Im Gespräch

"Österreichische Banken sind schlanker aufgestellt als deutsche"

Seit dem vergangenen Jahr ist die Bank für Tirol und Vorarlberg unter der Marke BTV Vier Länder Bank unterwegs. Wird diese Marke auch in Österreich gebraucht oder nur im Ausland?

Die Marke ist in allen Märkten in Gebrauch, in denen wir unterwegs sind, also in Österreich, der Schweiz, Italien und Deutschland. Ihre Einführung war der Expansion geschuldet. Die BTV wurde 1904 mit zwei Niederlassungen in Innsbruck und Bregenz gegründet, später kam Vorarlberg hinzu. Im Zuge der Expansion im Jahr 2004 in die Schweiz und 2006 nach Deutschland war die alte Marke nicht mehr ganz zeitgemäß. Insofern war es an der Zeit, dieser Entwicklung Rechnung zu tragen und den Namen zu ändern.

Wie viele Kunden haben Sie derzeit in Deutschland? Und wie viel steuert Deutschland zum Ergebnis bei?

Deutschland ist von den Auslandsmärkten sicher der stärkste Markt. Bisher sind wir pro Jahr immer zweistellig gewachsen. Ertrags- und volumenmäßig entwickelt sich das Firmenkundengeschäft deutlich schneller als das Privatkundengeschäft, denn dort haben wir uns auf das Management von liquiden Vermögen konzentriert. Und bis man in diesem Segment Vertrauen gewinnt, dauert es erfahrungsgemäß etwas länger. Insgesamt haben wir in Deutschland etwa 600 Firmen- und 1[000] Privatkunden.

Einer der Gründe für die Konzentration der Bank auf Österreich, die Schweiz, Norditalien und Süddeutschland ist die Vergleichbarkeit der Marktstrukturen im Alpenraum. Inwieweit ähneln sich diese Märkte?

Der Wirtschaftsraum Tirol, Vorarlberg, Norditalien, Ostschweiz, Bayern und Baden-Württemberg ist stark geprägt von familiengeführten mittelständischen Unternehmen. Das macht diese Region für uns als mittelständische Bank so einzigartig.

Einen starken Mittelstand gibt es zumindest in Deutschland aber nicht nur im Süden...

Das ist richtig. Natürlich ist die deutsche Wirtschaft auch in anderen Bundesländern von einem starken Mittelstand geprägt. In Bayern und Baden-Württemberg ist der familiengeführte Mittelstand aber eindeutig am stärksten ausgeprägt.

Das Verständnis des Begriffs Mittelstand variiert ja ziemlich stark. Wie definieren Sie "Mittelstand"?

Für uns sind Mittelständler Unternehmen mit einem Umsatz von zehn Millionen bis zu einer Milliarde Euro Umsatz.

In Bayern sind auch andere österreichische Banken tätig, die sich auf die gleiche Zielgruppe konzentrieren. Wird da der Markt nicht langsam eng?

Neben uns sind die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich und die Oberbank mit Niederlassungen in Bayern tätig. Die anderen Häuser bearbeiten den Markt aus Österreich heraus. Der süddeutsche Raum ist jedoch ein großer Wirtschaftsraum, in dem wir uns nicht gegenseitig verdrängen. Im Gegenteil - man begegnet einander nur selten.

Im Mittelstandsgeschäft konzentrieren Sie sich auf die Nische zwischen Sparkassen- und Genossenschaftsbanken einerseits und den Großbanken andererseits. Wie definieren Sie diese Nische?

Ab einer Größenordnung von zehn bis 15 Millionen Euro stoßen Sparkassen bei Finanzierungen häufig an ihre Grenze. Die Genossenschaftsbanken winken meist schon früher ab. Natürlich könnten beide ihre jeweiligen Spitzeninstitute mit ins Boot holen. Das wird aber in der Praxis nicht so häufig gemacht. Außer der Sparkasse München gibt es im süddeutschen Raum eigentlich keine Bank in unserer Größenordnung.

Wir können in unserem Haus ohne weiteres Finanzierungen in Höhe von zehn bis 30 Millionen Euro darstellen, bei denen sich Sparkassen eher schwer tun. Das sind auch die klassischen Segmente, bei denen wir ins Geschäft kommen. Zudem bieten wir im Gegensatz zu Großbanken einen hohen Grad an Flexibilität und Schnelligkeit. Und wir agieren unabhängig. Die Mittelstandsinitiativen der Großbanken spüren wir im operativen Geschäft wenig.

Sie wollen Unternehmen auch in Krisenzeiten ein verlässlicher Partner sein. Wie haben Sie in dieser Hinsicht die letzten Jahre erlebt?

Das Wichtigste ist die Transparenz. Es gibt Unternehmen, die versuchen, gerade in schwierigen Zeiten vieles zu verschleiern und sich besser darzustellen als sie eigentlich sind. Mit diesen Unternehmen hat man fast immer Schwierigkeiten, denn Cash lügt nie. Unternehmen begleitet man am erfolgreichsten, wenn sie akute Probleme offen darlegen und mit der Bank über Lösungen sprechen. Ein großes Plus des Mittelstands ist: Wenn ein Mittelständler eine Krise überwunden hat und die Bank entsprechend dazu beigetragen hat, bleibt man der Bank innerhalb gewisser Bandbreiten auch treu. Konditionenhopping ist bei einem Großteil des Mittelstands kein Thema.

In welchem Maße sind unternehmerische Hilfestellungen seitens der Bank gefragt?

Das Thema ist in erster Linie ein psychologisches. Beispiel Nachfolgeregelung: Hier muss der Gründer loslassen - ohne gleich wieder einzugreifen, wenn etwas nicht so läuft, wie er es sich vorstellt. Das ist ein Thema, über das wir mit Unter nehmern sprechen.

Gerade bei Mittelständlern ist die Verbindung zwischen dem Firmengeschäft und dem Unternehmer als Privatkunde ein wichtiges Thema. Welche Synergien können Sie hier erzielen?

Wir haben zwar eine Vollbanklizenz und könnten theoretisch alles anbieten. Spezialisiert haben wir uns aber auf das Management des liquiden Vermögens. Und hier ist der Unternehmer natürlich der Kunde schlechthin. Denn wirklich große Vermögen sind in der Regel aus einem Unternehmen erwirtschaftet worden. Insofern bildet der Unternehmer bei uns letztlich die Kernzielgruppe im Privatkundengeschäft. Hier besteht die große Herausforderung darin, die Firmenkunden- und die Privatkundenberater zusammenzubringen. Als kleinere Bank tun wir uns damit vermutlich etwas leichter als große Häuser.

Das Vermögensmanagement ist in der Regel ein nachgelagerter Schritt. Erst wenn man sich auf der Firmenseite bewiesen hat, erhält man die Chance, auch auf der privaten Seite aktiv zu werden. Aus unserer jungen Geschichte heraus hinken wir hier in Deutschland noch etwas hinterher. Aber die jüngere Vergangenheit zeigt, dass eine zunehmende Zahl von Unternehmern kein Problem damit hat, auch für ihre privaten Finanzen unsere Dienste anzunehmen.

Eine Voraussetzung ist natürlich: Dem Unternehmen muss es gut gehen, es muss wirtschaftlich gesund sein. Es gibt natürlich auch Fälle, in denen Kunden grundsätzlich strikt zwischen Privat -, und Firmenvermögen trennen.

Funktioniert die Geschäftsvermittlung auch in umgekehrter Richtung, also vom Privatkunden- zum Firmengeschäft?

Natürlich hat es auch schon Fälle gegeben, in denen ausgehend vom Vermögensmanagement für den aktiven Unternehmer Kontakte zum Firmenkundengeschäft generiert werden. Dieser Ansatz ist aber vergleichsweise vernachlässigbar.

Unser Hauptansatz im Privatkundengeschäft ist der Generationswechsel im Unternehmen, also wenn nach dem Ausscheiden des "Seniors" Gelder fließen. Da funktioniert die Überleitung vom Privat- zum Firmenkundengeschäft natürlich nicht.

Sind Freiberufler für Sie Firmen- oder Privatkunden? Oder machen Sie beides?

Der Freiberufler ist bei uns nur dann Zielkunde, wenn er über entsprechende Vermögenswerte verfügt. Die Finanzierung einer Praxisneugründung machen wir nicht.

Wie definieren Sie Ihre Zielgruppe im Privatkundengeschäft?

Wir konzentrieren uns auf das Management des liquiden Vermögens. Dieses sollte zumindest 250 000 Euro umfassen.

Wie bewerten Sie den Wettbewerb in diesem Segment?

In diesem attraktiven Segment sind wir natürlich nicht allein unterwegs. Allerdings ist der Kuchen groß genug für alle. Im Wettbewerb hilft uns als BTV in den letzten Jahren vor allem die allgemeine Unsicherheit bei den Anlegern. Da wir durch unsere konservative Art sowohl im Management der Bank als auch in der Vermögensanlage für unsere

Könnten Sie sich auch die Expansion in nördlichere Regionen Deutschlands vorstellen?

Privatkundenteams haben wir derzeit in München und Augsburg und gehen von da aus mobil in die Regionen. Sie müssen bedenken: Unsere Heimatregion Tirol und Vorarlberg hat zusammen nicht einmal eine Million Einwohner. Und Bayern ist größer als ganz Österreich.

Die Notwendigkeit, das Geschäftsgebiet weiter drastisch auszudehnen, gibt es für uns deswegen in einer überschaubaren Zeit nicht.

Durch Netzwerkkontakte kann es sich natürlich ergeben, dass sich ein vermögender Privatkunde aus Hamburg an uns wendet. Wenn sich das vom Volumen her lohnt, würden wir auch den mit unserem mobilen Vertrieb betreuen. Aktive Kundenakquisition betreiben wir außerhalb Süddeutschlands jedoch nicht.

In Österreich sind Sie auch im Mengengeschäft unterwegs. Warum klammern Sie das in Deutschland aus? Könnten sich daraus nicht sinnvolle Skaleneffekte ergeben?

In Österreich sind wir eine komplette Universalbank inklusive Schaltergeschäft. Die Zielgruppe ist - auf Tiroler Verhältnisse umgelegt - eine ähnliche wie hier. Auch das "Mengengeschäft" bewegt also nicht solche Volumina wie andere Sektoren. Allerdings ist in Tirol kein Vermögen von 250000 Euro das Einstiegskriterium, sondern wir bieten dort auch das klassische Gehalts- und Girokonto für den Angestellten an.

In Deutschland dagegen haben wir kein Schaltergeschäft. Unsere fünf Filialen in München, Augsburg, Memmingen, Ravensburg und Stuttgart sind reine Beratungsräume, bei denen der Kunde gleich merkt, dass wir für ihn Zeit haben. Der Kunde, der bei uns in der Vermögensverwaltung ein Konto oder Depot hat, kann zwar auch die Leistung eines Girokontos nutzen. Isoliert bieten wir das aber nicht an.

Dadurch, dass wir nur dort tätig sind, wo der Kunde eine Beratungsleistung in Anspruch nimmt, sind wir relativ schlank aufgestellt und haben deshalb auch unsere Kosten recht gut im Griff. Würden wir ins Mengengeschäft einsteigen, wäre das zwar mit Skaleneffekten, jedoch auch mit deutlich höheren Kosten verbunden.

Ihre Cost Income Ratio von 45,6 Prozent bewegt sich ja im Grunde auf Direktbankniveau. Erreichen Sie das also durch den Verzicht aufs Mengengeschäft?

Die österreichischen Banken sind in diesem Bereich im Schnitt alle etwas besser aufgestellt als die deutschen. Denn der österreichische Bankenmarkt ist durch die kleinteiligen Strukturen und die vielen Banken einer der wettbewerbsstärksten in Europa. Dementsprechend kann man im Wettbewerb nur mithalten, wenn man auf der Prozessseite entsprechend schlank aufgestellt ist. Nur so ist es möglich, im österreichischen Bankenmarkt langfristig bestehen zu können. Diese Strukturen haben wir auch in Deutschland übernommen.

Hinzu kommt die vorsichtige Risikopolitik. Die Ausfallquote in unserem Portfolio liegt unter 0,5 Prozent.

Und die Refinanzierung über Einlagen ist auch vergleichsweise günstig?

Ja. Wir refinanzieren das gesamte Kreditgeschäft über unsere Einlagen. Das ist eine strategische Leitplanke, die wir uns selbst auferlegen.

Mit welchem Gebührenmodell arbeiten Sie im Privatkundengeschäft? Gibt es einen Trend zur Honorarberatung?

Im Vermögensmanagement arbeiten wir inzwischen fast ausschließlich mit All-in-Fes. Hier geht der Trend eindeutig in diese Richtung.

Dort, wo der Kunde selbst in die Entscheidung mit eingebunden ist, werden über wiegend transaktionsabhängige Gebühren berechnet. Zwar haben wir auch hier die Möglichkeit, ein Beratungshonorar oder eine All-in-Fee zu vereinbaren. Das wird aber nur vereinzelt genutzt. Denn in Marktphasen wie derzeit, in denen ein hoher Cash-Anteil gefahren wird, ist der Kunde nicht unbedingt bereit, eine Pauschale zu zahlen. Das würde nämlich dazu führen, dass der komplette Zinsertrag in die Beratungspauschale fließt. In Phasen mit niedrigen Zinsen funktioniert ein Honorarmodell deshalb nicht.

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