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Volkswagen Versicherungs AG - Kein Interessenskonflikt für die Allianz?

Mit dem Versicherungsabsatz am Point of Sale ist die Volkswagen Financial Services AG, Braunschweig, nicht zufrieden. Während der Finanzdienstleister des Automobilkonzerns im Bereich Finanzierung deutlich mehr als die Hälfte aller Fahrzeugkäufer erreicht, liegt die Penetrationsrate im Versicherungsgeschäft nur bei etwa 20 Prozent.

Dies will das Unternehmen durch mehr Einflussnahme auf die Produktgestaltung ändern. Seit Januar 2011 ist man deshalb über die Volkswagen Versicherung AG erstmalig auch als Erstversicherer in die Eigentragung gegangen. Und voraussichtlich ab April 2013 soll ein neues Joint-Venture mit der Allianz an den Start gehen.

Mit der Volkswagen Autoversicherung AG, die - vorbehaltlich der aufsichtsrechtlichen sowie weiteren behördlichen Genehmigungen - zum 1. Januar 2013 gegründet werden soll, soll ein Quantensprung in Richtung eines gemeinsamen Produktentwicklungsprozesses erreicht werden. Denn da der Preis einer Kfz-Versicherungspolice heute zu jeweils 50 Prozent von Fahrzeugbeziehungsweise Fahrermerkmalen bestimmt werde, will man "Autotechnik und Ver sicherungstechnik verheiraten", wie es Karsten Crede, der CEO von Allianz Global Automotive, formuliert.

Herauskommen sollen Produkte, die den Kunden nicht nur vom Preis, sondern auch vor allem vom Zuschnitt her so sehr überzeugen, dass Volkswagen Financial Services damit die Penetrationsrate im Versicherungsgeschäft in fünf Jahren auf dann 40 Prozent verdoppeln kann. Statt 150 000 Neuverträgen 2011 sollen dann 350 000 plus x Neuverträge pro Jahr abgeschlossen werden. Die Gesamtzahl der Verträge soll von 700 000 auf 1,2 Millionen steigen.

Dabei sollen Versicherungsleistungen modular angeboten werden: Die Basisabsicherung umfasst Kfz-Kasko und Haftpflicht. Als Zusatzmodule sollen die Bereiche Mobilität (zum Beispiel Ersatzwagen im Fall einer Reparatur), Tierschäden sowie Werterhalt/Kaufpreisschutz angeboten werden.

Mit klassischen Allianz-Produkten in der Kfz-Versicherung sollen die mit gemeinsamem Knowhow entwickelten Produkte nicht vergleichbar sein. Deshalb sieht die Allianz auch dort keine Kannibalisierungsgefahr, wo die Policen von Allianz-Vertretern angeboten werden. Dass sich Allianz-Produkte und die des Joint-Ventures in dem harten Preiswettbewerb im Kfz-Versicherungsgeschäft gegenseitig unterbieten, wird als unwahrscheinlich angesehen. Allerdings bezeichnet Frank Witter, Vorstandsvorsitzender der VW Financial Services AG, die Preispositionierung der bisher angebotenen Allianz-Produkte als noch nicht im Optimum.

So ganz geklärt ist die Rolle des Allianz-Außendienstes für den Vertrieb der neuen Produkte indessen noch nicht. Die Aussage von Karsten Crede, man wolle "die Vertriebskraft der Allianz in den Dienst der gemeinsamen Unternehmung stellen", bleibt eher vage. Möglicherweise lasse sich die Vertriebsorganisation des Versicherers nutzen, um die Potenziale im Gebrauchtwagengeschäft von Privat an Privat zu nutzen, das immerhin rund die Hälfte des Gebrauchtwagenmarktes ausmacht.

Offen bleibt aber einstweilen, ob die Allianz-Vertreter die Produkte auch solchen Kunden anbieten sollen/dürfen, die Fahrzeuge anderer als der VW-Konzernmarken fahren. Das alles müsse sich erst noch finden.

Der Fokus des Vertriebs soll in jedem Fall auf dem Autohandel liegen, denn das neue Joint-Venture wird auch als Unterstützung des Konzernhandels, auch im Schadensmanagement, verstanden. Die Rolle des Volkswagen Versicherungsdienstes bleibt dabei unverändert: Auch weiterhin bleibt er gewissermaßen der Mittler zwischen dem Produktlieferanten und dem PoS beim Autohändler. Es ändert sich lediglich der Produktlieferant, der nun nicht mehr Allianz, sondern Volkswagen Versicherungs AG heißt. sb

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