Mitarbeiter

Die selbststeuernde Vertriebsorganisation der Sparkasse Dachau

Im Gegensatz zu international tätigen Großbanken konzentrieren sich Sparkassen gemäß Sparkassengesetz ausschließlich auf ein festgeschriebenes Geschäftsgebiet und sind aus diesem Grunde auf nachhaltige Erträge ihrer regionalen Kunden angewiesen. Die Vertriebsmannschaft einer Sparkasse muss sich deshalb auf die verschiedenen und wechselnden Bedürfnisse ihrer Kundensegmente einstellen.

Erst wenn die Bank ihre Aktivitäten konsequent an den Erfordernissen der Kunden ausrichtet, wird die Kundenorientierung zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor. Um dies sicherzustellen, muss das Unternehmen beziehungsweise die Organisation imstande sein, sowohl innere als auch äußere Informationen (aus dem Markt) zu erfassen und das Vertriebsverhalten entsprechend anzupassen. Bei der Sparkasse Dachau existiert diese Art des organisationalen Lernens in Form von selbststeuernden Lern- und Unterstützungsprozessen, die sie selbst als bankbetriebliche Lernstatt und interne vertriebsunterstützende Prozesse definiert.

Die bankbetriebliche Lernstatt

Die Aufgabe der Lernstatt-Konzeption besteht darin, direkte Informationswege von den einzelnen Mitarbeitern zur Vorstandsebene (Bottom-Up) zu schaffen und das Wissen, die Kreativität und die Innovationsfähigkeit der Mitarbeiter nutzbar zu machen. Ziel ist es, Informationen zu vermitteln und die soziale und fachliche Kompetenz der Mitarbeiter zu fördern. Im Vordergrund steht das gemeinsame Lernen, wonach gewährleistet sein soll, dass alle Mitarbeiter einer Lerngruppe im Ergebnis die gleiche fachliche und soziale Qualifikation vorweisen können. Dazu finden beispielsweise regelmäßig Präsentationen der unterschiedlichen Mitarbeiterhierarchien vor dem Vorstand statt. Auch die Auszubildenden bekommen diese Chance. Bei der Sparkasse Dachau werden zwei Formen der bankbetrieblichen Lernstatt unterschieden:

Einerseits die sogenannten GVG-Besprechungen auf Ebene der Geschäftsstellenleiter (Führungsebene)

sowie andererseits die Vertriebssteuerungsbesprechungen für die einzelnen Beratergruppen (Beraterebene).

Besprechungen in Geschäftsstellenvergleichsgruppen

Um die einzelnen Filialen miteinander vergleichen zu können wurden Geschäftsstellenvergleichsgruppen (GVG) gebildet. Gleichartige Geschäftsstellen in Bezug auf Wettbewerbsumfeld, Personalausstattung, Kundenzahl, geografische Lage und Höhe des Geschäftsvolumens werden in vier GVG-Bereiche eingegliedert. So bildet die GVG 1 zum Beispiel die dem Volumen nach größten Geschäftsstellen ab.

Die GVG-Besprechungen werden für die Geschäftsstellenleiter jeweils einer GVG-Gruppe regelmäßig einberufen und dienen dem Informationsaustausch zwischen Sparkasse und Geschäftsstelle sowie auch der Filialen untereinander. Teilnehmer sind neben den Filialleitern und dem Vertriebsvorstand die Zielgruppenansprechpartner aus den Abteilungen Marketing, Controlling und Personalentwicklung sowie Vertreter aus den Verbundabteilungen (Bausparen, Versicherung, Immo, Wertpapier, Leasing) und dem Kreditbereich.

Innerhalb dieser Gruppenrunde wird der geschäftliche Verlauf jeder Vertriebseinheit offengelegt. Von den Geschäftsstellenleitern werden daraufhin individuelle Prob lemfelder (zum Beispiel Reaktionen von Kundengruppen bei Produktaktionen oder Produktinnovationen) angesprochen, zu denen in der Gruppe Handlungsmaßnahmen erarbeitet werden. So kann die Sparkasse Dachau Informationen und Verbesserungsvorschläge der Geschäftsstellen aufnehmen und verarbeiten, um zielgerichtet geschäftsstellenübergreifende Maßnahmen zu ergreifen. Anhand von praktischen Vertriebsbeispielen beziehungsweise echten Erfolgsmeldungen führt dies zu einer Steigerung der Vertriebsleistung, da am praktischen Fall erlebt wird, welche Leistungen möglich sind.

Vertriebssteuerungsbesprechungen

In den Vertriebssteuerungsbesprechungen werden dreimal jährlich die einzelnen Beratergruppen aus jeder Geschäftsstelle zu einer Veranstaltung eingeladen. In den Besprechungen geht es um die Entwicklung des Produkt- und Zielgruppengeschäftes der verantwortlichen Berater.

Zu Beginn stellt der Vorstand die Entwicklung der Sparkasse vor. Anschließend präsentieren Berater aus Geschäftsstellen mit einer überdurchschnittlich positiven Geschäftsentwicklung ihre Vertriebsergebnisse und legen dar, mit welchen Methoden und Maßnahmen dieser Erfolg realisiert werden konnte. Dies dient den übrigen Beratern dazu, Anregungen und Ideen zu sammeln, um ähnliche Maßnahmen für ihren Aufgabenbereich ableiten zu können. Im Anschluss an die Präsentationen begeben sich die Berater in Workshops mit den jeweiligen Ziel- und Produktgruppenansprechpartnern. In diesen Teams werden die Berater einerseits über Neuigkeiten und Veränderungen informiert, andererseits können im Dialog einzelne Problemfelder aufgezeigt sowie entsprechende Handlungsmaßnahmen abgeleitet werden.

Die virtuelle Geschäftsstelle als interne Unternehmensberatung

Neben der bankbetrieblichen Lernstatt als Gruppenarbeitskonzept gibt es bei der Sparkasse Dachau zwei weitere Ansätze. Zum einen die sogenannte virtuelle Geschäftsstelle und zum anderen die vertriebsunterstützenden Spezialabteilungen.

Die virtuelle Geschäftsstelle besitzt die Funktion einer internen Unternehmensberatung. Sie stellt keine typische Filiale im Sinne eines Kundenberatungscenters dar, sondern tritt als eine Art "Vorzeigefiliale" mit den leistungsstärksten Vertriebsmitarbeitern der Sparkasse Dachau in Erscheinung. Die Mitarbeiter der virtuellen Geschäftsstelle kommen aus unterschiedlichen Filialen. Sie bleiben in ihrer bisherigen Funktion eingesetzt und übernehmen zusätzlich den gleichen Aufgabenbereich in der virtuellen Geschäftsstelle. Im Einzelnen beinhaltet dies folgende Aufgaben:

Festigung und Weitergabe von Vertriebsphilosophien,

Umsetzung hauseigener Standards in Bezug auf Kundenzufriedenheit und Qualität,

Coaching von Führungskräften,

Training am Arbeitsplatz sowie

Einführung und Begleitung neuer Produkte oder Vertriebsoffensiven.

Mit der virtuellen Geschäftsstelle wird das Konzept des Best-Practice umgesetzt, wonach die besten Mitarbeiterleistungen im Unternehmen als Maßstab für die zu erbringenden Leistungen gesehen werden. Die Berater lernen damit von den besten Mitarbeitern der Sparkasse und richten ihre Vertriebsprozesse an der unternehmensinternen Bestleistung aus.

Dieses Instrument erweist sich als besonders effizient zur Förderung von Lernprozessen. Aufgrund des identischen Aufgabenfeldes von Berater und Consultant können fach- und aufgabenspezifische Problemstellungen gelöst werden. Hilfestellungen und Verbesserungsvorschläge werden von Mitarbeitern der gleichen Hierarchiestufe besser angenommen als Top-Down-Anweisungen, da sich der Berater mit dem jeweiligen Vertriebs con sultant identifizieren kann. Mit Hilfe des Trainings am Arbeitsplatz kann auf individuelle Probleme der Berater unmittelbar eingegangen werden, die Unterstützung erfolgt somit sehr praxis orientiert.

Vertriebsunterstützung

Die Aufgabe der fünf vertriebsunterstützenden Abteilungen besteht in der Unterstützung der Geschäftsstellen beim Vertrieb von Verbundprodukten:

1. Das Vermögensanlagezentrum für den Vertrieb von Wertpapierprodukten;

2. die Abteilung LBS für den Bereich Bausparen;

3. die Abteilung Immobilien für regionale Immobilienvermittlungen,

4. die Versicherungsabteilung für Versicherungslösungen,

5. die Abteilung Leasing, für alle Leasing-Produkte der Sparkasse.

Der Unterstützungsprozess verläuft dabei autonom. Auftretende Probleme im Vertriebs prozess oder sinkende Absatzzahlen veranlassen die Berater als Produktgruppenverantwortliche dazu, selbstständig Verbesserungsmaßnahmen einzuleiten. Falls innerhalb der Geschäftsstelle alle Handlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind, können die jeweiligen Verbundbereiche als Hilfestellung herangezogen werden.

Die Initiative zur Einleitung von Unterstützungsmaßnahmen kann ebenso von den Spezialabteilungen getroffen werden. Sobald mit Hilfe des Berichtswesens ein produktspezifisches Defizit festgestellt werden kann, setzt sich die entsprechende Verbundabteilung mit der Geschäftsstelle in Verbindung, um die Berater vor Ort in ihrer Vertriebstätigkeit zu unterstützen.

Mit Hilfe des organisationalen Lernens werden die Vertriebsprozesse konsequent an den Erfordernissen des Marktes beziehungsweise der Kunden ausgerichtet. Der Berater kann als Schnittstelle zwischen Kunde und Unternehmen Defizite und Problembereiche in detaillierter Form feststellen und zielgerichtete, kundenorientierte Verbesserungsvorschläge ableiten. Die Prozesse sind somit zu jeder Zeit auf die Bedürfnisse des Kunden ausgerichtet.

Quantitative und qualitative Ergebnisse

Welche Ergebnisse hierbei erzielt werden können, zeigt eine Analyse der Sparkasse: Die Absatzzahlen sind im Vergleich zur Branche deutlich überdurchschnittlich, und gleichzeitig bescheinigen die Kunden bei Befragungen dem Unternehmen sehr gute qualitative Leistungen (etwa bei Bedarfsorientierung und Fachkompetenz).

So konnte beispielsweise das Zinsergebnis von etwa 40 Millionen Euro im Jahr 2007 auf über 60 Millionen Euro gesteigert werden.

Das Provisionsergebnis stieg in dieser Zeit um über drei Millionen Euro. Das Ergebnis der operativen Tätigkeit stieg um über 40 Prozent.

Die virtuelle Geschäftsstelle ist also das tragende Instrument der selbstlernenden Vertriebsorganisation der Sparkasse Dachau. Neben quantitativen Verbesserungen erzielte die Sparkasse vor allem auch qualitative Ergebnisse (Basis Kundenbefragung 2006 bis 2010):

allgemeiner Zufriedenheitsindex mit 82,3 Prozent überdurchschnittlich;

Einsatz der umfassenden Bedarfsanalyse um 48 Prozent verbessert;

mehr als ein Fünftel der Befragten sagt, dass sich die Service- und Beratungsqualität innerhalb von drei Jahren weiter verbessert hat;

die Weiterempfehlungsbereitschaft hat sich um 20 Prozent erhöht.

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