset Management S. A., Zweigniederlassung München.

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