Leitartikel

Vom Bankier zum Banker

sb - Es ist ein kleiner, feiner Unterschied: Der englische Begriff "Banker" bezeichnet landläufig die große Masse der Bankkaufleute. Als "Bankier" bezeichnet wird dagegen traditionell nur derjenige, der mit eigenem Kapital, unbeschränkter Haftung und alleiniger Entscheidungsbefugnis Bankgeschäfte betreibt. "Hier kocht der Chef noch selbst", nennt es die Augsburger Hafner Bank. In der Schweiz ist der Begriff "Privatbankier" seit 1997 sogar geschützt. Als Kollektivmarke der Vereinigung Schweizerischer Privatbankiers ist er Banken in der Rechtsform von Einzelfirmen, Kollektiv- und Kommanditgesellschaften mit persönlich haftenden Gesellschaftern vorbehalten. So sollen die "echten" Privatbanken sich von solchen Instituten unterscheiden, deren Haupttätigkeit in der Vermögensverwaltung besteht und die meist in der Rechtsform der Aktiengesellschaft auftreten.

In Deutschland ist die Begrifflichkeit weniger klar. "Privatbanken" sind hier alle Kreditinstitute, die weder genossenschaftlich organisiert noch im Besitz der öffentlichen Hand sind. Weil die "Privatbankiers" gemeinsam mit Großbanken und Auslandsbanken im Bankenverband zusammengeschlossen sind, wird die stetige Erosion dieses speziellen Bereichs des Kreditgewerbes der Öffentlichkeit nur selten deutlich. Das liegt vor allem daran, dass Fälle, in denen solche Institute geschlossen werden, die Ausnahme sind. In Erinnerung geblieben sind vor allem die Pleiten der Herstatt-Bank 1974 und der Schmidt Bank 2001. Beispiele wie das der Bremerhaver Weserbank, der im April 2008 die Lizenz entzogen wurde, finden dagegen nur vergleichsweise kurzes Medienecho. In der Regel werden in Schwierigkeiten geratene Häuser von anderen Banken aufgefangen. Damit verlieren sie zwar ihre Unabhängigkeit, meist aber nicht ihren Namen, der als Marke häufig so manche Neustrukturierung überlebt. Das Bankhaus Delbrück Bethmann Maffei, in dem letztlich die Namen dreier Privatbanken aufgingen, ist ein Beispiel hierfür.

Dass man der vermögenden Klientel gegenüber offenbar größere Skrupel hat, sich von den alten Namen zu trennen, hängt vermutlich vor allem mit der Individualität zusammen, die damit signalisiert wird und mit der ein beträchtlicher Teil der Klientel besonders gute Betreuung assoziiert. Dies ist gewiss nur eine Frage des subjektiven Empfindens. Dennoch kann das Aufgehen in einem Konzern in erheblichem Ausmaß Kunden kosten. Selbst eine "echte" Privatbank wie M. M. Warburg verzichtet deshalb darauf, übernommene Häuser zu integrieren und führt stattdessen das Bankhaus Hallbaum in Hannover, das Bankhaus Löbbecke in Berlin und das Bankhaus Plump in Bremen als selbstständige Einheiten weiter, so wie die Mittelbrandenburgische Sparkasse Potsdam die Weberbank.

Der Schwund der traditionellen Privatbanken ist somit ein leiser, doch vollzieht er sich stetig. Aktuell ist das Bankhaus Wölbern ein Fall für den Sicherungsfonds und geht nur in Teilen an M. M. Warburg. In Familienbesitz befinden sich in Deutschland heute nur noch wenige Institute: Neben Warburg sind es die Fürstlich Castell´sche Bank, die Bankhäuser Berenberg, Anton Hafner, Hauck & Aufhäuser, Lampe, Metzler, Ellwanger & Geiger und C. L. Seeliger, die Merkur Bank, die Gabler-Saliter Bankgeschäft KG und natürlich das Bankhaus Sal. Oppenheim, das jetzt so unrühmlich in die Schlagzeilen geraten ist und sich dem Einstieg der Deutschen Bank (und gewissermaßen einer Konzernflucht etlicher Kunden) gegenübersieht. Der Fall zeigt nur zu deutlich, dass auch inhabergeführte Institute verhängnisvolle Fehler begehen können. Und weil die Bank über die von den Medien so intensiv begleitete Arcandor-Insolvenz strauchelt, ist die öffentliche Aufmerksamkeit vermutlich größer, als sie es sonst gewesen wäre. Dem Nimbus der Privatbanken tut das gewiss nicht gut. Schon jetzt haben sie unter den Vermögenden an Ansehen verloren (siehe Beitrag auf Seite 41). Ob die Sparkassen und Genossenschaftsbanken, die sich in den letzten Jahren verstärkt bemühen, sich im Private Banking zu positionieren, vom Bröckeln des alten Glanzes profitieren können, wie es derzeit den Anschein hat, wird sich zeigen müssen. Eine Chance ist es immerhin.

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