Trends im Kreditgeschäft

Bausparen: Von Freund- zu Feind-Sparern

Einst nannte man sie "Freundsparer", weil sie fleißig ihren Bausparvertrag besparten, aber nach Erreichen der Zuteilungsreife das Bauspardarlehen nicht in Anspruch nahmen, sondern weitersparten. In Zeiten steigender Zinsen sind diese Kunden den Bausparkassen besonders lieb. In Zeiten lang anhaltend fallender Zinsen fällt auch der Liebreiz, dann sind ihnen die Kunden vor allem teuer. Wurden die Darlehensverzichter in der Vergangenheit noch mit den sogenannten Renditetarifen und Zinsboni gelockt, jetzt hätte man sie gerne wieder raus aus den Kollektiven. Denn für ihre eigenen Anlagen bekommen die Bausparkassen zu wenig, um sich die hochverzinsten Policen weiter leisten zu können oder zu wollen. Wüstenrot hat jetzt 15 000 Bausparverträge gekündigt.

Damit folgen die Ludwigsburger dem Beispiel der BHW Bausparkasse, die bereits im Jahr 2008 Altverträge einseitig kündigte, die vor allem in den achtziger Jahren abgeschlossen wurden. Aber auch andere Bausparkassen überlegen, wie sie die kostspieligen Altverträge aus dem Bestand bekommen.

Juristisch scheint es nach mehreren Urteilen so zu sein, dass die Bausparkassen vollbesparte oder übersparte Verträge mit einer Frist von drei Monaten kündigen dürfen. Denn, so heißt es aus dem Verband der Privaten Bausparkassen, Bausparen ist Zwecksparen, um einen Darlehensanspruch zu erwerben. Bei einem bis zur Bausparsumme oder darüber hinaus besparten Vertrag, kann jedoch kein Bauspardarlehen mehr gewährt werden, weil Guthaben und Darlehen zusammen die vereinbarte Bausparsumme nicht übersteigen dürfen. Vom Oberlandesgericht Koblenz sowie den Landesgerichten Stuttgart und Hannover sind deshalb die Vertragskündigungen durch die Bausparkassen bestätigt worden.

Dennoch sind die Kündigungen für die Institute heikel, weil sie fast unweigerlich einen Imageschaden verursachen, der jahrelang den Vertrieb belasten kann. Denn das Vorgehen zerstört Vertrauen, wenn aus ehemals hoch willkommenen nunmehr unliebsame Kunden werden.

Klar ist, dass es den Bausparkassen nach einem Jahrzehnt sinkender Zinsen schwerer fällt, von der Zinsdifferenz zwischen Kollektivguthaben und Kapitalanlage zu leben. Letztlich muss auch jedem Kollektivmitglied daran gelegen sein, dass seine Bausparkasse - also im Kern sein Bausparkollektiv - wirtschaftlich gesund bleibt. Hierfür bedarf es aber offensichtlich noch mehr Aufklärungsarbeit für den Bauspargedanken - bei den Vertrieben und bei den Kunden. Dass Bausparen von den Kassen seit Kurzem wieder eindeutig als Finanzierungsprodukt und eben nicht als Kapitalanlage angeboten wird, ist deshalb richtig.

Doch es sind nicht nur die Bausparkassen allein, die von ihren Produkten "aus einer anderen Zeit" eingeholt werden. Bekannt geworden ist jüngst der Fall der Sparkasse Ulm, die offensichtlich ihre Kunden aus dem Produkt "Vorsorgesparen Scala" herauszuberaten versucht, das einen Bonuszins von 3,5 Prozent bietet.

Dabei werde nach Aussage der Kanzlei Trewius mit einseitiger Vertragskündigung gedroht, um, so vermuten die Verbraucherschützer, mit einem "Versuchsballon" die Kundenreaktion zu testen. Man darf aber annehmen, dass die Betroffenen ähnlich unerfreut reagieren wie die gekündigten Bausparer. L.H.

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