Blickpunkte

Vertriebspolitik Franchising: bisher nur auf Kundenseite interessant

hm - Seinen Siegeszug hat das System des Franchising in Deutschland etwa in den siebziger Jahren angetreten. Die Burgerbrater McDonalds und Burger King sind als Vertreter des Modells hierzulande am bekanntesten, doch auch Apollo- Optik-Läden, Berlitz-Sprachschulen und Yves-Rocher-Kosmetikfachgeschäfte werden im Franchsie-System betrieben. In der Bankbranche ist das Modell aber bis heute nicht wirklich angekommen.

4 000 selbstständige Unternehmer betreiben Bankfilialen in Belgien

Im Nachbarland Belgien ist das anders: Dort betreiben etwa 4 000 selbstständige Unternehmer Bankfilialen im Franchisebetrieb. Franchisegeber sind beispielsweise die Axa Bank, die Fortis-Gruppe und die ING. Neben Belgien wird das System auch in Polen, Rumänien und der Ukraine angewendet. Hier allerdings in kleinerem Umfang.

Das gewichtigste Argument, das aus Sicht der deutschen Banker gegen das Franchising der eigenen Vertriebsstelle spricht, sei das operative Risiko, das heißt die eingeschränkte Kontrolle über die selbstständigen Unternehmer (60 Prozent), so haben es die Analysten von ZEB in einer Studie festgestellt, für die 72 Banken in ganz Europa befragt wurden, davon zwölf in Deutschland. Zweitgrößter Hemmschuh sei die Vermutung eines restriktiven regulatorischen Rahmens (45 Prozent).

Beide Contra-Argumente glauben die ZEB-Berater, die dem Franchising mittelfristig eine erfolgreiche Zukunft im deutschen Bankenmarkt prognostizieren, entkräften zu können. Konsequent angewandte Steuerungs- und Kontrollmechanismen würden die Risiken der Filialauslagerung handhabbar machen. Um Image risiken zu kontrollieren, lasse beispielsweise die belgische ING die regelmäßig pro externem Filialleiter erhobene Kundenzufriedenheit in dessen Entlohnung einfließen.

Auch beim Thema Aufsichtsrecht gibt ZEB Entwarnung. Für Deutschland zeige eine Analyse, für die Vertreter der Bankenaufsicht befragt wurden: In einem Franchisemodell für selbstständige Unternehmer, die von Banken bevollmächtigt werden, seien auch ohne Banklizenz weitreichende Handlungsmöglichkeiten vorstellbar.

Als Faktoren, die für das Franchising sprechen, werden laut der ZEB-Studie von den Befragten die höhere Vertriebsmotivation des unternehmerischen Personals (75 Prozent) genannt sowie der Zugang zu ländlichen Regionen und regionalen Netzwerken und ein reduziertes Risiko durch variable statt fixe Kosten (43 Prozent). Nur fünf Prozent der Befragten konnten in dem Modell überhaupt keinen Nutzen erkennen. Entscheidende Faktoren für das Gelingen der Konstruktion, so das Resümee des ZEB, seien standardisierte Beratungsprozesse, ein transparentes Produktportfolio und klare Vergütungsstrukturen.

Doch selbst wenn sich in einer neutralen Betrachtung die Vor- und Nachteile des Franchise-Konzepts mindestens die Waage halten, die Skepsis und Zurückhaltung auf Seiten der Kreditwirtschaft bleibt hierzulande bestehen. Ein Blick nach Belgien zeigt, dass sich das Franchising dort vor mehr als 80 Jahren etabliert hat und mithin zu einer Zeit, zu der der Markt noch deutlich weniger reif und gesättigt war als heute.

In den relativ jungen Märkten Polen, Rumänien und der Ukraine ist das Franchising für Bankfilialen erst seit kurzer Zeit üblich. Die ING beispielsweise hat das Konzept in Rumänien als Markteintrittsstrategie genutzt und innerhalb von vier Jahren mit 170 Filialen etwa eine halbe Million Kunden gewonnen.

Marktreife entscheidender Faktor

Der Zustand des Marktes sowie der Zeitpunkt der Eintritts- oder Expansionsstrategie liefern offensichtlich die entscheidenden Argumente für oder gegen eine Nutzung des Modells im Bankbetrieb. Für die Offensive der Deutschen Bank beispielsweise, die bis 2012 europaweit 400 neue Filialen eröffnen will, kommt das Modell aufgrund betriebswirtschaftlicher Analysen nicht in Frage. Dennoch wird dem Thema auf Kundenseite - Stichwort Franchise Finance - enormes Potenzial unterstellt.

Dass das Franchising von Bankfilialen allerdings hierzulande ein neues Konzept sei, wie es in der Analyse heißt, ist nicht ganz richtig. Schon vor sechs Jahren hat Dieter Fröhlich, Präsident des Deutschen Franchise Verbandes e. V., Berlin, in der Zeitschrift bank und markt (siehe Ausgabe 12/2002) beschworen, der Siegeszug des Franchising-Modells werde sich bis ins Banking fortsetzen.

Als viel versprechender Franchisegeber wurde 2002 die Nürnberger Entrium AG hervorgehoben. Ein Jahr später ist das Unternehmen jedoch von der ING-Gruppe gekauft worden. Seine Filialen wurden wenig später an die Postbank abgegeben.

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