Bausparkassen

Bausparen ist Zwecksparen

Zum Jahresbeginn 2015 ist die Aufregung wieder groß. Erneut haben mit der LBS Baden-Württemberg und Wüstenrot zwei Bausparkassen angekündigt, teure Altverträge zu kündigen. Wie bei anderen Anbietern, die diesen Schritt bereits im vergangenen Jahr gegangen sind, geht es auch hier um solche Verträge, die seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif sind und von den Kunden offenbar nicht zur Finanzierung eines Immobilienerwerbs oder einer Renovierung, sondern als bloße Geldanlage genutzt werden, weil sie aus Zeiten stammen, in denen der Guthabenzins weit höher war, als er es heute ist.

Den Kunden, die solches praktizieren, ist daraus sicher kein Vorwurf zu machen. Schließlich wäre es naiv anzunehmen, dass Verbraucher aktiv eine so lukrative Geldanlage kündigen. Entsprechend groß ist verständlicherweise der Verdruss der betreffenden Anleger, wenn ihnen das Kündigungsschreiben der Bausparkasse ins Haus flattert.

Die Aufregung der Verbraucherschützer, die teilweise gleich damit drohen, die Rechtmäßigkeit solcher Kündigungen durch den Bundesgerichtshof höchstrichterlich klären zu lassen, ist gleichwohl nur sehr bedingt nachzuvollziehen. Schließlich handelt es sich in der gesamten Branche zwar um 150 000 Verträge, die von der Kündigung betroffen sind. Doch angesichts der enormen Verbreitung des Bausparens in Deutschland (mit 29,96 Millionen Bausparverträgen im November 2014 laut Deutscher Bundesbank) geht es nur um einen verschwindend geringen Bruchteil der Bausparer.

Da aber beim Bausparen wie bei Versicherungen das Kollektiv eine wichtige Rolle spielt, scheint es doch fragwürdig, die Interessen von 0,5 Prozent der Bausparer, die letztlich auf Kosten aller Übrigen gehen, so hoch zu hängen. Hier muss man schon fragen dürfen, was für eine Art von Verbraucherschutz das denn ist.

Auch in der Niedrigzinsphase, so betont die zuletzt in die Kritik geratene Wüstenrot & Württembergische AG, ist das Bausparen eine Form des Zwecksparens. Nur mit dem Ziel des Erwerbs von Wohneigentum erklärt sich schließlich auch die staatliche Förderung durch die Wohnungsbauprämie.

Verträge jedoch, die seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif sind, ohne dass ein Kredit abgerufen wurde, widersprechen nicht nur dem ursprünglichen Zweck des Bausparens - nämlich dem Ansparen von Eigenkapital und der Erlangung eines zinsgünstigen Bauspardarlehens. Sondern durch die stark rückläufigen Erträge aus der Anlage solcher hochverzinster Sparguthaben wird auch die Leistungsfähigkeit des Kollektivs, also die Fähigkeit, den "echten" Bausparern günstige Kredite zu gewähren, geschwächt. So gesehen sind jene Kunden, die einen hochverzinsten, längst zuteilungsreifen Bausparvertrag nur noch als lukrative Anlageform sehen, aus Sicht des Kollektivs als Schmarotzer zu betrachten.

Im Grunde gleicht die Diskussion um die Kündigung solcher Verträge jener um die Beteiligung der Versicherten an den Bewertungsreserven, wie sie im letzten Jahr im Zusammenhang mit der Lebensversicherung geführt wurde - nur mit dem Unterschied, dass es bei der Assekuranz um ausscheidende Kunden ging, die zulasten der Gesamtheit der Versicherten profitieren, bei den Bausparkassen hingegen um bestehende Kunden, die gerade nicht gehen wollen.

Bei der Assekuranz hat der Gesetzgeber versucht, die Rechte der Mehrheit der Versicherten gegenüber vergleichsweise wenigen Profiteuren zu stärken. Es wäre merkwürdig, wenn es bezüglich der Bausparkassen seitens des Bundesgerichtshofs zu einer entgegengesetzten Entscheidung käme. Das Landgericht Mainz hat unter dem Aktenzeichen 5 01/14 jedenfalls die Position der Bausparkassen, die sich bei der Begründung der Vertragsauflösungen auf den Paragrafen 489 Absatz 1 Nr. 2 BGB stützt, in der Sache bestätigt. Red.

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