Aufsätze

Reaktion der Banken auf die neuen (inter-)nationalen Vergütungsregeln

Ineffektive Vergütungssysteme stellen eine Ursache der Finanz- und Bankenkrise dar. Aktuell stehen die Bonussysteme der Branche als Instrument der Anreizsteuerung auf dem Prüfstand und neue Vorschriften zur Vergütung in Finanzdienstleistungsunternehmen werden auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene erarbeitet. Die Banken reagieren auf diesen Reformbedarf national wie international differenziert. Während die Schweizer United Bank of Switzerland (UBS) bereits seit Anfang 2009 über ein neues Vergütungsmodell verfügt, führen andere Wettbewerber derzeit eine grundlegende Überarbeitung ihrer Vergütungssysteme durch.

Steigende Bonuszahlungen

Wie die Geschäftsberichte 2009 einzelner Institute andeuten, steigen mit der Erholung des Bankensektors mittelfristig auch die Bonuszahlungen wieder an. Nach Berechnungen des Wall Street Journals könnten sich die Vergütungen in 38 untersuchten Finanzunternehmen1) im Jahr 2009 auf 146 Milliarden US-Dollar summieren. Nur anderthalb Jahre nach dem Zusammenbruch von Lehman Brothers und der Erschütterung des Finanzsystems markiert der geschätzte Wert einen neuen Rekord. Dies wäre gegenüber dem Krisenjahr 2008 eine Steigerung um 18 Prozent. Die Erträge der 38 Unternehmen könnten auf 450 Milliarden US-Dollar ansteigen. Die krisenbedingte hohe Differenz zwischen kurz- und langfristigen Zinsen begünstigt die Fristentransformation, und der geringere Wettbewerb als Folge des Ausscheidens mehrerer Marktteilnehmer ermöglichte höhere Gewinnmargen der verbliebenen Institute - zu denen unter anderem Goldman Sachs und Morgan Stanley zählen.

Nach der Studie würden Angestellte dieser 38 Unternehmen im Mittel rund 140 000 US-Dollar an Gehaltszahlungen erhalten. Im Jahr 2009 würden 32,4 Prozent der Einnahmen als Vergütung (inklusive Boni) an das Management und die Beschäftigten ausgeschüttet werden. Im Krisenjahr 2008 lag der Wert noch bei 40,3 Prozent. In der Abbildung 1 ist die Gesamtvergütung (inklusive Bonuszahlungen) aller Beschäftigten für drei, während der Bankenkrise nicht vom Staat gestützte, Institute mit dem Schwerpunkt Investmentbanking für die Jahre 2008 und 2009 dargestellt.

Goldman Sachs hat angekündigt, den Personalaufwand für das Jahr 2009 auf 16,2 Milliarden US-Dollar zu begrenzen und im vierten Quartal 2009 keine weiteren Boni auszuschütten. Dies ist gegenüber dem Jahr 2008 in US-Dollar gerechnet ein Anstieg um 45 Prozent. Jeder Mitarbeiter erhält im Mittel rund 500 000 US-Dollar Gehalt. Die Goldman-Sachs-Banker zählen damit zu den Top-Verdienern im US-Bankensektor. Die Gesamtvergütung bei Morgan Stanley stieg zum Vorjahr um 30 Prozent.

Der Personalaufwand der Deutschen Bank betrug im vergangenen Jahr 11,3 Milliarden Euro - verglichen mit 9,6 Milliarden Euro in 2008 ergibt sich ein Plus von 18 Prozent. Der Anstieg der variablen Vergütung im Geschäftsjahr 2009 wurde durch die stärkere Streckung der Bonuszahlungen gedämpft. Die Mitarbeiter verdienten im Jahr 2009 im Mittel rund 147 000 Euro. Ein Anstieg um 24 Prozent gegenüber dem Vorjahr (119 000 Euro). Im Vergleich zum Konkurrenten Goldman Sachs erscheint die Durchschnittsvergütung bescheiden. Anders als die amerikanische Investmentbank unterhält die Deutsche Bank ein nicht zu unterschätzendes Privatkundengeschäft. Die Verschiebung von Teilen der variablen Vergütung des vierten Quartals 2009 in den Personalaufwand der folgenden Jahre ist nicht nur bei Goldman Sachs zu beobachten, sondern nicht zuletzt Ergebnis der internationalen Regulierung. Inwieweit die Banken die verzögerten Bonuszahlungen als Rückstellungen ausweisen, werden die veröffentlichten Bilanzen der nächsten Monate zeigen.

Ausrichtung am langfristigen Gesamterfolg

Der Internationale Bankenverband (Institute of International Finance IIF) unterstützt die Bestrebungen im Rahmen des G20-Prozesses, die Vergütung von Managern und Risikoträgern am langfristigen Gesamterfolg der Bank auszurichten und die der variablen Vergütung zugrunde liegenden Risiken stärker zu berücksichtigen. Die Vergütungssysteme müssen im Einklang mit dem Risikoprofil des jeweiligen Instituts stehen. In einem Bericht (Reform in the Financial Service Industry: Strengthening Practices for a More Stable System) stellt der Verband die Schritte des Finanzsektors zur Implementierung der Vorgaben des Financial Stability Boards (FSB) dar und gibt den politischen Entscheidungsträgern und Aufsichtsbehörden Anregungen für ein robustes und wirksames aufsichtsrechtliches Regelwerk.

Internationale Studie

Indem die Banken unter anderem das Risikomanagement, Liquiditätsmanagement, Bilanzierung, Vergütungspolitik und Governance neu gestalten, tragen sie zur Stabilität des Finanzsystems bei. Viele Mitglieder des Verbandes haben deutliche Veränderungen an den bestehenden Vergütungssystemen vorgenommen, um die von Bonussystemen ausgehenden Fehlanreize zu begrenzen und die Vergütung der Mitarbeiter an langfristigen Interessen der Aktionäre auszurichten. Der IIF appelliert an die Banken weniger Boni in bar auszuschütten und stattdessen große Teile der variablen Vergütung verzögert zu gewähren und mit einem Malusvorbehalt zu versehen.

Als Reaktion auf die Finanz- und Bankenkrise und die damit einhergehende Regulierung haben in einer internationalen Vergütungsstudie (Global Financial Services Executive Incentive Plan Snapshot Survey) der Unternehmensberatung Mercer im Oktober vergangenen Jahres 86 Prozent der befragten 42 Banken3) ihre Short-Term-Incentive-Programme für Vorstände und Führungskräfte überarbeitet beziehungsweise planen derzeit Änderungen. Die Institute geben an, dass kurzfristige Vergütungsanreize an Bedeutung verlieren, während die Fixgehälter erhöht und verzögert ausgezahlte Vergütungskomponenten zunehmen werden. Zwei Drittel der Kreditinstitute erhöhten die Grundgehälter der Vorstände und Führungskräfte. 88 Prozent der Banken reduzierten das Gewicht der jährlich ausgeschütteten Bonuszahlungen.

38 Prozent der Kreditinstitute zahlen Boni nur verzögert aus. Die genaue Spezifikation der verzögert ausgezahlten Vergütungsbestandteile an den langfristigen Unternehmenserfolg bleibt bei vielen Finanzinstituten offen. Bonus-Malus-Systeme, die bei Misserfolg eine nachträgliche Korrektur der gesperrten Bonuszahlungen ermöglichen, werden in 40 Prozent der Banken genutzt. Ein weiteres Drittel plant die Einführung. Die Beibehaltung der Gewährung von Ein-Jahres-Garantieboni für die von anderen Instituten abgeworbenen Mitarbeiter in mehr als der Hälfte (57 Prozent) aller Unternehmen wirkt dem Anliegen der neuen Vergütungsstandards entgegen. Über ein Jahr hinausgehende garantierte Bonuszahlungen wurden bereits in 64 Prozent der befragten Banken begrenzt beziehungsweise abgeschafft.

UBS als Vorreiter

Das teilweise Festhalten an Garantieboni begründen die Institute mit der Sorge, sehr erfolgreiche Mitarbeiter und Führungskräfte an die Konkurrenz zu verlieren. Die Anwendung von Long-Term-Incentives (LTI) ergibt ein differenziertes Bild. 79 Prozent der Banken verwenden LTI-Pläne. Die langfristige variable Vergütung stützt sich sowohl auf betriebswirtschaftlichen Kennzahlen als auch auf die aktienbasierte Vergütung und Aktienoptionen. Die Vergütungsstudie von Mercer verdeutlicht, dass die untersuchten europäischen Banken schneller und umfassender auf die nationale wie internationale Regulierung reagiert haben und ihre Vergütungssysteme an die neuen Gegebenheiten anpassen.

Die von der Finanzkrise stark in Mitleidenschaft gezogene UBS führte als erste Großbank in Europa Anfang 2009 ein neues Vergütungssystem für die oberen Führungskräfte und weitere Leistungsträger des Institutes ein. Der direkte Konkurrent Credit Suisse reagierte mit einer viel diskutierten Innovation in der Vergütungspolitik, indem die Bilanz durch die Ausgabe (Entsorgung) von "toxischen" Wertpapieren als Boni an zirka 2 000 Führungskräfte entlastet wurde. Als Reaktion auf die Bonussteuer in Großbritannien reduziert die Credit Suisse den globalen Bonuspool des Jahres 2009 um fünf Prozent, und den 400 bestbezahlten Mitarbeitern in London wird die variable Vergütung um 30 Prozent gekürzt.

Goldman Sachs im Blick

Die fünf größten Banken Großbritanniens4) verständigten sich mit dem britischen Finanzministerium auf eine freiwillige Begrenzung der Bonuszahlungen von Managern. Die Vergütungssysteme sollen effektiver mit dem Risikomanagement zusammenarbeiten und eine auf langfristige Stabilität ausgerichtete Unternehmenspolitik unterstützen. Die individuelle Vergütungspraxis soll die "richtigen" Anreize setzen. Die Öffentlichkeit muss detailliert über die Höhe und das Zustandekommen der geleisteten Zahlungen informiert werden. Bei Verfehlung von langfristigen Erfolgszielen müssen die Boni zukünftig zurückgezahlt werden. Zudem verpflichten sich die Institute, die auf dem G20-Treffen vereinbarten strengeren Vergütungsregeln zu akzeptieren und zügig umzusetzen.

Wie die Quartalsergebnisse einiger am Finanzplatz London tätigen Institute demonstrieren, verfehlt die Bonussteuer der britischen Regierung ihr Ziel - die Bonuszahlungen tendenziell zu reduzieren. Als Reaktion auf die Sonderabgabe sanken zwar die der Steuer unterliegenden Bonuspools und damit die Boni der Führungskräfte und Mitarbeiter in Großbritannien, jedoch nicht so stark, wie die von den Banken abzuführende Steuerlast.

Goldman Sachs kommt wegen der Vergütung nicht nur von der Öffentlichkeit und den Regulierungsbehörden, sondern auch von Seiten der Aktionäre unter Druck. Diese fordern eine Reduzierung des Bonuspools und eine Erhöhung der Ausschüttung an die Anteilseigner. Das Institut hat mit einer Überarbeitung seiner Vergütungssysteme reagiert und im Dezember 2009 neue Grundzüge vorgestellt. Die neuen Vergütungsregeln sollen die Leistungsanreize der Mitarbeiter in Einklang mit den auf langfristige Stabilität ausgerichteten Interessen der Anteilseigner bringen. Die leistungs- und erfolgsabhängige Vergütung muss die Gesamtsituation der Bank reflektieren und wird an ein mehrjähriges Ertragswachstum angelehnt. Vergütungsanreize sollen das Eingehen exzessiver Risiken nicht belohnen, sodass sich höhere Renditen als Folge hoher Risiken nicht in einem Anstieg der Bonuszahlungen widerspiegeln.

Die Vergütung der Risikomanager hängt nicht von der Ertragslage der Bank oder des Geschäftsbereichs ab. Für die Mehrzahl der Mitarbeiter setzt sich die variable Vergütung aus einer Barkomponente sowie einer aktienbasierten Komponente zusammen. Der Anteil der aktienbasierten Vergütung an der Gesamtvergütung steigt mit der Hierarchieebene des Mitarbeiters. Mehr als die Hälfte der Vergütung der oberen Verantwortungsebenen besteht aus verzögerten Vergütungskomponenten in Form von Aktien. Die Sperrfrist für die aktienbasierte Vergütung des 30 Personen umfassenden Management-Committee wurde von drei auf fünf Jahre verlängert. Diese erhalten zudem für das Jahr 2009 keine variable Barvergütung, sondern ausschließlich gesperrte Aktien mit Malusvermerk.

Bank of America und Citigroup

Die Investmentbanker des umsatzstärksten US-Finanzinstituts Bank of America können für das Jahr 2009 ähnlich hohe Bonuszahlungen erwarten wie im Vorkrisenjahr 2007. Die Erholung an den Finanzmärkten spiegelt sich in der variablen Vergütung wider. Da das Institut die TARP-Mittel zurückgezahlt hat, ist die Bank in der Gewährung von Sonderzahlungen weniger eingeschränkt. Im Rahmen der Untersuchungen der Übernahme von Merrill Lynch verpflichtete sich die Bank of America zur Überarbeitung ihrer Anreizsysteme und zur Implementierung neuer Vergütungsregeln. Die ehemals größte Bank Citigroup verzeichnete im Geschäftsjahr 2009 einen erneuten Verlust in Höhe von 1,6 Milliarden US-Dollar und beabsichtigt die Barausschüttungen aller Beschäftigten für das Jahr 2009 auf 100 000 US-Dollar zu begrenzen. Die darüber hinausgehende variable Vergütung soll in Form gesperrter Aktien erfolgen. Das Volumen des Bonuspools liegt in der Nähe des Vorjahreswertes, aber deutlich unter dem Betrag des Jahres 2007. Mit Wells Fargo und Morgan Stanley haben weitere Institute ihr Vergütungssystem grundlegend überarbeitet.

Die deutschen Banken hielten sich bei der Neugestaltung der Vergütungsmodelle bisher bedeckt und warteten die Neufassung der Mindestanforderungen an das Risikomanagement von Kreditinstituten (MaRisk) ab. Im Vorgriff auf die neuen Vergütungsregeln der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) auf der Grundlage des Rundschreibens 22/2009 hatten sich acht deutsche Großbanken5) und drei der größten Versicherer6) zu den Vergütungsstandards des Financial Stability Board bekannt und sich verpflichtet, diese bereits bei der Festlegung der variablen Vergütung für das Geschäftsjahr 2009 zu berücksichtigen. Die Finanzinstitute müssen ihre Vergütungssysteme risikoorientiert gestalten und am nachhaltigen Geschäftserfolg ausrichten.

Der Bundesverband deutscher Banken (BdB) akzeptiert das Vorgehen der BaFin gegen exzessive Bonuszahlungen im Finanzsektor und führt in einer Stellungnahme dazu aus: "Die privaten Banken unterstützen nachdrücklich den Ansatz, dass weltweit Vergütungs- und Anreizsysteme stärker am langfristigen beziehungsweise nachhaltigen Unternehmenserfolg auszurichten sind und auch übernommene Risiken zu berücksichtigen haben."

Der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) unterstützt die Ausrichtung von Vergütungssystemen an den langfristigen Geschäftserfolg und hat im Januar 2009 bei der Neuformulierung der Geschäftsstrategie die Vergütungsgrundsätze geschärft: "Der Schwerpunkt der Geschäftsstrategie der Sparkassen liegt auf einer nachhaltig wirksamen Geschäftspolitik, dies umfasst auch die Vergütungssysteme". Die Vergütungsstrukturen der Sparkassen sind im Wesentlichen durch den TVöD-S einschließlich Sparkassensonderzahlungen geprägt. Nur ergänzend treten außertarifliche Anreizsysteme hinzu. Die neuen Vergütungsstandards treffen primär die Geschäftsleiter und Vorstände der Institute, deren variable Vergütung nach Auskunft des DSGV in der Vergangenheit weder in Relation zum Festgehalt sehr hoch noch an den kurzfristigen Geschäftsergebnissen ausgerichtet war. Die bisherigen Vergütungsvorgaben für Vorstandsmitglieder von Sparkassen enthalten in der Regel - bundeslandspezifisch - eine Begrenzung der variablen Vergütungskomponenten. Auch ist der Vorstand einer Sparkasse gegenüber dem Aufsichtsorgan (Verwaltungsrat) zur Auskunft über die außertariflichen Vergütungssysteme verpflichtet.

Beispiel Landesbanken

Die Landesbanken führen individuell eine Anpassung ihrer Vergütungssysteme durch. Vier der sieben verbliebenen Institute haben die Selbstverpflichtungserklärung unterschrieben. Die Bayerische Landesbank hat die Vergütungssysteme für Vorstand und Risikoträger entsprechend der BaFin-Vorgaben angepasst. Das neue Vergütungssystem ist seit 1. Januar 2010 in Kraft. Die HSH Nordbank verfügt seit Mitte 2009 über ein neues Vergütungsmodell für den Vorstand und überarbeitet aktuell die Vergütungsregeln für die Risikoträger. Infolge der Garantieerklärungen der Länder Hamburg und Schleswig-Holstein steht die Vergütungspolitik der HSH Nordbank unter besonderer Beobachtung der Öffentlichkeit.

Die Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) hat bereits im Oktober 2009 einen Vergütungsausschuss eingerichtet. Für die Risikoträger wurden Konzepte entwickelt, und diese sind im Vergütungsausschuss zur Diskussion gestellt worden. Die Anpassung der Vergütungssysteme der Westdeutschen Landesbank (WestLB) steht kurz vor dem Abschluss und die neuen Vergütungsregeln werden im Laufe des ersten Halbjahres 2010 den Gremien zur Verabschiedung vorgelegt. Die Landesbank Berlin (LBB) verweist auf ihren Ende März erscheinenden Geschäftsbericht.

Ähnlich wie der Sparkassensektor zeichnen sich die Volks- und Raiffeisenbanken durch eine Vielzahl kleiner und mittlerer Institute aus, die nicht an der Gewährung großzügiger, zum Teil exzessiver Bonuszahlungen internationaler kapitalmarktorientierter Geschäftsbanken beteiligt waren. Der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken (BVR) befürwortet die global eingeführten Vergütungsregeln von Managern und Risikoentscheidungsträgern, die die bestehenden Anreizstrukturen zukünftig stärker auf Nachhaltigkeit ausrichten. Die Genossenschaftsinstitute wie die Sparkassen sind durch das BaFin-Rundschreiben aufgefordert, eine Selbsteinschätzung abzugeben, ob die besonderen Anforderungen (Abschnitt 4) zutreffen. Die Hauptproblematik der Vergütungsfehlanreize sieht der BVR in den Bonussystemen der internationalen Großbanken, wobei die Finanzkrise auch Spuren in der Bilanz der DZ Bank hinterließ.

Das größere Spitzeninstitut des Genossenschaftssektors hat ebenfalls die Selbstverpflichtungserklärung unterzeichnet und ist gegenwärtig mit der Neugestaltung der Vergütungssysteme für das Management und für die übrigen außertariflich entlohnten Mitarbeiter (zwei Drittel der gesamten Belegschaft) befasst. Für das Krisenjahr 2008 büßten die Mitarbeiter rund ein Drittel der variablen Vergütung ein. Der Vorstand verzichtete auf den Bonus komplett. Die variable Vergütung setzt sich aus der individuellen Leistungsbeurteilung, dem Ergebnis des Geschäftsbereichs und dem Erfolg des Instituts zusammen.

Die Selbstverpflichtungserklärungen und die Rundschreiben der BaFin decken den Zeitraum bis zum Inkrafttreten gesetzlicher Maßnahmen ab. Die privaten Banken, Genossenschaftsinstitute, Sparkassen und Landesbanken sind durch das Rundschreiben aufgefordert, eine Selbsteinschätzung abzugeben. Für den überwiegenden Teil der deutschen Institute werden ausschließlich die allgemeinen Anforderungen Anwendung finden. Die neuen Vergütungsregeln erlauben den Banken auch weiter, bis zu 80 Prozent der variablen Vergütung in bar auszuschütten. Bis maximal 60 Prozent des Jahresbonus darf sofort ausbezahlt werden; der Rest jedoch erst mit einer Verzögerung von mindestens drei Jahren.

Hypovereinsbank

Die Hypovereinsbank als Teil der Uni-Cre-dit-Group hat bereits im Juli 2009 als erste Großbank in Deutschland grundlegende Veränderungen in den Vergütungssystemen vorgenommen. Das neue Vergütungsmodell richtet sich an die oberste Führungsebene der Gruppe (etwa 400 Führungskräfte europaweit) und wird ab dem Jahr 2010 auf Mitarbeiter, die besondere Risikopositionen begründen können, ausgedehnt. Während der Anteil der variablen Vergütung an der Gesamtvergütung nicht verändert werden soll, hängt die erfolgs- und leistungsorientierte Vergütung in Zukunft von der Erreichung nachhaltiger Unternehmensziele unter Berücksichtigung von risikoadjustierten Kennzahlen sowie von der Gesamtsituation der Uni-Credit-Gruppe ab. In die Höhe des individuellen Bonus fließen bis zu 50 Prozent nicht-materielle Leistungskriterien wie die Kundenzufriedenheit und Reputation oder Entwicklung der Marke im individuellen Verantwortungsbereich ein. Für die Ermittlung der variablen Vergütung sind nicht einzig die absoluten Werte von Bedeutung, sondern zukünftig auch die relative Performance gegenüber den relevanten Wettbewerbern.

Die Auszahlung der Boni für langfristige Leistungsanreize wird auf drei Jahre gestreckt, wobei die Führungskräfte den maximalen variablen Anteil für ein Jahr nur erhalten, wenn sich ihr Geschäftsbereich in den folgenden drei Jahren nicht negativ entwickelt. Der Anteil der Barvergütung an der Gesamtvergütung sowie der Anteil der verzögert ausgezahlten Boni wird individuell gestaltet. Durchschnittswerte oder explizite Vorgaben für den Anteil der nicht verzögert ausbezahlten variablen Barvergütung werden nicht veröffentlicht. Darüber hinaus hat das Institut einen Vergütungsausschuss nach den Regeln der Neufassung der MaRisk eingerichtet.

Dem Ausschuss gehören Mitarbeiter aus dem Personalwesen, den geschäftsinitiierenden Bereichen, Legal & Compliance und dem Risikomanagement an. Der Vergütungsausschuss wird mindestens einmal jährlich an den Vorstand und den Aufsichtsrat berichten und die Ausgestaltung und Weiterentwicklung der Vergütungssysteme kontinuierlich begleiten.

Commerzbank

Im November 2009 veröffentlichte die Commerzbank Grundzüge ihrer neu eingeführten Vergütungssysteme für die erste und zweite Führungsebene, für das Investmentbanking sowie für die übrigen außertariflich entlohnten Mitarbeiter. Demzufolge richtet sich die variable Vergütung künftig stärker am langfristigen Erfolg des Instituts aus und hängt neben der individuellen Leistung und der Organisationseinheit von der Entwicklung des Aktienkurses und der Ertragslage des Instituts ab (Abbildung 2). Mitarbeiter der ersten und zweiten Führungsebene erhalten einen Teil der variablen Vergütung in Form von virtuellen Aktienanteilen (Share Awards), die erst nach drei Jahren zur Auszahlung kommen.

Nach Auskunft des Instituts wurden bei der Konzeption der neuen Vergütungsmodelle schon die Vorgaben der BaFin berücksichtigt. Nach dem Management-Modell setzt sich die Höhe der variablen Vergütung künftig zu 60 Prozent aus dem individuellen Erfolgsbeitrag und zu 40 Prozent aus der Gesamtsituation der Bank zusammen. Die Share Awards unterliegen einer Sperrfrist von drei Jahren. Die Höhe der Zahlung hängt von der mittelfristigen Entwicklung des Aktienkurses ab. Das Ma-nagement-Modell beinhaltet außerdem, dass Bonusansprüche auch verfallen können, etwa wenn zu hohe Risiken eingegangen wurden (Bonus-Malus-System). Die variablen Vergütungsbestandteile in den kapitalmarktnahen Geschäftsfeldern (In-vestmentbanking-Modell) hängen vom Ergebnis des Segments (20 Prozent) und der darunter angesiedelten Organisationseinheit (40 Prozent) des betreffenden Mitarbeiters sowie vom nachhaltigen Geschäftserfolg des Instituts (40 Prozent) ab. Zwei Drittel der gesamten variablen Vergütung im Investmentbanking werden nun zeitverzögert ausgezahlt. Das neue Modell soll die Anreize zum Eingehen hoher Risiken begrenzen. Ein Drittel der variablen Vergütung wird mit Hilfe einer Bonusbank zurückbehalten. In dieser ist ein weiteres Malus-System implementiert, das heißt, wenn Ziele nicht erreicht werden, können in die Bonusbank eingezahlte Beträge ganz oder teilweise verloren gehen. Ein Drittel der variablen Vergütung soll über Share Awards von der Entwicklung des Aktienkurses determiniert werden und kann analog zum Management-Modell nachträglich niedriger ausfallen.

Die den möglichen Abschlägen zugrunde liegenden Maße zur Quantifizierung der Risiken bleiben offen. Für die variable Vergütung in beiden Vergütungsmodellen gilt eine Obergrenze von 200 Prozent bei Übererfüllung der Ziele. Auch bei der Vorstandsvergütung steigt das Gewicht des nachhaltigen Ergebnisses. Der Anteil der kurzfristig orientierten variablen Vergütung sinkt. Werden die stillen Einlagen des Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) nicht bedient, werden die Zahlungen an jeden Vorstand 2010 auf insgesamt je 500 000 Euro begrenzt. Die 500 000- Euro-Regelung galt auch für die Jahre 2008 und 2009.

Deutsche Bank

Die Deutsche Bank ist aktuell mit der Überarbeitung ihrer Vergütungssysteme befasst. Im Bereich der kurz- und mittelfristigen Leistungsanreize vergibt die Bank bereits seit mehreren Jahren Boni in Abhängigkeit von der Gesamtsituation des Instituts, dem Abschneiden des Geschäftsbereichs sowie der individuellen Leistung. Diese werden zum Teil über Jahre gestreckt gezahlt und sind mit einem Aktienanteil versehen. Im Bereich der Long-Term Incentives erfolgt die Vergütung unter anderem durch die Ausgabe von Belegschaftsaktien. Im Februar 2010 veröffentlichte das Institut Grundzüge ihres auf den FSB-Richtlinien sowie auf den Regularien der deutschen BaFin, der britischen FSA sowie der US-amerikanischen FED aufbauenden Vergütungssystems. Hauptmerkmale des überarbeiteten Vergütungsmodells sind: die Erhöhung des Festgehaltes gegenüber den variablen Vergütungsbestandteilen, der Anstieg des Anteils verzögert ausgezahlter Boni, die Ausweitung von Malus-Regelungen und die Verbesserung der Steuerung und Kontrolle aller vergütungsbezogenen Aspekte.

Die Bank plant ab dem Jahr 2010 die variable Vergütung zugunsten der festen Vergütung zu reduzieren. Je nach Land und Verantwortungsstufe bewegt sich die Erhöhung des Fixgehalts zwischen fünf Prozent und 30 Prozent, wobei die Gesamtvergütung insgesamt nicht angehoben werden soll. Mit diesem Schritt soll die Vergütung "ausgewogener" gestaltet werden. Die Boni der bestbezahlten Investmentbanker und Führungskräfte auf der oberen Hierarchieebene werden jedoch auch in Zukunft das Grundgehalt deutlich übersteigen. Die variable Vergütung wird unter Berücksichtigung der eingegangenen Risiken, des erforderlichen Kapitaleinsatzes sowie der Nachhaltigkeit der Gewinnerzielung gewährt. Die verzögert ausgeschütteten Vergütungskomponenten sollen sich zu 75 Prozent aus der aktienbasierten Vergütung und zu 25 Prozent in bar zusammensetzen. Der Zurückbehaltungszeitraum der aktienbasierten Vergütung liegt bei drei Jahren neun Monate beziehungsweise bei drei Jahren für die Barvergütung.

Über den Anteil der verzögerten Bonuszahlungen an der gesamten variablen Vergütung gibt die Bank bislang keine Auskunft. Im Falle von "signifikanten" Ertragseinbußen und Wertminderungen kann die zurückbehaltene Vergütung gekürzt beziehungsweise für Führungskräfte vollständig verfallen. Die Malus-Regelungen greifen differenziert in die Bonuszahlungen der Beschäftigten auf den verschiedenen Hierarchieebenen ein und sind vom zukünftigen mehrjährigen finanziellen Erfolg abhängig. Bei Verletzung von Vergütungsrichtlinien können die bis dahin nicht bezogenen verzögerten Boni komplett verfallen. Garantieboni sollen nicht länger vergeben werden. Die Besetzung der Mitglieder des Vergütungsausschusses ist in Planung.

Über die Bank hinausgehend entstand eine Diskussion über die Verteilung der Lasten der britischen Bonussteuer innerhalb des Instituts sowie auf die Anteilseigner. Die Sonderabgabe soll nicht ausschließlich die britischen Beschäftigten treffen, sondern konzernweit auf alle Mitarbeiter, die an den Bonuspools beteiligt sind, verteilt werden. Nach Angaben der Deutschen Bank müssen sowohl die Mitarbeiter weltweit als auch die Aktionäre die Last der Bonussteuer tragen. Der Gewinn vor Steuern im vierten Quartal 2009 enthielt einen steuerlich nicht abzugsfähigen Aufwand von 225 Millionen Euro für die vorgeschlagene Bonussteuer in Großbritannien.

Während die Investmentbanken bereits 2009 infolge des florierenden Kapitalmarktgeschäftes wieder Milliardengewinne erzielen können, leiden die Kreditbanken unter Kreditausfällen bei Privat- und Firmenkunden als Folge der schwachen Konjunktur. Nicht zuletzt drückt sich dies in der Bereitschaft aus, die Vergütungssysteme zu reformieren und die variable Vergütung (Bonuszahlungen) zu reduzieren. Die europäischen Institute reagierten schneller und systematischer mit der Anpassung der eigenen Vergütungssysteme auf das neue Regulierungsumfeld.

Die Öffentlichkeitsarbeit einzelner Institute in Bezug auf die Vergütungspolitik ist wenig offen, während andere Banken sehr transparent agieren. Die Neugestaltung der variablen Vergütung für die gesamte Belegschaft und insbesondere für Mitarbeiter, die hohe Risiken begründen können, muss international bis Ende dieses Jahres erfolgen. Für 2010 ist zu erwarten, dass die großen Institute ihre Vergütungssysteme weiter überarbeiten und die grob skizzierten Vergütungsmodelle um detaillierte Regelungen ergänzen werden.

Literatur

Commerzbank (2009): Growing together. Integration of Dresdner Bank - Investors' Day 2009.

IIF (2009): Reform in the Financial Service Industry: Strengthening Practices for a More Stable System. Mercer (2009): Global Financial Services Executive Incentive Plan Snapshot Survey.

Nastansky, A./Lanz, R. (2010): Vergütungsmanagement in der Finanzkrise. Eine Analyse am Beispiel des Bankensektors, Hamburg.

Wall Street Journal (2010): Banks Set for Record Pay, 14. Januar 2010.

Fußnoten

1) Kredit- und Investmentbanken, Broker und sonstige Finanzdienstleistungsunternehmen

2) Die Angaben der US-Institute in US-Dollar wurden mit den jeweiligen Jahresdurchschnitten des Euro/US-Dollar-Kurs multipliziert.

3) Mehr als die Hälfte der Banken hat ihren Sitz in den USA und Kanada (56 Prozent) und der Rest in Europa (44 Prozent).

4) Barclays, HSBC, Royal Bank of Scotland, Lloyds TSB und Standard Chartered.

5) Deutsche Bank, Commerzbank, Hypovereinsbank, DZ Bank, WestLB, Landesbank Baden-Württemberg, Bayern-LB und HSH Nordbank.

6) Allianz, Talanx und Münchner Rück.

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