Leitartikel

Etwas mehr Markt

sb - Die Kursentwicklung des Schweizer Franken zeigt, was die Märkte von der Zukunft des Euro halten: wenig genug. Der Zeitpunkt, um für Sepa zu werben, ist somit denkbar ungünstig. Natürlich freuen sich Unternehmen über die Erleichterungen im Zahlungsverkehr mit Kunden und Geschäftspartnern im europäischen Ausland. Natürlich freut es den Verbraucher, dass er für seine Urlaubsreise kein Bargeld mehr umtauschen muss, dass die Ferienwohnung kostengünstig per Überweisung bezahlt oder die Stromrechnung für das eigene Feriendomizil per Lastschrift beglichen werden kann. Aber warum muss das heißen, dass man sich auch im inländischen Zahlungsverkehr, der doch die Masse der Transaktionen ausmacht, auf die neuen Formate umstellen muss? Private Kunden scheuen die "Monsternummer" IBAN, der Handel beklagt das drohende Aus für das elektronische Lastschriftverfahren und Versicherer, Verlage und Versorger fürchten den Aufwand für die Migration unzähliger Lastschriftmandate. Ein marktgetriebener Prozess sieht anders aus. Das Enddatum für die Sepa-Migration ist die logische Konsequenz. Doch selbst die Politik, die Sepa unbedingt gewollt hat, rudert jetzt teilweise zurück: Kunden sollen weiterhin Kontonummer und BLZ verwenden können, die Banken die Angaben automatisch umwandeln. Für ELV soll es eine Sonderregelung geben und die inländischen Lastschriften sollen per Gesetz für Sepa-fähig erklärt werden.

Bei Karten ist Sepa weitgehend umgesetzt. Mit der heimischen Karte überall bezahlen konnten die Karteninhaber aber dank internationaler Kreditkartenmarken und Co-Brandings auf den Debitkarten auch schon zuvor. Und an nationalen Beschränkungen und Besonderheiten, die vor allem an Automaten zum Tragen kommen, hat auch Sepa nicht gar so viel geändert. Natürlich gibt es mit V-Pay inzwischen eine europäische Debitkarte. Doch eben deren Beschränkung auf Europa hat in der Öffentlichkeit zu negativen Reaktionen geführt. Gleiches gilt für die von einigen Emittenten vorgenommenen Auslandssperren für den Einsatz von Maestro-Karten im (außereuropäischen) Ausland. Denn "any card at any terminal" bedeutet für den Karteninhaber "weltweit". Sepa wird hier also eher als Rückschritt empfunden, wenn der Beschränkung auch ein Mehr an Sicherheit gegenübersteht. Mit den gleichen Schwierigkeiten hätte vermutlich auch eine neue, von den Banken getragene europäische Debitkarte zu kämpfen, die sich die Politik wünscht.

Beim Mobile Payment ist der Markt erst dabei, sich zu finden. Länderübergreifend funktioniert nur, was auf den internationalen Kartenmarken basiert. Von Sepa-fähigen Lösungen nach dem Motto "any mobile phone at any terminal" ist nicht die Rede. Vielleicht hat die Politik diesen Bereich noch gar nicht wahrgenommen. Vielleicht fürchtet man aber auch, den sich entwickelnden Markt durch Regulierung in seiner Entwicklung zu hemmen und hält sich deshalb zurück. Diese regulatorische "Schonfrist" wird sicher gebraucht.

Neu sortieren muss sich der Markt indessen auch bei den neuen Sepa-Formaten. Keine Frage: Ein dauerhafter Parallelbetrieb der Systeme ist ein nicht unbeträchtlicher Kostenfaktor. Eben deshalb hätte man davon ausgehen dürfen, dass die Banken diesen unbefriedigenden Zustand auch ohne fixes Enddatum früher oder später beenden würden. Was schadet eine längere Übergangsphase, solange die Kunden die Möglichkeit haben, die neuen Formate zu benutzen? Warum sollen sich Sepa-Produkte nicht mit bewährten Systemen messen dürfen? Und warum droht man das Entstehen einer weiteren europäischen Debitmarke an der Interchange-Frage scheitern zu lassen? So unterentwickelt, dass die 24 daran arbeitenden Banken Monnet zu Phantasiepreisen in den Markt drücken könnten, ist der europäische Kartenmarkt nun wirklich nicht. Etwas mehr Markt würde Sepa sicher gut tun. Dann ließen sich private wie gewerbliche Kunden auch im kritischen Umfeld "mitnehmen", wie es neudeutsch heißt. Und ihnen sollte der einheitliche Zahlungsverkehrsraum doch eigentlich zugute kommen.

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