Drei-Säulen-Konzept der Altersvorsorge überzeugt Verbraucher nur begrenzt

Fast jeder Zweite gegen eine weitere Pflichtabsicherung Quelle: DIA Vorsorge/Insa Consulting

Die Deutschen unterschätzen ihre Lebenserwartung um fast fünf Jahre. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Forsa-Umfrage im Auftrag des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Demnach glauben die 1 017 Befragten, ein Alter von durchschnittlich 82,8 Jahren zu erreichen. Laut Statistik, der die Kohorten-Sterbetafel des Statistischen Bundesamts in der Variante 2 können sie jedoch mit 87,7 Jahren rechnen. Vor allem die Jüngeren dürfen mit einem längeren Leben rechnen, als sie selbst erwarten. So unterschätzen die 18- bis 29-Jährigen ihre Lebenserwartung um fast sieben Jahre, in der Altersgruppe 60 bis 69 beträgt die Abweichung dagegen "nur" 4,4 Jahre.

Länger zu leben als gedacht - das ist zwar einerseits schön; andererseits birgt es das Risiko, nicht genug fürs Alter vorzusorgen und sich auf die eigenen Ersparnisse zu verlassen. Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV), Berlin, setzt sich deshalb dafür ein, die Lebenserwartung in der geplanten Online-Renteninformation mit auszuweisen.

Ob das an der immer noch unzureichenden Vorsorgebereitschaft tatsächlich Nennenswertes ändern könnte, ist allerdings fraglich. Denn der Problematik sind sich die Deutschen vielen Umfragen zufolge eigentlich bewusst - es fehlt nur am konsequenten Handeln.

Das liegt offenbar auch daran, dass die Menschen das eigentlich gar nicht wollen und die Verantwortung für die Alterssicherung eher beim Staat sehen. Das belegt auch eine im August veröffentlichte Umfrage von Insa Consulere im Auftrag des Deutschen Instituts für Altersvorsorge, an der vom 9. bis 12. August 2 060 Personen ab 18 Jahre teilnahmen. Der Aussage "Ein Grund dafür, dass die Altersvorsorge in Deutschland nicht armutsfest ist, dass nicht genügend Deutsche über eine ergänzende Altersvorsorge verfügen", stimmten dabei immerhin 39 Prozent der Befragten zu - 35 Prozent allerdings auch nicht. Überdurchschnittlich hoch viel die Zustimmung vor allem bei dem über 65-Jährigen aus (45 Prozent), die rentennahen Jahrgänge der 55- bis 65-Jährigen stimmten überdurchschnittlich oft nicht zu (42 Prozent), gefolgt von den 25- bis 34-Jährigen.

Auffällig häufig mit "weiß nicht" antworteten die 18- bis 24-Jährigen (30 Prozent gegenüber 20 Prozent in der Gesamtstichprobe). Sie können auch am häufigsten keine Angabe machen (15 Prozent). Das zeigt: Den Jungen ist das Thema Altersvorsorge insgesamt eher fremd.

Geringverdiener glauben nicht an den Sinn zusätzlicher Vorsorge

Unterschiede gibt es auch zwischen Ost und West: Im Westen sind 41 Prozent der Meinung, dass fehlende ergänzende Altersvorsorge ein Grund für die mangelnde Armutsfestigkeit der Altersvorsorge in Deutschland ist, während 42 Prozent der Ostdeutschen diese Meinung nicht teilen. Auffällig ist, dass die Überzeugung, dass mehr Menschen eine zusätzliche Vorsorge bräuchten, vor allem von den oberen Einkommensklassen geteilt wird. 43 Prozent der Befragten glauben zwar, eine verpflichtende zusätzliche Altersvorsorge als Ergänzung zur gesetzlichen Rentenversicherung könne das Risiko der Altersarmut vor allem für Geringverdiener verringern. Gerade die Bezieher kleiner Einkommen unter 1 000 Euro glauben das jedoch überdurchschnittlich oft nicht (40 Prozent gegenüber 31 Prozent insgesamt).

Fast die Hälfte der Befragten (47 Prozent) ist sich in der Ablehnung einer solchen zusätzlichen Pflichtabsicherung einig und glauben: Altersvorsorge muss freiwillig bleiben. Wenn sie schon kommen sollte, dann sollte eine solche weitere Pflichtvorsorge nach Meinung der Mehrheit (53 Prozent) vom Arbeitgeber getragen werden. Ebenfalls die Mehrheit (58 Prozent) findet, dass auch Beamte und Selbstständige dann ebenfalls einbezogen werden sollten.

Diese Ergebnisse zeigen, woran das Drei-Säulen-Prinzip der Altersvorsorge krankt. Die dritte Säule, die private Vorsorge, ist die wackeligste der drei. Dazu hat die Politik allerdings selbst beigetragen. Wer den Menschen permanent vorgaukelt, beim Umlagesystem könnten dauerhaft "Haltelinien" eingezogen werden, und gleichzeitig die staatliche Förderung privater und betrieblicher Vorsorge in Form von Zulagen, Bemessungsgrenzen oder steuerlichen Freibeträgen jahrelang nicht anpasst und weit unter europäischem Niveau belässt, der muss sich nicht wundern, wenn das Altersvorsorgegebäude immer wackliger dasteht.

Die Ergebnisse dieser Umfrage deuten jedenfalls darauf hin, dass es sinnvoller sein könnte, einen Teil der Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung in einen kapitalgedeckten Zweig umzulenken als auf mehr Eigenvorsorge zu hoffen. Wenn die Menschen das Gefühl bekämen, endlich für sich selbst einzuzahlen und nicht nur für andere, dann würden sie dafür vielleicht sogar (etwas) höhere Beiträge akzeptieren.

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