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bank und markt aktuell Banker-Boni: Sind die fetten Jahre vorbei?

Die Folgen der Wirtschafts- und Finanzkrise wirken immer noch nach. Vor allem die Reputation der Banken und Finanzdienstleister hat sich stark gewandelt. Begriffe wie "Selbstbedienungsmentalität", "Bonus-Ausschwefungen" und "Gehaltsexzesse bei Bankern" haben sich in vielen Köpfen festgesetzt. Die Forderung nach einer stärkeren Regulierung der Bonuszahlungen von Bankern ist immer lauter geworden. Die Politik hat die Diskussion weiter vorangetrieben. Sowohl auf europäischer wie auch auf nationaler Ebene steht die Vergütung im Finanzsektor immer wieder auf der Agenda.

Bereits 2010 entschied der europäische Gesetzgeber mit der sogenannten Capital Requirements Directive III (CRD III), dass feste und variable Vergütungsbestandteile von Bank-Mitarbeitern in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen sollten. Das Festgehalt soll demnach so bemessen sein, dass ein Verzicht auf jegliche Bonuszahlung möglich ist. In Deutschland wurde die CRD III-Richtlinie unter anderem mit der Instituts-Vergütungsverordnung in deutsches Recht umgesetzt. Für die Vergütung der Vorstände bestand in Deutschland bereits vorher das Angemessenheitsgesetz und der verschärfte Deutsche Corporate Governance Kodex.

Neuer Vorstoß auf europäischer Ebene

Mit einem neuen Vorstoß auf europäischer Ebene sollen nun die Regelungen nochmals deutlich verschärft werden. Als Grundlage dient der Richtlinienentwurf zur Umsetzung von Basel III (CRD IV), den die Europäische Kommission bereits im Juli 2011 erarbeitete. Banken sollten demnach weiterhin in Eigenverantwortung ein angemessenes Verhältnis zwischen fester und variabler Vergütung festlegen. Im Mai 2012 empfahl der Wirtschafts- und Währungsausschuss des Europäischen Parlaments, dass die Bonuszahlungen an die Festvergütung gekoppelt werden sollen und diese nicht überschreiten dürften. Der Ausschuss nahm den entsprechenden Vorschlag parteiübergreifend mit nur einer Gegenstimme an.

Bei den nationalen Regierungen stieß der Vorstoß des Parlaments jedoch nicht nur auf Zustimmung. Vertreter von Parlament, Rat und Kommission verhandelten deswegen bis Ende Februar 2013 über einen politischen Kompromiss. Jener sieht vor, dass die Bonuszahlungen grundsätzlich nicht die Höhe des Festgehalts übersteigen dürfen. Als einzige Ausnahme soll mit Zustimmung der Hauptversammlung eine Verdopplung der Bonuszahlung möglich sein. Darüber hinaus könnten Sonderregelungen greifen für Aktien und Optionen, deren Veräußerung oder Ausübung über fünf Jahre ausgedehnt wird. Wenn der Kompromiss im Rahmen des laufenden europäischen Gesetzgebungsverfahrens die Zustimmung des Parlaments und des Rates erhält, könnte die Regelung ab 1. Januar 2014 in Kraft treten.

Die europäischen Finanzminister billigten zwar bereits den Entschluss mit dem Europaparlament, die Briten zeigten sich bisher allerdings nicht überzeugt. Sie können sich nicht zu einer klaren Verpflichtung durchringen. In den kommenden Wochen sollen weiter "technische Einzelheiten" mit der Volksvertretung geklärt werden. Der britische Schatzkanzler George Osborne betonte jedoch bereits, dass Großbritannien den Kompromiss derzeit nicht mittragen werde. Vor allem wegen der Boni-Frage fürchten die Briten Wettbewerbsnachteile für London, Europas größtes Finanzzentrum.

Möglicherweise kontraproduktiv

Die schärferen Vorgaben zur Eigenkapitalquote sollen Banken weniger anfällig für Turbulenzen auf den Finanzmärkten machen. Die Begrenzung der Boni soll vor allem die Risikobereitschaft der Mitarbeiter bremsen. Ob diese Zielsetzung nun gerade mit den anvisierten Maßnahmen erreicht wird, bleibt fraglich. Denn die vorgeschlagenen Restriktionen dürften schlichtweg zu einer Erhöhung der Festgehälter führen, vor allem, um Top-Leute zu halten. Mit der Erhöhung der festen Gehaltsbestandteile drohen den Mitarbeitern dann bei Verstößen geringere Konsequenzen auf ihre Vergütung als zuvor.

Neben der Erhöhung der Festgehälter ist auch durchaus denkbar, dass sich Kandidaten wieder Pensionszusagen wünschen, während sich die Mitarbeiter zu Zeiten hoher Boni selbst um ihre Altersvorsorge gekümmert haben. Langfristig nutzen die Banken die Möglichkeit, Boni zu streichen, aber sicher eher dazu, Kosten zu sparen.

Chance zur Konsolidierung

In der hitzigen öffentlichen Diskussion bietet sich die Begrenzung von Manager-Gehältern natürlich auch als dankbares Wahlkampf-Thema an. Sogar die Bundeskanzlerin Angela Merkel meldete sich zu Wort. Sie ist der Meinung, dass es nicht ausreicht, das Thema ausschließlich der Selbstregulierung der Wirtschaft zu überlassen. Allerdings ist es fraglich, ob die Politik mit den geplanten Maßnahmen ein Umdenken gerade bei den Banken erzwingen kann. Letztendlich werden die großen Bankinstitute selbst ihre Hausaufgaben machen. Genau das ist es, was auch zurzeit passiert. Die Banken nutzen Verlautbarungen aus Brüssel im Windschatten von Basel III zum Überdenken ihrer Kostenstrukturen. Dies betrifft auch die Personalkosten. Die Deutsche Bank hat sich bereits einem großen Kulturwandel auch in Sachen Vergütungsstrukturen verschrieben. So oder so sollten Finanzinstitute jetzt die Chance zur Konsolidierung nutzen.

Dass die "fetten Jahre" vorbei sind, wissen die Banker selbst. Mit einer größeren negativen Auswirkung auf die Finanzplätze der EU rechnen wir nicht. Auch glauben wir nicht, dass Top-Banker abwandern, weil sie fürchten, dass sie in Europa keine lukrativen Verträge mehr bekommen. Der Wettbewerb existiert bereits seit längerem und wenn Talente und Top-Manager aufgrund vermeintlich lohnenderer Angebote nach Asien oder in die USA abwandern wollten, so sind sie bereits abgewandert.

Hinzu kommt, dass (von wenigen Ausnahmen abgesehen) Geschäft und Netzwerke nicht ohne Weiteres auf einen anderen Markt zu übertragen sind. Größere negative Auswirkungen auf unsere Finanzplätze sind nicht zu erwarten. Top-Manager und Talente in der Finanzbranche denken zunehmend langfristiger und werden sich von der Deckelung der Boni nicht flächendeckend zum Wechsel des Arbeitgebers verlocken lassen. Vor allem nicht, wenn Banken bei vielversprechenden Kandidaten höhere Fixgehälter zusagen und ihnen Long-term-incentives bieten.

Jörg Kasten ist Managing Partner der Boyden International GmbH, Bad Homburg.

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