Im Gespräch

"Volksbank Südhessen: Der Name erscheint anspruchsvol"l

Die Volksbanken Darmstadt, Bergstraße und Kreis Bergstraße haben den Zusammenschluss zur Volksbank Südhessen angekündigt. Was sind die Hauptgründe für diese Entscheidung?

Das ist ein Bündel von Gründen. Zum einen ist es die Wettbewerbssituation am Markt mit gewissen Tendenzen, die in Zukunft den Druck auf die Erlöse verstärken werden:

Das ist in erster Linie der Konditionenwettbewerb, vor allem durch die Direktbanken.

Auch die Transparenz, die das Internet schafft, wird weiterhin Auswirkungen auf die Preise haben.

Im Privatkundenbereich ist der Trend zum entgeltfreien Girokonto ganz deutlich zu spüren.

Und schließlich sind auch Vorgaben seitens des Gesetzgebers und der Rechtsprechung zu berücksichtigen - das geht beispielsweise von MiFID bis zum BGH-Urteil, welches Gebühren für Beleihungswertermittlungen als unzulässig erklärt.

Der zweite Aspekt: Insbesondere in Ballungsgebieten oder stark mittelständisch geprägten Gebieten ist im Moment eine starke Fusionswelle hin zu großen Volksbanken spürbar. Das sind Reaktionen auf die Verschärfung am Markt. Vor diesem Hintergrund wollen wir die Struktur in unserer Region Südhessens mit Darmstadt als der größten Stadt zukunftsfähig gestalten.

Nicht zuletzt spielt auch die Altersstruktur der Vorstände eine Rolle. Denn wenn ein Generationswechsel absehbar ist, ist die Fusion als wirtschaftlich vernünftige Lösung leichter zu bewältigen.

Welche Synergieeffekte versprechen Sie sich von dem Zusammenschluss?

Grundsätzlich gilt: Je größer die Einheit, desto stärker die Skaleneffekte insbesondere in den Back-Office-Bereichen. In letzter Konsequenz würde das dazu führen, eine Volksbank Deutschland zu bilden. Wenn wir das täten, würden wir aber ein wichtiges Wesensmerkmal der Volksbanken aufgeben. Denn wir schöpfen unsere Daseinsberechtigung nicht zuletzt aus der regionalen Verbundenheit und der Präsenz vor Ort.

Insofern geht es darum, den Spagat zwischen der regionalen Nähe einerseits und den Skaleneffekten im Back-Office andererseits zu schaffen. Wir werden also auch weiterhin in der Fläche präsent bleiben und die Synergien in der Organisation und den Back-Office-Bereichen schöpfen. Das fängt mit dem Vorstand und der zweiten Führungsebene an. Weil wir im Markt weiter wachsen wollen und dann auch mehr Volumen zu bewältigen sein wird, haben wir die zu erwartenden Synergien aber noch nicht in Zahlen konkretisiert.

Wie viel Größe verträgt sich mit Regionalität?

In Ballungsgebieten werden die Einheiten tendenziell immer größer sein als in eher ländlich strukturierten Gebieten - schon allein, weil auf dem Land sonst die Fläche zu groß wird.

Mit ihrem Geschäftsgebiet wird die Volksbank Südhessen nur einen Teil Südhessens abdecken ...

Ja. Das Geschäftsgebiet liegt im Südwest-Zipfel von Südhessen. Der Name erscheint insofern anspruchsvoll. Doch ist zu bedenken, dass wir bei der Suche nach einer einprägsamen Firmierung für unser neues Institut gleichsam vor einem Dilemma standen: Einerseits fehlt es an einer historisch gewachsenen Regionalbezeichnung

für die Region unseres gemeinsamen Geschäftsgebiets Darmstadt-Bergstraße-Ried. Andererseits wollten wir einen künstlichen und damit anonymen Begriff ebenso wenig wie eine umständlich lange Firmierung, die man zum Beispiel auf einem Überweisungsträger mangels Platz nicht mehr ausschreiben könnte. Deshalb rekurrierten wir darauf, dass wir zukünftig ja wirklich im südlichen Teil Hessens liegen, also Südhessen. Und hier wollen wir eine starke Volksbank schaffen.

Wäre eine Volksbank Südhessen, die wirklich ganz Südhessen abdeckt, im Hinblick auf den Grundsatz der Regionalität zu groß?

In der jetzigen Zeit gewiss. Für die Zukunft ausschließen würde ich das aber nicht.

Führt die Namenswahl "Volksbank Südhessen" zu Missstimmung bei denjenigen südhessischen Volksbanken, die bei der Fusion nicht mit im Boot sind?

Es gab durchaus Reaktionen. Gleichwohl hoffen wir doch auf Verständnis bei diesen Kollegen.

Haben Sie noch mit weiteren südhessischen Instituten über eine Fusion gesprochen?

Wir haben uns entschlossen, erst einmal diese Dreierfusion zu bewältigen und erst danach offen zu sein für eventuelle weitere Überlegungen.

Drei selbstbewusste und starke Banken zu einem neuen Institut zu verschmelzen, ist schon eine enorme Aufgabe.

Grundsätzlich sehen Sie die Volksbank Südhessen aber als Nukleus, an den weitere Häuser "andocken" könnten?

Wenn man die Vision hat, dass in Ballungsgebieten bei einer Größe, die wir dann erreicht haben, nicht Schluss sein wird, wäre es natürlich schön, wenn die Volksbank Südhessen in späteren Jahren der Nukleus für eine noch stärkere Volksbank südlich von Frankfurt sein könnte.

Mit wie vielen Sparkassen wird die künftige Volksbank Südhessen es in ihrem Geschäftsgebiet zu tun haben?

Es gibt Überschneidungen mit den Geschäftsgebieten von fünf Sparkassen: Darmstadt, Dieburg, Bensheim, Heppenheim und Worms. Größenmäßig können wir dann in deren Liga mitspielen.

Welche Potenziale können Sie in der größeren Einheit besser nutzen?

Zum einen wollen wir uns stärker mit dem Thema Direktbank befassen. Das ist sicher eine Aufgabe, die von der Größe her keines der drei heute noch selbstständigen Kreditinstitute hätte angehen können.

Daneben wollen wir den Ausbau des Private Banking forcieren, weil wir hier Nachholbedarf haben. Auch die hierfür notwendigen Spezialisten kann ein größeres Haus besser bieten als eine kleinere Bank.

Und schließlich sehen wir im Kreditgeschäft in einzelnen Gebieten unseres zukünftig gemeinsamen Geschäftsgebiets Ansatzpunkte zu verstärkten Anstrengungen im Markt.

Denken Sie an die Gründung einer selbstständigen Direktbank?

Im Moment prüfen wir die ganze Bandbreite - von der Direktbank als selbstständige Rechtspersönlichkeit bis hin zu einer bloßen zweiten Produktlinie. Nach meiner heutigen Einschätzung wird die Ausgestaltung irgendwo zwischen diesen beiden Polen liegen, vielleicht sogar mit einer eigenen Bankleitzahl.

Braucht der genossenschaftliche Verbund eine zentrale Direktbank?

Ich gehöre zu denjenigen, die dies bejahen. Dass wir planen, eine eigene Direktbank zu gründen, wie es einige Kollegen ja bereits getan haben, ist eine Folge davon, dass der Markt danach schreit und wir im Verbund aufgrund der Mehrheitslage bislang nicht die Möglichkeit hatten, eine zentrale Direktbank zu etablieren.

Stichwort gebührenfreies Girokonto: Wie gehen Sie damit um?

Wir bieten schon heute ein gebührenfreies SB-Konto an, das es dem Kunden ermöglicht, seine Bankgeschäfte kostenfrei zu führen, ohne dass er dazu einen PC braucht. Bis Mitte nächsten Jahres werden wir flächendeckend alle Filialen mit Multifunktionsterminals ausstatten, an denen unter anderem Überweisungen eingelesen werden können, sodass die teure Belegverarbeitung entfällt. Dieses gebührenfreie Konto haben wir aber bisher noch nicht in der Werbung gepusht.

Insbesondere bei den Direktbanken gibt es einen Trend, die Bargeldversorgung über die Kreditkarte anzubieten. Das nimmt den Betreibern der Geldautomaten die Möglichkeit zur Einflussnahme auf die Gebühren für die Fremdnutzung. Wie stark spüren Sie dies?

Damit werden uns - und das ist auch noch einer der eingangs genannten Trends - weitere Erträge wegbrechen. Für dieses Problem haben wir grundsätzlich keine Lösung. Hier ist der Verbund gefordert.

Wie wirkt sich MiFID mit den neuen Offenlegungspflichten für Provisionen auf die Wettbewerbssituation aus?

Es könnte sein, dass durch die neue Transparenz der Druck auf die Einnahmen weiter wächst.

Werden im Zuge dessen Beratungshonorare Einzug halten?

Ich schließe das nicht aus. Heute ist die Zeit dafür aber noch nicht reif. Ob MiFID diesen Trend, wenn er denn kommt, beschleunigen wird? Es könnte sein.

Wie können Sie angesichts tendenziell sinkender Erträge der "operativen Ertragslosigkeit" entgehen?

Ein Thema sind natürlich Vertriebsoffensiven - aber das machen die anderen auch. Der Hauptansatz muss deshalb sein, Kosten zu sparen. Dabei wird uns die Fusion helfen.

Sind die Möglichkeiten zur Kostensenkung nicht irgendwann ausgereizt?

Das gilt für die Wettbewerber auch. Und dann wird bei den Marktteilnehmern hoffentlich ein Umdenken stattfinden. Bis dahin gilt es durchzuhalten, und hier sind wir durchaus optimistisch.

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