Blickpunkte

Wettbewerb Investmentbanken auf Einlagensuche?

Mit der Umwandlung von Goldman Sachs und Morgan Stanley von Investment- in Universalbanken werden die einstigen Aushängeschilder der Wall Street künftig auch den bisherigen Universalbanken Konkurrenz machen. Mit welchem Engagement sich die genannten Adressen dem klassischen Retailgeschäft zuwenden werden, ist dabei sicher noch offen. Immerhin: Goldman Sachs hat angekündigt, das Einlagengeschäft durch organisches Wachstum wie auch durch Akquisitionen auszubauen. Dass der Retail-Wettbewerb in Deutschland um Kampagnen für Gratis-Girokonten oder Tagesgeld-Lockangebote von Goldman Sachs geprägt wird und die einstige Investmentbank in einem Maße Einlagen anzieht wie einst die ING-Diba, ist wohl dennoch in nächster Zeit eher nicht zu erwarten.

Denn ausschlaggebend dafür, wie stark die zum Geschäftsbank-Modell bekehrten US-Riesen im hiesigen Retail-Wettbewerb künftig zu spüren sein werden, sind vermutlich nicht allein die strategischen Entscheidungen dieser Häuser. Auch Psychologisches ist dabei gewiss nicht zu unterschätzen. Wenn schon Tagesgeldangebote "unbescholtener" Häuser trotz ihrer Spitzenplätze auf den Zinsspiegeln hierzulande im Wettbewerb nur mäßig spürbar sind, weil es der Marke an Bekanntheit fehlt und sie nur mit einer europäischen Einlagensicherung bis zu 20 000 Euro pro Kunde aufwarten können, um wie viel größer wird dann das Misstrauen gegen Anbieter sein, die wie wenig andere mit der globalen Finanzkrise in Verbindung gebracht werden? An Markenbekanntheit fehlt es Goldman Sachs und Morgan Stanley wohl auch hierzulande nicht. Das Renommee der Marke ist aber erst einmal dahin.

Mögen auch mit der Umwandlung von Investment- in Geschäftsbanken andere, strengere aufsichtsrechtliche Reglungen und Verpflichtungen gelten als bisher - damit allein lässt sich Kundenvertrauen sicher nicht gewinnen. Nicht nur, dass das Misstrauen in die Stabilität der beiden Häuser tief sitzen dürfte - es fehlt ihnen auch der Nachweis der Kompetenz im neuen Geschäftsmodell. Dass Morgan Stanley mit dem geplanten Einstieg der Mitsubishi UFJ Financial Group nicht zuletzt diese Reputation einkaufen will, kommt schließlich nicht von ungefähr.

Im Heimatmarkt USA mag der Transformationsprozess möglicherweise noch einfacher gelingen. Hier haben die alten Namen (und das Vertrauen auf Stützungsprogramme der Regierung) vielleicht Zugkraft genug, um mit der Zeit im neuen Gewand etwas vom alten Glanz zurückzugewinnen. In Europa aber und besonders bei den in Sicherheitsfragen so skrupulösen Deutschen, die - wenn auch aus öffentlichen Mitteln - in der Finanzkrise schon genug Lehrgeld gezahlt haben, dürfte dieser Prozess zumindest deutlich länger dauern. Wenn vom immer stärker zu spürenden Wettbewerb der ausländischen Anbieter im Retailgeschäft die Rede ist, werden damit zumindest auf absehbare Zeit die einstigen Investmentbanker vermutlich als letzte gemeint sein. Red.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X