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Bankvertrieb bei Talanx: bei der Postbank Glück gehabt

Norbert Kox, Vorstandsmitglied der Talanx AG und Vorstandsvorsitzender der Proactiv Holding AG, Hilden, in der der Konzern seine Bankassurance-Aktivitäten gebündelt hat, macht aus seiner Erleichterung keinen Hehl. Dass man die exklusive Vertriebsvereinbarung mit der Postbank vor wenigen Monaten für die nächsten 15 Jahre verlängert habe, sei wirklich ein Glück gewesen. Denn unter den gegenwärtigen Umständen wäre dies wohl deutlich schwieriger geworden. Dem anstehenden Verkauf der Postbank sieht Talanx, laut Kox, somit gelassen entgegen.

Theoretisch könnte freilich ein potenzieller Investor mit eigenem Versicherungsangebot oder einer exklusiven Vertriebsvereinbarung mit einem Versicherer versuchen, den Talanx-Konzern zur Aufgabe seiner vertraglichen Rechte zu bewegen, indem er die internen Vergütungssysteme so umstrukturiert, dass der Versicherungsvertrieb für Berater unattraktiv wird. Eine solche Schwerpunktverlagerung des Vertriebspartners wäre im Rahmen der bestehenden Vereinbarung durchaus möglich. Wahrscheinlich wäre ein solches Szenario aber kaum, meint Kox. Dazu haben Versicherungsprovisionen für die Banken mittlerweile einen viel zu hohen Stellenwert erlangt. Für die Postbank gilt dies nach Talanx-Angaben zwar noch nicht in gleichem Maß wie für die Citibank, die mittlerweile allein mit den CiV-Provisionen ihr Filialnetz unterhalten könne. Doch auch bei der Postbank steuere die PB Versicherung immerhin sieben bis zehn Prozent der gesamten Provisionserlöse bei.

Sollte ein künftiger Mehrheitseigner der Postbank versuchen wollen, Talanx die vertragsmäßigen Rechte auf 15 Jahre Vertriebspartnerschaft abzukaufen - zum jetzigen Zeitpunkt gewiss Spekulation -, könnte das in jedem Fall teuer werden. Die Ertragspotenziale aus der Zusammenarbeit mag Kox zwar nicht beziffern. Unter den Bankassurance-Kooperationen des Talanx-Konzerns bescheinigt er der Postbank jedoch (neben der Neue Leben) das höchste Potenzial. Bei beiden Vertriebspartnern liegt die Kundendurchdringung noch deutlich unter dem Niveau, das die CiV bei der Citibank erreicht hat, auch wenn sie bei den Sparkassen, die mit der Neue Leben zusammenarbeiten, schon deutlich höher ist als bei der Postbank.

Vertriebsweg Bank mit erheblichem Potenzial

Bei der Postbank verspricht man sich nicht zuletzt durch den Start mit dem mobilen Vertrieb über 3 600 BHW-Berater erhebliches Zusatzgeschäft - auch wenn Kox einräumt, dass das dann möglicherweise keine Bankassurance im engeren Sinne mehr ist. Doch auch im Sparkassensektor hofft man, den öffentlichen Versicherern weitere Marktanteile abnehmen zu können. Die sechs Aktionärssparkassen der Neue Leben haben eine Exklusiv-Kooperation mit dem Hamburger Versicherer vereinbart, weitere Verträge ohne Exklusivität gibt es mit rund 100 Sparkassen. Zwei Häuser über den Aktionärskreis hinaus vertreiben zumindest im Bereich Restschuld ausschließlich Neue Leben.

Mit dem Standbein Bankassurance sieht sich Talanx in einem attraktiven Marktsegment gut positioniert. Denn dem Vertriebsweg Bank wird von der Marktforschung noch erhebliches Wachstumspotenzial zulasten der Ausschließlichkeitsorganisationen bescheinigt, ein Trend, der von den neuen rechtlichen Rahmenbedingungen unterstützt werde: Die Abgeltungssteuer erhöht die Attraktivität von Versicherungsprodukten, während EU-Vermittlerrichtlinie und VVG-Reform hohe Transparenz, Fachkompetenz und Beratungsqualität sichern.

Wichtiger freilich seien die Erfolgsfaktoren auf der Bankenseite: die Renaissance des Filialmodells, die verstärkte Konzentration auf Produktbündel und Produkte gegen Einmalbeitrag und das zum Beispiel von einer Allensbach-Studie aus dem Jahr 2007 belegte gestiegene Verbrauchervertrauen in die Bankberatung.

All das soll im Vertriebswegemix den Neugeschäftsanteil des Vertriebskanals Bank kräftig steigen lassen. Einer Studie von Oliver Wyman zufolge lag er 2006 im Bereich Leben bei 26 Prozent. Bis 2012 soll er um fünf Prozentpunkte auf 31 Prozent steigen und sich mittelfristig bei einem Drittel einpendeln. Norbert Kox geht sogar davon aus, dass "in wenigen Jahren" ähnlich wie in anderen europäischen Märkten jede zweite Lebensversicherung in Deutschland über den Bankschalter verkauft wird.

Der Erfolg der Bankassurance schlägt sich auch in den Zahlen des Talanx-Konzerns nieder. So sind die gebuchten Bruttobeiträge der Bankassurance-Gesellschaften von 1996 bis 2007 um jährlich 20 Prozent von 300 Millionen auf 2,4 Milliarden Euro gestiegen. Bei den übrigen Konzerngesellschaften betrug die durchschnittliche Steigerungsrate pro Jahr lediglich 13 Prozent von 4,6 auf 17,0 Milliarden Euro. Der Anteil der Bankassurance an den gebuchten Bruttobeiträgen im Konzern hat sich damit innerhalb von zehn Jahren auf rund zwölf Prozent verdoppelt. Zum Konzerngewinn trug der Vertriebsweg 2006 etwa neun Prozent bei, 2007 liege der Wert höher.

Auch im Ausland

Dass das Modell auch ins Ausland übertragen wird, überrascht insofern nicht:

2001 wurde in Ungarn die Magyar Posta Versicherungen gegründet, die mit der ungarischen Post eine exklusive Vertriebskooperation bis zum Jahr 2032 hat und 2006 nach fünf Jahren bereits der neuntgrößte Versicherer im Markt war.

Und im ersten Quartal dieses Jahres hat man gemeinsam mit der Citibank das Geschäft in Russland und der Türkei gestartet - auch dort jeweils mit einer langfristigen Vertriebskooperation bis 2026. Nummer zwei im deutschen Markt

Im deutschen Markt der Bankassurance ist der Konzern nach Volumina die Nummer zwei hinter der R+V. Und im Geschäft mit Restschuldversicherungen erreicht die CiV mit der Citibank einen Marktanteil von fast einem Drittel (32,3 Prozent). Postbank Leben kommt auf 6,7 Prozent, die Neue Leben auf 3,0 Prozent. Mit einem Marktanteil von insgesamt 42,0 Prozent ist Talanx damit bei Kreditlebensversicherungen in Deutschland Marktführer.

Nach der Intensität der Zusammenarbeit bewertet, ist die Kooperation Citibank/CiV laut Oliver Wyman die erfolgreichste. Der Studie des Marktforschungsunternehmens zufolge hat 2006 jeder Citibank-Berater 91 Lebensversicherungsverträge verkauft - die Restschuldversicherungen nicht mitgerechnet. Neue Leben und Postbank kommen auf 31 beziehungsweise 27 Verträge. Die Benchmark, an der der Erfolg von Bank-assurance-Modellen gemessen wird, legt die Studie bei 25 Verträgen pro Filialmitarbeiter und 22 Neuverträgen pro tausend Bankkunden fest.

Dass die CiV und die anderen Talanx-Bankassurance-Gesellschaften gemessen an diesen Kategorien so gut abschneiden, liegt nach Einschätzung von Kox an vier Erfolgsfaktoren: der höchstmöglichen Integration in den Markenauftritt und die IT des Partners, dem Verkaufsprozess ausschließlich über die Vertriebskapazitäten des Partners, dem Aufbau exklusiver Versicherungsgesellschaften für jede Kooperation und dem Verzicht auf eine zweite Marke neben der Bankmarke. Das sei nicht nur im Hinblick auf den Kunden wichtig. Es stärke auch die Identifikation der Berater mit dem Produkt Versicherung.

Dass viele Citibank-Mitarbeiter die CiV nach wie vor für eine Konzernschwester halten, wird von Kox deshalb ausdrücklich begrüßt. Bei der Übernahme der einstigen Citi Versicherung hatte er hart darum gerungen, das Kürzel CiV über den Gesellschafterwechsel hinwegzuretten. sb

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