NEGATIVZINSEN

Verwahraufwand für Einlegerkunden

Dr. Claus Steiner, Foto: privat

Ein Artikel in der "FAZ" vom 23. Oktober 2019 unter dem Titel "Richtig Sparen ohne Zins" zitierte einen Finanzfachmann aus dem Bereich der Verbraucherzentralen mit der Aussage, dass es weder eine Rechtfertigung noch eine rechtliche Handhabe dafür gebe, "dass Banken jetzt in der Fläche Negativzinsen für alle einführen". Würden Banken Negativzinsen oder Verwahrentgelte im großen Stil verhängen, seien dagegen die "nötigen rechtlichen Schritte" einzuleiten. Tatsächlich haben ja eine Reihe von Banken und Sparkassen die Absicht angekündigt (und zum Teil auch verwirklicht), den ihnen auferlegten EZB-Negativzins von 0,5 Prozent zumindest an die Einleger zum gleichen Satz "weiterzugeben", deren Einlagen die von dem Institut angesetzten Freibeträge (100 000 bis 500 000 Euro) übersteigen.

Eine vertragliche Rechtsgrundlage für solche Überwälzung von Negativzinsen ist allerdings nicht erkennbar, zumal der Begriff "Zinsen" nach tradiertem und allgemeinen Verständnis nur "positiv" gesehen wird und gesehen werden konnte.

Die Institute könnten sich rechtlich daher allenfalls auf den "Ersatz von "Aufwendungen" aus den "(Geld-)Verwahrungsverträgen" mit den Einlegern stützen. "Schadensersatz" scheidet als rechtliche Anspruchsgrundlage aus. Denn es gibt (a) keinen "Schaden" und (b) kein den Einlegern bei Unterstellung eines "Schadens" vorwerfbares vorsätzliches oder fahrlässiges Verursachen, ja nicht einmal ein tatbestandlich schadenbringendes Tun oder Unterlassen.

Als ersatzfähigen "Verwahraufwand" können die Institute allerdings nur den Betrag ansetzen, den sie selbst aufwenden müssen. Das ist der Betrag, den sie an Negativzinsen für den Teil ihrer Zentralbankeinlagen zu zahlen haben, der das verschonte Sechsfache ihres Mindestreservesolls (1 Prozent ihrer Kundeneinlagen) übersteigt.

Hat ein Institut zum Beispiel 10 Milliarden Euro Kundeneinlagen, von denen es im Durchschnitt 10 Prozent (= 1 Milliarde Euro) auf dem Zentralbankkonto parkt, sind davon 600 Millionen Euro nicht und "nur" 400 Millionen Euro zu 0,5 Prozent negativ verzinslich. Der Eigenaufwand des Instituts beläuft sich dann auf 2 Millionen Euro. Diesen Betrag - und nicht mehr - dürfte das Institut von ihren Einlegern fordern.

Geht man nun weiter beispielhaft davon aus, dass unter Abzug der den Einlegern zugestandenen Freibeträge dieser Eigenaufwand des Instituts nur auf 50 Prozent dieser Kundeneinlagen (= 5 Milliarden Euro) "umzulegen" ist, ergibt diese "Umlage" einen "Negativzinssatz" oder hier besser: einen "Aufwandsersatzanteil" von 0,04 Prozent. Würde das Institut dagegen auf diese 5 Milliarden Euro stattdessen den vollen Negativzinssatz mit 0,5 Prozent erheben, brächte ihm das 25 Millionen Euro(!) ein, also das 12,5-fache des Eigenaufwandes. Für den in der Bilanz auszuweisenden Zinsüberschuss des Instituts wäre das sehr erfreulich. Weniger erfreut würden dagegen die Einleger reagieren, wenn sie beim Nachrechnen erkennen müssten, dass ihre Bank oder Sparkasse bei ihrer Negativstrategie offenbar mehr an sich selbst als an ihre Kunden gedacht hat.

RA Dr. Claus Steiner, Wiesbaden

Dr. Claus Steiner , Rechtsanwalt, Wiesbaden
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