Mittelstandsgeschäft

Kundenbindung mit Cash-Management

Wenn es um ein professionelles Cash-Management geht, hat der deutsche Mittelstand noch beträchtliches Nachholpotenzial. Zu diesem Ergebnis kommt eine in Zusammenarbeit mit der Commerzbank durchgeführte Studie der Fachhochschule des Mittelstands (FHM), Bielefeld, zur Liquiditätssteuerung in mittelständischen Unternehmen. Lediglich 36 Prozent der befragten Finanzverantwortlichen von Unternehmen nutzen demnach ein Cash-Management-System.

Von diesen 36 Prozent greift die Mehrheit (64,2 Prozent) auf ein System eines Kreditinstituts zurück. 22,2 Prozent arbeiten mit Eigenentwicklungen, hinter denen sich, so Prof. Dr. Volker Wittberg, in erster Linie Excel-gestützte Tabellen verbergen. Grundsätzlich erledigen zwar auch die Banksysteme nichts, was sich nicht auch mit Excel-Anwendungen tun ließe. Doch während die Banksysteme gewissermaßen ein "mitdenkendes Excel" sind, liegt bei den "selbstgestrickten" Tabellen die Tücke bei "ererbten Fehlern" und vor allem dem hohen Aufwand zur Befüllung der Tabellen. Insofern werden die Unternehmen, die damit arbeiten, den in Sachen Cash-Management wenig professionell Aufgestellten zugerechnet. Deren Anteil steigt damit rechnerisch auf 71,5 Prozent.

Dieser hohe Anteil liegt nach Einschätzung von Frank-Oliver Wolf, Leiter Vertrieb Deutschland Zahlungsverkehr und Auslandsgeschäft bei der Commerzbank, weniger an den Kosten professioneller Systeme als vielmehr an im Mittelstand weit verbreiteten sogenannten "Fürstentümern" in den Unternehmen. Gemeint sind damit langjährige Mitarbeiter, denen man die Verantwortung für die Finanzfunktion aus persönlichen Rücksichten nicht zugunsten einer zentralen Steuerung entziehen möchte. Diese Rücksichten müsse man allmählich "ausschleichen", so Wolf.

Ein anderer Punkt ist bei inhabergeführten Unternehmen die Ansiedlung der Finanzfunktion beim Inhaber/Geschäftsführer, während die Buchhaltung das operative Cash-Management meist auf Basis von Excel-Tabellen erledigt. Auch solche Konstellationen stehen einer größeren Professionalisierung im Wege.

Dass das Cash-Management derzeit gleichwohl eine der großen Innovationen im Finanzmanagement des Mittelstands ist und immer mehr Unternehmen beginnen, sich damit zu befassen, hat zwei Gründe: das Niedrigzinsumfeld, das eine bessere Liquiditätssteuerung und -planung dringlicher werden lässt, und den anstehenden Generationswechsel in vielen mittelständischen Unternehmen.

Letzterer kann sich geradezu als Katalysator der Entwicklung auswirken. Denn die Suche nach einem Nachfolger oder externen Geschäftsführer kann durchaus eine Professionalisierung bedingen. Zum anderen bringt die jüngere Generation in der Regel weniger Affinitäten zu den genannten "Fürstentümern" mit, dafür eine deutlich höhere Technik-Affinität. So wissen es jüngere Unternehmer beispielsweise zu schätzen, auch unterwegs jederzeit über den aktuellen Liquiditätsstatus ihres Unternehmens informiert zu sein. Dass ein professionelles Cash-Management darüber hinaus positive Auswirkungen auf das Unternehmensrating hat, kommt als Argument hinzu.

Aus Bankensicht ist die Zuwendung des Mittelstands zu Cash-Management-Systemen somit durchweg positiv zu sehen - vor allem dann natürlich, wenn das jeweils hauseigene Angebot genutzt wird. Dabei spielen nicht die Erträge aus der Nutzung der Systeme die entscheidende Rolle, sondern vielmehr deren Funktion als Instrument der Kundenbindung.

Natürlich ist auch die Nutzung eines Cash-Management-Systems keine unüberwindliche Wechselbarriere, wenn das Gesamtpaket aus Preis und Leistung nicht stimmt. Doch seien die Kunden erfahrungsgemäß offener für einen intensiveren Austausch, aus dem sich dann auch neue Geschäftschancen er geben. Außerdem partizipiere die Bank stärker am Zahlungsverkehr der Kunden.

Trotz alledem gibt es auch Einschränkungen: Lohnend ist ein professionelles Cash-Management sicher nicht für jedes Unternehmen. Als Faustformel nennt Prof. Wittberg Unternehmensgruppen aus zwei oder mehr Unternehmen, die mehr als drei Konten koordinieren müssen. Red.

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