Lobbyarbeit

Interessenvertretung in der Gruppe: Engagement auf allen Ebenen

"Lobbyarbeit" für eine regionale Volksbank ist zunächst einmal eine sehr abstrakte Thematik. Sie wird erst konkret, wenn man sich mit diesem Thema ausführlich auseinandersetzt und Zeit findet, die unterschiedlichen Ebenen der Lobbyarbeit in der genossenschaftlichen Organisation zu beleuchten. Zunächst einmal ist für ein Vorstandsmitglied einer Volksbank neben der Förderung der Mitglieder der Genossenschaft der wirtschaftliche Erfolg der eigenen Bank die Ultima Ratio, an der sich alles orientiert. Die Prioritäten des Denkens und Handelns werden von dieser Maxime bestimmt und daher wird Lobbyarbeit der Verbundunternehmen und der Verbände meist nur am Rande in der sogenannten "Primärstufe" wahrgenommen.

Immer dann, wenn in der Öffentlichkeit aber kritische Themen auftauchen, die das Bankgeschäft und das genossenschaftliche Wertesystem tangieren und die auch in der Presse und den Medien Nieder schlag finden, sollte ein Vorstand einer Volksbank auf Unterstützung subsidiärer Einheiten zurückgreifen können, da es undenkbar ist, dass ein Vorstand einer Durchschnittsvolksbank - wie es die Vereinigte Volksbank eG ist - zu allen Themen spontan Auskunft geben kann und dieser weder Zeit noch Muße hat, alle relevanten Themen immer und jederzeit kompetent parat zu haben.

Lobbyarbeit fängt bei der Volksbank selbst an

Dabei macht die Volksbank selbst durch ihre Öffentlichkeitsarbeit vor Ort - vielleicht sogar unbewusst - permanent Lobbyarbeit und trägt mit einem Mosaiksteinchen zu dem großen, kräftigen Bild der Gruppe der deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken bei. Insoweit müsste daher auch jedes Vorstandsmitglied einer Volksbank wissen, was an welcher Stelle des genossenschaftlichen Verbundes wer an konkreter Lobbyarbeit leistet und welche Ziele mit dieser Lobbyarbeit realisiert werden sollen. Diese Informationen adressatengerecht zur Verfügung zu stellen, wird aller dings wahrscheinlich nur schwer gelingen.

Die regionalen Volksbanken sind fester Bestandteil des Wirtschaftslebens vor Ort und mit den Kommunen, Behörden und Institutionen in aller Regel bestens vernetzt. Zudem sollte die Volksbank auch regional immer wieder deutlich machen, dass die örtliche Genossenschaft meist mit weitem Abstand die größte privatwirtschaftliche Personenvereinigung in der jeweiligen Region ist. Die Vereinigte Volksbank eG im Regionalverband Saarbrücken hat fast 31000 Mitglieder und stellt damit im Saarland die zweitgrößte wirtschaftliche Personenvereinigung dar. Dieses Potenzial könnte auch den regionalen Entscheidungsträgern, politischen Mandatsträgern und öffentlichen Stellen noch deutlicher vor Augen geführt werden.

Regionale Lobbyarbeit muss daher dort ansetzen, wo es insbesondere um das Image und die Fachkompetenz der örtlichen Volksbank geht. Durch alle Aktivitäten, die auf diese zwei Begriffe einzahlen, wird das Bild der Volksbank in der Öffentlichkeit geprägt - in positiver wie in negativer Sicht. Zwangsläufig muss daher die örtliche Volksbank auch auf die Lobbyarbeit der Zentraleinheiten des Verbundes zurückgreifen und darüber informiert sein, weil nur dann eine transparente Verbindung erlebbar und nachvollziehbar hergestellt werden kann. Hier können aber schon erste Zielkonflikte entstehen.

Durch die Autonomie der örtlichen Bank vor Ort, die ihr großer und unschätzbarer Wettbewerbsvorteil ist und bleiben muss, kann es aber dazu kommen, dass das regionale und von der Verwaltung der Volksbank angestrebte Image nicht 1:1 mit dem von den Zentraleinheiten initiierten Bild der Gruppe der Volksbanken und Raiffeisenbanken korreliert.

Mit deutlichen Worten auf Schwachpunkte hinweisen

Aber über die Meinungsträger in der Region, die auch gleichzeitig Kunden der örtlichen Volksbank sein können und darüber hinaus vielleicht auf landespolitischer oder bundespolitischer Ebene in für die Gruppe der Volksbanken wichtige Entscheidungen einbezogen werden, kann durch die Bank vor Ort ein unmittelbares und direktes Bild einer Volksbank gezeichnet werden, das letztlich dann auch Einfluss auf Entscheidungen dieser Meinungsträger nimmt.

Auch die politischen Entscheidungsträger - seien es Landtags- und Bundestagsmitglieder oder Mitglieder des Europäischen Parlaments - sind wahrscheinlich dankbar, wenn sie konkrete Aussagen von Vorstandsmitgliedern von Volksbanken im Originalton erhalten, denn so unmittelbar und deutlich wird wahrscheinlich ein Verband auf politischer Ebene nicht argumentieren können. Diese Klarheit der Argumentation ist auch für die politischen Entscheidungsträger wohltuend.

Hinzu kommt, dass meist erst dann nach Lobbyarbeit gerufen wird, wenn ein Problem schon virulent wird. "Das hätte man doch vorher wissen müssen - wieso hat man nichts getan?" sind dann die harmlosesten Fragen. Dabei weiß eigentlich kaum jemand in einer örtlichen Volksbank, was alles an überregionaler oder bundesweiter Lobbyarbeit geleistet wird - geschweige denn, dass man über europäische Aktivitäten unserer genossenschaftlichen Organisation ausreichend informiert ist.

Regionale Lobbyarbeit der Verbände

Der regionale Genossenschaftsverband ist für die örtliche Volksbank in erster Linie Prüfungsverband, dann aber auch Beratungs- und Betreuungsverband. Spezielle Lobbyarbeit vermutet man kaum, sie wird aber tatsächlich in nicht unerheblichem Maße geleistet, da die Vertreter der Genossenschaftsverbände in zahlreichen Gremien auf Landesebene vertreten sind und dort die Interessen der Volksbanken und Raiffeisenbanken einbringen können.

Schwer zu lösen ist die Problematik der Einheit in Vielfalt der genossenschaftlichen Organisation. Was für die eine Volksbank eminent wichtig in der Lobbyarbeit wäre, kann für die Nachbarbank schon von absolut untergeordneter Bedeutung sein. So setzt die Lobbyarbeit der Regionalverbände grundsätzlich an der überbordenden Regulierung des deutschen Bankensystems an. Dies ist ein Thema, von dem sich bestimmt fast alle Volksbanken und Raiffeisenbanken betroffen fühlen und das es auch aus Sicht der Banken zu beherrschen gilt. Die Parlamentarischen Abende des Genossenschaftsverbandes, die als eine wichtige Kommunikationsplattform installiert wurden, sind ein nutzenstiftendes Instrument der regionalen Lobbyarbeit und sollten daher noch häufiger angeboten werden.

BVR bündelt die Interessen

Können die regionalen Genossenschaftsverbände und auch die Volksbanken und Raiffeisenbanken vor Ort noch unmittelbar durch ihr Tun und praktisches Handeln auf die Entscheidungsträger einwirken, so hat der Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e. V. die Aufgabe, die Interessen der gesamten Gruppe zu bündeln und Lobbyarbeit in vielfältiger Hinsicht zu koordinieren und auch selbst durchzuführen.

Nach Einschätzung des Autors gelingt dies aktuell in einer Qualität, die es zumindest die letzten 35 Jahre noch nie auf so hohem Niveau in unserer genossenschaftlichen Organisation gegeben hat. Lobbyarbeit an dieser Stelle muss leise, konsequent, kompetent und glaubwürdig gemacht werden und genau diese Attribute treffen auf die Lobbyarbeit des aktuellen BVR zu.

Das eigene Ego zurücknehmen

Absolut kontraproduktiv und auch in keiner Weise im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip unserer Organisation steht allerdings die Tatsache, dass es neben dem BVR noch eine Interessengemeinschaft der kleinen und mittleren Genossenschaftsbanken gibt. Mittlerweile denken sogar die großen Volksbanken anscheinend über eine eigene Interessenvertretung nach. Diese Aktivitäten können unser derzeit positives Bild bei den Entscheidungsträgern und Meinungsbildnern dann negativ beeinflussen, wie sie auch politische Lobbyarbeit machen, was aber derzeit nicht beobachtet werden kann. Dennoch darf man sich natürlich fragen, ob auch die genossenschaftsinterne Lobbyarbeit dieser Interessenvertretungen sinnvoll ist und ob es nicht viel zielführender für das Bild der Gruppe wäre, wenn nur die Verbände, in abgestimmter und koordinierter Zuständigkeit und Verantwortung, Lobbyarbeit leisten.

Lobbyarbeit kann immer nur mit einer Stimme sprechen und Lobbyarbeit kann immer nur aus einer inhaltlichen Richtung kommen und auch nicht in einer - nach außen zwar homogenen - innerlich aber heterogenen Gruppe von verschiedenen Interessen geleitet werden.

Mandatsträger einer regionalen Volksbank vor Ort zu sein bedeutet daher auch, manchmal das eigene Ego zurückzunehmen und es den Gesamtinteressen der Gruppe aller Volksbanken und Raiffeisenbanken unterzuordnen. Engagement auf internationaler Ebene verstärken Im Bereich der Zunahme der regulatorischen Anforderungen haben wir durch unsere Vertreter vom BVR schon zahlreiche nennenswerte und wichtige Erfolge errungen. Dies ist auch der Bereich der Lobbyarbeit, der sicherlich von niemandem in unserer Organisation in Frage gestellt wird. Existieren aber noch andere gruppeninterne Interessenvertretungen mit Ambitionen in politischer Lobbyarbeit, so fragen sich natürlich auch die politischen Entscheidungsträger, für welchen Teil der genossenschaftlichen Gruppe der BVR spricht und argumentiert.

Auf internationaler Ebene muss die deutsche genossenschaftliche Organisation aus Sicht unserer Volksbank sicher ihr Engagement im Rahmen der Lobbyarbeit deutlich verstärken. Konkrete Ansätze dazu liegen bereits vor. Dies vor dem Hintergrund, dass es in den allermeisten Ländern in Europa keine vergleichbare genossenschaftlich orientierte Bankengruppe mehr gibt.

DZ Bank sollte sich einbringen

Dabei muss aus unserer Sicht sogar deutlicher und manchmal auch lauter als bisher auf die Erfolge unserer Gruppe, auf die lange und erfolgreiche Tradition und auf die genossenschaftlichen Prinzipien hingewiesen werden - und dies insbesondere in diesem von den Vereinten Nationen ausgerufenen "Jahr der Genossenschaften."

Wenn auch sicherlich in der Arbeitsteilung zwischen BVR und DZ Bank die Lobbyarbeit beim BVR angesiedelt ist, so sollte durchaus auch die DZ Bank - abgestimmt und koordiniert - ihre derzeit exponierte Position am deutschen Bankenmarkt in die Lobbyarbeit einbringen und hier sehr stark unterstützend wirken.

Die DZ Bank sollte als Spitzeninstitut der deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken überall, wo es angebracht er scheint, deutlich machen, dass sie gemeinsam mit den ihr verbundenen Genossenschaftsbanken die Krise der letzten vier Jahre bislang stets ohne externe Hilfe gemeistert hat und dies als besonderes Prae der Gruppe herausstellen. Vielleicht werden dann auch einige regulatorische Eskapaden, die noch diskutiert werden, revidiert und man erkennt auch auf internationaler Ebene, dass unsere Gruppe bestens aufgestellt ist.

Lobbyarbeit ist für die örtliche Volksbank eine Holschuld

Die Lobbyarbeit hilft aber auch ganz konkret vor Ort - auch unserer Volksbank hier im Regionalverband Saarbrücken. Flankiert durch die Aktivitäten des BVR zur Mitgliedschaft haben wir uns schon vor Jahren zu einer klaren Positionierung als Mitgliedervolksbank entschieden und diese auch in separaten Vertreterversammlungen präsentiert. Als "Mitgliedervolksbank" können wir uns nur positionieren, weil unsere Interessenvertreter vom Genossenschaftsverband und vom BVR dafür gesorgt haben, dass die Mitgliedschaft auch gesellschaftlich als hohes Gut anerkannt ist und im "Jahr der Genossenschaften" auch ihre breite Anerkennung findet.

Ich kann als verantwortungsbewusster Vorstand einer örtlichen Volksbank nicht erwarten, dass mir alle notwendigen Informationen aus der Lobbyarbeit unserer Organisation immer mundgerecht aufbereitet werden. Daher ist es Pflicht der Vorstände, sich thematisch mit den Themen der Lobbyarbeit auseinanderzusetzen. Hier tritt nur das Problem der Informationsüberflutung auf, mit dem auch eine Durchschnitts-Volksbank täglich zu kämpfen hat. Gut gemeinte Informationen über Lobbyarbeit werden häufig verkannt, weil sie noch nicht so priorisiert werden, wie sie dies vielleicht verdient hätten, denn stets geht das Tagesgeschäft vor. Wie wichtig strukturierte Lobbyarbeit auch auf höchster politischer Ebene für eine Volksbank sein kann, wird sicher vor allem dann deutlich, wenn sie aus Kostengründen oder anderen Überlegungen nicht mehr adäquat geleistet wird.

Durch Konzentration der Kräfte Herausforderungen meistern

Die Herausforderungen für eine erfolgreiche politische Lobbyarbeit unserer Gruppe sind gewaltig - vor allem auf internationaler und nationaler Ebene. Die Interessenvertreter argumentieren häufig mit Entscheidungsträgern, die ein angelsächsisch geprägtes Bankensystem als Zielfoto im Kopf haben und nicht nachvollziehen können, wieso mittelständisch geprägte Banken das Rückgrat des erfolgreichen Bankensystem in Deutschland bilden. Daher muss alle Kraft der gesamten Gruppe der Volksbanken und Raiffeisenbanken gebündelt werden, um unsere Einzigartigkeit, Solidität und Einheit in Vielfalt auch europaweit anerkannt zu bekommen.

Wenn Deutschland schon überall als Musterschüler angesehen wird, warum dann nicht auch bei dem dreigliedrigen Aufbau unseres Bankensystems mit der wichtigen Säule der Genossenschaftsbanken, die all die Jahrzehnte stabilisierend gewirkt hat?

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