Form statt Inhalt?

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sb - Flächendeckend arbeitet die Kreditwirtschaft an einer Digitalstrategie. Dabei geht es in erster Linie um den Ausbau digitaler Services und Abschlussmöglichkeiten sowie die Verzahnung des Online-Angebots mit dem stationären Vertrieb. Das alles ist gut und richtig. Doch allmählich drängt sich der Eindruck auf, dass viele Banken und Sparkassen mit der Einführung von Innovationen und der Anpassung von Strukturen und Prozessen dermaßen beschäftigt sind, dass andere Dinge wie die Pflege der eigenen Website darunter leiden. Besonders ärgerlich ist dies dort, wo es um das Thema "Sparen und Anlegen" geht.

In einem Umfeld, in dem klassische Spar- und Anlageprodukte für die Kunden unattraktiver sind denn je und in dem die Kreditwirtschaft die Erosion der Sparkultur einerseits und die geringe Wertpapieraffinität der Deutschen andererseits beklagt, täten Kreditinstitute gut daran, sich sehr gut zu überlegen, wie sie die zur Wahl stehenden Optionen in ihrer Kommunikation darstellen. Und im digitalen Zeitalter kommt der Website an dieser Stelle nun einmal besondere Bedeutung zu.

Nicht immer hat man jedoch den Eindruck, dass hier den Details die gebotene Aufmerksamkeit geschenkt wird. Ein Beispiel dafür ist die Sparda-Bank Hessen, bei der die Produktinformationen zum Thema "Sparen und Anlegen" gleichsam aus der Zeit gefallen scheinen. In Anlehnung an große Online-Shops (an sich ja ein guter Gedanke) werden hier die Bestseller der Woche aufgelistet. Da dies jedoch Tages- und Festgelder sind, ist schon die Bezeichnung "Spitzenprodukte" eher fragwürdig. Und bei der Produktbeschreibung wird vollends deutlich, dass es sich um Marketingfloskeln aus längst vergangenen Tagen handelt: "Mit dem Anlagebetrag wächst auch der Zinssatz" heißt es beim Tagesgeld - eine Information, die der Blick in die Konditionenübersicht sofort widerlegt. Nummer zwei unter den Bestsellern ist das Zuwachssparen Sparda Dynamic mit einem durchschnittlichen jährlichen Wertzuwachs von 0,4 Prozent bei einer Anlagedauer von fünf Jahren. Das mit einem flotten Kreisel illustrierte Motto hier: "Bringen Sie Schwung in Ihre Finanzen!" Glaubwürdigkeit gewinnt man so sicher nicht. Ähnliches gilt für die Postbank. "Sparen lohnt sich wieder" heißt es da bei der "Sparcard Plus", es ist von einer attraktiven Rendite und einem soliden Wachstum des Sparguthabens die Rede - wohlgemerkt bei Zinsen je nach Guthaben zwischen 0,01 und 0,25 Prozent). Zu diesen Highlights gelangt man immerhin erst nach dem zweiten Klick. Denn unter der Rubrik "Sparen" stehen anfangs "Online-Sparen" und Fondssparpläne gleichberechtigt nebeneinander.

Dass auch die klassischen Spar- und Einlageprodukte an prominenter Stelle auf jeder Banken- und Sparkassen-Website gefunden werden müssen - unbestritten. Alles andere würde an den Kundenbedürfnissen vorbeigehen. Bei den Formulierungen der Produktbeschreibungen sollten die Marketingverantwortlichen aber durchaus das aktuelle Zinsumfeld berücksichtigen. Von "attraktiven Zinsen" können allenfalls noch jene Anbieter sprechen, die in den Rankings ganz oben stehen. Allen anderen sei etwas mehr Realitätssinn ins Stammbuch geschrieben. Von "fairen" Zinsen darf man allenfalls noch sprechen, besser ist es, das hierzulande so beliebte Tagesgeld als Produkt zum "Geld Parken" zu bezeichnen, wie es etwa die Fraspa tut - die gleich daneben das Online-Depot mit der Aufforderung "Machen Sie Ihrem Geld Dampf" bewirbt.

Ein Beispiel, wie man es richtig machen kann, liefert auch die ING-Diba. Sie listet die ING-Diba die Spar- und Einlageprodukte ohne Marketing-Headline nüchtern mit allen Details auf - und verweist am Ende der Übersicht darauf, dass Wertpapiere vielleicht eine Alternative sein könnten. Noch einen Schritt weiter geht die DKB: Wer auf ihrer Website die Rubrik "Sparen und Anlegen" anklickt, dem werden zuerst Depot- und Fondssparpläne angezeigt, dann erst Sparplan, Zuwachssparen und Festzins, nach denen er aber auch nicht suchen muss.

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