Blickpunkte

Datenschutz - Imageschaden nicht nur für Easycash

Als das elektronische Lastschriftverfahren im Mai dieses Jahres in die Schlagzeilen geriet, ging es im Grunde um kaum mehr als eine Formalität: um die Fragen nämlich, ob die Einwilligungserklärungen, die der Kunde dabei unterschreibt, datenschutzrechtlich so sauber formuliert sind, dass sie zu keinem anderen Zweck als den vom Kunden erwarteten missbraucht werden können.

Daten- und Verbraucherschützer betonten denn auch unisono, dass es ihnen nicht um grundsätzliche Kritik an dem von weiten Teilen des Handels favorisierten Kar tenzahlungsverfahren gehe, sondern lediglich um die Details. Die Zeichen für

eine einvernehmliche Einigung mit einer einheitlichen Neufassung der Bontexte standen gut. Anderenfalls wäre die Rewe Group wohl kaum früher als erwartet zu ELV zurückgekehrt, noch ehe die Sitzung der Landesdatenschutzbeauftragten stattgefunden hatte, auf der sie eine einheitliche Rechtsauffassung zum Thema erar beiten wollten.

Aus Mediensicht ist das Thema freilich ein dankbares. Stichworte wie "Datenskandal" sind immer schlagzeilenträchtig, vor allem dann, wenn der vermutete Fall viele Millionen von Verbrauchern betrifft. Die Easycash GmbH, Ratingen, als Marktführer im deutschen Netzbetrieb, war insofern ein dankbares Opfer für investigative Journalisten.

Dass das Unternehmen seit 2006 dem Finanzinvestor Warburg Pincus gehört, dem man vielleicht eher als anderen Gesellschaften unterstellt, möglichst rasch möglichst viel Gewinn aus seiner Investition herausschlagen zu wollen, ohne dabei allzu sehr auf die Mittel zu schauen (Stichwort "Heuschrecke"), kommt dabei erschwerend hinzu. Überdies öffnet die Tatsache, dass Easycash seit 2007 mit der Easycash Loyalty Solutions GmbH, Hamburg, über eine im Bereich Kundenkarten tätige Tochter verfügt, die rund 14 Millionen Datensätze von Verbrauchern verwaltet, Gedankenspielen über die Ver wendung solcher Daten Tür und Tor.

Neues konnte der Nachrichtensender NDR Info im September zwar nicht bringen. Doch weil das Medienecho so gewaltig war, legte man Mitte Oktober nach und unterstellte Easycash, Kontoinformationen aus der Abwicklung von ELV-Transaktionen mit den Datensätzen aus Kundenkartenprogrammen abgeglichen zu haben, die die Hamburger Tochter verarbeitet.

Rein technisch wäre ein solches Vorgehen zweifellos möglich - zumindest dann, wenn es sich bei den Kundenkarten um solche mit Zahlungsfunktion oder Jahresgebühr handelt, für die die Kunden ihre Bankverbindung angegeben haben. Dann ließe sich für Unternehmen, die eine eigene Kundenkarte herausgeben, nicht nur ermitteln, wie oft Kunden etwa in der gleichen Filiale einkaufen, sondern auch, wie häufig sie beim Wettbewerb unterwegs sind. Und selbst Händler, die sich eine eigene Kundenkarte sparen, könnten durch solche Abgleiche persönliche Daten derjenigen Kunden erfahren, die mit ihrer Bankkarte bezahlen, aber die Kundenkarte eines anderen Unternehmens besitzen.

So reizvoll die so zu gewinnenden Infor mationen für Handelsunternehmen zweifellos wären: datenschutzrechtlich wären sie mehr als fragwürdig. Dann käme man dem Schreckgespenst aller Datenschützer, der Erstellung von Bewegungsprofilen der Verbraucher, bedenklich nahe.

Die Reaktion von Easycash auf die Vor würfe war zweifellos wenig professionell. Die Geschäftsführung war weder für NDR Info noch für Redaktionsanfragen im Anschluss an die Berichterstattung zu erreichen. Und die Presseabteilung verwies in Abwesenheit der erkrankten Pressesprecherin lediglich auf die PR-Agentur, die freilich zur Sache nichts sagen konnte oder durfte. So schaffte man sich zwar erst einmal Ruhe, bot nach außen aber ein überfordertes Bild, das zumindest sensationsgierige Journalisten leicht als das Schweigen des Ertappten deuten konnten.

Mittlerweile sind die Fakten weitgehend geklärt. Der Hamburger Datenschutzbeauftragte hat bestätigt, dass der unterstellte Abgleich zwar wohl erwogen worden sei, tatsächlich aber - aus berechtigten Datenschutzbedenken heraus - nicht stattgefunden hat. Easycash prüft rechtliche Schritte gegen den NDR.

Was bleibt, ist ein riesiger Imageschaden: für Easycash selbst, aber auch für das Elektronische Lastschriftverfahren und das Medium Karte an sich. Denn obschon die Vorwürfe offenbar völlig unberechtigt waren - allein die Gedankenspiele darüber, wozu man die Transaktionsdaten aus dem Lastschriftverfahren unter günstigen Rahmenbedingungen und mit der nötigen Skrupellosigkeit, um nicht zu sagen krimineller Energie, nutzen könnte, dürften das noch im Mai ausdrücklich betonte Wohlwollen der Verbraucherschützer gegenüber ELV zumindest ins Wanken gebracht haben. Es bleibt das Bild eines Zahlungsverfahrens, das zumindest ein Einfallstor für Angriffe auf den Datenschutz sein könnte. sb

Noch keine Bewertungen vorhanden


X