Im Gespräch

"Der Reisescheck ist für Banken ertragreicherals Sorten"

In welchem Umfang werden heute noch Reiseschecks genutzt? Das Produkt ist 117 Jahre alt, hat aber nach wie vor hohe Relevanz für uns. Weltweit haben wir damit 2007 über 17 Milliarden US-Dollar umgesetzt. Täglich werden 680 000 Reiseschecks in der Welt eingelöst. 2007 wurden allein 100 Millionen Dollar in Ersatzleistungen erbracht, was die Bedeutung des Sicherheitsaspekts beim Reisescheck unterstreicht. Weltweit gibt es 120 000 Einlösestellen, an denen Reiseschecks gebührenfrei gegen Bargeld eingelöst werden können. Mit Hilfe eines neuen Navigationssystems im Internet lassen sich Einlösemöglichkeiten am Reiseziel suchen. Von den Einlösestellen zu unterscheiden sind die Akzeptanzstellen, bei denen der Travelers Cheque zum Zahlen genutzt werden kann. Ihre Zahl liegt bei über einer Million, mit weiter steigender Tendenz. Sind die genannten Zahlen zur Nutzung des Travelers Cheques stabil? Weltweit sind sie stabil, allerdings mit Unterschieden in den einzelnen Märkten. In Deutschland etwa hatten wir eine Phase, in der die Zahlen rückläufig waren. 2007 gab es jedoch einen Wachstumstrend. 2008 liegt das Wachstum bisher ebenfalls im zweistelligen Prozentbereich. Auch in Südamerika, Südafrika, Russland oder China wachsen die Umsätze. Über welche Vertriebswege werden Reiseschecks verkauft? Nach wie vor werden Reiseschecks zu 95 Prozent über Finanzinstitute vertrieben. Dabei ist die Sparkassenorganisation am stärksten vertreten. Insgesamt haben wir über 1 800 verschiedene Vertriebspartner. Dazu zählen auch alle großen Geschäftsbanken mit Ausnahme der Deutschen Bank. Im Sortengeschäft wurde vielfach auf Mail-Order-Verfahren umgestellt. Betrifft das auch den Reisescheck? Viele Banken haben mittlerweile auf Mail-Order-Verfahren umgestellt, aber die Mehrheit verkauft Reiseschecks, die Konsignationsware und somit kein totes Kapital sind, nach wie vor aus dem Bestand. Dort, wo die Umstellung auf Mail-Order-Verfahren erfolgt ist, ist meist ein Umsatzrückgang zu beobachten. Denn viele Kunden wollen die Reisezahlungsmittel gleich mitnehmen. Wen betrachten Sie als Ihre wichtigste Konkurrenz? Richtige Mitbewerber haben wir im Bereich Travelers Cheque nicht. Als unsere Konkurrenz sehen wir deshalb das Bargeld. Deutschland ist weltweit der zweitgrößte Markt in der Relevanz von Reisezahlungsmitteln im Ausland. Insgesamt werden 44 Milliarden Euro jährlich auf Reisen ausgegeben, davon etwa 80 Prozent in Europa. 54 Prozent des Reisegeldes der Deutschen entfallen auf Bargeld. Insgesamt nehmen die Deutschen 2,8 Milliarden Euro an Fremdwährungen auf Reisen mit. Und das ist derjenige Anteil des Reiseportemonnaies, bei dem wir unser Potenzial sehen. Dazu haben wir 2007 eine spezielle Cash-Conversion-Strategie entwickelt. Wie sieht die Cash-Conver-sion-Strategie aus? In der Vergangenheit haben die meisten Banken Reiseschecks ohne Wechselkursspanne, dafür aber gegen ein Verkaufsentgelt vertrieben. So waren die Reiseschecks für den Kunden immer günstiger als Sorten. Wir wollen den Reisescheck nicht verteuern. Selbst bei Berechnung einer Wechselkursspanne, die etwas geringer ist als bei Sorten, ist das Produkt für den Kunden aber immer noch günstiger als Bargeld mit dem zusätzlichen Argument der Sicherheit. Bei der Beurteilung der Ertragskraft des Reiseschecks sollten Banken übrigens nicht nur die Marge bei Sorten berücksichtigen, sondern auch die damit verbundenen Kosten. Wenn man das gegenrechnet, lässt sich klar herausstellen, dass Reiseschecks ertragreicher sind als Sorten. Neben Wechselkursspanne und Verkaufsentgelt spielen auch Incentives eine Rolle. Zudem muss man für Reiseschecks nicht im voraus bezahlen, sondern sie sind Konsignationsware. Das alles spiegelt sich in der Ertragsrechnung wider. Wie unterstützen Sie Ihre Vertriebspartner? Zum einen helfen Schulungen, den Bedarf zu erkennen, wenn ein Kunde nach Fremdwährungen, vor allem nach US-Dollar, fragt. Dann kann man statt Bargeld Reiseschecks anbieten. Marktuntersuchungen bestätigen, dass der Kunde in der Regel das nimmt, was ihm am Schalter empfohlen wird. Daneben entwickeln wir immer wieder Kampagnen. Seit 1. Juni bis Ende August läuft eine Sommeraktion, in deren Rahmen Reiseschecks in US-Dollar ab einem Gegenwert von 750 Euro ohne Verkaufsgebühr verkauft werden. (Über diesem Mindestwert liegen erfahrungsgemäß zwei Drittel aller US-Dollar-Verkäufe.) Dabei erstattet American Express den Banken die entgangene Verkaufsgebühr. Außerdem werden die Vertriebspartner mit Werbemitteln unterstützt. Was die Verwendung des Werbematerials angeht, haben wir die größten Erfolge mit Hinweisen auf Kontoauszügen. Das wird vor allem von Postbank und Commerzbank und vielen Sparkassen intensiv genutzt. In England planen wir ein Pilotprojekt mit vorverpackten Reiseschecks. Dabei sind Reiseschecks im Wert von 500 US-Dollar in verschiedenen Stückelungen zu einem Päckchen verpackt. Das macht den Verkauf, die Bestandsverwaltung und die Abrechnung einfacher. Ein ähnlicher Pilottest ist auch für Deutschland denkbar - eventuell sogar in Form gemischter Pakete aus Reiseschecks und Sorten. Eventuell könnte man solche Päckchen sogar mit einem Barcode versehen, den man zum Verkauf einfach nur scannen müsste. Dann ließe sich der Reisescheck etwa auch beim Discounter an der Kasse verkaufen. Streben Sie derartige Kooperationen an? Das ist etwas, das wir prüfen müssen. In England werden die Prepacks zumindest während der Pilotphase über Banken vertrieben. Sehen Banken nicht gelegentlich die Gefahr, durch Reiseschecks ihr Kartengeschäft zu kannibalisieren? Schließlich nutzen viele Kunden die Kreditkarte nach wie vor überwiegend als Reisezahlungsmittel. Natürlich gibt es Kunden, die aus Sicherheitsbedenken den Einsatz ihrer Karte im Ausland scheuen und den Travelers Cheque als sichere Alternative nutzen. Grundsätzlich ist der Reisescheck jedoch als Ergänzungsprodukt zu Karten zu sehen, das sich nicht gegenüber Karten, sondern gegenüber Bargeld positioniert. Für größere Ausgaben wird meist die Kreditkarte gewählt. Der Reisescheck dient oft auch als Notreserve. Wie sehen die Gebührenstrukturen beim Travelers Cheque aus? American Express lebt eigentlich nur vom Float, also von der Anlage des Geldes zwischen Verkauf und Clearing. Akzeptanzstellen zahlen kein Entgelt. Ob sie ihrerseits für die Akzeptanz von Travelers Cheques ein Entgelt erheben, ist ihnen freigestellt. Auch die Preisgestaltung der Vertriebspartner liegt in deren Entscheidung. Das gilt sowohl für das Verkaufsentgelt als auch für die Wechselkursspanne. Beide verbleiben beim Ver triebspartner.

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