Preispolitik

Sonderkonditionen für Neukunden: Pro oder Contra?

PRO

Steilvorlage für das Cross-Selling

Von Detlev Dietz - Trotz des derzeit schwierigen Marktumfelds will die Commerzbank nachhaltig und profitabel wachsen. 300 000 Neukunden sind im laufenden Jahr das Ziel. Bei der Gewinnung von neuen Kunden und neuem Geschäft spielen Sonderkonditionen eine strategisch entscheidende Rolle. Denn in Verbindung mit einer hohen Werbepräsenz schaffen sie Aufmerksamkeit im Markt und senken für Interessenten die Hemmschwellen zur Kontaktaufnahme.

Im Bereich Privat- und Geschäftskunden bewährt sich diese Strategie: Denn dort steigert die Commerzbank nicht nur ihre Kundenzahl, sondern gewinnt deutlich an Neugeschäft hinzu. Fast die Hälfte aller Neukunden im Filialgeschäft nutzt meh rere Produkte der Bank.

2,2 weitere Produkte nach einem Jahr

Vor allem das kostenlose Girokonto mit 50 Euro Startguthaben hat unter Beweis gestellt, dass es das Produkt mit dem höchsten Cross-Selling-Potenzial ist - ein ideales Einstiegs- und Ankerprodukt im Privatkundengeschäft. Mit dem Null-Euro-Konto hat der Vertrieb ein schlagkräftiges Instrument an die Hand bekommen. Das lässt sich auch an Zahlen festmachen: Wer ein kostenloses Girokonto eröffnet hat, nutzte zwölf Monate nach Beginn der Kundenbeziehung zusätzlich 2,2 weitere über die Commerzbank angebotene Produkte. Zum Vergleich: Die durchschnittliche Cross-Selling-Quote aller Neukunden beträgt 1,8.

Sehr gute Ergebnisse zur weiteren Neukundengewinnung verspricht sich das Haus von einer saisonalen Sonderkampagne. Anfang September startete eine auf wenige Wochen befristete Aktion, bei der das Startguthaben für das Null-Euro-Konto von 50 auf 75 Euro erhöht wurde. Bereits zu Ostern war eine vergleichbare Kampagne erfolgreich. Zurückgegriffen wurde dabei auf Erfahrungen aus Berlin, wo ein auf 100 Euro erhöhtes Startguthaben zu einem 2,5-fach höheren Neukundenwachstum während des Aktionszeitraums führte. Mit derartigen Kampagnen setzt die Commerzbank im Markt das Signal: "Wir greifen mit innovativen Produkten an."

In diesem Kontext spielt auch das Geschäft mit Einlagen eine wichtige Rolle. Im Frühjahr dieses Jahres wurde die Topzins-Anlage ins Portfolio aufgenommen. Sie richtet sich an Neukunden, die in angespannten Zeiten auf den Finanzmärkten ein sicheres Investment suchen und dabei nicht auf überdurchschnittliche Rendite verzichten wollen. Neben der qualitativ hochwertigen und kundenorientierten Beratung durch die Mitarbeiter sind attraktive Produkte die ausschlaggebenden Gründe für einen Wechsel der Bank. Neukunden werden durch diese Angebote auf die Commerzbank aufmerksam und können sich von der Beratungskompetenz und der Leistungsfähigkeit einen ersten Eindruck verschaffen.

Erhöhte Bereitschaft zur Weiterempfehlung

Der erste Kontakt kann der Beginn einer nachhaltigen Kundenbeziehung sein. Weitere Anknüpfungspunkte und Möglichkeiten zum Cross-Selling sind programmiert etwa wenn der Startguthaben-Scheck für das kostenlose Girokonto überreicht wird oder wenn der zwölfmonatige Anlagezeitraum der Topzins-Anlage abgelaufen ist. Für den Vertrieb bieten sich vielfältige Chancen, mit den Kunden über passende Anschlussprodukte wie Kreditkarten, Alters-vorsorge-Produkte oder Sparpläne zu sprechen und sie vom Angebotsportfolio sowie der Beratungsqualität zu überzeugen.

Getrieben durch das kostenlose Girokonto und die Topzins-Anlage wachsen Marktanteil und Kundenbindung im gleichen Maß. Aktuelle Umfragen beziffern die Zufriedenheit unter den Neukunden mit über 90 Prozent. Die Bereitschaft, die Commerzbank weiterzuempfehlen, liegt bei 90 Prozent. Auch die Gesamtheit der Commerzbank-Kunden zeigt eine deutlich wachsende Bereitschaft, ihre Bank weiterzuempfehlen. Das war in den Vorjahren nicht immer so. Neben den Marketingmaßnahmen kommt der Empfehlung durch Bekannte die größte Bedeutung zu, wenn es darum geht, neue Kunden zu gewinnen.

Kritiker von Sonderkonditionen für Neukunden mögen einwenden, dass Bestandskunden unter Umständen verärgert reagieren könnten. Aber auch mit diesen kommen wir auf dem Weg wieder ins Gespräch und können ihnen interessante Angebote machen.

Da der Markt insgesamt kaum wachsen wird, will die Commerzbank in den von Sparkassen und Genossenschaftsbanken beherrschten Segmenten Marktanteile gewinnen. Eine Strategie, die aufgeht: Eine Umfrage von TNS Infratest unter den Neukunden hat ergeben, dass 50 Prozent ihr früheres Girokonto bei den Sparkassen und elf Prozent bei den Volks- und Raiffeisenbanken hatten. Für die ehemaligen Spar-kassen-Kunden spielen vor allem preisbezogene Aspekte und Servicequalität eine Rolle. Dagegen waren für die Ex-Großbankkunden die gute Reputation der Commerzbank, die Zugehörigkeit zur Cash Group sowie die günstige Filiallage ausschlaggebend.

Im Herbst 2006 hat sich die Commerzbank das Ziel gesetzt, bis 2009 netto 800 000 Neukunden zu gewinnen. Die Einführung des Null-Euro-Kontos und der Topzins-Anlage - beide haben hohes Cross-Selling-Potenzial und sind feste Bestandteile der Produktarchitektur geworden - hat die Bank diesem Ziel ein großes Stück näher gebracht.

Dr. Detlev Dietz, Konzernleiter Geschäftsfeld Privat- und Geschäftskunden der Commerzbank AG, Frankfurt am Main.

PRO

Sonderkonditionen funktionieren

Von Thomas Gesing - Der amerikanische Industriepionier Henry Ford war nicht nur ein genialer Autobauer, er machte außerdem mit weisen Erkenntnissen zum Thema Werbung von sich reden. So sagte er einmal: "Enten legen ihre Eier in aller Stille. Hühner gackern dabei wie verrückt. Was ist die Folge? Alle Welt isst Hühnereier." Noch prägnanter ist vielleicht sein Spruch "Wer nicht wirbt, stirbt! ".

Bereits vor rund 100 Jahren erkannte Henry Ford, dass es nicht ausreicht, ein gutes Produkt zu entwickeln und darauf zu warten, dass jemand davon erfährt. Vielmehr sind viele Unternehmen mehr oder minder dazu gezwungen, erhebliche Mittel in die Werbung und im Speziellen in die Neukundenwerbung zu investieren. Dies gilt insbesondere in hart umkämpften, wettbewerbsintensiven Märkten.

Internet reduziert Wechselkosten und -aufwand

Daher ist es bei der Findung von Argumenten für oder gegen Neukundenaktion mit Sonderkonditionen von entscheidender Bedeutung, in welchem Markt das jeweilige Unternehmen agiert. Der Sparkassen Broker ist mit seinem Online-Brokerage-Angebot in einem enorm wettbewerbsintensiven Markt aktiv. Denn eine Vielzahl von Online-Banken wirbt um die Gunst der zahlenmäßig begrenzten Kundschaft. Zudem liegt es in der Natur des Geschäftsmodells, dass die Wechselbereitschaft der Kunden sehr hoch ist. Denn das Internet macht unabhängig von Zeit und Ort und reduziert Wechselkosten und -aufwand auf ein Minimum.

Strategisch unterscheiden sich die Anbieter deutlich voneinander. Die einen setzen auf die konsequente Entwicklung zur Vollbank mit allen Leistungen und Produkten, die im Privatkundengeschäft üblich sind. Die anderen wiederum spezialisieren sich auf bestimmte Kundengruppen wie zum Beispiel besonders aktive Trader.

Weitere, hierzu gehört der Sparkassen Broker, bieten ausschließlich klassische On-line-Brokerage-Dienstleistungen an und zielen dabei auf den Wertpapieranleger, der seine Wertpapiergeschäfte gerne online erledigt. Dies schließt nicht aus, mit einem extra zugeschnittenen Angebot ebenso spezielle Anlegergruppen wie zum Beispiel besonders aktive Trader anzusprechen. Allen Anbietern gemeinsam ist eine hohe Aktivität zur Werbung neuer oder zum Wettbewerb abgewanderter Kunden.

Regelmäßige Neukundenaktionen inklusive attraktiver Sonderkonditionen sollen wechselbereite Kunden oder Neukunden ansprechen. Im Bereich des Online-Brokerage gilt vor allem die Kombination hoher Tagesgeldzinsen mit gleichzeitigen Rabatten auf Transaktionsentgelte als besonders probates Mittel zur Kundengewinnung. Dabei sind die Sonderkonditionen in der Regel an diverse Bedingungen geknüpft und zeitlich zum Teil stark begrenzt. Dennoch erwartet die Mehrheit der kundigen Anleger beim Wechsel der Bank entsprechende Konditionen und nimmt deren zeitliche Begrenzung gerne in Kauf.

Transaktionsentgelte im Mittelpunkt der Sonderaktionen

Das Verbraucherverhalten ähnelt in Ansätzen zum Beispiel durchaus dem der Zeit-schriften-Abonnenten. So wird auch hier massiv mit Probe-Abonnements sowie mit Sach- oder Geldprämien um Neukunden geworben. Zeitlich befristete Vergünstigungen und Prämien werden durch den Verbraucher gerne in Anspruch genommen. Einige kündigen direkt nach dem Probe-Abonnement den Vertrag, einige bleiben auf Dauer Leser der Publikation. Sonderkonditionen, Prämien und Geschenke sind heute im Markt für Online-Bro-kerage-Dienstleistungen und in den Köpfen der Kunden genauso etabliert. Potenzielle Neukunden erwarten also ein gewisses Entgegenkommen vom Anbieter.

Um weiter zu wachsen, hat sich der Sparkassen Broker darauf eingestellt und startet regelmäßig Neukundenaktionen und Marketingoffensiven. Dabei stehen meist Sonderkonditionen bei den Transaktionsentgelten im Mittelpunkt. Eine der erfolgreichsten Maßnahmen war hier die Top-Trader-Kampagne 2007 "Jetzt zugreifen". Im Herbst letzten Jahres lief diese Aktion mit Fokus auf besonders aktiven Tradern. Neukunden, die aufgrund der Aktion ein Depot eröffneten, profitierten von außerordentlich günstigen Transaktionspreisen. Fünf Monate lang konnten sie für nur fünf Euro pro Trade im In- und Ausland handeln. Dabei gab es weder Beschränkungen des Transaktionsvolumens noch der Anzahl der Trades.

Aufgrund der sehr guten Resonanz und der hohen Zahl gewonnener Kunden wurde auch für das laufende Jahr eine ähnliche Neukundenaktion konzipiert. Während des Aktionszeitraumes bis zum 15. Dezember 2008 erhalten neue Kunden des Sparkassen Brokers bei Eröffnung eines Direkt-Depots fünf Euro Rabatt auf alle Transaktionen. Der Rabatt wird unabhängig von Orderplatz oder -volumina gewährt und gilt fünf Monate ab Depoteröffnung. Ausgenommen sind lediglich der Fondskauf über Kapitalanlagegesellschaften sowie Sparpläne. Selbstverständlich wird die Aktion von einer intensiven Online-Kampagne begleitet.

Schon jetzt zeichnet sich ab, dass auch mit der neuen Kampagne eine hohe Zahl neuer Kunden vom Angebot des Sparkassen Brokers überzeugt werden kann. Daher wird der Sparkassen Broker in Zukunft immer wieder auf interessante Neukundenaktionen setzen, um seinen Marktanteil weiterhin auszubauen. Vor allem aus einem Grund: es funktioniert!

Thomas Gesing ist Vorsitzender des Vorstandes der S Broker AG & Co. KG, Wiesbaden.

PRO

Sonderkonditionen nicht auf Neukunden beschränken

Von Gérard Derszteler - Die abnehmende Kundenloyalität in Deutschland ist für die ansässigen Banken Fluch und Segen zugleich: Einerseits können auch verstärkte Bemühungen, den Kunden mit einem Mehr an Beratung und Service zu binden, die Uhr nicht mehr in die Zeiten zurückdrehen, in denen der Spruch "Einmal Kunde, immer Kunde" bei einem Großteil des Bestandes noch Gültigkeit besaß. Anders als früher bleibt der Student oder Berufsanfänger nicht mehr automatisch der Bank treu, bei der er sein erstes Konto hatte. Doch sollte sich keine Nostalgie breit machen, denn andererseits können wechselwillige Kunden von Wettbewerbsinstituten mit attraktiven Angeboten erfolgversprechend umworben werden wenn denn die vielen Mitbewerber erst einmal ausgestochen sind. Unter Julias Balkon stehen heute viele Romeos.

Für den Privatkunden hat der intensivere Wettbewerb der letzten Jahre viel Gutes gebracht: Bankgeschäfte in Deutschland sind günstiger als in vielen europäischen Nachbarländern - was sich auch in den geringeren Margen zeigt, mit denen deutsche Banken im Vergleich zu italienischen oder britischen Instituten kalkulieren müssen. Auf einer schmalen Margenbasis müssen Banken ihre Bestandskunden hegen und gleichzeitig neue - ohnehin schon "teure" - Kunden mit attraktiven Konditionen locken. Für Banken mit einem kleinen Kundenstamm kein Problem. Aber für die Postbank? Mit 14,6 Millionen Kunden ist sie die größte deutsche Retailbank - und gleichzeitig überzeugt sie jährlich hunderttausende neue Kunden von ihrer Leistung. Diese Kunden mit Sonderkonditionen zu gewinnen - kann sich die Postbank das eigentlich leisten?

Die Antwort ist simpel und liegt im Geschäftsmodell: Ja, denn während andere Banken die potenziellen Neukunden mit viel Zeit und finanziellem Aufwand erst einmal auf sich aufmerksam machen müssen, kann sich die Postbank gleich an den zweiten Schritt machen: den Kunden mit einem attraktiven Produktangebot zu überzeugen.

Kontakt zu vielen potenziellen Kunden

Fast eine Million Menschen nutzen täglich die Angebote in den Postbank Finanzcentern, zu denen neben Finanzleistungen auch alle postalischen sowie zahlreiche neue Dienstleistungen wie Telekommunikation und Strom gehören. Keine andere Bank hat zu so vielen potenziellen Kunden persönlich Kontakt. Oder andersherum: Für die meisten anderen Banken ist die Neukundengewinnung einfach teurer als für die Postbank.

"Alles ins Produkt" kann die Parole daher heißen - wenn zwei Dinge beachtet werden:

1. Grundsätzlich müssen alle Produkte eine für den Kunden faire und transparente Preis-Leistungs-Struktur haben. Sonderkonditionen dürfen kein reines Lockangebot sein, bei dem der Kunde nach einem ersten Rausch mit einem dicken Kopf erwacht.

2. Das Angebot von Sonderkonditionen darf sich nicht allein auf Neukunden beschränken. In falschen Maßen eingesetzt würde dies die Bemühungen um die Bestandskunden ad absurdum führen. "Warum werde ich als treuer Kunden schlechter gestellt", würde die naheliegende Frage lauten.

Die Postbank lässt sich bei ihrer Marketing- und Konditionspolitik von beiden Parametern leiten: Von Beginn an investiert sie viel in eine langjährige und vertrauensvolle Kundenbeziehung. Dazu gehört neben einem speziellen Neukundenprogramm auch das sogenannte Stammkundenkonzept, mit dem die Bank ihre Bestandskunden nicht nur strategisch in den Mittelpunkt stellt.

So profitieren von Aktionszinsen beim Giro-Tagesgeld alle Kunden, die neu ein Girokonto mit Tagesgeld abschließen - auch solche, die das Haus vielleicht schon seit Jahren als Partner für Sparprodukte kennen. Auch bei den Sparprodukten werden Bestandskunden nicht ausgeschlossen: Während einer sogenannten Bonus-Neu-geld-Aktion werden Kunden mit einem höheren Zins für die Anlage von Geldern belohnt, die sie bislang bei anderen Instituten hatten - egal, ob sie bereits ein Sparprodukt der Postbank nutzen oder nicht. Auf diese Weise können neue Kunden von der Bank und Bestandskunden von weiteren Angeboten der Bank überzeugt werden.

Um erfolgreich zu sein, muss eine Bank in einem umkämpften Markt nicht nur ihr "Tagesgeschäft" beherrschen, sondern in hohem Maße innovativ sein. Auf solchen "Innovationsfeldern" setzt die Postbank ebenfalls Sonderkonditionen gezielt als Verstärker ein - ein Instrument, das in anderen Branchen seit langem genutzt wird und vom Verbraucher mittlerweile "gelernt" ist.

Dazu gehören für die Postbank neue Plattformen zur Erschließung von Kundengruppen, die über die etablierten Kanäle nicht erreicht werden können. Ein Beispiel ist die aktuelle Kooperation der Postbank mit Tchibo, bei der das Girokonto in einem völlig bankuntypischen Umfeld vermarktet wird. Dazu gehören aber auch die etablierten Kanäle, in denen neue Formate spielerisch eingesetzt werden, um die Neugier von Kunden und Interessenten zu wecken und wach zu halten. Auf der Post-bank-Homepage werden täglich Kontingente verschiedener Produkte angeboten - jedoch nur eine Stunde lang. "Happy Hour" in der Bank, und das ohne den Kater danach.

Dr. Gérard Derszteler ist Bereichsleiter Produktmanagement Konten und Kredite der Deutsche Postbank AG, Bonn.

CONTRA

Das Spiel ist ausgereizt

Von Jürgen Hildebrandt - Das Spiel mit subventionierten Zinsangeboten für Neukunden ist weitestgehend ausgereizt. Um diese Aussage mit einiger Sicherheit treffen zu können, muss man kein Prophet sein, sondern nur ein interessierter Marktbeobachter. Denn während sich vor allem die Direktbanken noch mit Superkonditionen für Neukunden überschlagen, beruhigt sich nach der moderaten Leitzinserhöhung Anfang Juli die Situation am Geldmarkt. Der für die Wiederanlage der Kundengelder maßgebliche Euribor hat sich dem Leitzins wieder merklich angenähert. Der Spielraum für Sonderaktionen, die mit einem Zinssatz weit über Leitzins locken, wird damit deutlich eingeschränkt.

Langfristig haben die Banken die besten Karten, die auf dauerhaft faire und vor allem gleiche Konditionen für Bestands- und Neukunden setzen - und sich mit ihren Tages- und Festgeldkonditionen nah am Marktzinsniveau in der Eurozone bewegen.

Je mehr Limitationen, desto geringer die Kundenbindung

Natürlich versuchen die aggressiven Zinsspieler im Markt, die negativen Ergebniseffekte ihrer Kampagnen durch eine Reihe von Nebenbedingungen zu begrenzen.

Zumeist sind die Sonderkonditionen nur wenige Wochen erhältlich, gelten nur für deutlich begrenzte Anlagebeträge von beispielsweise höchstens 20 000 Euro, sind mitunter Bestandteil von Produktkombinationen - und werden zumeist nur für einen begrenzten Zeitraum von beispielsweise einem halben Jahr gewährt. Danach wird der Neukunde zurückgestuft auf den vergleichsweise unattraktiven Zinssatz für Bestandskunden.

Doch je mehr Limitationen im Spiel sind, desto weniger gelingt es den Banken, die Neukunden dauerhaft an sich zu binden. Angezogen werden Zinshopper, die ihre Gelder mal hier-, mal dorthin transferieren und an dauerhaften Kunde-Bank-Beziehungen nicht interessiert sind. Entsprechend hoch ist die Volatilität im Kundenbestand, entsprechend gering der Ertrag, den man mit solchen Neukunden erwirtschaften kann - wenn er denn angesichts der Zinssubventionierung überhaupt positiv ist.

Cross-Selling bei Zinshoppern wird überschätzt

Das häufig gehörte Argument, man könne mit diesen Neukunden auf das Beste "cross-sellen", zieht nur bedingt. Aus meiner Sicht wird Cross-Selling gerade bei der Klientel, die man mit Sonderangeboten lockt, reichlich überschätzt. Warum sollte ein Zinsjäger bei derselben Bank, die er für das nächstbessere Angebot wieder verlässt, langfristig in Wertpapiere investieren oder einen Kredit aufnehmen? Nüchtern betrachtet, werden die Kosten der Kundenakquise und der Vertragsauflösung vielfach nicht mehr hereingeholt.

Dass dennoch weiter munter an der Zinsschraube gedreht wird, lässt sich wohl am besten mit Herdentrieb begründen. Bietet der Konkurrent eine Sechs oder gar Sieben vor dem Komma, muss man nachziehen oder gar noch eins drauflegen. Eine ungesunde Entwicklung und ein Nullsummenspiel, denn letztlich zielen alle auf dieselbe überschaubare Gruppe von opportunistischen Anlegern, die wie Nomaden zur nächsten Wasserstelle weiterziehen. Neukunden, die eine Bankbeziehung auf Dauer eingehen wollen, werden hingegen durch den Konditionen-Dschungel eher abgeschreckt.

Bestandskunden-Basis erodiert

Noch gravierender ist, dass Banken die große Zahl der Bestandskunden durch Extrakonditionen, die sie exklusiv Neukunden gewähren, tendenziell verärgern. Ihnen wird es kaum einleuchten, warum sie nicht in den Genuss derselben Angebote kommen, wo sie doch ihrer Bank seit Monaten und Jahren die Treue halten. Und so laufen die Banken, die sich wie Supermärkte verhalten, Gefahr, dass nach und nach die Basis ihrer Bestandskunden erodiert und diese ihrerseits zu Nomadenverhalten ermuntert werden. Zu einem branchenweiten Problem würde dies dann, wenn sich das Kundenverhalten insgesamt weg von langfristiger Beziehung und Markentreue hin zu kurzatmiger Renditesteigerung bewegt.

Welche Strategie eine Bank im derzeitigen Zinsumfeld und darüber hinaus wählt, hängt letztlich nicht nur von kurzfristigen Marketingstrategien ab, sondern von ihrem Markenkern und der dazu passenden nachhaltigen Kundenstruktur.

Die Mercedes-Benz Bank ist aufs Engste mit der ältesten und bekanntesten Qualitätsmarke des Automobilbaus verbunden. Ein Mercedes ist vor allem wertbeständig, verlässlich und von exzeptioneller Qualität. Entsprechendes erwarten die Kunden von der Mercedes-Benz Bank: dauerhaft gute und faire Konditionen ohne Risiken und Nebenwirkungen. Zufriedene Bestandskunden genießen Priorität vor der Ankurbelung des Neugeschäfts. Die Pre-mium-Qualität unserer Direktbank-Aktivitäten äußert sich in hohen Kundenzufriedenheitswerten genauso wie im Urteil unabhängiger Experten. Seit zwei Jahren sind wir laut Stiftung Warentest stets unter den führenden Anbietern bei Tagesgeld- und Festgeldkonten.

Interessant genug ist, dass man auch mit diesem eher wertkonservativen strategischen Ansatz ein dynamisches Wachstum erzielen kann. Das Einlagevolumen der Mercedes-Benz Bank legte im ersten Halbjahr 2008 von rund vier Milliarden auf über fünf Milliarden Euro zu. Die Zahl der Einlagekonten stieg von 195 000 Ende 2005 auf heute über 280 000. Im gleichen Zeitraum konnten wir unser Vertragsvolumen im Bereich Autofinanzierung und -leasing von 15,2 Milliarden Euro auf heute fast 17 Milliarden Euro erhöhen. Cross-Selling funktioniert in der Tat - wenn es nicht primär von den Konditionen getrieben ist, sondern auf dauerhaften Kun-de-Bank-Beziehungen beruht.

Jürgen Hildebrandt ist Leiter Produktmanagement Anlageprodukte der Mercedes-Benz Bank, Stuttgart.

CONTRA

Nur Rosinenpicker angesprochen

Von Thomas Renner - Die deutschen Kreditinstitute wetteifern heute mehr denn je um die Gunst der Kunden mit nahezu austauschbaren Produkten und Dienstleistungen. Wenn in gleichen Märkten vergleichbare Produkte angeboten werden, erfolgt die Kaufentscheidung in der Regel über den Preis. Wer jedoch aus diesem Grund nur einfach den niedrigsten Preis anbietet, gewinnt nicht dauerhaft.

Gefragt sind also Strategien, durch die sich das Institut nicht nur deutlich von den Mitbewerbern unterscheidet, dabei nicht nur Kunden gewinnt, sondern diese auch noch dauerhaft bindet. Das gelingt mit Sonderkonditionen ausschließlich für Neukunden mit Sicherheit nicht. Hierzu ist mehr erforderlich.

Gleiche Konditionen für alle Mitglieder

Die Sparda-Bank Baden-Württemberg hat von Beginn ihrer Geschäftstätigkeit an die Privatkunden in den Mittelpunkt ihrer Arbeit gestellt. Als Selbsthilfeeinrichtung für Beamte der Eisenbahn, Post und Dampfschifffahrt gegründet, sollte der damalige Spar- und Darlehensverein seinen Mitgliedern einen bescheidenen Wohlstand ermöglichen. Über hundert Jahre sind seitdem vergangen und aus dem einstigen Spar- und Darlehensverein ist die größte Genossenschaftsbank in Baden-Württemberg und die drittgrößte in Deutschland geworden. Doch das Vorgehen ist dasselbe geblieben: Die Sparda Bank Baden-Württemberg betreibt keine Gewinnmaximierung, sondern bietet gleiche Vorteile für alle unsere Mitglieder und Kunden. Das Produktportfolio ist transparent und die Bank übernimmt soziale Verantwortung. Dieser rote Faden zieht sich durch das Handeln des Instituts und ist zum Maßstab geworden. Er bildet die Grundlage der Marke Sparda.

Ein Schwerpunkt des Angebotes - aber bei weitem nicht der einzige - ist das gebührenfreie Girokonto für unsere Mitglieder. Es ist das Herz der Bankverbindung und hat uns lange Zeit am Markt vom Wettbewerb unterschieden. Inzwischen ist der Kampf um den Privatkunden neu entbrannt, immer mehr Banken und Sparkassen werben mittlerweile mit kostenlosen Girokonten verbunden mit Startguthaben und anderen Vergünstigungen.

Kein Marktvorteil durch Sonderkonditionen

Doch diese vermeintliche Gebührenfreiheit muss sich der Neukunde oft mit einem bestimmten monatlichen Mindesteingang oder mit einem Mindestguthaben erkaufen. Das Girokonto der Sparda hingegen ist schon immer gebührenfrei für alle Mitglieder, ob neu oder alt. Unsere Konditionen für Geldanlagen galten schon immer für Alt- und Neukunden gleichermaßen. Das erkennen die Kunden an, wie der Markterfolg bestätigt. Transparenz und Fairness stehen dabei im Vordergrund und werden vom Kunden auch so wahr genommen.

Zeit- und betragsbefristete Zinsangebote für Neukunden und die Strategie mit weiteren Kurzfrist-Produkten zusätzlich Kunden anzulocken, vertragen sich mit diesem Grundsatz nicht. Das heißt: Alle Kunden werden gleich behandelt egal ob neu oder alt. Bestandskunden schauen bei uns nicht in die Röhre. Sie sind der Bank genauso wichtig wie ein Neukunde und das lassen wir den Kunden auch spüren und schaffen damit Zufriedenheit und Vertrauen.

Einen wirklichen Marktvorteil erarbeiten sich die Banken mit den Sonderkonditionen für Neukunden aus unserer Sicht auch nicht. Denn zum einen sprechen sie damit vorwiegend die ohnehin wechselbereiten "Rosinenpicker" an, die im Zweifelsfall nicht zu treuen Vollbankkunden werden. Zum anderen signalisieren diese Banken ihren Bestandskunden damit eine geringe Wertschätzung - einer der Kardinalfehler im Kundenbeziehungsmanagement. Damit steigt die Wechselbereitschaft und natürlich auch die Unzufriedenheit. Die Mitarbeiter sind mit diesen unzufriedenen Kunden konfrontiert und müssen sich anstatt mit dem Vertrieb mit dem Beschwerdemanagement beschäftigen. Eine gute und vor allem werthaltige Geschäftsverbindung sieht anders aus. So wird kein Vertrauen aufgebaut. Im Gegenteil, es schwindet zunehmend. Vertrauen ist aber die Basis einer guten Geschäftsverbindung. Auf diesem Hintergrund hat die Sparda-Bank Baden-Württemberg ihre genossenschaftlichen Wurzeln weiterentwickelt. Sie hat ein anderes Verständnis von einer guten Geschäftsbeziehung und setzt auf Dauerhaftigkeit und Verlässlichkeit.

Wir verstehen uns als familiäre Fördergemeinschaft und erteilen der Zweiklassengesellschaft eine Absage. Freundlich und fair ist mehr als nur ein gebührenfreies Girokonto für die Mitglieder unserer Genossenschaft. Freundlich und fair ist Programm und damit verträgt sich ein Sternvermerk "Nur für Neukunden" nicht. Die Kunden suchen Orientierung und Klarheit. Diese Botschaft wird durch solche gruppenbezogenen Angebote unglaubwürdig gemacht.

Empfehlungen zufriedener Kunden sind wirkungsvoller

Der Erfolg gibt uns recht. Nicht umsonst wurde unsere Bankengruppe auch dieses Jahr vom Kundenmonitor Deutschland als Sieger in der Kategorie Kundenzufriedenheit und Gebühren gekürt - zum 16. Mal in Folge. Und auch unsere Zahlen belegen den Erfolg eindrucksvoll. In den vergangenen drei Jahren hat unser Haus rund 79 000 neue Mitglieder gewonnen. Unsere Strategie dabei: Neukunden nicht über Lockangebote, sondern über die Empfehlung zufriedener Kunden zu gewinnen.

Dafür, dass jeder Neukunde zu einem zufriedenen Bestandskunden wird und dass Bestandskunden zufrieden bleiben, investieren wir einiges: Insgesamt 21,9 Millionen Euro waren uns 2007 die Vergünstigungen für alle unsere Mitglieder wert, vom geldwerten Vorteil beim umsatzabhängigen Einsatz von ec- und Kreditkarten, über Rabatte beim SB-Banking, bis hin zur kostenlosen Unfallversicherung, der Servicegarantie und dem gebührenfreien Girokonto.

Diese Incentive-Strategie führt beispielsweise dazu, dass inzwischen mehr als 70 Prozent der Überweisungen elektronisch eingereicht werden. Die ersparten Kosten geben wir über günstige Produktkonditionen an unsere Mitglieder und Kunden zurück. Nicht die kurzfristigen Vorteile, die ein Neukunde bei manchen Banken bekommt, stehen dabei im Vordergrund, sondern der langfristige Vorteil, der für den Kunden und die Bank durch eine intensive Nutzung der Geschäftsverbindung entsteht.

Die günstigen Konditionen sind aber nur eine Facette der Marke Sparda. Eine weitere Facette ist das soziale Engagement. Die Bank fördert seit Jahrzehnten Projekte für kranke, behinderte oder anderweitig benachteiligte Kinder und Jugendliche. Auch beim Engagement für den Sport wird der Schwerpunkt auf Nachwuchsförderung gelegt. So ist das Institut beispielsweise Gründungsmitglied der Kinderturnstiftung Baden-Württemberg. Diese soziale Verantwortung ist für viele Kunden ein Grund, die Bank weiterzuempfehlen. Hiermit werden mehr Kunden gewonnen als mit kurzlebigen Aktionen für Neukunden. Dadurch wird eine konstante Entwicklung erreicht, die das unterstreicht, was die Kunden schätzen: Konstanz und Zuverlässigkeit sowie Freundlichkeit und Fairness.

Zentraler Aspekt unserer Arbeit ist also Kundenorientierung. Sie trägt dazu bei, dass die Kunden zufrieden sind, eine geringe Wechselbereitschaft haben und die Dienstleistungen in starkem Maße in Anspruch nehmen. Die CS-Werte sind hierfür ein deutliches Zeichen. Und so schließt sich der Kreis - zum Wohle unserer Mitglieder und Kunden - egal, ob neu oder alt.

Thomas Renner ist Vorstandsvorsitzender der Sparda-Bank Baden-Württemberg eG, Stuttgart.

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