Ausländer als Wettbewerber und Kunden

Deutscher Bankenmarkt: Viel Potenzial für ausländische Anbieter

Deutschland gilt als Bankenmarkt mit großer Aufnahmefähigkeit, einer exzellenten Infrastruktur bei Zahlungsverkehr und Internetnutzung, mit bislang noch relativ wenigen, kreativen Standardprodukten im Retailbanking und mit Verbrauchern, die es gewohnt sind, Angebote zu vergleichen. Ausländische Banken haben dieses Potenzial erkannt: Existierten 1995 erst 180 eher repräsentative Tochtergesellschaften und Filialen ausländischer Banken, meldete der Verband der Auslandsbanken in Deutschland zum Ende 2010 bereits 210 Institute, wobei Repräsentanten, KAG und FDI in diesen Zahlen nicht eingerechnet sind. Früher folgten ausländische Banken oft der einheimischen Industrie, die ihre Geschäfte in Deutschland machte. Aber dieses Markteintrittsmodell gehört der Vergangenheit an. Mittlerweile haben viele ausländische Banken den deutschen Retailkunden im Visier und verzeichnen steigende Marktanteile, vor allem im Neukundengeschäft. Ausländische Anbieter passen sich dem Markt flexibel an und bieten häufig attraktivere Konditionen bei Anlageprodukten wie Tagesgeld und Festgeld - wie zum Beispiel die VTB Direktbank, die erst im Frühjahr 2011 in Deutschland startete und für ihren Markteintritt eine hohe Geschwindigkeit an den Tag legte. So konnte sie innerhalb weniger Monate einige zehntausend neue Kunden gewinnen - und das durch kreative Standardprodukte, attraktive Konditionen und einfache Abwicklungsprozesse. Hauptaktionär der Konzernmutter ist der russische Staat Wirklich bekannt ist die VTB Bank der breiteren Öffentlichkeit nicht - was einen einfachen Grund hat. Die VTB Bank ist im Ursprung eine Spezialbank für deutschrussische Handelsgeschäfte. Sie sieht sich selbst als die schnellste Verbindung zwischen Ost und West, so beispielsweise bei kurz- und mittelfristig strukturierten Handelsbeziehungen, Betriebsmittelfinanzierungen und Dokumentengeschäften in diesen Märkten. Die VTB Direktbank hat ihren Sitz in Frankfurt und ist eine Zweigniederlassung der österreichischen VTB Bank (Austria) AG. Die VTB Bank (Austria) AG ist gleichzeitig auch die Muttergesellschaft der ebenfalls in Frankfurt ansässigen VTB Bank (Deutschland) AG, die im vergangenen Jahr ihr 40-jähriges Marktjubiläum feierte. Ganz oben in der Konzernhierarchie regiert die VTB Bank in Moskau, Russlands größte Geschäftsbank. Die Aktien der VTB Gruppe sind an der Londoner Börse notiert und Hauptaktionär ist der russische Staat mit einem Anteil von über 75 Prozent. Online-Bank mit Fokus auf das Einlagengeschäft Die VTB Direktbank ist eine reine Online-Bank - sie ist fokussiert auf das Einlagengeschäft und nutzt ausschließlich das Internet als direkten Vertriebskanal für ihre Produkte. Da sie kein Filialnetz zu organisieren hat, entfällt die Fixkostenbelastung. Angenehme Nebenwirkung: Es lässt sich schneller und flexibler auf Kundenbedürfnisse und Marktveränderungen reagieren. Wie viele andere Direktbanken verfügt sie also vor allem bei der Kosteneffizienz über Wettbewerbsvorteile gegenüber traditionellen Kreditinstituten mit lokaler Präsenz. Dazu kommt ein hoher Standardisierungsgrad bei den Produkten und deren Abwicklung, sowie Kreativität bei der Ausgestaltung der Produktdetails. Diesen Vorteilen auf der Kosten- und Organisationsseite stehen Nachteile gegenüber. Als ausländische Bank, die neu in den Markt eintritt, fehlt es naturgemäß an Bekanntheit und Reputation. Beides muss mühsam aufgebaut werden. Umso höher ist die Marketing- und Organisationsleistung der VTB Direktbank zu bewerten, konnte doch das Management bereits weit vor Ende 2011 vermelden, dass alle operativen Ziele wie beispielsweise Effizienz in der Marktpositionierung oder Geschwindigkeit der Kontoeröffnung und Sicherheit der Kontoführung übererfüllt waren. Kombination von Festgeld und Tagesgeld Den Weg zum Kunden suchte das Institut über attraktive Konditionen und innovative Produktideen. Von Anfang an blieb die Direktbank bei den Konditionen in der Spitzengruppe der Anbieter - nicht unbedingt die höchsten Zinsen anbieten, aber immer oben mitspielen war die Devise. Mittler weile liegt das Institut beim Tagesgeld bei 2,7 Prozent und bietet bis zu vier Prozent beim Festgeld. Damit sicherten sich die Österreicher ausweislich der Januar-Ausgabe 2012 der Zeitschrift Finanztest Spitzenplätze bei den Anbietern von Tagesgeld und Festgeld. Und mit dem VTB Duo bewies die Bank Spürsinn für die Flexibilitätsbedürfnisse ihrer Kunden. Bei dem Produkt erhält der Sparer für seinen gesamten Anlagebetrag einen Festgeldzinssatz von bis zu 3,8 Prozent abhängig von der Laufzeit, kann aber jederzeit über 20 Prozent seines Anlagebetrags frei verfügen - so wie beim Tagesgeld - für viele Anleger eine attraktive, weil flexible Alternative. Die VTB Direktbank konnte auch davon profitieren, dass sich das Retailbanking in den vergangenen Jahren dynamisch entwickelte. Der Sichteinlagenanteil an den Gesamteinlagen der Privatkunden hat sich innerhalb der vergangenen zehn Jahre immerhin nahezu auf 43 Prozent verdoppelt, und der Anteil der Spareinlagen liegt mit 42 Prozent erstmals darunter. Tages- und Festgeldangebote sind für viele Privatkunden eine sichere Anlageform - immerhin gelten die Deutschen nach wie vor als weitgehend risikoaverse Aktienmuffel. Das Potenzial für das Einlagengeschäft ist also immer noch gewaltig, angesichts des Geldvermögens der privaten Haushalte. Sportsponsoring als Teil der Kommunikationspolitik Eine reine Online-Bank spricht zwangsläufig in erster Linie internet- und preisaffine Kunden an - meist solche Kunden, die bei einfachen Standardprodukten auf den persönlichen Kontakt zu ihrer Bank gut verzichten können. Das erklärt den ansonsten eher nüchternen und sachgerechten Inter-net-Auftritt der Kundenansprache im Internet - hocheffizient, mit sehr gut erreichbarer Telefon-Hotline und freundlicher Ansprache. Darüber hinaus benötigt eine Bank ein Minimum an Emotionalität und Sympathie bei ihrer Kundenansprache. Die VTB Direktbank wählte dazu den Weg des Sportsponsorings. Seit Sommer 2011 ist sie Hauptsponsor des Eishockey-Clubs Löwen Frankfurt, zweitstärkster Fan-Magnet in der Rhein-Main-Region hinter dem Fußball-Bundesligisten Eintracht Frankfurt. Sie erreicht damit potenziell 1,4 Millionen Eishockey-Interessierte, und regelmäßig viele Tausend Stadionbesucher. Wenn man den russischen Hintergrund der VTB bedenkt, ist Eishockey in der Tat eine plausible und ideale Wahl - außer dem passen alle aus Sicht einer Direktbank wünschenswerten Eigenschaften, die man mit dem Eishockey-Sport assoziiert: Kraft, Schnelligkeit, Präzision und Teamgeist. Das Sportsponsoring hilft der VTB Direktbank, regionale Präsenz zu zeigen, ein Markenprofil zu entwickeln, sich gezielt emotional zu präsentieren, dabei immer sympathisch zu wirken - und über zielgenaue Fan-Aktionen ist die Bank mittendrin statt nur dabei. Die Mannschaftskasse des Eishockeyteams wird bei der VTB Direktbank als Tagesgeldkonto geführt das kommt gut an beim Kunden. Aber es geht nicht nur um Sympathiepunkte beim Endkunden. Und mit zunehmender Reife der in Deutschland tätigen Direktbanken geht es auch nicht mehr nur darum, den Geschäftsbanken, Sparkassen und Genossenschaftsinstituten Kunden und Einlagen abzuwerben. Direktbanken definieren sich heute zunehmend weniger über Vertriebskanal und Konditionen; vielmehr strebt jede einzelne Bank eine eigene Positionierung an. Es geht auch dar um, sich gegeneinander abzugrenzen. Das gilt verstärkt für ausländische Direktbanken. Preisaffine Kunden zu loyalen Kunden machen Mit wachsender Marktgröße werden also gerade ausländische Direktbanken verstärkt darauf achten, ein eigenständiges Profil zu entwickeln - mit dem Ziel, den preisaffinen Kunden zu einem loyalen Kunden zu machen. Das wird erschwert durch Vergleichsplattformen und Video-Ratgeber im Internet, die die Kunden animieren und ihnen Ratschläge geben für ein offensives Tagesgeld-Hopping, das ständige und trickreiche Wechseln von Anbietern, um Eintrittsangebote und bessere Konditionen auszunutzen. Im Hinblick auf die Liquiditätserfordernisse durch Basel II und III wird aber Kundenloyalität immer wichtiger. Zum üblichen Verhalten der Bankkunden zählt es, dass Einlagen häufig länger gehalten werden, als es ihrer formellen Laufzeit entspricht und abgerufene Einlagen durch neue ersetzt werden. Der Bank entsteht so ein Bodensatz an formell kurzfristigen Einlagen, die tatsächlich mittel- bis langfristig zur Verfügung stehen. Die Kommunikationspolitik einer Bank muss also auch berücksichtigen, dass Kunden emotional beziehungsweise markenfunktional an die Bank gebunden werden. Lockvogelangebote lösen Unbehagen aus Aber der wirkliche Maßstab für den langfristigen Erfolg ist das Vertrauen der Kunden. Vertrauen aus Sicht der VTB Direktbank zeigt sich auf drei Ebenen. Die Bank als Unternehmen muss stabil sein. Die Kunden sind in Zeiten der Finanzkrise und im Hinblick auf vergangene Bankenzusammenbrüche zu Recht sehr sensibel. Umso wichtiger ist es zu kommunizieren, dass es sich bei einer ausländischen Bank wie der VTB Direktbank um ein stabiles Haus handelt, hinter dem starke Eigentümer stehen. Dann muss die Beratungsqualität sichergestellt sein. Bietet man nur wenige standardisierte Produkte, ist das nicht weiter kompliziert. Eine Onlinebank mit vielen erklärungsbedürftigen Produkten hat es da schwerer. Dennoch gibt es nie Grund zum Ausruhen - bei der VTB Direktbank werden die Prozesse kontinuierlich überwacht und angepasst. Zur Managementphilosophie des Hauses gehört, dass nichts so gut ist, dass es nicht weiter verbessert werden könnte. Vor allem aber in Zeiten stürmischen Wachstums eines Unternehmens ergibt sich zwangsläufig die Notwendigkeit, immer wieder die Prozesse zu überprüfen, zu glätten, am Interesse der Kunden auszurichten, aber auch den Optimierungserfordernissen der Bank anzupassen. Vertrauen drückt sich aber auch auf der Ebene der Produkte aus. Das bedeutet, möglichst leicht zu kommunizierende Produkte anzubieten, wenig bis keine Spitzfindigkeiten in den Vertragsbedingungen zu verstecken, möglichst weitgehende Gleichbehandlung von Alt- und Neukunden zu garantieren. Nichts löst mehr Unbehagen beim deutschen Kunden aus, wenn er sieht, dass es keine Gleichbehandlung gibt - Stichwort Lockvogel-Angebote. Zudem müssen die Produkte transparent sein. Obwohl Tages- und Festgeld sicher keine komplexen Produkte sind - jedenfalls nicht annähernd so schwierig wie beispielsweise Zertifikate - so zeigen aktuelle Erhebungen, dass immer noch ein erheblicher Anteil der potenziellen Kunden mit den Angeboten "Tagesgeld" und "Festgeld" nichts anzufangen weiß. Bleibt also noch viel zu tun für die Kommunikationspolitik einer Bank.

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